Connecting Inconsistencies? Kritische Fragen an deutsche Israelfreunde

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„Connecting for Tomorrow“. Unter diesem Motto lädt die Initiative „ILI – I Like Israel“ zum dritten deutschen Israel-Kongress ein, der am 10. November 2013 in Berlin stattfindet…

Von Martin Kloke

Unter der Schirmherrschaft von Verlegerin Friede Springer, Zentralratspräsident Dieter Graumann und Botschafter Yakov Hadas-Handelsman haben die Organisatoren Sacha Stawski und Melody Sucharewicz Großes vor: Flankiert von einem Netz namhafter Sponsoren und Unterstützer, wollen sie ein breites Spektrum von Aktivisten, Experten, Politikern, Wissenschaftlern Unternehmern, Journalisten und Künstlern zu einem eintägigen Megaevent zusammenbringen, um die deutsch-israelischen Beziehungen mit neuem Leben zu erfüllen. In fünf „Labs“ (Laboratorien) mit thematischen Schwerpunkten aus Politik, Business, Wissenschaft, Kultur und Religion sollen Erfolgsgeschichten, Synergien und Potenziale des bilateralen Verhältnisses über den Tag hinaus beleuchtet, diskutiert und in Folgeprojekten weitergeführt werden. ((Vgl. https://www.israelkongress.de/de/kongress/))

Den Initiatoren des Kongresses, die sich seit Jahren als Aktivisten deutscher Israel-Solidarität exponieren, gebührt Anerkennung, dass sie für ihr löbliches Anliegen über den Kreis der üblichen Verdächtigen hinaus auch Vertreter politischer Stiftungen aus dem gesellschaftlichen Mainstream gewinnen konnten. Dass die Rosa-Luxemburg-Stiftung im Reigen der Unterstützer fehlt, kann angesichts der israelfeindlichen Eskapaden von Teilen der Linkspartei nicht verwundern. Anders verhält es sich mit der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste (ASF), die schon in den frühen 1960er Jahre zu den zivilgesellschaftlichen Vorreitern der deutsch-israelischen Beziehungen gehörte. Doch ASF- Geschäftsführerin Jutta Weduwen zögert bis heute die Entscheidung über ihre Anwesenheit hinaus – obwohl sie von den Veranstaltern mehrfach eingeladen und ihre Mitwirkung an einem Programm-Panel längst festgehalten wurde.

Noch erstaunlicher ist, dass sich die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) einer Teilnahme am Kongress verweigert. Gerade mal drei von 51 regionalen Arbeitsgemeinschaften, der DIG-Zentrale in herzlicher Abneigung verbunden, sind als „Freunde“ mit von der Partie. Eigentlich begreift sich die Bundes-DIG als „zentrale Organisation […], in der sich Freunde Israels in überparteilicher Zusammenarbeit zusammenfinden, um in Solidarität mit dem Staat Israel und seiner Bevölkerung zu wirken.“ ((http://www.deutsch-israelische-gesellschaft.de/bund/leitsaetze)) Wenn sich die DIG unter ihrem Präsidenten Reinhold Robbe nun von einem deutsch-israelischen Event dieser Größenordnung fernhält, sind dafür politische Gründe kaum vorstellbar. Könnte es sein, dass die Abstinenz der DIG den Rivalitäten missgünstiger Alpha-Männchen um Einfluss und Anerkennung in der Israel-Solidaritätsszene geschuldet ist?

Dem ambitionierten Programm des Israel-Kongresses ist zu entnehmen, dass sich die proisraelischen Akteure aus der traditionellen „Meckerecke“ zurückziehen und neues Terrain betreten möchten. Dem israelbezogenen Antisemitismus in Teilen der deutschen Gesellschaft wollen die Aktivisten nicht länger mit hilflosen Gesten der Dauerempörung und moralerzieherischer Aufklärung zu Leibe rücken; Erfahrungsräume eines fairen und verständnisvollen Israelbildes sollen dazu dienen, die einzigartigen deutsch-israelischen Beziehungen als Ausdruck einer „wahre(n) Wertegemeinschaft“ zu vermitteln. Dabei soll Israel, das sich inmitten des nahöstlichen Dschungels zu behaupten weiß, ins rechte Bild gesetzt werden: als „singuläre Insel der Demokratie, der Moderne und der Liberalität“.

