Das Recht, das Schweigen zu brechen

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In Israel tobt derzeit mal wieder eine Grundsatzdebatte um Meinungsfreiheit, ausgelöst durch den Umgang mit der Organisation „Breaking the Silence“…

Seit über zehn Jahren gibt es die Organisation „Das Schweigen brechen“ nun schon. Reservistinnen und Reservisten der Israelischen Armee berichten im Rahmen von Führungen, Vorträgen und Ausstellungen der Organisation von ihrem Militärdienst und der Realität der Besatzung, wie sie sie als Soldaten erlebt haben. Auch wenn man darüber diskutieren kann, warum eine solche Organisation vermehrt im Ausland tätig werden muss und sich dabei teilweise auch mit mehr als zweifelhaften antiisraelischen Partnern zeigt, ist „Breaking the silence“ doch ein wichtiger Akteur für den innerisraelischen Diskurs. Von Beginn an wurde die Organisation von rechter Seite extrem angefeindet.

Die jetzige Debatte wurde durch die Teilnahme von Staatspräsident Rubi Rivlin bei der Ha’aretz-Konferenz in New York am vergangenen Wochenenende ausgelöst. Unter anderem Politiker des Likud und der Kulanu-Partei hatten Rivlin zur Absage aufgefordert, weil auch ein Vertreter von „Breaking the Silence“ an der Konferenz teilnehmen sollte. Rivlin ließ sich davon nicht beeindrucken und erklärte, dass manchmal „das Offensichtliche gesagt werden muss“. Die israelische Armee tue jedoch alles, um ihre hohen moralischen Werte beizubehalten.

In der Knesset kam es am Mittwoch dann zu einer scharfen Auseinandersetzung als Oppositionsführer Jitzchak Herzog Ministerpräsident Netanjahu mit dramatischen Worten aufforderte, Rivlin deutlich zu verteidigen. Er reagierte damit auf die Hetze, die sich seit der Konferenz über Rivlin vor allem in den sozialen Netzwerken ergießt und erinnerte an die Hetze gegen Jitzhak Rabin vor seiner Ermordung.

Verteidigungsminister Mosche Jaalon hat mittlerweile angeordnet, dass die Organisation an Veranstaltungen mit Soldaten nicht mehr teilnehmen kann. Frühere Versuche einer Zusammenarbeit, die der Aufklärung von Vorwürfen dienen sollten, hätten sich als unfruchtbar ergeben. Es sei klar geworden, dass die Organisation aus hinterhältigen Motiven arbeite.

Wie die Hetze von rechter Seite aussehen kann, macht derzeit die rechte NGO Im Tirzu mit einem verleumderischen Video vor. Darin wird Avner Gvaryahu, einer der führenden Aktivisten von Breaking the silence, neben drei anderen Aktivisten beschuldigt, als aus dem Ausland finanzierte „Implantate“ den Terror gegen Juden zu unterstützen, bzw. mehr noch, gegen Juden zu kämpfen. Das Video fügt sich in eine Reihe extremer Hetze von Im Tirzu gegen linke Organisationen ein. Yishai Menuhin, Vorsitzender des Public Committee Against Torture, hat mittlerweile Beschwerde bei der Polizei eingereicht, die Grenze der Meinungsfreiheit sei überschritten.

[youtube]https://youtu.be/02u_J2C-Lso[/youtube]

8 Kommentare

  1. „Hier habe ich den Eindruck, dass BtS genau daran kein Interesse hat. Sie behaupten Missstände, verweigern sich aber jeglicher Mitarbeit, um diese zu beheben“

    “ In the latest chapter of the absurd campaign against the organization, Defense Minister Moshe Ya’alon banned Breaking the Silence from any and all IDF activities. Why? Because if the organization “really shared our values … they would work directly with the IDF, and wouldn’t tarnish our soldiers overseas.” Got that? Because they don’t speak to the army they are no longer allowed to speak to the army. Brilliant….“

    http://972mag.com/why-do-so-many-israelis-hate-breaking-the-silence/114763/

  2. Jane,

    in Beiträgen wie den Ihren gibt es nur einen verschwindend geringen Teil, aus dem man so etwas ähnliches wie ein Körnchen Wahrheit herausdestillieren kann. Der große Rest ist, wie seit Jahren gewohnt, trüber Antisemitismus.

