Dienst in der Mordmaschinerie

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Der Prozess gegen den mutmaßlichen SS-Helfer John Demjanjuk nähert sich seinem Ende. Die Nebenkläger, Überlebende des Vernichtungslagers Sobibor sowie Angehörige von Ermordeten, haben ihre Plädoyers gehalten…

Von Cordula Behrens
Jungle World v. 28.4.2011

Der Angeklagte beschwert sich: Die Stimmen der Nebenkläger erklängen zu laut aus den Lautsprechern und dröhnten geradezu in seinen Ohren. Daraufhin wird der 91jährige Mann, der in einem Spezialbett liegt, vor das Podium des Richters geschoben. Mit Schirmmütze und Sonnenbrille bekleidet, verzieht er dort keine Miene, wie an den meisten der bisher 90 Prozesstage.

John Demjanjuk hat mit seiner Beschwerde die Berichte der Nebenkläger unterbrochen, deren Geschwister, Mütter, Väter oder Ehepartner im Vernichtungslager Sobibor ermordet wurden. Demjanjuk soll dort als Aufseher von Ende März bis Ende September 1943 Dienst verrichtet haben und wird der Beihilfe zum Mord an 27 900 Menschen beschuldigt. Hier im Münchener Justizpalast sprechen die Nebenklägerinnen und Nebenkläger aus Holland, Polen, Deutschland und den USA und ihre Anwälte nach 18 Prozessmonaten nun ihre Schlussworte. In früheren Verfahren gegen NS-Verbrecher erhielten Angehörige der Ermordeten nur selten die Gelegenheit, ein umfassendes moralisches, rechtliches und historisches Zeugnis abzulegen. Deshalb haben die Plädoyers im Prozess gegen Demjanjuk eine besondere Bedeutung in der deutschen Rechtsprechung.

Ein Nebenkläger ist der 90jährige Jules Schelvis aus den Niederlanden. Er sei von seinen Eltern humanistisch erzogen worden, habe sein Abitur gemacht, sich zum Drucker ausbilden lassen und habe dann seine Frau Rachel kennen gelernt, sagt er. Am 26. Mai 1943 wurden die beiden von Amsterdam nach Westerbork verschleppt und von dort aus mit ihren Eltern nach Sobibor deportiert. Dort angekommen und »schon mit einem Bein im Grab«, schaffte es Schelvis, die Aufmerksamkeit eines SS-Mannes auf sich zu lenken, der ihn in das Arbeitslager Dorohucza abkommandierte. Seine Frau Rachel und seine Schwiegereltern wurden in der Gaskammer Sobibors ermordet. Für Schelvis steht fest: Demjanjuk ist mitverantwortlich für den Mord an seiner Frau Rachel, der im Alter von 20 Jahren ihr »blühendes Leben« genommen wurde.

Nach Schelvis treten 14 weitere Nebenkläger für ihre Schlussworte vor das Gericht. Max Degen etwa wurde in Amsterdam geboren und als Baby von seiner Mutter aus Sorge um sein Leben zu Bekannten gegeben, eine Gruppe von Pädagogikstudenten rettete ihm das Leben. Degens gesamte Familie wurde in Sobibor ermordet. Marianne Leijden van Amsel wurde als Kind vor den Nazis versteckt, ihre Eltern wurden 1943 in Sobibor ermordet, als sie gerade einmal drei Jahre alt war. Nun äußert sie vor Gericht die Hoffnung, dass »alle die Täter, die an den Grausamkeiten und dem Genozid beteiligt waren, der in den Jahren 1940 bis 1945 stattgefunden hat, für schuldig befunden werden«. Robert Cohn überlebte 27 Monate lang in Konzentrations- und Vernichtungslagern und sah, wie grausam »unter anderem die Ukrainer vorgegangen sind«. Auch Demjanjuk kommt aus der Ukraine und soll ein »Trawniki« gewesen sein, wie die ukrainischen SS-Helfer genannt wurden. Aus einem »Gespür für Gerechtigkeit« heraus fordert Cohn die Höchststrafe.

Nicht alle Nebenkläger richten sich mit ihren Ausführungen nur an das Gericht. Martin Hass aus den USA spricht den Angeklagten direkt an: »Wir hatten erwartet, dass Sie sich bei den vielen Opfern und ihren nächsten Angehörigen hier im Gerichtssaal entschuldigen würden.« Hass sagt, er hoffe, dass Demjanjuk »nach einem Leben der Lügen die heroische Entscheidung treffen und Zeugnis ablegen« würde. Die Nebenkläger Philipp Bialowitz und Thomas Blatt beteiligten sich am 14. Oktober 1943 am Aufstand der Häftlinge in Sobibor. Von den 300 Gefangenen, denen es gelang, die Wachmannschaft kurzzeitig außer Gefecht zu setzen und zu fliehen, überlebten 47.

