Wir erinnern – kleine Israel-Chronik

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Im April 2010 jährte sich eine Reihe wichtiger Ereignisse, die nicht dem allgemeinen Vergessen anheim fallen sollten…

Von Robert Schlickewitz

Vor 110 Jahren

30.4.1900. Unter dem Vorwand den Schmuggel unterbinden zu wollen, verfügt der russische Innenminister Dimitrij S. Sipjagin ein diskriminierendes Dekret: Ohne Sondererlaubnis darf sich kein Jude mehr in der Nähe der deutschen oder österreichischen Grenze niederlassen. (Polen existierte damals als eigener Staat noch nicht.)

April 1900. Arbeitslosigkeit bzw. fehlende Erwerbszweige zwingen zahlreiche Juden dazu Palästina zu verlassen.

Die Jewish Colonization Association, die die Betreuung von jüdischen Dörfern in Palästina trägt, ernennt Chaim Klovrisky-Margalit zum Leiter der Sedschera-Farm, die als Musterfarm für die jüdische Ansiedlung in Untergaliläa angesehen wird.

In Bayern, der, nur wenig später, Brutstätte und Wiege des Nationalsozialismus, leben knapp 55 000 Juden, was dem sehr geringen Anteil von 0, 89 % der Gesamtbevölkerung entspricht.

Vor 105 Jahren

15.4.1905. Vom obersten Gerichtshof des (deutschen) Reichslandes Elsaß-Lothringen wird ein Antrag der dortigen Katholiken abschlägig beschieden; die Angehörigen der römischen Kirche hatten „besondere Abteilungen“ auf Friedhöfen für Andersgläubige gefordert.

April 1905. Albert Einstein entwickelt die spezielle Relativitätstheorie; zehn Jahre später wird er seine Allgemeine Relativitätstheorie niederschreiben.

Vor 100 Jahren

2.4.1910. Im Rahmen eines Industrieförderprogramms legt die Regierung des Königreiches Rumänien unter Ion Brâtianu Juden diskriminierende Regelungen fest: Angehörige der Minderheit gelten nun ausdrücklich nicht mehr als Rumänen und werden im Arbeitsleben benachteiligt.

9.4.1910. Russische Behörden  veranlassen die Ausweisung von ca. 2700 Juden aus Kiew; auch in anderen Teilen des Zarenreiches kommt es im Laufe des Jahres 1910 mehrfach zu von der Regierung initiierten antijüdischen Aktionen.

April 1910. Die jüdische Presselandschaft Palästinas belebt ab jetzt zusätzlich die orthodoxe Wochenschrift „Morija“.

1910. Von den etwa 590 000 Einwohnern der bayerischen Landeshauptstadt München sind 11 000, oder 1,88 %, Juden. In den meisten anderen europäischen Städten liegt der Anteil der jüdischen Mitbürger zum Teil wesentlich über diesem Prozentsatz.

Vor 95 Jahren

3.4.1915. In Warschau stirbt der jiddische Dichter, Dramatiker und Erzähler Jizchak Leib Perez.

9.4.1915. Russische Tageszeitungen veröffentlichen eine Petition, die die Unterschriften von 200 Intellektuellen trägt und die die politische wie wirtschaftliche Gleichberechtigung der russischen Juden fordert.

19.4.1915. Der türkische Oberbefehlshaber Dschamal Pascha besucht Rischon le-Zion und schenkt den Juden des Ortes die westlich davon gelegene Dünenlandschaft.

Gleichzeitig beschlagnahmen die Türken Brunnenpumpen und Wasserleitungen in jüdischen Dörfern.

21.4.1915. Als das aus den USA kommende Schiff „Vulcan“ im Hafen von Jaffa einläuft, fordern die türkischen Behörden einen Großteil der aus Lebensmitteln bestehenden Ladung an sie abzutreten. – Der amerikanische Konsul muss massive Überzeugungsarbeit leisten, um ihnen dies auszureden.

In London berät die De-Bonson-Kommission über Pläne zur Aufteilung des Osmanischen Reiches.

22.4.1915. Bei der Schlacht um Ypern im belgischen Westflandern setzen Deutsche im Stellungskrieg erstmals in großem Ausmaß Giftgas ein.

