Vermischtes aus Europa: Wer versteht den Iran und wer das Internet?

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Der Iran und die USA nehmen am heutigen Dienstag in Genf die Verhandlungen über das umstrittene iranische Atomprogramm wieder auf. In den vergangenen Wochen näherten sich die Kontrahenten erstmals seit Jahrzehnten vorsichtig an…

Gazeta Wyborcza – Polen
Absichten Irans noch völlig unklar
Pokojowa reakcja łańcuchowa?
Coraz bliżej przełomu na linii Iran -USA

Die liberale Tageszeitung Gazeta Wyborcza warnt vor großem Optimismus:

„Die Charme-Offensive von [Irans Präsident] Rohani soll der erste Schritt in Richtung einer Verständigung mit dem Westen und der Aufhebung der Sanktionen sein. Die Lage verkompliziert sich jedoch dadurch, dass die grundsätzliche Änderung der bisherigen Politik nicht von den Gesten des iranischen Präsidenten oder des Parlaments abhängt, sondern vom Obersten religiösen Führer. Und was genau Ajatollah Ali Chamenei denkt, weiß man nicht. Der Versuch, die wahren Absichten der Regierenden in Teheran zu deuten, erinnert an die Versuche die Politik der Sowjetunion vorherzusehen.“
(15.10.2013) polnisch

Postimees – Estland
Frustrierte Russen brauchen Sündenbock

Nach dem Mord an einem jungen Russen haben sich in Moskau rund 1.000 fremdenfeindliche Randalierer am Sonntag schwere Auseinandersetzungen mit der Polizei geliefert. Der flüchtige Täter könnte laut Polizeiangaben ein Arbeitsmigrant aus Zentralasien oder dem Kaukasus sein. Die Jugendlichen brauchen einen Sündenbock für ihre soziale Misere, meint die liberale Tageszeitung Postimees:

“Wenige der Aufständischen sind wirklich nationalistische Extremisten. Fremdenhass ist in Russland keine Besessenheit einer kleinen Gruppe, sondern eine Weltanschauung, die als milde Fremdenfeindlichkeit wesentlich weiter verbreitet ist. … Gewiss haben die Unruhen auch soziale Gründe. Die Jugendlichen der armen Vorstädte sind frustriert wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage, die durch den massiven Zustrom billiger Arbeitskräfte verstärkt wird, und suchen einen Feind. Es bedarf bloß eines Funkens, dass aus Fremdenfeindlichkeit Massenkrawalle werden. In Moskau war dieser Funken der Mord am Donnerstag.“
(15.10.2013)

Der Standard – Österreich
Daniel Gros über die gefestigte Euro-Treue der Deutschen

Dass die Krise das Vertrauen in den Euro vor allem in Deutschland geschwächt habe, ist ein Mythos, argumentiert Daniel Gros, Direktor des Center for European Policy Studies, in der linksliberalen Tageszeitung Der Standard:

„Der Anteil derer, die die DM zurück wollen, ist zuletzt stetig gesunken und liegt jetzt bei etwa 35 Prozent. Der Anteil derer, die den Euro behalten möchten, ist dagegen durch die Krise hindurch ständig gestiegen und liegt bei 50 Prozent. Der Trend einer zunehmenden Akzeptanz des Euro begann 2008, zu Beginn der globalen Finanzkrise, und ist trotz Schuldenkrise der Eurozone seit 2010 weiter gestiegen. Es sieht so aus, als hätte die Krise die Deutschen dazu gebracht, sorgfältiger über die Bedeutung einer gemeinsamen Währung nachzudenken. …
Was allgemein als eine umfassende Vertrauenskrise wahrgenommen wird, ist lediglich eine verallgemeinerte Vertrauenskrise hinsichtlich aller offiziellen EU-Institutionen in der Peripherie. In Deutschland ist das Vertrauen in das Schlüsselelement der EU, den Euro, stetig gewachsen. Dieser fundamentale Trend trägt auch zum Verständnis des deutschen Wahlergebnisses bei. Angela Merkel hat ihren Wahlkampf auf ihre ‚Euro-Rettung‘ aufgebaut und damit einen überragenden Sieg errungen.“
(15.10.2013)

Mladá fronta Dnes – Tschechien
Ohne Geld keine Nobelpreise für Europäer

Drei US-Amerikaner, Eugene F. Fama, Lars Peter Hansen und Robert J. Shiller, haben am Montag den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhalten. Die liberale Tageszeitung Mladá fronta Dnes fragt sich, weshalb eigentlich fast immer US-Forscher ausgezeichnet werden:

„Entscheidend sind die zur Verfügung stehenden Gelder. Die USA können ihre Forschung aus mehr privaten Quellen finanzieren. Die Wissenschaft in Europa, auch die in Tschechien, ist von Steuergeldern abhängig, von den Zuteilungen aus dem Staatshaushalt. Die tschechische Akademie der Wissenschaften verfügt über mehr als 50 Institute. 98 Prozent der Einnahmen von außerhalb des Staats kommen jedoch aus den Patenten eines einzigen erfolgreichen Forschers, des Naturwissenschaftlers und Chemikers Antonín Holý, respektive aus seinem früheren Institut. Einnahmen anderer Institute gibt es nicht. Und so dringt die Akademie Jahr für Jahr auf mehr Geld vom Staat. Kein Wunder, dass die Europäer mehr Steuern zahlen als die Amerikaner.“
(15.10.2013)

Radikal – Türkei
Türkischer Staat versteht das Internet nicht

Die Bekanntgabe der Nobelpreisträger in den verschiedenen Einzelwissenschaften nimmt die liberale Tageszeitung Radikal zum Anlass, den Umgang der türkischen Behörden mit Informationstechnologie und dem Internet kritisch zu hinterfragen:

„In der Türkei versteht der Staat das Internet nicht. Er interessiert sich auch nicht dafür, wohin sich die Internet-Wirtschaft entwickelt. Während sich diese Technologie schnell auf alle Lebensbereiche ausdehnt, hinkt die Türkei vor allem bei den nötigen gesetzlichen Regelungen hinterher. Unter den 24 Staaten, die 80 Prozent der Internetwirtschaft ausmachen, gibt es nur drei Länder, die kein Gesetz zum Schutz von persönlichen Daten haben: Südafrika, Thailand und die Türkei. Der Gesetzentwurf wartet seit 2008 im Parlament. Die Türkei ist wirklich ein seltsames Land. Sie steht im Wettbewerb mit der gestrigen Welt. Doch für das, was sich heutzutage abspielt, interessiert sie sich nicht.“
(15.10.2013)

1 Kommentar

  1. „“Entscheidend sind die zur Verfügung stehenden Gelder. Die USA können ihre Forschung aus mehr privaten Quellen finanzieren.“

    Das ist in den USA auch so gewollt, wobei auch eine höhere Flexibilität in der Forschung entsteht.
    Einer seist kann dann ein Physiker in den Wirtschaftswissenschaften forschen, anderer seist ist die Forschung in den USA seht stark durch 3. Sponsoren abhängig.
    Jedoch: woher kommen die meisten Nobelpreisträger???

    Kyniker

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