Martin Mendelssohn, der Anwalt der Nebenkläger, schildert in seinem Plädoyer noch einmal die Rolle der »Trawnikis«. Diese, so sagt Mendelssohn, seien nicht nur in den Vernichtungslagern Sobibor, Treblinka, Majdanek und Belzec, sondern auch in den polnischen Ghettos eingesetzt worden, wie beispielsweise in Lublin oder dem kleinen Ort Izbica, in dem Thomas Blatt aufwuchs. »Fremdländische Wachmänner« halfen auch dabei, das Warschauer Ghetto nach dem dortigen Aufstand im April 1943 zu zerstören.

Auch die Staatsanwaltschaft hält Demjanjuks Schuld angesichts der Beweislage und Zeugenaussagen für erwiesen. Den Anklagepunkt der Beihilfe zum Mord nach Paragraph 27 des Strafgesetzbuchs bewertet der Staatsanwalt Hans-Joachim Lutz in diesem Prozess zum ersten Mal anders, als es in früheren NS-Prozessen in Deutschland der Fall war. Der Dienst in einer »routinierten Mordmaschinerie« sei allein schon der Nachweis für die Beihilfe, sagt Lutz. Die Höchststrafe für das Delikt liegt bei 15 Jahren Haft. Lutz fordert eine Gefängnisstrafe von sechs Jahren, wobei er, »gedanklich, nicht rechtlich«, von der Höchststrafe schon die achteinhalb Jahre Haft abgezogen habe, die Demjanjuk in Israel im Gefängnis zubrachte. Der Staatsanwalt begründet seine Forderung folgendermaßen: Demjanjuk habe aus ideologischen Gründen und aus niederen Motiven gehandelt, er sei der Beihilfe zum Mord in insgesamt 15 Fällen schuldig zu sprechen – gemeint sind 15 Transportzüge, in denen Juden aus Polen, den Niederlanden und Deutschland 1943 nach Sobibor gebracht wurden.

Dass Demjanjuk freiwillig und aus Überzeugung gehandelt habe, steht auch für die Anwälte der Nebenkläger fest. Er sei nicht zum Dienst gezwungen worden, sagt Hardy Langer. Als Ukrainer sei es Demjanjuk durchaus möglich gewesen, in sein nicht allzu weit von Sobibor entferntes Geburtsdorf zurückzukehren. Darüber hinaus hätte er im Lauf des Prozesses Reue für seine Taten zeigen können, was sicher strafmildernd berücksichtigt worden wäre, sagt Rolf Kleidermann, ein weiterer Anwalt der Nebenkläger.

Die Anwälte von Demjanjuk verfolgen weiterhin eine offensive Strategie, wie man sie schon aus dem bisherigen Verlauf des Prozesses kennt (Jungle World 3/10). So beantragte der Verteidiger Ulrich Busch während der laufenden Plädoyers der Nebenklage, das Verfahren zu unterbrechen und den Haftbefehl gegen seinen Mandanten aufzuheben. Anlass hierzu lieferte ihm ein kürzlich aufgetauchtes FBI-Dokument, in dem die Echtheit von Demjanjuks Dienstausweis in Sobibor bezweifelt und die Möglichkeit in Betracht gezogen wird, dass der KGB den Ausweis gefälscht habe. Arno Laurent, ein weiterer Anwalt der Nebenklage, brachte jedoch Einwände gegen das neue Beweismittel vor: Es sei dem KGB wegen der Vielzahl der Kollaborateure unmöglich gewesen, alle Dokumente über Helfer der Nazis zu fälschen. Warum hätte der Geheimdienst ausgerechnet Demjanjuks Dienstausweis fälschen sollen? Schließlich habe niemand ahnen können, dass der nach dem Krieg über Deutschland in die USA ausgewanderte Mann noch einmal die Aufmerksamkeit der Justiz auf sich ziehen würde, sagte der Anwalt.

Nun muss sich zeigen, ob die Münchner Richter den Plädoyers der Anklage folgen werden. In der nächsten Woche werden die Plädoyers der Verteidigung angehört. Kurz darauf soll das Urteil ergehen.

4 Kommentare

  1. Klar – nur hier steht er jetzt ohne irgend welche neuen Beweise, nur auf Grundlage, eines weniger kompetenten anderen Gutachtens vor Gericht.