April 1915. Die zionistische Maultierbrigade des britischen Heeres setzt sich größtenteils aus Juden zusammen, die von den Türken ausgewiesen worden waren. Die Brigade ist für den Einsatz an der Gallipoli-Front vorgesehen.

Juden betätigen sich in der Untergrundorganisation Nilli, deren Mitglieder Aaron Aaronson und Avschalom Feinberg Kontakt zu den Briten aufnehmen.

Vor 90 Jahren

4.-6.4.1920. Nach einem arabischen Angriff auf ein jüdisches Jerusalemer Stadtviertel, bei dem es 6 Tote und etwa 200 Verletzte zu beklagen gab, verhaften die Engländer den Befehlshaber der Juden Se’ev Jabotinsky und 19 seiner Mitkämpfer.

17.-26.4.1920. Angriffe der Araber auf Dörfer im Jordan-Tal und in Galiläa können abgewehrt werden.

19.4.1920. Die Briten verurteilen Se’ev Jabotinsky zu 15 Jahren Zwangsarbeit und seine Mitkämpfer zu jeweils drei Jahren. Juden im gesamten Jischuv protestieren und streiken gegen das als zu hart empfundene Urteil.

21.4.1920. Der Propagandaleiter der nur wenige Monate alten NSDAP, Adolf Hitler, gründet im oberbayerischen Rosenheim die erste Parteisektion außerhalb Münchens; in Kürze wird ein dichtes, bayernweites NSDAP-Netzwerk existieren („Staatsbürger“ bzw. „Volksgenosse kann nur sein, wer deutschen Blutes ist, ohne Rücksicht auf Konfession. Kein Jude kann daher Volksgenosse sein.“ – Aus dem Programm der NSDAP).

24.4.1920. Der Oberste Rat der Allierten beschließt das Mandat für Palästina, den Irak und Transjordanien an Großbritannien zu übertragen, während Syrien und der Libanon Frankreich unterstellt werden. Die Regierung in London betraut Herbert Samuel mit dem Amt des ersten zivilen Hochkommissars für Palästina.

Vor 85 Jahren

1.4.1925. In Anwesenheit des britischen Politikers Arthur James Earl of Balfour und Tausender weiterer Gäste aus dem Ausland weiht Chaim Weizmann die Jerusalemer Hebrew University auf dem Skopus Berg ein.

26.4.1925. Mit den Stimmen der rechtsgerichteten Parteien in Deutschland, darunter der Bayerischen Volkspartei (BVP) und der NSDAP, wird Paul von Hindenburg zum Reichspräsidenten gewählt; demokratisch gesinnte Zeitgenossen wie Thomas Mann hatten vor der Wahl dieses Militaristen, Monarchisten und Gegners der Republik gewarnt.

26.4.1925. Franz Kafkas „Der Prozess“ wird in Berlin von Max Brod herausgegeben.

30.4.1925. In Paris wird eine revisionistische jüdische Bewegung gegründet, an deren Spitze Se’ev Jabotinsky steht.

Vor 80 Jahren

9.4.1930. Die Große Synagoge von Tel Aviv wird eingeweiht.

Die „Bewegung der lernenden Juden“ in Palästina hält ihre Gründungstagung ab.

12.4.1930. Wilhelm Frick, der Innen- und Volksbildungsminister von Thüringen (NSDAP), verfügt Maßnahmen gegen „Negerkultur“ und andere „fremdrassige Einflüsse“ auf die deutsche Kultur. Der langjährige bayerische Staatsbeamte sorgt ferner dafür, dass NS-Propaganda an Thüringens Schulen zugelassen wird.

15.4.1930. Jerusalem begeht die Einweihung seiner National- und Universitätsbibliothek auf dem Skopus-Berg.

29.4.1930. Bei Afula nimmt das zentrale Hospital der Allgemeinen Krankenkasse für die Jesre’el-Ebene seinen Betrieb auf.

April 1930. Die Veröffentlichung des Berichtes der Shaw-Kommission (>31.3.1930) führt zu enttäuschten Reaktionen seitens prominenter jüdischer Persönlichkeiten weltweit sowie zu Protestversammlungen in Palästina.

Vor 75 Jahren

1.4.1935. In Tel Aviv endet nach acht Tagen der Kongress der „Womens International Zionist Organization“ und damit der erste, der in Palästina stattfand.

