Dem umstrittenen österreichischen Oligarchen Martin Schlaff, befreundet mit dem israelischen Außenminister Avigdor Lieberman und einem Sohn des libyschen Diktators Muammar Ghaddafi, gelang es, einen in Libyen verschollenen Israeli nach Wien auszufliegen. Jüdische Gruppen aus den USA, der italienische Premier Berlusconi und der französische Präsident Nicolas Sarkozy waren zuvor bei ihren Vermittlungsversuchen gescheitert…
von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 9. August 2010
Als Gegenleistung für die Freilassung des Israeli Rafael Hadad hatte Israel einem blockadebrechenden libyschen Schiff genehmigt, seine Ladung vorgefertigter Häuser im ägyptischen Hafen El Arisch zu löschen und dann nach Gaza zu transportieren. Hadad ist in der Nacht zum Montag im Privatflugzeug von Schlaff nach Wien geflogen worden, wo er vom israelischen Außenminister Avigdor Lieberman persönlich empfangen wurde.
Rafael (Rafrum) Hadad, ein auf der Insel Dscherba geborener Israeli mit zusätzlicher tunesischer Staatsbürgerschaft, der heute in Jerusalem lebt, ist im März nach Libyen geflogen, um dort das jüdische Erbe fotografisch zu dokumentieren. Als er ein jüdisches Gebäude ablichtete, wurde er von lokalen Polizeikräften als mutmaßlicher Spion verhaftet. Wie der israelische Rundfunk berichtete, sei Hadad in Libyen seitdem „verschollen“. Amerikaner, Franzosen und Italiener hätten erfolglos versucht, das Schicksal Hadads in Libyen zu erkunden. In Israel selbst wurde das Verschwinden dieses israelischen Bürgers streng geheim gehalten. „Wir wurden gebeten, darüber nicht zu berichten“, sagte Elihu Ben On in einer Nachtsendung, ehe er einen gleichnamigen Rafael Hadad auf der Insel Dscherba zu dem ihm durchaus wohlbekannten, in Libyen verschollenen, Israeli interviewte. „Sein Vater hat mir Hebräisch beigebracht“, sagte der Mann aus Dscherba. Die Zeitung Haaretz bestätigte in ihrem Onlinedienst, dass das Verschwinden von Hadad seit März einer „vollständigen Zensur“ unterlag.
Weiter berichtete der israelische Rundfunk, dass Außenminister Avigdor Lieberman seinen „guten Freund“, den österreichischen Milliardär Martin Schlaff, in die Affäre einbezog, während mehrere Schiffe aus der Türkei und eines aus Libyen versuchten, die israelische Blockade des Gazastreifens zu durchbrechen. Während der Vermittlung von Schlaff liefen Verhandlungen über eine Freilassung des Israeli Hadad aus libyscher Haft auf Hochtouren. Das erklärt heute den angeblichen „Motorschaden“ bei dem Libyschen Schiff. Dessen Fahrt sollte verzögert werden, weil die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen waren.
Am Sonntag Abend berichtete der israelische Rundfunk, dass sich der israelische Außenminister in Wien aufhalte, während ein Privatflugzeug von Schlaff den in Libyen verschollenen Israeli nach Österreich einflog. Die israelische Botschaft habe Ärzte zum Flughafen geschickt, um Hadad nach seiner Ankunft zu untersuchen, hieß es in Medienberichten. Hadad habe keinen Pass, weil er den in Libyen zurückgelassen habe. Doch das sei „kein Problem“. Österreich akzeptierte dennoch seine Einreise. Hadad, so der Bericht im israelischen Rundfunk, soll am Montag im Flugzeug von Außenminister Lieberman nach Israel zurückgeflogen werden.
Lieberman wurde im Rundfunk zitiert, dass es die höchste Pflicht eines Juden sei, einen Gefangenen auszulösen. Die Nachrichtenagentur ap berichtet, dass im Rahmen des von Schlaff ausgehandelten Geschäfts im Juli 20 vorfabrizierte Häuser an Bord eines libyschen Schiffes mit israelischer Einwilligung über El Arisch in Ägypten nach Gaza gebracht werden durften.
Nach Angaben des israelischen Nachrichtendienstes Ynet habe Lieberman in Moldavien Urlaub gemacht und sei von seinem Freund Schlaff alarmiert worden, nach Wien zu kommen, um den freigelassenen Rafael Hadad in Empfang zu nehmen und nach Israel auszufliegen.
Hadad ist Mitglied eines Vereins ehemaliger libyscher Juden und wurde unter dem Verdacht festgenommen, in Libyen spioniert zu haben. In Libyen gibt es heute keinen einzigen Juden mehr, obgleich es in dem nordafrikanischen Land zweitausend Jahre lang eine wohldokumentierte blühende jüdische Gemeinde gab. Vor etwa einem Jahr starb die letzte in Libyen lebende Jüdin.
Haaretz berichtet, dass sich der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu persönlich an den italienischen Premier Berlusconi gewandt habe mit der Bitte, den italienischen Geheimdienst für eine Befreiung des „israelischen Bürgers“ Hadad in Libyen zu intervenieren. Nachdem aber auch französische und amerikanische Vermittlungsbemühungen gescheitert seien, habe Liebermann vor etwa zwei Monaten beschlossen, seine persönlichen Kontakte zu Schlaff zu nutzen, um eine Freilassung von Hadad zu erreichen.
Schlaff wiederum sei ein persönlicher Freund von Saif el Ghaddafi, einem Sohn des libyschen Revolutionsführers.
Ein Foto von Hadad gibt’s bei http://www.haaretz.com
© Ulrich W. Sahm, haGalil.com