Leugnen bis zum letzten Atemzug

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Muss Horst Mahler den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen? Die Anhänger des Holocaust-Leugners demonstrieren für die Freiheit ihres Idols…

Von Matti Steinitz
Jungle World v. 17. März 2011

In der Öffentlichkeit ist es ruhig geworden um Horst Mahler, seit er im Februar und März 2009 in zwei unterschiedlichen Verfahren in München und Potsdam wegen Volksverhetzung zu insgesamt zwölf Jahren Haft verurteilt wurde. Doch sein Name ist bei seinen Kameraden unvergessen, einigen gilt Mahler als Märtyrer. Bei der rechtsextremen »Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene« (HNG), deren Verbot seit September 2010 geprüft wird, steht Mahler mit seiner ebenfalls wegen Volksverhetzung inhaftierten Lebensgefährtin Sylvia Stolz ganz oben auf der Liste der zu unterstützenden Personen. Auch andere bekunden ihre Treue: Für den 26. März ruft Kevin Käther zusammen mit dem Nazi-Anwalt Wolfram Nahrath zu einer Demonstration unter dem Motto »Freiheit für Horst Mahler – § 130 StGB abschaffen« vor der Justizvollzugsanstalt Brandenburg auf. In Paragraf 130 des Strafgesetzbuches geht es um das Delikt der Volksverhetzung, in Absatz 3 um Holocaustleugnung, wegen der Mahler verurteilt wurde.

Kevin Käther hat sich im Laufe der vergangenen Jahre als Mahlers würdiger Sachwalter hervorgetan. Im Jahr 2007 versandte er »anlässlich der Verurteilungen der Wahrheitskämpfer Germar Rudolf, Ernst Zündel, Sylvia Stolz und Horst Mahler« Rudolfs Buch »Vorlesungen über den Holocaust – Strittige Fragen im Kreuzverhör« an Lea Rosh, den Antisemitismusforscher Wolfgang Benz und den Historiker Ernst Nolte und zeigte sich daraufhin selbst an. In dem Buch bestreitet der Geschichtsrevisionist Rudolf die Existenz von Gaskammern. Käthers Ziel war es offenbar, einen Prozess zu erzwingen und durch die Vorladung der angeschriebenen Personen als Zeugen eine Möglichkeit zur Selbstinszenierung zu erhalten. Auch Mahler verfolgte diese Strategie.

Nachdem Käther in erster Instanz zu acht Monaten Haft verurteilt worden war, gestand man ihm im Berufungsverfahren im Herbst 2010 zu, die Empfänger des Buchs zu befragen. Käthers Prozessberichten zufolge, die er im rechtsextremen Online-Magazin National Journal veröffentlichte, bezeichnete Nolte Rudolfs Verurteilung als Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit. Zur Befragung von Benz soll es nicht mehr gekommen sein, weil das Gericht das Verfahren wegen »Unsicherheiten seitens der Kammer« eingestellt habe. Der Gerichtssprecher hat auf Nachfrage eine andere Erklärung: Käther sei in einer anderen Sache rechtskräftig verurteilt worden, deshalb sei das Verfahren aus »Prozessökonomischen Gründen« eingestellt worden. Für Käther und seine Unterstützer war der Fall dennoch klar: Die »Holocaust-Justiz« hatte aus Angst vor den entlarvenden Fragen des mutigen Aufklärers kapituliert.

Weitere Unterstützung für Mahler kommt von Ursula Haverbeck, einer 83jährigen, aber immer noch sehr aktiven Holocaustleugnerin aus dem nordrhein-westfälischen Vlotho, wo der mittlerweile verbotene und ehemals von ihr geleitete rechtsex­treme Verein Collegium Humanum seinen Sitz hatte. Haverbeck wurde mehrfach wegen Volksverhetzung verurteilt. So erhielt sie im Oktober vor dem Amtsgericht München eine Bewährungsstrafe von sechs Monaten, weil sie eine Broschüre verfasst und an Schulklassen verteilt hatte, in der zu lesen war: »Den Holocaust gibt es gar nicht. Das ist so etwas wie der Weihnachtsmann oder der Osterhase für Erwachsene.«