Dieser positiv gestimmte Paradigmenwechsel mag erfolgversprechend und zukunftsträchtig sein. Die Frage ist nur, ob die Veranstalter ihren eigenen Ansprüchen gerecht werden, wenn sie ihre respektablen Anliegen durch Marketing-Phrasen selbst entwerten. Schon das Einladungsschreiben strotzt vor Allgemeinplätzen wie diesen: „Für mehr Verständnis, mehr Fortschritt und mehr Synergien. Weil Deutschland und Israel neben der Geschichte eine breite Palette gemeinsamer Werte, wirtschaftlicher Chancen und strategischer Interessen verbindet.“ Konfliktträchtige Themen, die der zur Schau gestellten Harmonie und dem verordneten Optimismus abträglich sein könnten, fehlen: Selbst der Nahostkonflikt, der von jeher in fataler Weise die deutsche Israel-Wahrnehmung prägt, fehlt im Programm. Auch die Auseinandersetzung mit der notorischen „Israelkritik“ deutscher Medien lässt das professionell aufgestellte Veranstaltungsmanagement außen vor.

Was vor wenigen Jahren noch undenkbar und tabubehaftet schien, ist in der deutsch-israelischen Soli-Szene von heute fast schon selbstverständlich: die einträchtige Kooperation konservativer und progressiver Aktivisten, säkularer Lobbyisten und christlicher Fundamentalisten. Dennoch stellen sich, bei allem Wohlgefühl über den neuen Konsens deutscher Israelfreunde, irritierende Rückfragen: Was verbindet den angesehenen liberal-grünen Polit-Analytiker Ralf Fücks von der Heinrich-Böll-Stiftung mit jenem umtriebigen Philip Kiril Prinz von Preußen, der sich nach dem Rücktritt von Ex-Bundespräsident Christian Wulff für die Wiedereinführung der Monarchie stark gemacht hatte? ((Vgl. die Meldung in Spiegel online v. 14.3.2012 (siu/dapd/AFP), http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/philip-kiril-prinz-von-preussen-fordert-rueckkehr-zur-monarchie-a-821311.html.)) Was hat der GRÜNEN-Abgeordnete Özcan Mutlu mit evangelikalen „Zionisten“ gemein, die als „Christen an der Seite Israels“ u. a. Projekte für „jüdische Siedler in Judäa und Samaria“ betreiben und nebenbei judenmissionarische Absichten verfolgen? ((Vgl. Martin Kloke, Auf zum letzten Gefecht! Christlicher Zionismus auf dem Vormarsch? In: Kirchliche Zeitgeschichte. Internationale Zeitschrift für Theologie und Geschichtswissenschaft (Göttingen), 21. Jg., Heft 1, Juli 2008, S. 86–107, hier S. 91f.)) Weitere Beispiele dieser ebenso unheiligen wie skurrilen Allianz ließen sich ergänzen.

Um einem Missverständnis vorzubeugen: Es geht hier nicht um Bannflüche oder Ausschlussklauseln gegen tatsächliche oder vermeintliche Trittbrettfahrer, die die Substanz der deutsch-israelischen Beziehungen beschädigen könnten. Implizit scheint dem Veranstaltungsmanagement die Brisanz des heterogenen Teilnehmerkreises bewusst gewesen zu sein: Die einzelnen Panels sind inhaltlich und personell so konfiguriert, dass mögliche Kontroversen von vornherein ausgeschlossen bleiben – die Exponenten der gegensätzlichen politischen und religiösen Milieus werden sich allenfalls in den Kaffeepausen begegnen können. Muss nicht, wer einen pluralistisch derart weitgefächerten Kongress organisiert, schon aus Legitimationsgründen einen kritischen Diskurs untereinander zulassen – oder ist ein solcher Gedanke auch 2013 noch zu waghalsig?

