Völkisches Denken, antisemitische Mobilisierung und drohende Gewalt in Ungarn

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Nach den Wahlen zum EU Parlament ist es deutlich geworden, dass extrem rechtes Gedankengut bei mindestens 15 % der Wahlberechtigten in Ungarn akzeptiert wird. Jobbik und die anderen kleineren rechtsradikalen Parteien bauen ihre Macht mit einer offen antisemitischen, antiziganistischen und homophoben Hasspolitik aus, die sich gleichzeitig auch gegen die von ihnen als “entartet” angesehene Linke richtet. Die Faschisierung Ungarns hat sich bereits in die verschiedenen Sphären des Alltags eingeschlichen, und die politische Elite steht diesem Prozess machtlos gegenüber. Dies bedeutet nicht nur für Ungarn, sondern auch für die ganze Region eine ernsthafte Gefahr (–> „Tag der Ehre“ in Budapest). Die Kulturwissenschaftlerin Magdalena Marsovsky stellt in folgendem Beitrag die Hintergründe der Realitäten im heutigen Ungarn vor…

Von Magdalena Marsovszky
Zuerst erschienen in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung, Hrsg. Von Wolfgang Benz, Metropol, Nr. 18, Herbst 2009, 183-211.

Der Aufstieg der ungarischen rechtsradikalen Partei Jobbik

Bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni 2009, an der sich nur 36,28 % der Wahlberechtigten beteiligten, hat die rechtsradikale Partei Jobbik (Partei für ein besseres Ungarn/ Rechtspartei) mit fast 15 % der Stimmen und drei Abgeordneten im Parlament unerwartet gut abgeschnitten. Ein durchschlagender Erfolg, der sich in keiner Wahlumfrage angedeutet hatte. Jobbik ist zur drittstärksten politischen Kraft in Ungarn aufgestiegen, noch vor der liberalen Partei der Freien Demokraten (SZDSZ), die nach den Parlamentswahlen 2006 zusammen mit den Sozialisten (MSZP) die Regierung bildete und seit Frühjahr 2008 die Minderheitenregierung der Sozialisten stützt. Seit Juni 2009 mehren sich die Stimmen, die glauben, Jobbik könnte innerhalb kürzester Zeit eine Dreißig-Prozent-Partei werden. Der Erfolg bei den Europawahlen habe gezeigt, dass die Hemmschwelle, eine derart radikale Partei zu wählen, niedriger geworden sei.[1] Eine Umfrage des Progressiv Instituts für Politische Analysen in Budapest (Progresszív Intézet) vom März 2009 ergab, dass sieben von zehn Befragten meinen, Jobbik sei keine für die Demokratie gefährliche rechtsradikale Partei.[2]

In ihrem Wahlprogramm für die Europawahl bezeichnet Jobbik sich als eine „konservative, in ihren Methoden radikal-national-christliche Partei“, in der nationale Identität und  christliche Werte eng miteinander verbunden seien. Mit ihrem Wahlslogan „Ungarn den Magyaren!“ tritt sie für ein Europa der (Ethno-)Nationen ein. Für Ungarn strebt sie eine Zusammenführung der „arteigenen Magyaren“ an, nach der alle „Auslandsmagyaren“, die als Minderheit in den Nachbarländern leben, die ungarische Staatsbürgerschaft erhalten sollen. Jobbik will den „Ausverkauf des Landes der Magyaren“ unterbinden, das privatisierte Eigentum verstaatlichen, macht sich für einen Wirtschaftspatriotismus stark und wehrt sich gegen die Tilgung der Schulden bei der EU. Die Parteiführung sieht die Gegenwart als eine historische aber dunkle Übergangsepoche, in der die Magyaren „eine ihrer historischen Verfassung beraubte Schrumpfnation“ seien. Ungarn brauche einen Paradigmenwechsel, einen starken und aktiven Staat und statt der gegenwärtigen „stalinistischen“ eine neue Verfassung auf der Grundlage der „Lehre der Heiligen Ungarischen Krone“, eine völkisch-mythische Lebensraumideologie aus dem 19. Jahrhundert. Eine Demokratie der christlichen Werte müsse die gegenwärtige liberale Demokratie mit ihren neoliberalen Prinzipien ersetzen.[3] Ihre vorrangigste Aufgabe sieht Jobbik in der Entmachtung der „kommunistischen Nachfolgepartei“ und den mit ihr verbündeten „radikalen Liberalen“. Darüber hinaus will sie im Parlament „das Gewissen der jeweiligen rechten Regierung“ sein und die Interessen des „kleinen Mannes“ vertreten, der vom gesellschaftlichen Abstieg bedroht sei.[4] Neben dem Kampf gegen die „Zigeunerkriminalität“ enthält das Parteiprogramm auch deutliche Hinweise darauf, dass der Antisemitismus fester Bestandteil der Parteidoktrin ist, sind doch die Begriffe „bolschewistisch“, „stalinistisch“, „liberal“ in Ungarn zwar abhängig vom jeweiligen Kontext, werden aber in diesem Umfeld immer als antisemitische Codes verstanden.