Kürzlich hat Haverbeck eine Online-Petition für die Freilassung ihres langjährigen Mitstreiters Mahler verfasst, die dem Bundesverfassungsgericht, dem Richterbund und dem Bundesjustizministerium zugeschickt werden soll. Im Petitionstext , der auf den einschlägigen Seiten der Szene verlinkt ist, bezieht sich Haverbeck vor allem auf die öffentliche Diskussion um den chinesischen Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo. Wie dieser habe Mahler ausschließlich seine von der Verfassung garantierten Rechte wahrgenommen. »Da es sich bei Horst Mahler um die gleichen Delikte handelt: Kritik am Staat – angeblich als Verunglimpfung der Bundesrepublik gewertet – und Inanspruchnahme der Freiheitsrechte, kann aus der öffentlichen Darstellung des Falles Xiaobo nur der eindeutige Hinweis entnommen werden: Die Verurteilung Horst Mahlers zu zwölf Jahren Haft ist widerrechtlich«, heißt es in der Petition. Dass Mahler selbst von den Rechten wenig hält, auf die sich seine jungen und alten Unterstützer berufen, hat er häufig genug deutlich gemacht. Als überzeugter »Reichsbürger« akzeptiert er die Gesetzgebung der »fremdbeherrschten« Bundes­republik ohnehin nicht. Den Richtern, Schöffen und dem Staatsanwalt drohte er in einem seiner vielen Prozesse im Jahr 2004 die Todesstrafe nach dem »Reichsstrafgesetzbuch« an.

Mahler hatte in den Jahren vor seiner Haft keine Gelegenheit ausgelassen, die Justiz durch die Leugnung des Holocaust und die Verherrlichung des Nationalsozialismus in der Öffentlichkeit auf sich aufmerksam zu machen. Zahlreiche Prozesse nutzte er für propagandistische Auftritte und stieg so zum Helden der Holocaustleugner in aller Welt auf. Im Jahr 2003 gründete Mahler mit anderen bekannten Holocaustleugnern wie Manfred Roe­der, Frank Rennicke, Ernst Zündel und Germar Rudolf den »Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten«, der in enger Beziehung zum Collegium Humanum stand. Beide Vereine wurden 2008 als verfassungsfeindliche Organisationen verboten.

Ausschlaggebend für die Verurteilung zu der langjährigen Strafe, die Mahler in der JVA Brandenburg absitzt, waren neben anderen Fällen von Volksverhetzung und Beleidigung ein 2007 von Michel Friedman für die Zeitschrift Vanity Fair geführtes Interview, das Mahler mit den Worten »Heil Hitler, Herr Friedman« einleitete. Außerdem zeigte er sich wegen der Verbreitung des Buches »Vorlesungen über den Holocaust« selbst an. In einer Videobotschaft vor seinem Haftantritt, die auf Altermedia gepostet wurde, stellte Mahler noch einmal klar, warum er als über 70jähriger Mann alles dafür getan habe, voraussichtlich den Rest seines Lebens hinter Gittern zu verbringen: »Wenn man wie ich weiß, dass die Holo­caust­religion im Zentrum die Zerstörung des deutschen Volkes hat und Seelenmord am deutschen Volk ist, dann geht es um das Recht auf Gegenwehr. Wie will man uns denn zumuten, uns widerstandslos ermorden zu lassen, unsere Seele zum Verlöschen zu bringen?« Für diese Äußerung wurde er nicht belangt.

1 Kommentar

  1. Einstellung von Verfahren aus »Prozessökonomischen Gründen« sind eine der Scheußlichkeiten, mit der wir uns leider beschäftigen müssen. Eigendlich handelt es sich um finanzielle „Einsparungen“. Gespart wird dabei aber nichts – ob Schläger oder Volksverhetzer – der Täter erzeugt weitere Kosten. Diese trägt natürlich nicht der „Staat“ sondern die Opfer.

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