Schade um Olmert

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Eines Tages vor vielen Jahren schmückte Ehud Olmerts Bild die Titelseite der Wochenendausgabe der israelischen Tageszeitung Maariv. In seiner Hand hielt er eine dicke kubanische Zigarre, um sein Handgelenk trug er eine teure Markenuhr und in seiner Hemdtasche steckte die Sammlerausgabe eines Montblanc-Stifts…

Kommentar von Yoel Marcus, Haaretz, 03.04.2015
Übersetzung von Daniela Marcus

Er lehnte an der Tür seines Hauses, das später zum Thema von Korruptionsvorwürfen in den Nachrichten wurde. Als jemand, der damals über politische Themen in der israelischen Tageszeitung Haaretz schrieb und Olmert mochte, rief ich ihn an und sagte ihm: „Du präsentierst dich hier betont auffällig. Wenn du wirklich die Führung in der Likud-Partei anstrebst, ist dieses Bild nicht hilfreich.“ Seine kühle Antwort lautete: „Meinst du wirklich?“ Arrogant wie immer, änderte er nichts an seinem Verhalten.

Die Bühne der Öffentlichkeit betrat er nach dem Sechstagekrieg als die Generäle siegestrunken waren und auf ihrem Weg zu politischen Karrieren nach Zigarren und teurem Whiskey griffen. Wenn ein Verteidigungsminister unverfroren archäologische Schätze der Nation stiehlt, dann reflektiert die Politik den Beginn eines besseren Lebens. David Ben-Gurion, Moshe Sharett, Golda Meir, Menachem Begin und Yitzhag Shamir lebten bescheiden. Bevor sie Premierminister wurden, hatten sie ihre Büros in einfachen Hütten untergebracht. Und sie weigerten sich, großzügige Angebote von amerikanischen Millionären, die ihre Zustände verbessern wollten, zu akzeptieren. Begin, der bei seinem ersten öffentlichen Auftritt einen verschossenen Anzug trug, bekam von einem Millionär Millionen angeboten, damit er aus seiner armseligen Wohnung, in der er sich vor den Briten versteckt gehalten hatte, ausziehen konnte.

Doch das Bauchpinseln von jüdischen Millionären, ob es nun amerikanische oder europäische waren, das war die Sache anderer Politiker und Militärs. Als Ehud Barak aus seinem Amt als Generalstabschef entlassen wurde, konsultierte er einen bekannten Geschäftsmann, um ihn zu fragen, wie er eine Millionen Dollar im ersten Jahr nach seiner Amtsniederlegung machen könne. Der Geschäftsmann hatte keine Antwort, doch seit Beginn seines bürgerlichen Lebens hat Barak als weltbekannter Berater drei- oder viermal so viel verdient. Jede Erfolgsgeschichte wie diese erweckt bei anderen Neid und den Wunsch, es genauso zu machen – so wie die Karriere von Yitzhak Rabin andere Generalstabschefs inspirierte, auch den Weg zum Premierminister zu gehen. Wenn Rabin das kann, warum nicht auch ich, fragte z. B. Mordechai Gur. Und damit war nicht nur die politische, sondern auch die finanzielle Karriere gemeint.

Seinerzeit, als ich zum Europakorrespondenten der israelischen Tageszeitung Haaretz ernannt wurde und in Paris lebte, warnte mich mein legendärer Vorgänger Shabtai Teveth, dass ich ein hartes Leben haben würde. „Mit dem mageren Lohn von Haaretz wirst du es schwer haben, die Bäuche der jüdischen Millionäre zu pinseln“, sagte er mir. Er hatte Recht. Doch Shimon Peres, der damals Verteidigungsminister war und all die richtigen Kontakte von einem Rothschild zum anderen hatte, hatte keine Ahnung davon, dass uns Charles de Gaulle „an dem Tag, an dem ihr den ersten Schuss feuert“ ein Waffenembargo auferlegen würde. Rabin war in der Lage, ein dickes Bündel Geld aus der Tasche zu ziehen, um in einem feinen Restaurant die Rechnung zu bezahlen, während es Benjamin Netanyahu gewohnt war, teure kubanische Zigarren, die er von dem israelischen Filmproduzenten Arnon Milchan erhielt, zu rauchen.

Olmert, Liebling der amerikanischen Millionäre, liebte das gute Leben. Er hatte kein Problem damit, in ihren Privatjets zu fliegen, nur um ein Basketballspiel an der anderen Küste der USA anzuschauen, oder sich in einem schicken Hotel ein Sparangebot zu sichern. Er wohnte in geräumigen Suiten und fuhr in großen Limousinen. Er arrangierte außerdem für seine Frau eine Kunstausstellung in New York. Und es muss wohl nicht hinzugefügt werden, dass alle Bilder verkauft wurden.

Der Mann, der gemeinsam mit Minister Yossi Sarid eine Anti-Korruptions-Kampagne gestartet hatte, endete damit, in der Holyland-Affäre und im Bargeld-im-Briefumschlag-Skandal selbst sehr korrupt zu sein. Als ein Premierminister, der versprach, dem Frieden nachzujagen, als jemand, der −laut ausländischen Medien− die Zerstörung des syrischen Atomreaktors anordnete, als jemand, der ein Abkommen mit den Palästinensern wollte und es auch hätte erreichen können, bewies er, dass sich die Sünde der Eitelkeit zerstörerisch in der Politik auswirken kann. Es ist schade, dass ein solch talentierter Politiker scheiterte. Es ist schade, dass Olmert an diesem Pessach, dem Fest der Freiheit, ans Gefängnis denken muss. Das ist traurig. Sehr traurig.