Die am 24. Oktober 2002 gegründete Partei Jobbik entstand aus der seit 1999 bestehenden Jugendorganisation „Gemeinschaft rechtsgesinnter Jugendlicher“ (Jobboldali Ifjusági Közösség) und der „Bewegung für ein Besseres Ungarn“ (JMM/ Jobbik Magyarországért Mozgalom). Der Parteichef Gábor Vona ist erst 30 Jahre alt und die Mitglieder rekrutieren sich zu einem großen Teil aus Kreisen der jungen Intelligenz. An Hochschulen, vor allem an der renommierten ELTE Universität in Budapest, hat die Partei viele Anhänger. Bei den Europawahlen führte die Juristin Dr. Krisztina Morvai, Dozentin an der ELTE Universität und ehemaliges Mitglied des Komitees für Frauenrechte sowie des Komitees für Menschenrechte der Vereinten Nationen, die Liste an.

Die Ungarische Garde[5] und die Krise des Rechtsstaates

Die paramilitärische Ungarische Garde (Magyar Gárda) ist eine Kreation von Jobbik und deren Vorsitzendem Gábor Vona. Die ersten 56 Mitglieder der Garde wurden am 25. August 2007 auf dem Burgberg von Buda, direkt vor den Fenstern des Palais des Staatspräsidenten László Sólyom, unter dem Beifall mehrerer tausend Anhänger vereidigt. Knapp zwei Monate später, am 20. Oktober, marschierten bereits mehr als zehnmal so viele neue Gardisten auf der Prachtstraße Andrássy zum Heldenplatz zu ihrer Vereidigung. Die Garde hat heute um die 3000 Mitglieder.

Die „Gardisten“ bezeichnen sich harmlos als Mitglieder einer „Vereinigung für kulturelles Erbe und Heimatpflege“. Sie wollen, wie es in der Gründungsurkunde steht, „die magyarische Kultur pflegen“ und die Traditionen aus der ungarischen Geschichte „zur Erbauung den heranwachsenden Generationen weitergeben“. Die Garde sei eine reine Selbstverteidigungsorganisation, eine Wehrgarde, die „in einem Augenblick“ ins Leben gerufen wurde, in dem „das Magyarentum nunmehr physisch, seelisch und geistig wehrlos“ dastehe. Sie wolle alles, was „dem Erwachen und der Erneuerung der Nation“ dient, fördern, aber all denjenigen widerstehen, die sie „atomisieren, erdrücken und vernichten“ wollen. Sie möchte die Gesellschaft wachrütteln: „Erwacht! Die Zeit ist reif!“[6] 

Die Garde beauftragte die bekannteste Skinheadmusikgruppe Ungarns, die Ethno-Rockband „Kárpátia“[7], ein eigenes Marschlied zu komponieren.[8] In Anlehnung an die rechtsradikale, so genannte Levente-Bewegung der Zwischenkriegszeit kreierte die Garde auch eine eigene Begrüßungsformel, die „Gott gebe uns…!“ lautet und „eine schönere Zukunft!“ als Antwort bekommt. Bei manchen, nicht für die allgemeine Öffentlichkeit bestimmten Veranstaltungen, wie z.B. dem beliebten Festival „Magyarische Insel“, das in den letzten Jahren mit über zehn Tausend Besuchern rechnen konnte, wird bei der Begrüßung der rechte Arm wie zum Hitlergruß gehoben.[9]

Nicht nur die Rituale der Gardenweihen am Heldenplatz, auch die Reden haben ähnliche Inhalte. Der Gründer der „Ungarischen Garde“ und charismatische Chef der Partei Jobbik, Gábor Vona, wird durch Sándor Pörzse, den Starmoderator beim völkisch-nationalistischen Fernsehsender „Echo-TV“, immer wieder als „Führerredner“ angekündigt. Vona, der die Truppe als „Magyarische Gardisten! Meine Brüder!“ anspricht, beschränkt sich in seinen Reden auf die im heutigen Ungarn gängigen antisemitischen Stereotype und Codes, wie zum Beispiel, dass die gegenwärtige sozialistisch-liberale Regierung Kontinuitäten zu den stalinistisch-bolschewistischen Kommunisten aufweise.

Der tief greifende Kulturpessimismus, wichtigste Antriebskraft für den Antisemitismus in Ungarn, bricht sich in Vonas Reden immer wieder Bahn. So sagte er anlässlich der Gardenweihe am 23. Oktober 2007: „Wir sind wie ausgesetzte Hunde […] und haben keine Vergangenheit, keine Gegenwart, keine Zukunft.“ Deshalb brauche Ungarn eine „Erneuerung der Nation“, die jedoch weder „mit Demonstrationen, noch mit Volksentscheiden“ erreicht werden könne. Bei diesem Satz wussten seine Zuhörer sofort, dass der bisherige Hoffnungsträger der Rechten, Oppositionsführer Viktor Orbán (Fidesz-Bürgerliche Union) gemeint war. Im Klartext heißt dies: Für Jobbik sind die völkische Fidesz-Bürgerliche Union (Fidesz-MPSZ), zurzeit größte Partei des Landes, und ihr kleinerer Partner, die Christlich Demokratische Volkspartei (KDNP), beide in der Opposition, nicht mehr „national gesinnt“ genug. Sie hätten sich zusammen mit der „gegenwärtigen politischen Garnitur“ dem Globalismus ergeben, der „riesige finanzielle Mittel in die Auflösung unserer traditionellen Werte steckt, um eine ultraliberale, so genannte offene Gesellschaft zu verwirklichen. Für Jobbik ist daher eine Mitgliedschaft in der EU dann unerträglich, wenn „sie mit der endgültigen Beschneidung unserer nationalen Souveränität einhergeht“.[10]