Lesetipp: Martin Kloke: Christliche Zionisten – Eine kritische Darstellung. Vortrag vom 24. Januar 2010 bei der Delegiertenversammlung der Konferenz Landeskirchlicher Arbeitskreise Christen und Juden im Bereich der EKD. In: Compass-Infodienst (Online-Extra), Nr. 112, 26.02.2010.

13 Kommentare

  1. Hallo und guten Tag, wir benötigen Ihre Unterstützung.
    Die Proteste um die Koran-Verteilung in der Fußgängerzone sind vorbei und wieder einmal längst vergessen.

    Nun versucht es der Islam erneut und will eine Moschee ca. 100 m neben einem Schulkomplex bauen. Mitten in einem Wohngebiet wird in Leipzig-Gohlis zurzeit die Erich-Kästner-Schule, eine Grundschule, zu einem riesigen Schulkomplex umgebaut. Dazu gehört noch eine Mittelschule. Später kommt noch eine Kita hinzu.
    Insgesamt wird dieser Schulkomplex mehr als 1000 Kinder und Jugendliche unterrichten.

    Es geht um die Erich-Kästner-Schule
    Die einzige und optimale Zufahrt zum Schulkomplex führt durch die Bleichertstraße, das heisst jeder muss an der Moschee vorbei.

    Der Bau einer Moschee neben dem Schulkomplex ist ein Angriff auf unsere christlichen Werte. Die Moschee wird die Kinder und Jugendliche ständig mit dem Islam aggressiv attackieren und versuchen zu konvertieren.
    Diese islamische Einflussnahme muss verhindert werden.

    • „Der Bau einer Moschee neben dem Schulkomplex ist ein Angriff auf unsere christlichen Werte. Die Moschee wird die Kinder und Jugendliche ständig mit dem Islam aggressiv attackieren und versuchen zu konvertieren.“

      Sagen wir mal so, die Vergrößerung der Schule scheint mir dringend erforderlich. Neben Rechtschreibung kann man sogar das Formulieren sinnvoller Sätze erlernen. Vielleicht sollte man die Verteidigung der christlichen Werte der zuständigen Thomas Gemeinde überlassen, die für den Neubau der Moschee spendet.

      http://www.youtube.com/watch?v=vkrFsUn9aqQ

    • Die Islamophoben – die Unterstützergruppe fehlt wohl noch in der Aufzählung – auf die kann man sich ja bei Israel PR Veranstaltungen grundsätzlich verlassen.

      Grundsätzlich muss man zum Artikel sagen ‚Man nimmt halt was man kriegt‘.

      Bei der Veranstaltung gibt es übrigens keinerlei Vertreter von arabischen Israelis, auch nicht solche israelische, jüdische, welche die Besatzung kritisieren.

      Das ist eine reine Propagandaveranstaltung, welche die Besatzung legitimieren und ein weichgespültes Bild von Israel promoten soll.

  2. »Wir können stolz sein«

    Waldtraut Lewin über den zweiten Band ihrer jüdischen Geschichte, beeindruckende Persönlichkeiten und historische Fakten

    Frau Lewin, wer ist Ihre Lieblingsfigur in der jüdischen Geschichte?

    Ganz klar Bar Kochba – auch wenn er nur einer von vielen Protagonisten in der jüdischen Geschichte ist, auf die wir stolz sein können. Sein Mut, seine Stärke und seine Geradlinigkeit waren einzigartig. Er lehnte sich gegen die Unterdrücker auf und wollte sein Volk für immer von den Fesseln der herrschenden Römer befreien. Diese waren Bar Kochba und seinen Mitkämpfern natürlich weit überlegen. Trotzdem brachte er ihnen lange Zeit empfindliche Niederlagen bei – und kämpfte tapfer bis zum Schluss.

