Gedenkfeier in der Synagoge Hainsfarth

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Erinnerungsarbeit ist die Aufgabe des Freundeskreis der Synagoge Hainsfarth. Um nicht zu vergessen, welche Schandtaten im Pogrom am 9. und 10. November vor 72 Jahren auch in unserer Heimat, in Hainsfarth, in Oettingen oder Nördlingen aufgeführt wurden, lädt der Freundeskreis am Mittwoch, dem 10. November, um 20 Uhr zu einer Gedenkfeier in der Synagoge in Hainsfarth ein…

Als Gastredner wird der Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert an die Ereignisse im November 1938 erinnern. Nikola David, der Kantor der israelitischen Kultusgemeinde Augsburg, wird den Abend mitgestalten.

Der Oettinger Anzeiger schrieb am 11. November 1938 über die Ereignisse:“„Wie überall im ganzen Reich ,so machte gestern sich auch hier die erbitterte Bevölkerung Luft. Es wurde gründlichste Arbeit geleistet. Es ist anzunehmen, dass jetzt auch die letzten Judenknechte Bescheid wissen.“

Auch wenn das Unrecht, die Verfolgung schon Jahre früher begonnen haben, ist das Massaker der Reichspogromnacht mit ihren fast 1500 Toten zynisch auch als Reichskristallnacht verharmlost, der Anfang vom schrecklichen Ende. Daran soll die Gedenkfeier in Hainsfarth erinnern, um solche Untaten für immer zu verhindern.

1 Kommentar

  1. Hoffentlich kommt bei dieser Veranstaltung zur Sprache, dass es nicht nur eine NS-Zeit für die Juden von Hainsfarth gab, dass vielmehr hier, am Rande des Donau-Ries, nicht weit von Oettingen gelegen, seit dem 15. Jh. eine der bedeutendsten jüdischen Kultusgemeinden Schwabens existierte.
     
    Wahrhaft bedeutende Persönlichkeiten stammten aus Hainsfarth:
     
    Der Amerika-Auswanderer und Selfmade-Geschäftsmann Michael Ries (später: Reese, 1815-1878), der seinen Nachlass wohltätigen Zwecken zukommen liess; u.a. in Chicago trägt ein Krankenhaus bis in die Gegenwart seinen Namen.
     
    Oder die Angehörigen der Familie Aufhäuser. Das Bankhaus Aufhäuser, 1870 von Heinrich Aufhäuser in München gegr., existiert heute noch. Ein weiteres Familienmitglied, Siegfried Aufhäuser, wirkte als prominenter Gewerkschaftler und Sozialpolitiker.
     
    Die Erwerbszweige der Juden von H. lagen bis 1800 vornehmlich im Vieh- und Immobilienhandel, danach zunehmend im Handel mit Getreide, Textilien und Gemischtwaren. Auch jüdische Bauern und Knechte sind für die Zeit ab 1850 belegt.
     
    Hervorhebenswert, weil untypisch für deutsche Städte und Kleinstädte: In der Biedermeierzeit, 1820/1830 überstieg der Anteil der Juden in der Stadtbevölkerung den der Christen!
     
    Auch die Synagoge von 1860 wies für die Umgebung ungewöhnliche Eigenarten auf: Sie wies maurische Stilelemente auf. Männer und Frauen benutzten zwei getrennte Eingänge. Das Portal begrüßte die Hereinkommenden mit den Worten:
    „Gehet ein in seine Tore mit Danklied, in seine Höfe mit Lobgesang, danket ihm, preiset seinen Namen. Jahr 5620 seit Erschaffung der Welt“.
     
    Zie Zahl der Juden in Hainsfarth war, wie anderswo, ständigem Wechsel unterworfen:
    1680 — 14 Familien
    1762 — 315 Juden
    1807 — 422 Juden
    1850 — 372 Juden
    1892 — 177 Juden
    1910 — 99 Juden (und damit nur noch 10 % der Bev. des Ortes)
    1928 — 42 Juden
    1939 — 26 Juden
    1943 — keine Juden
    Gemäß einer Quelle fielen 21 Hainsfarther Juden dem deutschen Rassenhass der Jahre 1933-45 zum Opfer.
     
    In der Literatur wird mehrfach darauf hingewiesen, dass nicht erst unter Hitler, sondern schon nach dem Ersten Weltkrieg der allgemeine, christlich-deutsche Judenhass für die erheblichen Abwanderungen und Auswanderungen bis 1933 verantwortlich war.
     
    Leider sind viel zu wenige Namen von lokalen und regionalen Tätern, in der Regel christlichen Tätern, öffentlich bekannt gemacht geworden. Einer jedenfalls war der Kreisbauernführer Kaspar Hager aus Nördlingen, der mit seiner Hasspropaganda besonders hervortrat.
    Begrüßenswert wäre es, wenn bei der oben umworbenen Veranstaltung noch mehr Namen von Tätern genannt werden würden, zur Abschreckung und zur Mahnung.

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