Eine Lösung, fuhr Vona fort, könne die „Garde der ungarischen Hoffnungen“ bieten, die die „siegreiche Revolution des Aufbaus des nationalen Bewusstseins“ vollende. Deshalb arbeite sie schon jetzt daran, „mit einer Stiftung im Hintergrund“ ein Netz von Volkshochschulen aufzubauen und die Menschen in Fächern „Christlicher Glaube“, „Wahre magyarische kulturelle Tradition“ und „Runenschrift“ auszubilden. Zudem werde sie „eine eigene Krankenversicherung für die Arteigenen gründen“.

Mitte 2008 wurde die Garde in erster Instanz gerichtlich verboten, doch als eine „Bewegung“, die „den Herzen der Menschen“ entspringe, sei sie nicht zu verbieten, zudem sei sie eine „unbesiegbare Idee“, wie Gábor Vona immer wieder betont. Krisztina Morvai, inzwischen Abgeordnete des Europäischen Parlaments, meint, die Ungarische Garde sei ein Sinnbild für den „nationalen Widerstand“, die dem Verbot widerstehen und das Land von seinen Geiselnehmern zurückerobern werde.[11] So marschiert sie unbeirrt weiter, vor allem in Roma-Siedlungen, um gegen die „Zigeunerkriminalität“ vorzugehen, wo, wie Csanád Szegedi, Vizepräsident und Jobbik-Europaabgeordneter zu wissen glaubt, „aus unserem Geld Zigeunerzüchtungen betrieben werden“[12].

Feindlichkeit gegenüber Roma hat in Ungarn Tradition und ist in der Gesellschaft verbreitet. Nach einer Umfrage sind über 80 % der Befragten antiziganistisch eingestellt.[13] Jobbik kann selbst in der Ungarischen Akademie der Wissenschaften mit Sympathien rechnen. So wurde Gábor Vona im April 2008 zu einer Konferenz über die Lage der Roma in Ungarn eingeladen.[14]

Der Soziologe Pál Tamás meint, das Land lebe „in einer gut zusammengekleisterten ideologischen Wolke, die vor allem durch die Medien und durch die kulturelle Tradition entstand“[15]. Selbst der Präsident des „Komitees für die Belange der Minderheiten, der Zivilgesellschaft und der Religion“, der Fidesz-Abgeordnete Zoltán Balog, warnt immer wieder  davor, dass „die ungarische Mehrheit der Roma-Minderheit ausgeliefert“ sein könne.[16] 2008 und Anfang 2009 wurden acht Roma ermordet.[17] Die Fälle aufzuklären war deshalb besonders schwer, weil es oftmals der ärztliche Notdienst oder die Polizisten selbst waren, die die Spuren verwischten.[18] Wie verbreitet die allgemeine Hass-Stimmung auch unter Polizisten ist, macht ein Vorkommnis im Februar 2009 deutlich: Statt die Fußspuren der Mörder zu sichern, urinierte ein Polizist in die Vertiefung im Schnee.[19]

Anfang Juli 2009 wurde die Garde auch in zweiter Instanz rechtskräftig verboten. Während eine erste Protestkundgebung der Gardisten nach der Urteilsverkündung von der Polizei gewaltsam aufgelöst wurde, sah sie eine Woche später tatenlos zu, wie sich die Garde neu formierte.[20] Unter der Losung „Aufstand gegen das Judeoregime!“ zogen sich mitten in Budapest etwa zweieinhalb Tausend Gardisten feierlich um, sie tauschten ihre Gardejacken gegen Gardewesten und erklärten sich zu einer neuen, nunmehr legitimen Bewegung.[21] Der Fall zeige deutlich, so der Kulturwissenschaftler Péter György, dass die institutionellen Bedingungen, ein solches Urteil in der Praxis durchzusetzen, in Ungarn fehlen.[22] Der ehemalige Justizminister Dr. Péter Bárándy konstatierte in einem Interview nach der „Neugründung der Garde“, der Rechtsstaat sei in ernsthaften Schwierigkeiten.[23]

In Ungarn wird es immer mehr zur Gewohnheit, dass bei bestimmten kriminellen Delikten nicht mehr die Polizei gerufen wird, sondern die Ungarische Garde, so z.B. im Juni 2009 in der Kleinstadt Kerepes, nahe Budapest, um eine Prügelei in einer Schule aufzuklären. Polizei und Garde kamen gemeinsam, wobei die Polizei die Veranstaltung lediglich sicherte, die Garde jedoch die eindeutige Akteurin war. Über den Vorfall berichtete das Fidesz- und KDNP-nahe HírTV (Nachrichten TV)[24] in einem vermeintlich „neutralen“ Tonfall, der jedoch eindeutig Sympathien für die Garde erkennen ließ. Da an der Prügelei auch Roma-Schüler beteiligt waren, wurden die „Schuldigen“ schnell gefunden, die Prügelei wurde ethnisiert: Kurz nach dem Vorfall erschienen auf einer rechtsradikalen Homepage Namen, Adressen, Telefonnummern und Porträts der Roma-Schüler.[25] Eine solche öffentliche Bekanntgabe persönlicher Daten, ist in Ungarn seit einigen Jahren üblich. So wurden im Herbst 2006 anlässlich der Unruhen vor dem Parlament am Kossuthplatz die Namen linksliberaler Politiker und Journalisten mit dem Slogan „Hier werdet Ihr hängen“[26] angeschlagen. In der rechtsradikalen Sendung Éjjeli Menedék (Nachtasyl) von EchoTV wird regelmäßig die „Namensliste“ unliebsamer, nicht völkischer Politiker vorgelesen.[27]