    In der Ankündigung des Titels steht, dass er auch Verschwörungstheorien aufgreift. Inwiefern?

    Ich widme mich zum Beispiel den »Protokollen der Weisen von Zion«. Ein ganz übles antisemitisches Pamphlet. Ausgedacht hatte sich das ein verrückter russischer Spion. Auf Grundlage von Schauerromanen behauptete er, es gebe eine geheime jüdische Weltherrschaft, die sich regelmäßig auf dem Friedhof in Prag trifft. Viele nehmen das Buch bis heute für bare Münze. Im arabischen Fernsehen gibt es eine ganze Sendung über die angeblichen Protokolle, die darin als Wahrheit verkauft werden.

    http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/17411

  3. Ãœber die willkürliche Benutzung der Distinktionsschranke „Rechts“ bei der Schlammschlacht um Israel, lässt sich seit 67 nur noch sehr müde lächeln. Aber die Zusammenarbeit von Frau Groth mit der rechtsradikalen IHH bei ner Jihadflotte ist kein Grund für …. seufz …ach lassen wir das.

    Ich finde es sehr gut, dass der Nahostkonflikt im Programm eine untergeordnete/keine Rolle spielt. Ist doch sowieso der libidinös besetzte Tummelplatz aller Herren Länder Spinner. Ich will was anderes aus Israel hören und erleben 🙂

    Naja, man könnte ja mit Frau Groth ne Boykottdemo davor machen, und gemeinsam über Schiessbefehle an Mauern sinieren.

  4. Hoffentlich kommen nicht wieder irgendwelche freie Israelis um zu stören. Es gibt inzwischen ja etliche Israelis in Berlin, die mit den Israelfreunden nix am Hut haben, die sind sozusagen der natürliche Feind des deutschen Israelfreunds. Aber ich denke da wird es Vorbereitungen geben, nach den Lehren aus der Affaire im jüdischen Gemeindehaus. Da waren doch auch irgendwelche israelischen Grünschnäbel frech geworden und mussten entfernt werden.

  5. Also bei der Rednerliste war ich erstaunt. Außer vielleicht noch dem liberalen Rabbiner Steimann liegen alle rechts von der Mitte, wenn man das so aufteilen mag. Also von Vielfalt oder gar Repräsentanz kann nicht die Rede sein.
    Erstaunt war ich dann, als ich den früheren Botschafter Israels, Avi Primor entdeckte. Eine allgemeine Feindfigur im Lager der „Israelfreunde“. Andererseits, man kennt Primor, er kann keine Ehrung auslassen und Frau Springer wird schon bisschen was springen lassen.

    Schade eben, dass so etwas ISRAEL-Kongress heisst. Das wäre so, wie wenn man in Amerika das Deutschland-Event hätte, und das Spektrum nur den rechten Flügel der CDU, die CSU, die Republikaner, DVU, NPD, Bibeltreue Christen, Junge Union, Sudetendeutsche Landsmannschaft, Pro-Deutschland, Pro-NRW etc. pp. zuliesse, vielleicht noch ein FDP-Mann und auf der Rednerliste als Beweis der progressiv-pluralistischen Haltung: Thomas Gottschalk, über irgendwas unverfängliches, z.B. Was mach ich mit meinem Hund, wenn ich in Urlaub fahre und in Malibu Bay wohne.
    Also Axel Springer hätte es bestimmt gefallen.

    • @T.Lustik@ Anscheinend projizieren Sie Ihre Befindlichkeit auf Avi Primor,dem Sie unterstellen, er würde nur nach Berlin kommen, wenn „Frau Springer… schon bisschen was springen lassen“ wird.

    • Es gibt auch keine arabischen Israelis – und keine Vertretung des Islam, der mit 20% Muslimen in Israel – ja auch ein Bestandteil des Landes ist.

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