Deutsche Kritik an Israel und israelischer Deutschland-Hype…
Israel und die Bundesrepublik Deutschland sind durch enge politische, wirtschaftliche, kulturelle und zivilgesellschaftliche Kontakte verbunden. An diesem Netzwerk wurde bereits vor dem 12. Mai 1965 geknüpft; an diesem Tag fand der Notenaustausch zwischen beiden Staaten zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen statt. Die ersten Schritte auf diesem Weg waren schon in den 1950er-Jahren erfolgt, nur kurze Zeit nach dem Ende des vom nationalsozialistischen Deutschland begangenen Völkermordes an den europäischen Juden.
Vor dem Hintergrund der NS-Vergangenheit grenzt es an ein Wunder, dass Deutschland heute ein engeres Verhältnis zu Israel unterhält als die meisten anderen europäischen Länder; doch die Verbundenheit mit Israel ist in hohem Maße ein Elitenprojekt. Seit 1981 sinken die Sympathiewerte für Israel – mit zunehmender Tendenz. Laut einer im Januar 2015 veröffentlichen Blitzumfrage der Bertelsmann-Stiftung haben 48 Prozent der Deutschen eine „ziemlich oder sehr schlechte Meinung über Israel“ und nur noch 36 Prozent eine „sehr oder ziemlich gute Meinung über Israel“. Diese Stimmungslage, die teilweise auch antisemitischen Haltungen in der Mitte der Gesellschaft geschuldet ist, prägt die öffentliche Meinung mehr als es die ansonsten guten offiziellen Beziehungen vermuten lassen.
Während sich viele Deutsche von Israel abwenden, ist das vormals sehr negative Image der Deutschen in der israelischen Öffentlichkeit seit Ende der 1970er-Jahre stetig positiver geworden. Ob es um Autos, Fußball oder um Ausdrucksformen deutscher Kultur geht – unter Israelis ist ungeachtet auch zwiespältiger Erfahrungen in den vergangenen Jahren ein regelrechter Deutschland- und vor allem Berlin-Hype entstanden. Seit ihrem Staatsbesuch in Jerusalem 2008 gehört Angela Merkel zu den populärsten ausländischen Politikern in Israel. Laut einer Bertelsmann-Studie von Januar 2015 haben 68 Prozent der jüdischen Israelis ein positives Deutschland-Bild.
Der Politikwissenschaftler Martin Kloke bietet einen informativen Überblick über Höhen und Tiefen der deutsch-israelischen Beziehungsgeschichte. Das 24-seitige Heft ist soeben in der Reihe „Informationen zur politischen Bildung – aktuell“ der Bundeszentrale für politische Bildung erschienen.
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Diese Schieflage in der gegenseitigen Beziehung empfinde ich einerseits als zutiefst beschämend und andererseits macht es mich immer wieder zornig. In der israelischen Öffentlichkeit macht man sich Illusionen über Deutschland (ich würde sehr, sehr gerne etwas anderes schreiben). Nach meinen Erfahrungen ist die Behauptung, ein Drittel der Deutschen stünden Israel freundlich oder „neutral“ gegenüber, eine Illusion. Es sind leider nochmals deutlich weniger.
Berlin mag vielleicht noch ein Lichtblick sein, doch ansonsten sind enorm viele in diesem Land in irgendeiner Form aufseiten der sogenannten „Israelkritiker“. Wir haben es hierbei jedoch nicht mit irgendeiner rationalen Form der Auseinandersetzung, sondern mit geballtem Ressentiment und letztlich verdruckstem Antisemitismus zu tun, die sich hinter einer angeblichen „Kritik“ verbarrikadieren um dann von da aus mit verblüffender Aggressivität zu agieren.
Hauptverantwortlich für diese Situation sind ausgerechnet Menschen, die sich für besonders kritisch oder sensibel halten. Der Augstein-Sohn ist dafür ein gutes Beispiel, das sich jedoch auch bis in kleinste Bereiche fortsetzt. Ausgerechnet die „fortschrittlichen Kräfte“ sind besonders anfällig für Dummheit und niederträchtige Unterstellungen. Eine gute Nachricht gibt es: Immerhin empfindet derselbe Personenkreis wenigstens für die seit 70 Jahren toten Juden so etwas ähnliches wie Empathie.
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