Kerepes wird von einem Bürgermeister regiert, Tibor Franka, der nicht nur die Partei Jobbik, sondern auch die Ungarische Garde mit wohlwollender Sympathie betrachtet. Der Journalist, früheres Mitglied der rechtsradikalen Partei für Ungarische Gerechtigkeit und Leben (MIÉP), ist heute ein Jobbik-naher, „unabhängiger“ Kommunalpolitiker. Er war viele Jahre Redakteur der rechtsradikalen Sendung „Sonntagsmagazin“ des öffentlich-rechtlichen Kossuth Radios[28] und leitender Angestellter des MIÉP-nahen rechtsradikalen, kommerziellen Pannon-Rádió (heute Kincsem Rádió). Über die Grenzen Ungarns hinaus bekannt wurde Franka, als er 2001 sagte, Juden könnten keine Magyaren sein, denn „ihre Nase rinnt, ihr Ohr befindet sich tiefer als ihr Nasenflügel und sie sind krummbeinig“[29]. Im Februar 2009 äußerte er sich erneut in rassistisch antisemitischer Weise bei einer Werbeveranstaltung von Jobbik: „Die vielen Rentner, die bis jetzt links wählten, verließen die Sozialisten, deshalb zieht jetzt die Regierung die Minderheitenkarte heraus. Im Mittelpunkt stehen heute die Zigeuner, die Juden, die Schwulen und die Härtefälle, obwohl wir wissen, dass nicht einmal die Hälfte des Judenholocaust wahr ist, und nicht einmal die Hälfte von einem halben Zigeunerholocaust wahr ist. Aber man kann die beiden Themen gut miteinander verbinden”.[30]

Jobbik-Sympathisanten im Hintergrund

Laut einer Umfrage würden es 35% der Mitglieder der Oppositionspartei Fidesz begrüßen, wenn Jobbik im Parlament vertreten wäre.[31] Fidesz grenzt sich zwar von Jobbik rhetorisch ab, doch auf kommunaler Ebene koalieren beide Parteien miteinander.[32] Mitglieder der „Jobbik“-Führungsspitze sind in den „national-gesinnten“, aber zum Teil auch in öffentlich-rechtlichen Medien immer wieder gefragte Gäste, in Kirchen werden ihre Ideen verkündet, und die Anwesenheit der Garde bei kirchlichen Feierlichkeiten scheint dem jeweiligen Anlass einen besonderen und weihevollen Rahmen zu verleihen. Selbst Staatspräsident László Sólyom warnt immer wieder vor falscher Panikmache im Zusammenhang mit der Garde. Nur einmal – am 11. Dezember 2007 – auf die direkte Aufforderung des Ombudsmannes für Minderheitenfragen, Ernö Kállai, distanzierte er sich von ihr, doch selbst nach den Wahlen zum Europäischen Parlament meinte er bagatellisierend, es bestünde keine Gefahr.[33] Das Gegenteil ist der Fall. Menschen oder Menschengruppen werden aufgrund ihres vermeintlich kulturellen oder sexuellen Andersseins (Kosmopolitismus, Homosexualität[34]) oder angeblich „rassischer“ Merkmale (dunkle Hautfarbe) angegriffen, werden also Opfer „ethnischer Gewalt“[35].

Antisemitismus in Ungarn. Wie eine Ideologie in Gewalt umzuschlagen droht

Analysen über die gewaltbereite Stimmung, die sich vor allem gegen die jüdische Minderheit, die Roma und Homosexuelle in Ungarn richtet, sehen überwiegend die Ungarische Garde in der Verantwortung. So richtig diese Feststellung ist, so wenig trägt sie zur Erklärung der Komplexität der Situation und der Stimmung im Lande bei, weil sie sowohl auf der Täter- als auch auf der Opferseite mit Minderheiten operieren und die Begriffe zu eng interpretieren. So aber wird die Frage als ein marginales Problem an den Rand der Gesellschaft verlagert. Dementsprechend gehört zu den gängigen Erklärungsmustern für Antisemitismus in Ungarn die Zuschreibung, die Ursache läge bei den Juden selbst.

Mit zu eng gefassten Begrifflichkeiten ist der heutige Kulturkampf in Ungarn nicht zu verstehen. Ohne einen breiteren Zugang lässt sich kaum analysieren, aus welchem Grund sich neue Homogenitäten auf der Täter- und Opferseite bilden oder wie es sein kann, dass linksliberale Politiker und Journalisten als „dreckige Juden“ beschimpft und tätlichen Angriffen ausgesetzt sind, selbst wenn sie keine Juden sind. Es ist ebenso wenig zu verstehen, warum eine Institution wie das Ungarische Fernsehen im Herbst 2006 als „jüdisch“ beschimpft und dessen Gebäude in Brand gesetzt wird.[36] Dies gilt ebenso für die Frage, warum bestimmte Medien immer wieder angegriffen werden und andere nicht.