    Ich kritisiere hier die deutsche Justiz und auch das Simon-Wiesenthal-Zentrum, dass seine Auslieferung nach Deutschland maßgeblich betrieb, obwohl es keine neuen Erkenntnisse gab.

    Es liegt mir fern jemanden in Schutz zu nehmen, der tatsächlich aus freien Stücken an der Vernichtungsmaschinerie der Nazis beteiligt war – aber selbst wenn Demjanjuks Ausweis nicht gefälscht sein sollte – stellt es in Anbetracht seiner Gefangenschaft ein moralisches Dilemma dar ein Urteil darüber zu fallen, umsomehr, als dass absolut gar nichts gegen ihn persönlich vorliegt, sondern alles auf Mutmaßungen und Verallgemeinerungen beruht. Sollte er tatsächlich verurteilt werden, so bezweifle ich, dass ein solches Urteil vor einer höheren Instanz Bestand haben wird. Man kann in einem Rechtsstaat nicht etwa ’stellvertretend‘ verurteilt werden. In Anbetracht der vielen Jahre, die Demjanjuk bereits in Israel in Haft war, weil er nachweislich mit einem anderen Traviniki verwechselt worden war (und nicht wegen ‚unklarer Beweislage‘) zudem kamen die Israelis zu dem Schluss, dass besagter Lager-Ausweis eine Fälschung ist, finde ich diesen neuen Prozess an einem ehemaligen NaziGefangenen auf dieser dünnen Indizienlage total befremdlich.

    Zudem finde ich den Beitrag der KulturZeit über Dr. Bernhard Frank sehr interessant – das Statement von einem Mitarbeiter des Simon-Wiesenthal-Zentrums in dem Zusammenhang, er wäre eine belanglose Randfigur – befremdlich. Wieso wird ein Deutscher Verfasser der ‚Richtlinien für den Massenmord‘ nicht belangt, aber ein russischer Kriegsgefangener? So einfach ist das alles nicht – es wirft so manche ziemlich irritierende Fragen auf.

    Sollte Demjanjuk möglicherweise tatsächlich nicht in Sobibor gewesen sein, dann kann er dazu auch nichts sagen und sollte er doch dort gewesen sein, kann man in einem solchen Fall nicht ohne Weiteres von Freiwilligkeit sprechen. Zudem muss man sich mal vorstellen, was eine solche Kriegsgefangenschaft bedeutete, den möglichen Hungertod. Insofern Häftlinge aufgerufen waren sich zu einem Dienst in einem Konzentrationslager zu melden, werden sie kaum vorher über ihre ‚Tätigkeit‘ aufgeklärt worden sein und erst mal dort, wird man wohl kaum so einfach abhauen können und was er denn nun ‚möglicherweise‘ tatsächlich gemacht hat oder nicht – dazu ist ohnehin überhaupt nichts bekannt.

    Wie gesagt – ich finde das moralisch sehr problematisch – zumal absolut nichts konkretes vorliegt. Mir scheint hier wird ein Exempel statuiert.

    Wenn es echte Beweise und konkrete Hinweise auf eine freiwillige Täterschaft gibt, dann ändere ich meine Meinung – aber mir scheint das alles total fragwürdig.

    Aber was ist mit Dr. Bernhard Frank?

  2. Jane, sie könnten es sich sogar noch einfacher machen – Jemjanjuk stand wegen seiner Vergehen auch schon in israel vor Gericht und wurde -oh Wunder!- von einem unabhängigen Gericht letztlich wegen der unklaren Beweislage entlassen.
     

  3. Der wegen Beihilfe zur Ermordung von fast 30.000 Juden angeklagte mutmaßliche KZ-Wächter John Demjanjuk wird offenbar durch ein FBI-Gutachten entlastet. Laut dem Bericht aus dem Jahr 1985 ist der Dienstausweis Demjanjuks, auf den sich die Anklage maßgeblich stützt, höchstwahrscheinlich eine Fälschung des sowjetischen Geheimdienstes KGB.

    Gründonnerstag 2009 in Wiesbaden: Wir treffen vertraulich einen hochrangigen Mitarbeiter des Bundeskriminalamtes, BKA. Er sagt: Das BKA habe schon 1987 im Auftrag der Israelis den Dienstausweis überprüft und damals massive Zweifel an der Echtheit des SS-Ausweises geäußert. Darüber existiere sogar ein Aktenvermerk.