    Nach etlichen Filterungen bleibt nur die dürre Feststellung, dass die israelische Gesellschaft isoliert ist. Das liegt unter anderem an Menschen wie Ihnen, deren Leidenschaft sich darin erschöpft, mit einer beeindruckenden Vehemenz der Vernichtung eben dieser Gesellschaft das Wort zu reden. Sie werden erst dann zufrieden sein, wenn auch aus dem israelischen Gebiet ein Schlachthof geworden ist. Doch dann, Jane, wird auch für Sie eine tiefe Krise beginnen. Nur zum Teil hilft der Trost, dass es immer ein paar Überlebende gibt.

    Bis dahin bleibt uns beiden nur, eine noch geradezu possierliche Vorschau auf dieses Schlachtfest zu betrachten, wie sie die sogenannten Palästinenser seit einigen Monaten wieder eindrucksvoll vorführen.

    Frohe Weihnachten.

    • ‚mit einer beeindruckenden Vehemenz der Vernichtung eben dieser Gesellschaft das Wort zu reden.‘

      Ach Nussknacker – das macht die israelische Gesellschaft mit beeindruckender Unverdrossenheit leider selbst. Israel macht was es will und schlägt jede Kritik auch der wohlmeinendsten und treuesten Verbündeten seit zig Jahren unverdrossen und konsequent in den Wind. Dafür ernetet es das, was viele kommen sehen – das Abgleiten in Wahnsinn und Zerstörung.

      Ein ‚Schlachtfest‘ findet schon lange durch die ‚moralischste Armee‘ der Welt statt, von einem der höchst gerüstetsten Völker der Welt an einem Volk, dass ihm weitgehend ohnmächtig und wehrlos ausgeliefert ist und das verbriefte Recht hat, auf dem Land jenseits der Grünen Linie seinen Staat zu errichten, eine zwingende Notwendigkeit um ihr Leben zu retten, so wo einst für das jüdische Volk. Dass diese Menschen mehr und mehr Amok laufen war vorauszusehen.

      Niemand vernichtet Israel, nicht die EU, nicht die USA und auch nicht Breaking The Silende.
      Dieser Machtrausch in den sich diese Gesellschaft hinein befördert hat zerstört sie von innen. Und wenn sie das nicht möchten, dann sollten sie vielleicht aufhören, die Menschen ihrer Nation nicht wegzuekeln, die unter schwierigsten Umständen moralisches Rückrat beweisen.

      Shalom

    • ‚…..ähnliches wie ein Körnchen Wahrheit herausdestillieren kann. Der große Rest ist, wie seit Jahren gewohnt, trüber Antisemitismus.‘

      Sehen Sie – es leicht so etwas zu behaupten, ohne konkreten Nachweis. Und natürlich ist das eine üble Unterstellung, die in ihrer insuierten Boshaftigkeit, dem Antisemitismus gleich kommt. (Manche nennen es Anti-Goyismus).

      Tatsache ist, dass Sie selbst dann noch Antisemitimsus unterstellen, wenn israelische Soldaten SELBST sagen, dass das schlimm ist, was das israelische Militär den Palästinsern seit zig Jahren an tut. Belge dieser Art zu finden ist nicht schwer, denn es gibt nun mal viele respektable und glaubwürdige Zeugen der Geschichte und auch der aktuellen Verhältnisse.

      Und alles was SIE seit Jahren dem entgegenzusetzen haben, ist die boshafte Unterstellung, solche Kritik könnte nur durch Antisemitismus begründet sein, weil doch angeblich ALLE DIESE ZEUGNISSE, von israelischen Soldaten, internationalen NGOs, namhaften Journalisten, israelischen Friedensaktivisten, relitiöse und nicht-religiöse, fotos, Videos, die unzweifelhafte sich ausbreitenden Siedlungen und die damit einhergehende Unglaubwürdigkeit israelischer Friedensbemühungen, die Zeugnisse selbst hochdekorierter israelischer Generäle, für SIE alle Lug und Trug sind.

      Wem ist da nicht mehr zu helfen?

  3. Ein geschickter Schachzug des unbekannten Verfassers, den Artikel mit einer Kritik an BtS beginnen zu lassen. Um dann umso schneller diese dubiose Organisation direkt wieder aus der Schusslinie nehmen zu können. Was es zu BtS zu sagen gibt, ist z.T. in den Kommentaren zu dem verlinkten Beitrag zu lesen.

    Mitte 2014 hatte ich noch wenig Informationen zu dieser Gruppe und aufkommende Zweifel waren noch verhalten. Heute sehe ich das etwas anders.