Die Ungarische Garde oder ähnliche Gruppierungen als „neofaschistische Randgruppen“ zu bezeichnen, ist ein Fehler und verharmlost den Ernst der Lage, da ein breiter gesellschaftlicher Konsens, der auf völkischem Denken basiert, zu ihrer Mobilisierung beigetragen hat.[37] Typisch für ein solches völkisches Denken ist die „Selbstethnisierung“ der Nation, das heißt die Auffassung, die Nation sei eine Abstammungs- und Blutgemeinschaft, eine „imagined comunity“[38]. Das völkische Denken, in dem die Nation als Ethnos (Ethno-Nation) verstanden wird, steht in antagonistischem Widerspruch zur Demokratie, in der die Nation als Demos (Gleichheit aller Bürger) definiert wird. Dieses Denken entwickelte sich in Ungarn vor über 100 Jahren parallel zum völkischen Denken in Deutschland.[39] Heute lassen sich durchaus vergleichbare Denkstrukturen finden, die in mehfacher Hinsicht gefährlich sind: Sie haben einen autoritären Charakter und verlangen nach einem politischen Führer bzw. einer entsprechenden Institution (z.B. die Kirche), einer Gemeinschaft oder eben der Nation selbst. Im völkischen Denken wird das Volkstum mit der Nation gleichgesetzt, die somit notwendigerweise nicht an den Landesgrenzen endet, sondern auch die nationalen Minderheiten in den Nachbarländern einbezieht und in revanchistischer Manier den Mythos eines Großreiches wieder aufleben lässt. Da ein völkisches Denken das Volkstum als authentische und homogene Gemeinschaft verherrlicht und in ihr ständig nach dem wahren und reinen ‚völkischen’ Kern sucht, wird jeder als fremd empfundene Einfluss als ‚Verunreinigung’ bezeichnet. Und schließlich: Völkisches Denken verlangt nach Feindbildern.

Übergriffe auf Juden, die etwa durch ihre Kleidung nach außen als solche erkennbar waren, zeigen, dass die jüdische Minderheit in Ungarn Ziel eines solchen Feindbildschemas ist.[40] Diese tätlichen Angriffe sind nicht isoliert zu sehen, sie sind Teil eines weitverbreiteten strukturellen Antisemitismus,[41] also institutionalisierter Denkstrukturen, die das ausgrenzende Denken automatisieren. Wenn „Juden“ eines rechtsradikalen Internetportals in Ungarn den „Schwarzen“ zugeordnet werden, meint „Blackness“ keine Hautfarbe, sondern eine Konstruktion, die eine Dichotomie zur herrschenden „Whiteness“ vermitteln soll. Die Erkenntnis, dass Antisemitismus und Rassismus nichts mit dem Benehmen oder dem Aussehen des Objektes der Diskriminierung zu tun haben, sondern Ergebnis hegemonialer Strukturen und Institutionalisierungen stereotyper Denkweisen sind, ist in Ungarn nicht verbreitet. Völkisches Denken beschränkt sich in Ungarn nicht auf ein Nischendasein, es ist in einem breiteren Spektrum virulent, in dem auch viele namhafte Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen vertreten sind. Durch den „nationalen Blick“ und den „methodologischen Nationalismus“[42], die große Teile der Wissenschaft in Ungarn beherrschen, wird die „ethnische Schließung“ der Gesellschaft und die damit vollzogene Verwandlung in eine Volkstumsgemeinschaft gefördert, die aufgrund ihres Homogenitätsideals die Ausgrenzungstendenzen nährt. Dies trifft allerdings nicht nur auf die jüdische Minderheit zu, sondern schließt auch Feindbildkonstruktionen gegen Roma und Homosexuelle ein. Antisemitismus, Antiziganismus und Homophobie unterscheiden sich lediglich darin, wie die jeweiligen Feindbildkonstruktionen aus den hegemonialen Strukturen heraus entstehen.

Entstehung des ethnisch-völkischen Denkens und seine Entwicklung in Ungarn

Völkisches Denken ist in Ungarn keine neue Entwicklung, es hat eine lange Tradition. Die Gedankenwelt der ungarischen völkischen (népi, népnemzeti) Bewegung basiert auf den Errungenschaften der Französischen Revolution, der Aufklärung und der Kulturtradition, deren Wurzeln bis zu Herder und die deutsche Romantik zurückreichen, und aus der sich auch die völkische Bewegung im wilhelminischen Deutschland nährte.[43] Dieser ungarische Ethnonationalismus entwickelte sich Anfang des 19. Jahrhunderts auch aus einer Ablehnung gegenüber dem Westen, dem Liberalismus und dem Kapitalismus. Zuschreibungen an die Juden, für diese politischen Entwicklungen verantwortlich zu sein, und die klassischen Ausgrenzungsmuster völkischen Denkens mündeten in Ungarn, ebenso wie in anderen Ländern, in antisemitischer Agitation.[44] In der Propaganda gegen „Fremde“ wird gegen den deutschen „Faschismus“ Position bezogen, allerdings in einer Verkehrung der politischen Prämissen das ungarisch völkische Denken als Gegenpart, als „antifaschistisch“ bezeichnet. Dass der Antisemitismus die logische Konsequenz eines völkischen Denkens ist, wird völlig ausgeblendet. So wird bis heute häufig der Terminus „Judenfrage“ ohne Anführungszeichen benutzt.[45]

