Die Welt denkt wie wir

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Würde es WikiLeaks nicht geben, hätte Israel sie erfinden müssen. Das massive Durchsickern von Dokumenten der US-Diplomatie hat ein klares, unzweideutiges Bild geschaffen: Die ganze Welt, und nicht nur Israel, ist über die iranische Atombedrohung erschreckt…

Von Sever Plocker, Yedioth Ahronot v. 29.11.10

Irans Nuklearisierung ist keine israelische Paranoia, wie gewisse Lager zu behaupten versuchen. Sie bringt alle Führer der Welt, von Riad bis Moskau, um den Schlaf. Die iranische Frage ist der rote Faden, der sich durch die Hunderttausende von Dokumenten zieht, die durchgesickert sind, und sie schafft ein Narrativ, demzufolge die Welt von Israel und den Vereinigten Staaten – in dieser Reihenfolge – erwartet, etwas zu tun, um den „Hitler aus Teheran“ zu stoppen.

Manche Leute fürchteten sich vor den WikiLeaks wegen der Blamage für die amerikanische Diplomatie und der Sorge, dass das Leben von US-Agenten gefährdet werden könnte. Das war jedoch falscher Alarm. Das Leck schadet Amerikas Außenpolitik nicht, abgesehen von einigen Geschichten, die jüngere Diplomaten berichteten.

Das Leck bekräftigt die Kernbotschaft der beiden US-Administrationen – die sich am Ende als unglaublich ähnlich der Kernbotschaft erweist, die israelische Regierungen übermittelt haben: Der Iran stellt die eindeutige, unmittelbare und größte Bedrohung für die Stabilität der Welt dar, und die Welt muss handeln, um diesen bösartigen Tumor zu entwurzeln. Alles andere wird dadurch in den Schatten gestellt.

Einige Pressekanäle haben in der Tat versucht, eine große Geschichte zu machen aus Außenministerin Hillary Clintons angeblicher Anweisung an US-Diplomaten, hochrangigen UN-Vertretern hinterher zu spionieren. Bei näherer Prüfung der Dokumente wird jedoch klar, dass dies mit der Sorge vor einer engen Zusammenarbeit zwischen einigen UN-Vertretern mit Hamas und Hisbollah zu tun hatte. Dies war auch von Israel wiederholt zum Thema gemacht worden.

Tatsächlich hat der Ozean an Lecks bislang noch keinen Gegenstand hervorgebracht, der ein negatives Licht auf Israel wirft. Netanyahu ging (relativ) gut daraus hervor, Olmert ging (relativ) gut daraus hervor, und selbst Mossad-Chef Meir Dagans Äußerung über die Notwendigkeit, dass die USA den Protest von Intellektuellen und Studenten im Iran ermutigen, entspricht einer liberalen, demokratischen Weltanschauung und der gesammelten Erfahrung mit dem Sturz von Diktaturen.

Es ist zweifelhaft, ob Israels Außen- und Verteidigungspolitik in den vergangenen Jahren eine so beträchtliche Rückendeckung und Bestärkung erfahren hat, wie es am Sontag passiert ist. Zumindest an der iranischen Front, und offensichtlich auch hinsichtlich einiger anderer Fragen, denken die Führer der Welt – einschließlich der arabischen – so wie wir, schämen sich aber, es zuzugeben. WikiLeaks hat diese Scham offengelegt.

4 Kommentare

  1. Würde es WikiLeaks nicht geben, hätte Israel sie erfinden müssen. Das massive Durchsickern von Dokumenten der US-Diplomatie hat ein klares, unzweideutiges Bild geschaffen …
     
     
    Nahost Wikileaks veröffentlicht Details deutscher Israel-Politik
     

    Die Bundesregierung soll die USA gedrängt haben, Druck auf Israel auszuüben, den Siedlungsbau zu stoppen. Dies sollte über den UN-Sicherheitsrat geschehen.
     
    Der außen- und sicherheitspolitische Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Christoph Heusgen, soll vergangenes Jahr hochrangige US-Diplomaten dazu gedrängt haben, Israel die Unterstützung im UN-Sicherheitsrat zu entziehen, falls es einem Siedlungsstopp nicht zustimme. Das geht aus einem Eintrag der US-Botschaft in Berlin vom 12. November 2009 hervor, der von der Internetplattform Wikileaks veröffentlicht worden ist.
    […]
    Heusgen habe vorgeschlagen, die von Israel gewünschte Sicherheitsratsentscheidung zum Goldstone-Bericht an einen kompletten Siedlungsstopp zu koppeln. Die Amerikaner seien überrascht gewesen und hätten den Vorschlag als kontraproduktiv bezeichnet. Sie hätten allerdings die Ansicht geteilt, es sei sinnvoll, die Israelis darauf hinzuweisen, dass es ihre Siedlungspolitik schwer mache, im UN-Sicherheitsrat bei der bisherigen Linie zu bleiben. Heusgen habe erwidert, dies werde sicher ein Thema beim bevorstehenden Besuch Netanjahus in Berlin sein.

  2. @Bilo
    Du wiederholst Dich (>Internationaler Nachrichtenüberblick…), bist nicht originell (Geheindienst) und Dein Weltbild erscheint als sehr simpel („kein Zufall“.
    Bewirb Dich lieber in einer ‚Casting-Show‘, vielleicht erkennt man dort Deine verborgenen Talente.

  3. Es ist doch offensichtlich, dass die israelische Geheindienst ihre Finger bei diese Sache hat. Hier mit werden Europaer und die USA regelrecht bestraft bzw. gewarnt (zumindesten wird versucht), weil sie trotz mehrfachen Aufforderung der Israelis um Iran endlich anzugreifen nicht gefolgt haben. Bemerkenswert ist auch deswegen die „Timing“. 
    Nämlich ca. 1 Woche nach dem Notagipfel, wo mit Sicherheit nicht dass Ergebniss rausgekommen ist, was die israelische Lobbyisten und Regierung sich erhofft bzw. erwartet hätten. Beim neu erarbeiteten „Gemeinschafts Doktrin“ wird Iran wird nicht mal namentlich genannt. Deswegen sind die Israelis jetzt sehr sauer auf die Natoländer und Regierungen, und versuchen jetzt mit diesem methode sich an diesen Regierungen zu rächen.
    Dass bei diesen veröffentlicten „Geheim Dokumenten“ nicht viel über oder von israelischen Politik und Politikern beinhalten, ist bestimmt kein Zufall oder?

  4. Da jammert die deutsche Regierung über die Veröffentlichung von wikileaks rum, dass das „rechtswiedrig erworbene Daten sind“. Toll, als die Regierung die Daten von den schweizerischen CD’s gekauft hat war das alles in Ordnung, jetzt, wo sie selber am Pranger stehen, ist das auf einmal höchst bedenklich. Ich kann nur Sagen, was für Heuchler.

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