    Zunächst stört mich die Behauptung, dass BtS ein „wichtiger Akteur für den innerisraelischen Diskurs“ ist. Ist das nicht Wunschdenken, gehört zu einem Diskurs nicht als erstes die Bereitschaft zu einer Diskussion? Hier habe ich den Eindruck, dass BtS genau daran kein Interesse hat. Sie behaupten Missstände, verweigern sich aber jeglicher Mitarbeit, um diese zu beheben. Ihre Absicht ist, die Diskussion zu befeuern, dann jedoch umgehend den Saal zu verlassen. Das ist nicht nur ein schlechter Stil, das ist eine absolut destruktive Verhaltensform, die nicht akzeptabel ist, nichts mit Meinungsfreiheit zu tun hat sondern im Gegenteil den Tod jeder Diskussion bedeutet.

    Sie werden von „rechter Seite extrem angefeindet“. Na dann müssen sie ja bei den Guten sein – oder etwa nicht? Sie erleiden „Hetze von rechter Seite“ durch eine „rechte NGO“ mit einem „verleumderischen“ Video. Alles was gegen BtS vorgebracht wird ist „extreme Hetze“ während BtS natürlich bloß die „Meinungsfreiheit“ für sich beansprucht.

    Dass BtS massiv aus dem Ausland finanziert wird, ist eine Tatsache. Ebenso, dass sie ausschließlich die israelischen Reaktionen auf den Terror der faschistischen Hamas als unverhältnismäßig denunzieren und behauptete Menschenrechtsverletzungen bzw. „Kriegsverbrechen“ der IDF anprangern ohne belastbares Material zu liefern.

    Mit welchen schlüssigen Gründen genau will dieser Verein z.B. auf den Jubiläumsfeiern zum 50-jährigen Bestehen der diplomatischen Beziehungen Israel–Deutschland in Köln die Möglichkeit beanspruchen, mit einer eigenen Ausstellung dabei vertreten zu sein? Warum nicht auch der Taubenzüchterverein Tel Aviv–Hintertupfingen, der hier einen ungleich größeren Anspruch hat? Oder die Hamas, die bestimmt auch etwas dazu „beizutragen“ möchte?

    • „Sie behaupten Missstände, verweigern sich aber jeglicher Mitarbeit, um diese zu beheben“

      Wie sollten sie sie denn beheben, außer durch die Schaffung öffentlichen Bewusstseins?

      Ist nicht Ihr Beitrag sinnbildlich für die völlige Sakrosanz, welche mittlerweile jede Kritik schon viel zu lange im Keim erstickt? Wenn man nicht mal den zahlreichen Zeugnissen ehemaliger israelischer Soldaten, über die Unmenschlichkeit des Besatzungsregimes Glauben schenken will – dann hilft nur, und das denke ich schon sehr lange, so wie auch die ehemalige israelische Diplomatin, deren Artikel ich unten verlinkte, dass nur noch Druck von Aussen helfen kann. Die Palästinenser hatten in Israel nie einen glaubwürdigen Partner für Frieden. Die israelische Gesellschaft hat sich zunehmend in eine Art isolationistischen Autismus ergeben, welche reflexartig und grundsätzlich ihre Politiker verteidigt, die sie, eine Gesellschaft die tatsächlich in weiten Teilen ursprünglich nicht unbedingt von Expansionsplänen getrieben war, für ihre imperalien Pläne an der Nase herum zu führen. Nicht selten im politischen Geschäft, aber die israelische Wagenburgmentalität verhindert kritische Selbreflexion reißt die israelische Gesellschaft und die ohnmächtigenPalästinenser ohnehin im immer tiefere Abgründe.

  4. Netanyahu feels complete impunity because all US politicians need ‘support of Jewish community’ — former Israeli diplomat –

    Let me start by saying something personal. For almost 40 years I was a member of the Israeli foreign service – ……oday I am coming here to say that without foreign intervention, without pressure on Israel, nothing will move. It certainly is not easy for me to have made that change. And that change is necessary, it has been necessary to me. I love the country, I am Zionist, but I do not approve of the policies. So there is a difference between supporting Israel as a country and objecting to its policies. And it’s in the spirit that I would like to say what I think should be done. –

    See more at: http://mondoweiss.net/2015/12/netanyahu-politicians-community#sthash.ACXWcEnf.DmKh9uEJ.dpuf

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