In den 1920er Jahren protestierte die ungarische völkische Bewegung im Unterschied zu jener in Deutschland vehement gegen das Elend der bäuerlichen Schichten. Dies verleitet einige Wissenschaftler dazu, die ungarische Bewegung vor allem als einen sozialen Kampf um das Agrarproletariat zu begreifen.[46] Diese einseitige Sichtweise, die die rassistische und antisemitische Komponente solcher Denkstrukturen und deren Konsequenz, die im Judenmord endete, der eine halbe Million ungarischer Juden zum Opfer fielen, völlig beiseite lässt, hatte bereits in der Zwischenkriegszeit in der Literatur zu einem „Streit zwischen den Völkischen und den Urbanen“ geführt, der in die Literaturgeschichte einging.[47] Die völkischen Literaten verurteilten die westlich orientierten „Modernisierer“, auch „Urbane“ genannt, die eher zu Abstraktionen neigten, am Individuum interessiert und Kosmopoliten seien. Gleichzeitig setzten sie sich für die Verbesserung der sozialen Lage der „einzig Wert tragenden Klasse“, also des Agrarproletariats ein, womit jedoch erneut das Problem der „Gegensätze“ zwischen der bäuerlichen, „rein-magyarischen“ und der „städtisch-dekadenten“, urbanen Kultur bedient wurde. Dieser Streit war durchaus nicht frei von antijüdischen Konnotationen, denn er rezipierte das verbreitete antisemitische Stereotyp der „sündigen Stadt“, bzw. der „dekadenten urbanen Lebensweise“ der Juden, das auch in der völkischen Bewegung im wilhelminischen Deutschland eine große Rolle spielte[48] und das in der ungarischen Literatur bis 1897 zurückreicht[49].

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg, konnte im Realsozialismus das völkische Denken trotz der universalistischen Ideale des Sozialismus nicht zurückgedrängt werden. Die „nationale Frage” wurde auch von der sowjetischen Führung proklamiert, so dass mit der Zeit ein Sozialismus mit „nationalem Antlitz” entstand.[50] Die nationale Orientierung entsprang durchaus einem politischen Kalkül, denn für die als fremd und anational geltenden prosowjetischen Regierungen in den Moskauer Satellitenstaaten war die Betonung der nationalen Linie die einzige Möglichkeit, Zustimmung bei der nichtkommunistischen Bevölkerung zu erwerben und die Patronage Moskaus in den Hintergrund zu stellen.[51] Damit hatte die traditionelle kommunistische Politik über die Jahrzehnte eine viel stärkere Affinität zu den Völkischen, als zu den Liberalen und Sozialdemokraten.[52] Es entwickelte sich ein gesellschaftlicher Konsens, in dem die Völkischen als Opposition wohlwollend geduldet wurden. Im Hinblick auf die Aktivitäten der „Urbanen“, d.h. der richtigen Opposition, auch „demokratische Opposition“ genannt, waren die Zügel der offiziellen realsozialistischen Kulturpolitik besonders straff angezogen, wohl deshalb, weil die „Urbanen“, wenn auch unausgesprochen, zu den „Juden“ zählten und diese Assoziation jedem geläufig war.[53]

Ein Großteil der gesellschaftlichen Elite (Kulturpolitiker und die völkische Intelligenz) erhoffte sich eine gesellschaftliche Integration von einem ethnozentrierten, also völkischen Kulturnationalismus. Der auf solchen Ideen basierende Widerstand gegen den Realsozialismus bedeutete für viele eine progressive „Revolution“ von unten. Dementsprechend war das Ende des Realsozialismus viel mehr eine ethnonationalistische als eine demokratische Wende.[54] Der Ethnonationalismus als moderne Ideologie übernimmt die Funktion einer Alltagsreligion, in der sich Säkularisation, Nationenbildung und der Realsozialismus miteinander verbinden. Da damit die Homogenisierung der eigenen Gruppe intendiert ist, führt dies automatisch zu einer Ausgrenzung derer, die nicht als Bestandteil der Wir-Gruppe akzeptiert werden, also der „Anderen“, der „Fremden“.[55] Deshalb sind Ethnonationalismus und moderner Antisemitismus in Ungarn die zwei Seiten der gleichen Medaille.

Die Konstruktion „des Juden“

Der Antisemitismus ist in Ungarn nicht im engeren Sinne als Hass gegen eine real existierende Bevölkerungsgruppe zu verstehen. Die Abneigung richtet sich gegen symbolische „Juden“, gegen „Fremde an sich“ und zielt eher gegen Politiker und Medienvertreter (und hier vor allem gegen sozialistische und liberale), die einem missfallen, als gegen reale Juden. Ob nun der ungarische Antisemitismus als „kultureller Code“[56], als „Weltanschauung“[57], als „irdische Metaphysik“[58] oder „universelle projektive Identifikation“[59] definiert wird, er richtet sich jedenfalls gegen die „Anderen“, die im Gegensatz zum Mythos vom „magyarischen[60] Vaterland“ und der „durch das eigene Blut getränkten Heimaterde“ den Kosmopolitismus, die Urbanität und die Intellektualität verkörpern. Selbst eine gewählte Regierung kann so zum Ziel antisemitischer Stereotypisierungen werden. Dies bewies erst jüngst ein Kommunalpolitiker, der im Sinne des Stereotyps einer „verjudeten Regierung“ oder einer „ZOG“ (Zionist Occupied Government[61]) das ungarische Parlament „die Synagoge am Kossuthplatz“ nannte, die ausgeräuchert werden sollte. Als der Politiker gefragt wurde, wie er das meint, antwortete er, das Parlament würde im alltäglichen Gebrauch so bezeichnet.[62] 

