Ivrit für Neugierige: Namen und ihre Bedeutung

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In unserer Tradition haben Namen immer eine Bedeutung. Heute betrachten wir die Namen in der Estherrolle etwas genauer…

Esther hatte zwei Namen:
Hadassah הֲ דסַָ ה und Esther אֶ סְ תֵ ר .

Deborah Tal-Rüttger

Hadassa הֲ דסַָ ה ist ihr hebräischer Name. Er kommt von ‚Hadass’ הֲ דַסָ , die Myrthe.
Traktat Megilla 13b: „Sie hieß Hadassa wie die Gerechten, die auch Hadassim, Myrthen hießen. Secharia 1,11 ‚Und sie antworteten dem Engel des Ewigen, der zwischen den Myrthen hielt.’“
Esther אֶ סְ תֵ ר : Der Name ist babylonischen Ursprungs, vielleicht von Ischtar, die Göttin der Erotik und der Liebe. Darauf spielt der Talmud an in Megilla 15a: „Seit Erschaffung der Welt gab es vier besonders schöne Frauen: Sara und Awigail, Rachaw und Esther.“

Im Hebräischen hat Esther die Wurzel samech ,ס taw ת, resch ר von lehastir, verdecken, verstecken, unsichtbar machen. Esther versteckt ihre jüdische Identität. In Dewarim (Deuteronomium) 31,18 steht geschrieben: „Ich (Gott) aber werde mein Antlitz verbergen“ – Haster astir panaj“.
Die erste Königin (vor Esther) hieß Waschti ושׁתי : schin , שׁ taw ת, he ה ist die Wurzel von lischtot – trinken. Kein Kompliment für die arme Königin!
König Achaschwerosch אחשׁורוֹשׁ Megilla 11a: Raw sagte: Achiw schel Rosch, der Bruder des Führers. Achaschwerosch ist der Bruder des bösen Newuchadnezar, der Führer hieß. So wie Newuchadnezar den ersten Tempel zerstörte, so verzögerte Achaschwerosch den Bau des zweiten Tempels: Esra 4,6: „Und unter der Regierung des Achaschwerosch, im Anfang seiner Regierung, schrieben sie eine Anklage wider die Bewohner Jehudahs und Jeruschalajims.“ Rabbi Jochanan sagte: Wer sich an ihn erinnert, sagt „Ach leRoscho“, Ach und Weh auf seinem Haupt. Rabbi Chanina sagte: Alle sind raschin, verarmt, als er regierte.

Hamán הָמָן Der Name ist nicht Hebräisch. Die Forscher sind sich nicht einig, was der Name bedeutet. Es könnte der Elamitische Hauptgott HUMBAN gemeint sein. Im alten Persisch gibt es die Wörter HU MANA – der Träger des guten Geistes, oder HAMA MANA – derselben Meinung sein. Das hilft uns nicht wirklich weiter. Im Koran wird ein Mann namens Hamán sechsmal erwähnt. Dort ist Hamán ein Freund Pharaos und ein Sünder zur Zeit Moses. Der Charakter des Hamáns im Koran passt eher zu unserem Hamán.
Auch Mordechai מַָדרכי ist kein hebräischer Name. Er kommt aus dem Babylonischen. Der Gott Marduk war ein sehr populärer Held. Die Weisen sahen das anders. Der Name Mordechai sei eine Kombination zweier aramäischer Wörter: mira מִירָה und dachja דָכְיה . Das sind zwei Gewürze, die ihr Aroma nur bei der Verarbeitung, beim Zerreiben, entfalten. Die Weisen sagen, dasselbe geschieht mit Mordechai: er beginnt bescheiden und endet in großer Ehre.

Deborah Tal-Rüttger (4.v.l.) ist stellvertretende Vorsitzende der Union progressiver Juden in Deutschland und Vorsitzende und Vorbeterin der Jüdischen Liberalen Gemeinde Emet weSchalom Nordhessen. Ihr gelingt es in ihren zahlreichen Vorträgen immer wieder, dem Publikum gelebtes progressives Judentum näherzubringen und dabei deutlich zu machen, dass das Reformjudentum in seiner Ausübung jedem Einzelnen viel Wissen abverlangt, da Judentum vielfach Entscheidungen verlangt, die eine tiefe Auseinandersetzung mit den Texten notwendig machen. Zentral ist auch die Frage nach einem Leben im Einklang mit der Schöpfung: „Tikkun Olam“.