Buchmesse – Iran droht mit Gewaltausbrüchen

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Vize-Kulturminister Abbas Salehi, der vor wenigen Tagen zum Boykott der Frankfurter Buchmesse aufrief, verschärft den Ton. Am 12.10. gab er die paradoxe Ansicht zum Besten, die Einladung des Schriftstellers Salman Rushdie verletze die Meinungsfreiheit…

Von Detlef zum Winkel

Rushdies „Satanische Verse“ hätten Empörung bei den Muslimen ausgelöst, so dass Khomeini als Gründer der Islamischen Republik eine Todes-Fatwa gegen ihn erlassen habe. Als ob das nicht ausreichen würde, seine unbändige Freiheitsliebe zu qualifizieren, gibt Salehi weitere Einblicke in die iranische Kulturpolitik. „Wenn wir aus Freiheit eine nachhaltige Angelegenheit machen möchten und nicht einen Auftakt zu Gewalt, dann sollten wir die notwendigen Vorbedingungen erfüllen.“ Eine Grundvorausetzung sei der „Respekt vor den Heiligkeiten jeder Religion“.
Der Kulturfunktionär warnte die Messe-Veranstalter, der geplante Auftritt von Rushdie könne zu unvorhersehbaren Folgen führen. Er meint es so gut mit seinen deutschen „Freunden“, dass er sie vor Gewaltausbrüchen warnt, die er selbst heraufbeschworen hat.

Mittlerweile hat auch Kulturminister Ali Jannati die Verlautbarungen seines Stellvertreters bestätigt, wie iranische Nachrichtenagenturen melden. Rushdie habe nicht nur den Iran beleidigt, sondern alles, was dem Islam heilig ist, schrieb er in einem Brief an die Kulturminister aller muslimischen Staaten sowie den Generalsekratär der Organisation für islamische Zusammenarbeit OIC. Viele deutsche Zeitungen fanden Jannatis anfängliche Zurückhaltung „auffällig“ und suggerierten, der Vize sei von den Ultrakonservativen vorgeschickt, während der Minster „persönlich ausgesprochen liberale Ansichten“ vertrete. Der „Mann mit dem schelmischen Blick“ (Die Welt) hat ihnen eine Kostprobe geliefert. Eine Enttäuschung mehr, aber man kann ja immer noch auf den weltoffenen Präsidenten Rohani und seinen eloquenten Außenminister Zarif hoffen…

Festzuhalten bleibt, dass Rushdie dank der sogenannten Reformregierung aktuell wieder gefährlich lebt. Darüber hinaus provoziert der Iran neuerliche fanatische Demonstrationen nicht nur gegen den Schriftsteller, sondern auch gegen seine Verlage, Übersetzer und Agenten, gegen die Buchmesse und ihr Gastgeberland. Vielleicht wird alles nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Mehr als eine vage Hoffnung ist das nicht. In der Vergangenheit wetteiferten radikale Sunniten vieler Länder mit dem Iran bei der Verdammung Rushdies. Jannati setzt sie mit seinem Schreiben unter Druck, ihre „Glaubwürdigkeit“ ein weiteres Mal unter Beweis zu stellen. Vieles wird davon abhängen, wie sich Indonesien als Gastland der diesjährigen Buchmesse verhält.
Die Messe-Veranstalter erklärten, die Freiheit des Worts sei nicht verhandelbar. Für die Stadt Frankfurt bekräftigten der Oberbürgermeister und der Kulturdezenent die Einladung an Rushdie.