2.4.1935. Ebenfalls in Tel Aviv wird die zweite „Makkabia(de)“ unter Beteiligung von Sportlern aus der ganzen Welt eröffnet.  

6.4.1935. In Deutschland verpflichten sich die 30 000 Arbeiter und Angestellten der Siemens-Werke dazu, nicht mehr in jüdischen Geschäften einzukaufen.

12.4.1935. Die Reichsschrifttumskammer schließt alle „Nichtarier“ aus, was nichts Anderes als ein Berufsverbot für jüdische Schriftsteller und Journalisten in Deutschland bedeutet.

14.4.1935. Mit Emmy Noether stirbt in Pennsylvania/USA eine der berühmtesten und angesehensten Mathematikerinnen. Der aus Erlangen stammenden Wissenschaftlerin war zwei Jahre zuvor aus „rassischen Gründen“ die Lehrbefugnis an der Universität Göttingen entzogen worden.

14.4.1935. Oswald Mosley, der „Führer“ der britischen Faschisten, greift in einer Rede vor 5000 Zuhörern die Juden seines Landes an. Jedoch bleibt seine ‚Bewegung‘ eine unbedeutende Randerscheinung in der Gesellschaft des Vereinigten Königreiches.

25.-27.4.1935. Die deutschen Einwanderer in Palästina halten ihren ersten Kongress ab. Besonders Eingliederungsfragen stehen auf der Tagesordnung.

Vor 70 Jahren

9.4.1940. Truppen der Wehrmacht besetzen die neutralen Staaten Dänemark und Norwegen. Während die Mehrheit der ca. 7800 dänischen Juden sich vor dem deutschen Rassenwahn nach Schweden in Sicherheit bringen kann, wird fast die Hälfte der norwegischen Juden von Deutschen ermordet.

12.4. 1940. Der Generalgouverneur im (von Deutschen) besetzten Polen, der frühere bayerische Justizminister Hans Frank erklärt, Krakau müsse noch vor Jahresende „judenfrei“ sein. Bis März 1941 deportieren Deutsche zwei Drittel der vormals 60 000 Juden der Stadt.

22.4.1940. Nachdem die Briten hohe Freiheitsstrafen über Juden verhängten, die in Palästina Waffen und Munition gehortet hatten, unterschreiben mehr als 100 000 Jischuw-Angehörige ein Manifest, das die Freilassung der Verurteilten fordert.

27.4.1940. Reichsführer SS Heinrich Himmler, der als Polizeipräsident von München im Jahre 1933 das KZ Dachau aufgebaut hatte, befiehlt nun die Errichtung des Konzentrationslagers Auschwitz im besetzten Polen. Bereits Anfang Juni liefern Deutsche die ersten Häftlinge in das Todeslager ein.

30.4.1940. Deutsche riegeln das Ghetto von Lodz ab. Hunger, Krankheiten und menschenunwürdigen Zuständen fallen tausende Juden zum Opfer.

Vor 65 Jahren

4.4.1945. Die jüdische Brigade, die in Italien mit den Alliierten gegen die Deutschen kämpft, hisst nun ganz offiziell ihre blau-weiße Fahne.

Der Palmach (=Pelugot Machaz=Stoßtruppen=Eliteeinheit der Hagana in Palästina) erhält zusätzlich eine eigene Marineeinheit.

5.-6.4.1945. Deutsche verschleppen mehr als 28 000 Häftlinge aus dem KZ Buchenwald und ermorden 7000 bis 8000 weitere.

9.4.1945. Deutsche und Österreicher beginnen mit der Räumung des KZ Mauthausen.

11.4.1945. Amerikanische Truppen befreien das KZ Buchenwald.

15.4.1945. Dem Internationalen Roten Kreuz gelingt es 413 dänische Juden aus dem Protektorat Böhmen und Mähren nach Schweden zu retten.

Britische Truppen befreien das KZ Bergen-Belsen.

16.4.1945. Die Rote Armee beginnt ihren Großangriff auf Berlin.

21.4.1945. Deutsche verschleppen Häftlinge des Lagers Ravensbrück. Nur Kranke und deren Pflegerinnen lassen sie zurück.

26.4.1945. Das Massaker von Poing findet statt; Deutsche erschlagen, erstechen und erschießen eine große Anzahl soeben freigelassener Häftlinge aus bayerischen Konzentrationslagern in der Nähe des bei München gelegenen Ortes.