    Und das ist der uns zugespielte Aktenvermerk von 1987, gefertigt für den BKA-Präsidenten. Die Kriminaltechniker bemängeln mehrere auffällige Merkwürdigkeiten und bezweifeln deshalb die Echtheit des Ausweises

    O-Ton, Wolfgang Steinke, ehem. Chef Kriminaltechnisches Institut des BKA:

    »Ich würde sagen, es waren starke Zweifel.«
    Frage: Massive Zweifel?

    O-Ton, Wolfgang Steinke, ehem. Chef Kriminaltechnisches Institut des BKA:

    »Es fehlte zum Beispiel das Datum, es haben Leute unterschrieben, die dazu eigentlich nicht befähigt waren. Es waren Auffälligkeiten im Druckbild und in der Schreibmaschine. Also schon nach der oberflächlichen Untersuchung gab es erhebliche Zweifel. Und damit wäre der Ausweis nicht verwertbar gewesen.«

    Frage: In einem Gerichtsverfahren?

    O-Ton, Wolfgang Steinke, ehem. Chef Kriminaltechnisches Institut des BKA:

    »In einem Gerichtsverfahren.«

    Der niederländischen Strafrechtler Prof. Christiaan F. Rüter. Er ist weltweit einer der anerkannten Experten, wenn es um Kriegsverbrecherprozesse geht. Seine Einschätzung über die prozessrelevanten Dokumente.
    O-Ton, Prof. Christiaan F. Rüter, Strafrechtler:
    »Das BKA-Gutachten oder der Vermerk ist seriös und das Gutachten des Landeskriminalamtes in München ist das nicht.«

    http://www.swr.de/report/-/id=233454/nid=233454/did=4796238/1x1fp1s/index.html
     
    Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass da eine tragische Figur, deren Verwicklung in den Massenmord keineswegs bewiesen ist – zum Sündenbock gemacht wird.
     
    All die Zeugen bezeugen ja nicht, dass Demjanjuk dort war und am Massenmord beteiligt war, sonder nur das, was wir alle wissen, dass in Sobibor ein Massenmord statt fand. Als solches haben sich bzgl. Demjanjuks möglicher Schuld zur Wahrheitsfindung nicht wirklich etwas beizutragen, auch wenn hier der Eindruck erweckt wird.
     
    Ich finde es absolut notwendig, dass die Verantwortlichen für den millionenfachen Mord zur Rechenschaft gezogen werden.
     
    Aber warum werden Architekten des Massenmords, wie Dr. Bernhard Frank, nicht belangt und ein russischer Kriegsgefangener, der sich möglicherweise zu einem Dienst in Sobibor gemeldet haben mag, der sollte es so sein, selbst vom Hungertod bedroht war und dessen BEfehlsverweigerung (vorausgesetzt es war überhaupt so) seinen sicheren Tod bedeutet hätte, dessen Taten oder Nicht-Taten gar nicht wirklich bekannt sind – wird zum Hassobjekt und aufs selbstverständlichste vorverurteilt.
     
    Ich fände es in Ordnung wenn Dr. Frank dort auf der Anklagebank säße – seine Schuld steht jedenfalls zweifelsfrei fest und hier handelt es sich, wie ich denke, um einen, der tatsächlich Verantwortung für den Völkermord trägt.
     
    Für Demjanjuk muss die selbe Unschuldsvermutung gelten, wie für jeden anderen Angeklagten, so lange seine Schuld nicht mit großer Wahrscheinlichkeit bewiesen ist, denn nur dann ist eine Verurteilung auch begründet. Verzichtet man auf die üblichen Standards der Rechtsstaatlichkeit, so ist das Urteil selbst ein Verbrechen.
     
    Das Gutachten des LKA München ist in seiner Art dem Gutachten des BKA Wiesbaden weit unterlegen, da letzteres ein Institut von Weltruf beherbergt und zur Feststellung der Echtheit solcher Dokumente ganz andere Möglichkeiten hat als das LKA München. Wiesbaden kam jedenfalls zu dem Schluss, dass es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um eine Fälschung handelt. Das FBI kam ebenfalls zu diesem Schluss und  Die Israelis jedenfalls hatten besagten Dienstausweis auch, als Demjanjuk in Israel in Haft saß und kamen zu dem Schluss, dass dieser Ausweis eine Fälschung ist und zwar unter anderem auch auf Grund des Gutachtens in Wiesbaden. Alles was heute den Deutschen vorliegt, lag den Israelis schon vor, als Demjanjuk noch in israelischer Haft saß.
     
