Tamir Pardo ist vom israelischen Ministerpräsidenten am Montag Abend zum neuen Mossad-Chef ernannt worden. Er wird in die Nachfolge von Meir Daran treten, der acht Jahre lang den legendären israelischen Auslands-Geheimdienst geleitet hat…
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 30. November 2010
Solange der neue Mossadchef Stellvertreter von Meir Dagan war, durfte er nur „T.“ genannt werden. Jetzt hat Tamir Pardo sogar ein Gesicht, wenngleich die israelischen Zeitungen vorläufig nur über ein schlechtes unscharfes Bild von ihm verfügen. Der 57 Jährige ist mit Omrit verheiratet, hat zwei Kinder und eine Enkelin. Er wohnt in einer „Ortschaft im Scharon-Distrikt“. Wo genau, bleibt geheim. Seine Nachbarn freuen sich gemäß Zeitungsberichten, künftig keine Angst mehr vor Einbrechern haben zu müssen, denn die Wohnung des Mossad-Chefs wird gut bewacht. Nur wenige Israelis haben Pardos Namen jemals gehört. In zensierten Berichten über geheime Mossad-Operationen wurde er als „Bulldozer“ bezeichnet. Er gilt als „Pusher“, als Mann der Taten.
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die Ernennung am Montag Abend bekannt gegeben. Der Regierungschef ist für den Auslandsgeheimdienst Mossad (zu Deutsch: Institution) verantwortlich und hätte auch einen verdienten Mann von „außen“ ernennen können als Nachfolger von Meir Dagan, der den Mosad seit acht Jahren leitet. Netanjahu wird dafür gelobt, sich für Pardo entschieden zu haben, der seit 1980 im Mossad Karriere gemacht hat und zum Stellvertreter Dagans aufgestiegen ist.
Pardo hat beim Militär als Verbindungsoffizier einer Eliteeinheit gedient. Er war an der Geiselbefreiung in Entebbe (Uganda) beteiligt, eine der waghalsigsten Operationen in der Geschichte Israels. Der Befehlshaber in Entebbe war Jehonatan (Joni) Netanjahu, Bruder des Ministerpräsidenten. Pardo nannte seinen Sohn Jehonatan.
Ministerpräsident Netanjahu habe Pardo nicht wegen dieser emotionalen Bindung ernannt, sondern wegen seiner fachlichen Qualitäten und Verdienste. Pardo besitze die angeblich bei Geheimdienstleuten seltene Fähigkeit, komplizierte technische Probleme zu meistern. Gemäß Zeitungsangaben diente er in der Abteilung „Keschet“. Die führt Operationen in „Basisländern“ aus, womit arabische Staaten und Iran gemeint sind. Einen Karrieresprung machte Pardo, nachdem er an der Spitze einer internen Untersuchungskommission Pannen und schlechte Planung infolge gescheiterter Mossad-Aktionen aufdeckte, darunter das gescheiterte Attentat auf den Hamas-Chef Chaled Maschal in Jordaniens Hauptstadt Amman und Pannen bei einem Anschlag auf den Hisbollah-Mann Abdallah Zayin in der Schweiz. Pardo gilt als „gründlicher und ernsthafter Schwerarbeiter, der immer als erster kommt und als letzter das Licht ausschaltet“, schreibt Jedijot Achronot. Ansonsten wird nicht viel über Pardos frühere Aktivitäten verraten. Der neue Mann an der Spitze des Mossad werde die „Institution“ umkrempeln, heißt es da weiter. Genannt werden nur Kürzel wie „R.“, die wohl den Mossad verlassen werden.
Netanjahu wird einhellig gelobt, eine sachliche und gute Entscheidung getroffen zu haben, Pardo zum elften Mossadchef ernannt zu haben. Zu den Vorgängern zählen Meir Amit, Zwi Zamir, Schabtai Schavit und Efraim Halevy.
Verteidigungsminister Ehud Barak und der ehemalige Geheimdienstchef Dany Yatom überhäuften Pardo im Rundfunk mit viel Lob über seine Fähigkeiten und Verdienste und ihre langjährige Bekanntschaft mit ihm. Doch verloren sie kein einziges Wort über seine Taten.
Trotz der Pressezensur in Sicherheitsfragen, berichten israelische Zeitungen im Zusammenhang mit der Ernennung Pardos über Vorfälle, zu denen sich das offizielle Israel bis heute nicht bekannt hat. So habe Netanjahu beschlossen, Meir Dagan wegen der „Katastrophe von Dubai“ abzusetzen. Waren also jene „Tennisspieler“, die den Hamas-Waffenhändler Mabchuch in Dubai ermordet haben, doch israelische Agenten? In anderen Berichten und sogar Karikaturen wird angedeutet, dass Mossad-Agenten am Montag in Teheran zwei iranische Atomforscher ermordet hätten. Vom Motorrad aus wurden mit Magneten bestückte Bomben an deren Autos befestigt. Die Bomben explodierten per Fernlenkung, sowie die Forscher in ihre Autos gestiegen waren.
© Ulrich W. Sahm / haGalil.com