29.4.1945. Das dienstälteste und zugleich Musterlager aller übrigen KZ’s des „Dritten Reiches“, Dachau in Oberbayern, wird von Soldaten der 7. US-Armee befreit.

29.-30.4.1945. Alliierte Soldaten befreien die Häftlinge, darunter 3500 kranke Frauen, des KZ Ravensbrück.

30.4.1945. Zwei Tage vor Einnahme Berlins durch sowjetische Truppen erschießt sich der „Führer“ der Deutschen in seinem Bunker.

Vor 60 Jahren

2.4.1950. Ein einstimmiger Beschluss der Arabischen Liga in Kairo legt fest, dass jeder arabische Staat aus dem Verband ausgeschlossen wird, der einseitig mit Israel verhandelt.

19.4.1950. Die Regierung Großbritanniens weist ein Ersuchen Israels um Waffenhilfe zurück.

23.4.1950. Die in Ostberlin tagende zweite gesamtdeutsche Synode der Evangelischen Kirche Deutschlands bekennt sich zur Mitschuld der Kirche an den Judenverfolgungen während des Nationalsozialismus.

23.4.1950. Israel feiert am Unabhängigkeitstag sein zweijähriges Bestehen mit einer Parade in Jerusalem.

24.4.1950. Jordanien annektiert die „Westbank“ genannten Territorien westlich des Jordan, nun offiziell.

27.4.1950. Großbritannien erkennt den Staat Israel voll an und erteilt gleichzeitig seine Zustimmung zu den Annexionen durch den Nachbarstaat Jordanien.

29.4.1950. Das Hamburger Schwurgericht spricht Veit Harlan vom Vorwurf der Verbrechen gegen die Menschlichkeit frei. Harlan war für das Drehbuch und die Regie des antijüdischen Hetzfilms „Jud Süß“ (1940) verantwortlich gewesen und hatte zahlreiche weitere Hitler bzw. den Nationalsozialismus verherrlichende sowie Durchhaltefilme gedreht. Mehr als 20 Millionen Kinobesucher machten „Jud Süß“ zu einem der auch kommerziell erfolgreichsten Spielfilme des deutschen „Dritten Reiches“.

April 1950. 100 000 Neueinwanderer in Israel warten in Übergangslagern auf die Unterbringung in geeigneten Wohnungen.

Vor 55 Jahren

3.4.1955. Die Grenze zum Gazastreifen erweist sich als gefährliches Territorium: Der Kibbuz Nachal Os wird unter Mörserbeschuss genommen und israelische Grenzpatrouillen angegriffen.

18.4.1955. In Princeton, New Jersey stirbt Albert Einstein.

19.4.1955. Die blockfreien Staaten, die im indonesischen Bandung konferieren, bekennen sich zur Position der Araber und verlangen die Rückkehr zum Teilungsplan von 1947.

27.4.1955. Anlässlich der Feiern zum Unabhängigkeitstag wird bei der Parade in Tel Aviv u.a. die neue Uzi-Maschinenpistole vorgestellt.

Vor 50 Jahren

3.4.1960. Die Vereinte Arabische Republik (VAR) droht Israel mit Krieg, falls (fortgeschrittene) Pläne zur Umleitung des Jordans umgesetzt werden sollten.

13.4.1960. Ein Fall internationaler Solidarität mit Israel ist zu verzeichnen: New Yorker Hafenarbeiter weigern sich ein ägyptisches Schiff zu entladen – aus Protest gegen die fortgesetzten Übergriffe Ägyptens auf israelische Schiffe im Suez-Kanal.

Frühjahr 1960. In seiner Passionssonntagspredigt wirft Papst Paul VI. Juden vor, Jesus, der als Messias zu ihnen gekommen sei, „verlacht, verhöhnt und verspottet und schließlich getötet“ zu haben. Wider besseren Wissens und ohne Not halten das Oberhaupt der Katholiken ebenso wie dessen Kirche weiterhin an jenen überholten, unzeitgemäßen, vorurteilsschürenden Ansichten von den Juden als „Christusmördern“ fest.

