Immenso Blu

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Rachel Heller in der Galerie Theresien 13 – Münchener Secession…

Von Anna Zanco Prestel

Nach dem Erfolg ihrer Schwarz-Weiß-Serie „WAVE“ in der Stadtgalerie in Salzburg (2004), im Kunstpavillon im Alten Botanischen Garten (2008) und in der Kunsthalle WhiteBOX (2009) in München zeigt die namhafte israelische Künstlerin italienischer Herkunft neue Arbeiten rund um das Thema der „Welle“. „Immenso Blu“ ist der Titel ihrer „Personale“, in der sie sich – diesmal als Gast der Künstlervereinigung „Münchener Secession“ – vom 23.9. bis 2.10 in der Galerie Theresien 13 – Münchener Secession – präsentiert.

Neben einigen Gemälden vorherrschend digitalisierte Fotoarbeiten auf Leinen, zum Teil übermalt mit eigener, innovativer Technik. Immer noch scheint Rachel Heller die Wellen in ihrer individuellen Pekuliarität und in dem mannigfaltigen Wechselspiel der Formen quasi als distanzierte Betrachterin von Außen hin zu beobachten. Wogen in ihrer unterschiedlichen Beschaffenheit, Geschwindigkeit und Stärke wie Monaden innerhalb eines komplexen philosophischen Gebäudes, die den Rhythmus einer ewigen Wiederkehr skandieren. Und immer noch sieht sie die Welle als Mikrokosmos, als Mittel zur Entschlüsselung der wahren Substanz des Universums jenseits der üblichen Denkgewohnheiten.

Neu ist aber die Herausforderung, die sich Rachel Heller stellt: es ist was sie „die Herausforderung des Blaus“ im Wettkampf der Elemente nennt. Denn Veränderung bringt in diesen neuen Werken vor allem der Wechsel der Farbe. Das Schwarz-Weiße weicht auf einmal dem Blau, in all seinen Deklinationen und Schattierungen, von Dunkelblau bis Ultramarin, von Cobaltblau bis hin zu Türkis. Dabei handelt es sich keineswegs lediglich um einen schlichten Tausch mit einer Farbe, die sich assoziativ zum bevorzugten Thema der Welle leicht verbinden lässt.

Blau wie Meer, das Meer der ersten Kinderschritte im gebürtigen Livorno und später in Genua, Blau wie das Meer von Tel Aviv, wo sie nun lebt und wirkt. Mittelmeer, Mare Nostrum, Angel- und Drehpunkt einer ewig währenden Nostalgie nach den Ursprüngen. Blau wie Woge und Meer…, aber nicht nur!

Die Sicht, die in den früheren Bildern auf die Wellen fokussiert war, auf ihren unaufhörlich rhythmischen Ansturm, auf ihr Kräuseln und wechselseitiges Überlappen und Zerschlagen, ist nun wie ausgeweitet.

Auf ihren Leinwänden scheint Frieden eingetreten zu sein. Einen Zustand, den das Blau – auch als Farbe der Ruhe bekannt – gut zu versinnbildlichen weiß. Wolken tauchen auf einmal in ihrer Komposition auf, verspielte, weiße, beinah durchsichtige Erscheinungen von – wie man weiß – kurzer, ephemerer Dauer…

Die Trennungslinie zwischen Meer und Himmel wird zunehmend definierter, oft wirkt sie wie ein Silberstreifen am Horizont. Das Blau überschreitet und verwischt die Grenzen zwischen Irdischem und Überirdischem, es steigt in die Himmelsphären empor.

Mit Kandinsky will uns Rachel Heller sagen, dass die „himmlische Farbe Blau“ – vor allem in ihren tieferen Abstufungen – den Menschen „in das Unendliche ruft, in ihm die Sehnsucht nach Reinem und schließlich Übersinnlichem. weckt.“

Blaues Meer als Spiegel des Himmels. Mal hell, ins Weiße treibend, mal dunkel, „zum Schwarzen sinkend“, wo es „den Beiklang einer nicht menschlichen Trauer“ bekommt. „Es wird eine unendliche Vertiefung in die ernsten Zustände, wo es kein Ende sieht und keines geben kann.“ (W. Kandinsky, Über das Geistige in der Kunst, 1911)

Blau als Parabel des Lebens mit dessen Erwartungen, Höhepunkten und Niederlagen. Wie die sich stolz aufbäumende Woge, die unerbittlich an den Klippen zerschellt.

Blau letztendlich als Projizierung des unermessbar Göttlichen. Wie in dem Vers des italienischen Dichters Giuseppe Ungaretti „M’illumino d’immenso“ „Ich erleuchte mich durchs Unermessliche“.

Rachel Heller: Immenso Blu
Vom 24. September bis 2. Oktober 2010
Eröffnung am 23. September 2010, 19.00 Uhr
Begrüßung: Helmut Kästl, Ehrenpräsident der Münchener Secession
Einführung: Dr. Anna Zanco-Prestel, Pro Arte

Galerie Theresien 13
Theresienstr.13
80333 München
Tel.: 089 / 77 21 36

Öffnungszeiten:
Do. – Sa., 15.00 bis 19.00 Uhr
und nach Vereinbarung

Rachel Heller – Biographische Notiz

Die israelische Künstlerin italienischer Herkunft Rachel Heller ist als Marcella Ascoli in Livorno geboren. Sie hat an der Hebrew University in Jerusalem, am Avni Institute of Art in Tel Aviv, ferner am Central School of Art in London und am Pratt Graphik Center in New York studiert. Rege Ausstellungstätigkeit in Israel sowie in Europa und in den USA.

Seit Jahren widmet sich die international renommierte Künstlerin ganz der Malerei, der Zeichnung und der Graphik mit einem zunehmenden Interesse in jüngster Zeit für das Medium Fotografie. Über 50, meistens von Katalogen begleiteten Einzelwerkschauen in verschiedenen Ländern: im Kunstverein in Jerusalem, Frauenmuseum in Bonn, Jewish Museum in Wien, Museum der Stadt Bamberg sowie bei der Galerie der Stadt Salzburg. Ferner in den namhaften Galerien Cortina in Mailand, Horace Richter, Many H., The Performing Arts Center, Efrat, Artura in Tel Aviv, Berta Urdang, Fisher Galleries in Jerusalem, Romi Goldmuntz in Antwerpen, Loeb in Bern, Jean-Marc Laik in Koblenz und Abraham Lubelski in New York sowie in München im Zentrum für Zeitgenössische Israelische Kunst, im Europäischen Patentamt und im Kunstpavillon im Alten Botanischen Garten.

Unter den zahlreichen Ausstellungsbeteiligungen sind ihre dreimalige Teilnahme an der Biennale d’Arte in Venedig, an der Documenta Kassel sowie an Sotheby’s in Tel Aviv besonders zu erwähnen. Mehrere Werke der Künstlerin befinden sich in privaten Sammlungen und Museen. Zu den vielen Ehrungen zählt der „Ambrogino d’Oro“, die wichtigste Auszeichnung für Verdienste auf kulturellem Gebiet der Stadt Mailand.

Sie lebt in Tel Aviv, wo ihr Lebenswerk im Frühjahr 2009 mit der von Orly Hoffmann kuratierten Mini-Retrospektive „Andammo“ im Artists’ House gewürdigt wurde.

Über Rachel Heller haben u.a.geschrieben: Gideon Ofrat, Dan Miron, Secondo Sannipoli, Anton Gugg, Orly Hoffman.