    Ich frag noch mal – vielleicht kanns mir jemand erklären – warum ist ein Befehlserteiler des Massenmords aus dem innersten Zirkel um Himmler lt. dem Simon-Wiesenthal-Centre eine ‚unbedeutende Figur‘, während Demjanjuk, selbst Kriegsgefangener der Nazis, auf der Liste der noch lebenden Nazi-Verbrecher gleich die Nummer 2 ist, obwohl niemand irgend etwas  bezeugen kann, was er angeblich gemacht haben soll und berechtigte Zweifel an der Echtheit des Dienstausweises bestehen, auf den sich die Anklage stützt – völlig unverständlich.

  4. Während ein ehemaliger russischer Kriegsgefangener, der damals Analphabet, selbst der Gefahr des Hungerodes ausgesetzt und selbst ein Oper der Nazis, dessen Anwesenheit in Sobibor nicht einmal wirklich zweifelsfrei bewiesen ist – zum Massenmörder aufs selbstverständlichste hochstilisiert wird – noch bevor es überhaupt ein zweifelsfreies Urteil gibt – Lebt ein ehemaliger SS-Scherge, Dr. Bernhard Frank, der eigenhändig die Leitlinien zur Vernichtung der Juden verfasste und selber Befehle zur Vernichtung von 100 000 Juden unterzeichnete – unbehelligt in der Nähe von Frankfurt.

    Der Kalifornier Mark Gould gab sich als Neonazi aus und dokumentierte Gespräche mit dem 97-jährigen ehemaligen SS-Offizier Bernhard Frank, Mitglied des Kommandostabes Reichsführer SS, dem Kernteam um Heinrich Himmler. Frank war dessen Liebling, ein Schreibtischtäter mit Doktortitel. Er entging nach dem Krieg jeder Bestrafung und bleibt bis heute ein reueloser Nazi.
     
    ..Dann zeigt Mark Gould Frank ein Dokument vom Juli 1941: den Kommandobefehl für die sogenannten Säuberungsaktionen in den ukrainischen Pripjet-Sümpfen. Sie führen zur ersten systematischen Ermordung von 100.000 Juden. Das Dokument trägt Franks Unterschrift. „Ein Himmler-Befehl, den ich nur bestätigt habe“, sagt Frank. „Aber wenn ich ihn so sehe, auch der Himmler-Befehl ist meines Erachtens nicht anfechtbar.“ Ein weiteres Dokument ist vom September 1941: Die Richtlinie der „Säuberungsverbände“ empfiehlt die Vernichtung aller Juden.



    Efraim Zuroff vom Simon Wiesenthal Center übt Kritk: „Es scheint, dass Herr Gould auf Ruhm und Geld bedacht ist, mit einem Buch, einem Film, um diese Sache als eine große Errungenschaft zu präsentieren“, so der Nazi-Jäger. „Dass er sich als Neonazi ausgibt, mag interessant sein und Aufmerksamkeit erzeugen, aber er hat keinen wichtigen Verbrecher des Dritten Reiches gefunden. Im Grunde hat er eine vollkommen belanglose Figur zu einem Hauptverbrecher gemacht – was hier gar nicht der Fall ist.“

    http://www.3sat.de/page/?source=/kulturzeit/themen/153954/index.html


    Wenn also Vertreter des Simon-Wiesenthal-Centers Dr. Frank zur ‚vollkommen belanglosen Figur‘ erklären, der keiner Strafverfolgung bedarf – wie können Sie dann ausgerechnet mit solcher Akribie die Strafverfolgung eines ehemaligen russischen Kriegsgefangenen betreiben, dessen Anwesenheit in Sobibor nicht einmal zweifelsfrei feststeht, abgesehen davon, dass niemand bezeugen kann, was Demjanjuk denn nun gemacht oder nicht gemacht haben soll und ob er überhaupt in Sobibor war, den die Israelis selbst bereits aus der Haft entließen, weil ein Justizirrtum zweifelsfrei nachgewiesen wurde.

    Dr. Frank müsste vor diesem Gericht stehen. Wenn sich ehemalige deutsche Nazieliten solcher Sündenböcke, wie im Falle Demjanjuks bedienen wollten, dann kann ich das noch logisch nachvollziehen, aber was treibt das Simon-Wiesenthal-Center zu solch einer Haltung?
     
    Demjanjuk wird auf der Liste der noch lebenden Nazi-Verbrecher vom Simon-Wiesenthal-Center gleich als Nummer 2 geführt. Dr. Frank den Verfasser von Leitlinien zur Vernichtung aller Juden hingegen soll ‚eine unbedeutende Figur sein‘.
     
    Ich verstehe das nicht.

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