Vor 45 Jahren

5.4.1965. Am Weizmann-Institut wird ein Atomteilchenbeschleuniger in Betrieb genommen.

11.4.1965. Die Werft von Haifa stellt mit der „Esther“ das erste Schiff aus heimischer Produktion her.

20.4.1965. In Jerusalem wird der „Schrein des Buches“ eingeweiht; hier sind die Schriftrollen aus den Höhlen am Toten Meer zu sehen.

26.4.1965. Aus den Parteien Cherut und den Liberalen geht mit der Gachal ein neuer politischer Block hervor – mit 27 Sitzen in der Knesset.

Vor 40 Jahren

April 1970. Die Kämpfe gegen Ägypten, Syrien und die Palästinenser ziehen auf allen Seiten schmerzliche Verluste nach sich.

5.4.1970. Die israelische Regierung spricht sich gegen die Annahme einer Einladung, die der ägyptische Staatschef Nasser gegenüber dem Präsidenten des Jüdischen Welt-Kongresses, Nahum Goldmann, ausgesprochen hatte, aus.

11.4.1970. Ortschaften in Galiläa und im Beth-She’an-Tal werden mit Raketen und Granaten beschossen.

29.4.1970. Es wird bekannt, daß sowjetische Piloten in ägyptischen Maschinen an den Luftkämpfen gegen Israel teilnehmen.

Vor 35 Jahren

4.4.1975. Im Austausch gegen Araber, die in „Sicherheitsverwahrung“ saßen, erhält Israel die sterblichen Überreste von 39 eigenen Soldaten, die seit dem Jom-Kippur-Krieg vermisst wurden.

14.4.1975. Zur Feier des 27. Unabhängigkeitstages überfliegen erstmals Kampfflugzeuge des aus heimischer Produktion stammenden Typs „Kfir“ die Paradeteilnehmer und -gäste.

Vor 30 Jahren

7.4.1980. Ein Terroranschlag im Kibbuz Misgav Am fordert drei Menschenleben sowie 16 Verletzte. Israelische Truppen dringen daraufhin in libanesisches Territorium ein.

Vor 25 Jahren

2.4.1985. Israelische Behörden lösen das Gefangenenlager Ansar im Libanon auf und bringen dessen Insassen nach Israel.

4.4.1985. Alle Beschränkungen, denen private PKW-Importe nach Israel bisher unterworfen waren, werden aufgehoben.

11.4.1985. Der Rückzug israelischer Truppen aus dem Libanon wird fortgesetzt. Die Zahal (=“Zava Hagana le Israel“=Israelische Verteidigungskräfte=IDF) verlässt die Region Nabatija.

17.4.1985. David Ben-Shimol, ein Israeli, der im Oktober des Vorjahres in Jerusalem einen arabischen Bus mit einer Panzerabwehrrakete beschossen hatte, wird zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt.

22.4.1985. Israel und die USA unterzeichnen ein Freihandelsabkommen, das im Juli des Jahres in Kraft treten soll.

24.4.1985. Der Rückzug israelischer Truppen aus der Beka’a-Ebene ist abgeschlossen.

25.4.1985. Der Deutsche Bundestag in Bonn verabschiedet sein Gesetz gegen die sog. Auschwitzlüge. Wer nationalsozialistische Verbrechen oder Gewalttaten leugnet, muss nun mit Bestrafung rechnen.

1985. Der katholische Pater Edward Flannery, der als kompetenter Erforscher des katholisch-jüdischen Verhältnisses gilt, schreibt: „Die überwiegende Mehrheit auch der gebildeten Christen weiß fast nichts darüber, was den Juden im Laufe der Geschichte angetan wurde, oder über die schuldhafte Verstrickung der Kirche. Sie wissen nichts darüber, weil, abgesehen von wenigen Ausnahmen jüngeren Datums, die antisemitische Vergangenheit in christlichen Geschichtsbüchern und sozialwissenschaftlichen Untersuchungen nicht vorkommt und weil Christen nicht dazu neigen, historische Studien über den Antisemitismus zu lesen.

Vor 20 Jahren

3.4.1990. Eine Rakete trägt den israelischen Satelliten Ofek 2 in eine erdnahe Umlaufbahn.

5.4.1990. Die in freien Wahlen zustande gekommene Volkskammer der DDR bekennt sich zur „Verantwortung der Deutschen in der DDR für die Geschichte“ und sie verurteilt die Shoah. Im Verlauf eines dreitägigen Gesprächs zwischen Israel und der DDR, werden Entschädigungsfragen geklärt.