Antisemitismus wird in Ungarn immer dort virulent, wo sich soziale Gruppen, die sich zu Recht oder zu Unrecht verunsichert fühlen, vom Ideal einer starken, völkisch-homogenen Nation Sicherheit und Fortschritt versprechen, die damit eine pseudo-religiöse Funktion erfüllt. Zum völkischen Denken hinzu kommt die lange Tradition des religiös motivierten antijudaistischen Denkens und die des Antizionismus bzw. der „Antisemitismus von Links“[63], der nicht weniger völkisch ist. Der Antisemitismus von Links, der vor allem für die ehemaligen sozialistischen Länder charakteristisch ist, richtet sich mit seinem verkürzt-antikapitalistischen Denken oft gegen die westlichen „Multis“ und gegen die „Globalisierung“. Sehr verbreitet ist zudem der so genannte sekundäre Antisemitismus, der aufgrund einer Umkehr der Täter-Opfer-Rolle durch die Schuldabwehr gekennzeichnet ist.

Die antisemitische Mobilisierung

Ein Beispiel dafür, wie sich in Ungarn christlicher Antijudaismus, der pseudowissenschaftlich, anthropologisch und biologistisch argumentierende rassistische Antisemitismus sowie der antizionistische Antisemitismus gegenseitig antreiben, sind die Reden, die vor der reformierten Kirche „Heimkehr“ am Szabadság Platz (Freiheitsplatz) in Budapest am 23. Oktober 2007, anlässlich des Nationalfeiertages zur Erinnerung an die Revolution 1956 gehalten wurden. Ein junger Schauspieler mobilisierte die aus mehreren Tausend Personen bestehende Menge über Lautsprecher: „Das Land gehört demjenigen, der es bevölkert. Das ist ein göttliches Gesetz. Wir müssen das Karpatenbecken bevölkern! Wir dürfen nicht zulassen, dass sich hergelaufene Fremde das Land zu ihrem Eigentum machen! Die linke Ideologie ist eine Ausgeburt des Judentums. Die jüdische Psyche war noch nie schöpferisch, sondern hat sich immer fremdes Gedankengut angeeignet. Die linke internationale Ideologie ist das wichtigste geistige Mittel im furchtbaren Imperialismus und im natürlichen und organischen Nationalismus des Judentums. Diese Psyche, die über fünf Tausend Jahre durch Aberglauben und Rassenwahn geprägt worden ist, ist in ihrer wahnhaften Vorstellung vom Auserwähltsein der zweitausend Jahre alten europäischen Kultur und dem Humanismus fremd, verdächtigend und feindlich gesonnen.“ [64] Der Rede des Schauspielers folgte ein Aufruf des Pfarrers der Kirche, Loránt Hegedüs jun.: „Im Sinne von unserem feurigen Dichter Petöfi rufe ich Simon Peres und all denjenigen zu, die sich unser Land nehmen wollen: Nehmt Ihr Euch Eure Hurenmutter und nicht unsere Heimat! Amen!“. [65]

Die Äußerungen von Pfarrer Hegedüs werden durch die Gesetzeslage zur freien Meinungsäußerung in Ungarn gedeckt. Im Laufe der letzten zehn Jahre wurde Hegedüs mehrfach angezeigt, jedoch immer wieder von den zuständigen Budapester Gerichten freigesprochen, weil in seinen Reden keine Volksverhetzung nachzuweisen sei. So kam Hegedüs z.B. 2001 straffrei davon, nachdem er in einer Kommunalzeitung über die „Hergelaufenen aus Galizien“ schrieb, die ausgegrenzt werden müssten, bevor sie ausgrenzten.[66] Auch im Juli 2008 konnte er problemlos in einem Kellertheater von Budapest den Film „Jud Süss“ mehrmals mit großem Erfolg zeigen. Vermittelt hatte diese Möglichkeit seine Frau, die Kommunalabgeordnete Enikö Kovács.[67] Aufgrund der Urteile der letzten Jahre stellte der Verfassungsrechtler Prof. Gábor Halmai fest, dass „die ungarische Rechtsprechung, […] die Praxis des Europäischen Gerichts für Menschenrechte nicht als Teil des ungarischen Rechtssystems“ betrachte.[68] Damit liegt der Schluss nahe, dass das völkische Denken derart prägend in der ungarischen Gesellschaft ist, dass offensichtliche antisemitische Hetze nicht als solche wahrgenommen und sanktioniert wird.

