Oscar Niemeyer in Israel

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Vor Kurzem ist der berühmte brasilianische Architekt Oscar Niemeyer verstorben. Viele Nachrufe sind nach seinem Tod auf ihn erschienen, die sein Leben und seinen Beitrag zur Architektur der Gegenwart, so unter anderem auch zum Hansa-Viertel in Berlin, würdigten…

Hierzulande weniger bekannt ist, dass Niemeyer sich 1964 auch für ein halbes Jahr in Israel aufgehalten hat. Der damals bereits weltberühmte Architekt kam auf Einladung von Yekutiel Federman in das junge Land am Mittelmeer, dem Vorstandsvorsitzenden der Hotelkette Dan, der mit ihm über mögliche gemeinsame Projekte in Israel nachdenken wollte. Der Aufenthalt sollte eigentlich nur wenige Tage dauern, während derer es jedoch in Brasilien zum Militärputsch kam. Und Niemeyer blieb.

Während seines Aufenthalts entwarf er Pläne für mehrere Großprojekte, darunter eine ganze Stadt. Ir ha-Negev (Die Negev-Stadt) sollte 30 bis 40 Tausend Einwohnern ein Zuhause bieten, zumeist Neueinwanderer. Für die Wohnhäuser dachte Niemeyer an Wolkenkratzer mit 30 bis 50 Stockwerken, auf diese Weise sollten die Bewohner von Ir ha-Negev trotz des Wüstenklimas immer genug frische Luft haben und vor Sandstürmen geschützt sein.

Oscar Niemeyer in Israel

Ir ha-Negev wurde nie gebaut. Kritiker sahen das mangelnde Eingehen auf bestehende israelische Lebensgewohnheiten als Problem, ebenso fürchtete man, der Übergang in das neue Land würde für Neueinwanderer mit der Ansiedlung in einer solch unkonventionellen Wohnform erst recht misslingen.

Für beinahe alle seine Israel-Projekte setzte Niemeyer auf Hochhäuser – seiner Meinung nach die einzige Möglichkeit, dem begrenzten Platz im Land entgegenzuwirken. Die Niedrigbauweise der ersten zwei Jahrzehnte israelischer Architektur erschien ihm konservativ und wenig zielführend. Doch gerade im Negev war Platzmangel nicht das Problem – auch ein Grund für seine Kritiker, das Projekt für misslungen zu erklären.

Ein weiteres Projekt Niemeyers, diesmal im Auftrag Federmans entworfen, waren drei 40-stöckige Hochhäuser mitten im Zentrum von Tel Aviv. Eines sollte ein Wohnhaus werden, ein zweites als Hotel dienen und ein drittes Büros beherbergen. Dazwischen plante Niemeyer ein zweigeschossiges Geschäftszentrum mit Läden, Restaurants und Kinos.

Auch dieses Projekt sollte niemals umgesetzt werden – diesmal aus finanziellen Gründen. Später ging das Grundstück an eine kanadische Investorengruppe, die es jedoch letztendlich an den israelischen Bauunternehmer Arie Pilz verkaufte. Ende der 1970er Jahre entstand auf dem Grundstück das Dizengoff Zentrum.

Niemeyer entwarf noch weitere Gebäude, so etwa auch für die Universität Haifa. Zwar wurden auch hier seine eigenen Pläne nicht umgesetzt, die letztendlich entstandenen Bauten sind jedoch von seinen Entwürfen beeinflusst.

In seiner Autobiographie von 1968 widmet der Architekt seiner Zeit in Israel eine ausführliche Beschreibung. Er bezeichnet das Land als „wundervolles Land voller Widersprüche und Schönheit.“ Am stärksten war er vom Negev und Eilat beeindruckt, doch auch die lebendige Stadt Tel Aviv gefiel ihm.

Bereits in den 1960er Jahren entwarf Niemeyer eine Vision für das junge Land, das zu dieser Zeit noch auf der Suche nach sich selbst war. Diese auch umzusetzen, war ihm nicht vergönnt.

Haaretz, 12.12.12, Newsletter der Botschaft des Staates Israel