7.4.1990. In Tel Aviv demonstrieren tausende Bürger für eine Änderung des Regierungssystems.

11.4.1990. Im christlichen Viertel der Jerusalemer Altstadt besetzen Siedler ein Hotel, um auf ihre Lage aufmerksam zu machen. Der Fall heizt die Kontroverse um den Status der Siedlungen an – auch in Zusammenhang mit der durch die hohe Zahl von Einwanderern aus der Sowjetunion verschärften allgemeinen Wohnungssituation in Eretz.

April 1990. Allein in diesem Monat treffen mehr als 10 000 Einwanderer aus der UdSSR in Israel ein.

Vor 15 Jahren

1.4.1995. Die gezielte Ausschaltung eines Hisbollah-Schlüsselmanns durch israelische Sicherheitskräfte führt einen Raketenangriff auf Nord-Israel nach sich.

5.4.1995. Der dritte israelische Satellit, Ofek 3, wird mit einer Rakete in den Weltraum gebracht.

9.4.1995. Bei Kfar Darom verüben Terroristen einen Doppelanschlag, der sechs Soldaten das Leben kostet.

16.4.1995. In Hebron werden drei Hamas-Angehörige, die acht Israelis getötet hatten, erschossen.

18. und 26.4.1995. Breite Empörung lösen sowohl Außenminister Peres als auch Ministerpräsident Rabin aus: Peres, weil er den Rückzug auf die internationale Grenze auf dem Golan fordert, Rabin, wegen seiner Ankündigung, dass die Räumung dreier Armeestützpunkte in Judäa und Samaria bevorstehe.

 

Vor 10 Jahren

Frühjahr 2000. Papst Johannes Paul II. rügt den prominenten Jesuitenpater Peter Gumpel nicht, nachdem der vor einem Millionenpublikum im TV-Sender CBS erklärt hatte: „Seien wir doch ehrlich (…) Tatsache ist, dass die Juden Christus getötet haben. Das ist eine unbestreitbare historische Tatsache.“ Gumpel bekleidet nach wie vor einen einflussreichen Posten im Vatikan.

Literatur:

Chronik der Deutschen, Gütersloh/München 1995
H. Dening, Chronik 1930, Gütersloh/München 1989/1995
Encyclopaedia Judaica, Jerusalem 1971
Enzyklopädie des Holocaust, (Hg.) Israel Gutmann, Tel Aviv 1990 (Berlin 1993)
M. Felsmann u. D. Merschhemke, Chronik 1935, Gütersloh/München 1989/1994
N. Fischer und H. Vollmer-Heitmann, Chronik 1920, Dortmund 1989
A. Förstel, Chronik 1915, Dortmund 1989
B. Gehlhoff, Chronik 1950, Dortmund 1989
D. J. Goldhagen, Die katholische Kirche und der Holocaust, Berlin 2002
Harlan, Veit. In: E. Klee, Das Kulturlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt a. M. 2007
M. Karl, Bayerische Amazonen, Regensburg 2004 und München 2009, S. 84-95
A. Meiners, Chronik 1925, Gütersloh/München 1989/1995
Mordecai Naor, Eretz Israel, Tel Aviv 1996 (Köln 1998)
Neues Lexikon des Judentums, (Hg.) Julius H. Schoeps, Gütersloh/München 1998
B. Pollmann, Chronik 1900, Dortmund 1987/1990
B. Pollmann, Chronik 1905, Dortmund 1992
B. Pollmann, Chronik 1910, Dortmund 1990
R. Schlickewitz, Die ehrliche weißblaue Chronik, unveröffentlicht 2006
http://berlin.mfa.gov.il/mfm/web/main/document.asp?SubjectID=2010&MissionID=88&LanguageID=190&StatusID=0&DocumentID=-1

3 Kommentare

  1. Sehr geehrter Herr Schlickewitz,

    als Rechtshistoriker habe ich mehrfach zu Harlans „Jud Süß“-Film publiziert, unter anderem, weil Protestaktionen gegen das von Ihnen erwähnte Schwurgerichtsurteil letztlich zu einer bis heute grundlegenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Grundrechten geführt hat.

    Ich versuche, einige Ihrer Fragen zu beantworten und möchte zugleich auf meine Publikationen hinweisen, die ich am Ende aufgeführt habe.

    „Angesichts der relativ hohen Kinderzahl im damaligen Deutschen Reich, heißt dies doch nichts anderes, als dass fast jeder zweite erwachsene Deutsche den Film gesehen hat!“

    Der Film stieß in der NS-Zeit auch bei Jugendlichen auf großes Interesse, und zwar wegen der für die damalige Zeit freizügigen Filmszenen. Die Altersgrenze wurde nicht immer strikt umgesetzt. Dies führte dazu, daß inbesondere viele Studierende in den 1950er Jahren den Film gesehen hatten – und nun, jedenfalls teilweise, gegen die Nachkriegsfilme Harlans protestierten.

    „Wie ist es zu erklären, dass in Nazideutschland eine historische jüdische Thematik, bzw. Juden, die man doch aus allen Bereichen des Lebens ausgegrenzt und bereits vertrieben oder in Lager deportiert oder ermordet hatte, dass sie im zweiten Kriegsjahr Deutsche in solchen Massen ins Kino locken konnten?“

    Der Film lieferte eine Rechtfertigung für die Ausgrenzung und Vertreibung der Juden, verbunden mit einem schwülstigen Melodram, das professionell und mit bekannten Stars in Szene gesetzt wurde. Dabei wird die Titelfigur Jud Süß vielschichtig und nicht platt inszeniert.

    „Erwarteten sich Deutsche von diesem Film eine Art historische Rechtfertigung für ihre Untaten gegenüber Juden?

    Ja, auch.

    Oder umgab das Thema Judentum damals trotz allem noch eine ‘Aura’ des Unbekannten, Geheimnisvollen, Rätselhaften, zu dem man sich von diesem Film nähere Aufschlüsse erhoffte?

    Der Film kombinierte etliche antisemitische Stereotypen und gewährte zudem Einblicke in jüdische Lebensbereiche, die sonst nicht zugänglich waren (Judenviertel, Gespräche zwischen Rabbi und Jud Süß, Synagoge). Insofern setzte der Film die von Ihnen erwähnte „Aura“ bewußt ein.

    „Oder kann man davon ausgehen, dass ein intellektuelles Interesse der Deutschen auszuschließen ist und dass ‘nur’ die Beliebtheit der angekündigten Starschauspieler, bzw. der bereits durch spektakuläre Filme bekannt gewordenen Regisseur Harlan als Zuschauermagnete wirkten?

    Der Film bediente verschiedene Interessen, was sich schon daran zeigte, daß es zwei Programmhefte gab (eines mehr antisemitisch ausgerichtet, das andere präsentierte vorrangig das schwülstige Melodram). Daher liegt im Hinblick auf die von Ihnen erwähnten Motivationen aus meiner Sicht kein „Entweder – Oder“ vor.

    Was hätte Harlan mit dem Film 1940 bewirken können, wenn er sich nicht für die rassistische Fassung der literarischen Vorlage, sondern etwa für die international hoch geschätzte und anerkannte, ‘humanistische’ von Lion Feuchtwanger als Basis seines Drehbuches entschieden hätte?

    Goebbels war in die Planung des Films direkt involviert und hätte einen solchen Film keinesfalls zugelassen. Allerdings benutzt Harlans Film weniger die von Ihnen erwähnte „rassistische Fassung“ von Feuchtwangers Buch, sondern geht von einem antisemitischen NS-Pamphlet aus, das sich mit den historischen Vorgängen beschäftigt.

    Im übrigen läßt sich über den Film nach meiner Ansicht am besten diskutieren, wenn man ihn gesehen hat. Aber das ist ein anderes Thema.

    Ausführlicher zu diesen und anderen Fragen sind meine Publikationen:

    1. Der Umgang der Justiz mit Veit Harlans „Jud Süß“ seit den 1950er Jahren: Prozesse, Legenden, Verdikte. Straf-, Zivil-, Verfassungs- und Urheberrecht im Einsatz gegen den kaum gezeigten Verdiktsfilm, in: Alexandra Przyrembel / Jörg Schönert (Hrsg.), „Jud Süß“. Biographie, literarische Figur, antisemitisches Zerrbild, Frankfurt/M. 2006, S. 263-292
    (eine Zusammenfassung des Aufsatzes im newsletter des Fritz-Bauer-Instituts (Ausgabe 28, Frühjahr 2006), dort S. 13 ff., http://www.fritz-bauer-institut.de/publikationen/newsletter/nl-28_inhalt.pdf)

    2. Das Lüth-Urteil in (rechts-) historischer Sicht. Die Konflikte um Veit Harlan und die Grundrechtsjudikatur des Bundesverfassungsgerichts, 597 Seiten, Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2005
    (dort z.B. ein Aufsatz über die antisemitischen Stereotypen in Harlans „Jud Süß“)

    Mit freundlichen Grüßen

    Th. Henne

  2. Sind meinen sehr verehrten Lesern folgende Gedankengänge möglicherweise nachvollziehbar?

    Zu Chronikjahr 1950:
    „Mehr als 20 Millionen Kinobesucher machten ‚Jud Süß‘ zu einem der auch kommerziell erfolgreichsten Spielfilme des deutschen ‚Dritten Reiches‘.“

    Angesichts der relativ hohen Kinderzahl im damaligen Deutschen Reich, heißt dies doch nichts anderes, als dass fast jeder zweite erwachsene Deutsche den Film gesehen hat!

    Wie ist es zu erklären, dass in Nazideutschland eine historische jüdische Thematik, bzw. Juden, die man doch aus allen Bereichen des Lebens ausgegrenzt und bereits vertrieben oder in Lager deportiert oder ermordet hatte, dass sie im zweiten Kriegsjahr Deutsche in solchen Massen ins Kino locken konnten?

    Erwarteten sich Deutsche von diesem Film eine Art historische Rechtfertigung für ihre Untaten gegenüber Juden?
    Oder umgab das Thema Judentum damals trotz allem noch eine ‚Aura‘ des Unbekannten, Geheimnisvollen, Rätselhaften, zu dem man sich von diesem Film nähere Aufschlüsse erhoffte?
    Oder kann man davon ausgehen, dass ein intellektuelles Interesse der Deutschen auszuschließen ist und dass ’nur‘ die Beliebtheit der angekündigten Starschauspieler, bzw. der bereits durch spektakuläre Filme bekannt gewordenen Regisseur Harlan als Zuschauermagnete wirkten?

    Was hätte Harlan mit dem Film 1940 bewirken können, wenn er sich nicht für die rassistische Fassung der literarischen Vorlage, sondern etwa für die international hoch geschätzte und anerkannte, ‚humanistische‘ von Lion Feuchtwanger als Basis seines Drehbuches entschieden hätte? Er wäre höchstwahrscheinlich in der Gunst der Spitzen des „Dritten Reiches“ gefallen, hätte auf den Professorentitel aus der Hand des „Führers“ ebenso verzichten müssen wie auf jene steuerfreie Dotation im Gegenwert von elf Mittelklasse-PKWs, und er wäre möglicherweise als „Judenfreund“ selbst verfolgt worden.
    Aber was noch? Hätte er mit einem möglichen filmischen Meisterwerk, in dem er Juden als Menschen dargestellt hätte und nicht als Dämone, hätte er damit 1940 noch einen Umschwung, oder was auch immer bewirken können?

    Zu Chronikjahr 1985:
    „Die überwiegende Mehrheit auch der gebildeten Christen weiß fast nichts darüber, was den Juden im Laufe der Geschichte angetan wurde … Sie wissen nichts darüber, weil, abgesehen von wenigen Ausnahmen jüngeren Datums, die antisemitische Vergangenheit in christlichen Geschichtsbüchern und sozialwissenschaftlichen Untersuchungen nicht vorkommt und weil Christen nicht dazu neigen, historische Studien über den Antisemitismus zu lesen.“

    Und dann, zwei Generationen nach „Jud Süß“, ein absolutes Desinteresse an Juden, ihrer Geschichte und Kultur.
    Dies hat doch gewiss mit Schuldgefühlen und Tabudenken zu tun, mit Nichtmehrdaranrührenwollen und dem Bedürfnis möglichst schnell zu vergessen?

    Oder wie denken meine Leser?

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