Bei sämtlichen einschlägigen Demonstrationen der letzten Jahre skandierte die Menge: „Gyurcsány, hau ab!“. Die Parole und die Reaktion der Menschenmenge zeigen deutlich den Zusammenhang zwischen antijudaistischem und antizionistischem Denken, das sich automatisch gegen die gegenwärtige und demokratisch gewählte Minderheitenregierung der Sozialisten, toleriert von den Liberalen[69], gegen die liberalen Intellektuellen[70] sowie gegen die Ministerpräsidenten der letzten Jahre, Ferenc Gyurcsány und Gordon Bajnai richtet.  Der Sozialdemokrat Gyurcsány ist zurzeit Feindbild Nummer eins für die Völkischen. Rechtsradikale Internetseiten verbreiten, er sei Jude.[71] Oft wird er auch – über den Umweg des Antizionismus, in dem Israel für einen „Holocaust an den Palästinensern“ verantwortlich gemacht wird[72] – mit Hitler identifiziert.[73]

Im heutigen Ungarn gehört zu den gängigen antisemitischen Stereotypen der „Jude“ als Bösewicht, der die Hauptfeinde („jüdischer“) Liberalismus, („jüdisch“-) bolschewistischer Kommunismus, („jüdischer“) Kapitalismus[74] und („jüdische“) Sozialdemokratie verkörpert. Auch der Prozess der Globalisierung wird als „planvoll gesteuerte Vernichtung“ der magyarischen Kultur, der Traditionen, der Werte und letztendlich der ganzen Nation und des ganzen Volkes durch die Juden gesehen. „Globalisten“ und „Globalisierung“ sind allseits bekannte antisemitische Codes und stehen oft auch synonym für den Zionismus.[75] Es wird unterstellt, die gegenwärtige Regierung sei in diesen „jüdischen“ Globalisierungsplan verwickelt und damit „fremdbestimmt“. Der Wirtschaftswissenschaftler László Bogár nennt die Regierungsmitglieder die „ergebensten heimischen Vasallen der globalen Kapitalstrukturen“[76] und bedient damit das antisemitische Stereotyp eines „Zionist Occupied Government“ (ZOG).[77]

Personen oder Institutionen, die als „jüdisch“ oder „jüdisch unterwandert“ gelten, sind die Projektionsflächen für die Probleme und Ängste der Gesellschaft. Neben dem Ministerpräsidenten der Sozialisten gehören dazu auch weitere sozialliberale Politiker, linksliberale Journalisten und Medien sowie die liberale Intelligenz. Sie werden immer wieder als Juden beschimpft, bespuckt und manchmal sogar tätlich angegriffen.[78]

Gewalteskalation

Seit der Wende ist eine allgemeine gesellschaftliche Radikalisierung zu beobachten, die seit 2002, dem Jahr, als die Sozialliberalen die Wahlen gewonnen haben, immer wieder in Gewalt umschlägt und Formen „ethnischer riots“[79] annimmt, die von den Teilnehmern als Freiheitskampf bezeichnet werden. Besonders radikal waren diese Ausschreitungen im September 2006, zum 60. Jahrestag der 1956-er Revolution, als die Ereignisse von 1956 zum Vorbild und zu einer Art Inkarnation des damaligen Befreiungskampfes gegen die „Kommunisten“[80] wurden.

Die Radikalisierung der Gesellschaft führte mit den Jahren dazu, dass das Phänomen der Dehumanisierung des Feindes, als ein typisches Zeichen für die zu erwartende weitere Gewalteskalation[81] zu beobachten war. Zunächst wurde während der Demonstrationen nur die Hetzparole „Gyurcsány: Kakerlake!“ skandiert. Dann tauchten in der rechtsradikalen Presse und auf Internetportalen Grafiken oder Fotomontagen auf, die linksliberale Politiker als Würmer karikierten. Im Mai 2007 lag der Monatszeitschrift der Jobbik ein großformatiges Poster bei, auf dem Regierungsmitglieder als auszurottende Parasiten zu sehen sind.[82] Im Januar 2009 schließlich wurden im völkischen EchoTV die bekannten Schriftsteller Imre Kertész, Péter Esterházy, György Spiró und der bereits verstorbene István Eörsi mit auszurottenden Ratten verglichen.[83] Tiermetaphern sind ein beliebtes Stilmittel der antisemitischen Agitation.

Die Völkischen: Teil der Justiz, der Medien, der Kirchen, bürgerlichen Parteien und der Intelligenz

Die Volkshochschule in Lakitelek[84] (120 Km südöstlich von Budapest) ist die heimliche Hauptstadt der heutigen völkischen Bewegung in Ungarn. Die Gründerväter der „Lakitelek-Bewegung“ gehörten vor der Wende zur völkischen Opposition und versammelten sich später in der Wendepartei, dem Ungarischen Demokratischen Forum (MDF –Magyar Demokrata Fórum), das 1990 den ersten demokratisch gewählten Ministerpräsidenten József Antall (bis zu seinem Tode am 12. Dezember 1993) stellte. Der Ortsname „Lakitelek“ ist von einer Art Mystizismus umgeben, denn am 27. September 1987 fand dort das erste Treffen der oppositionellen Dissidenten (übrigens sowohl der völkischen als auch der demokratischen) mit 180 Teilnehmern in einem riesigen Zelt auf dem Grundstück eines der Gründerväter der „Lakitelek-Bewegung“, des Schriftstellers Sándor Lezsák (heute Fidesz) statt. Das Datum steht sowohl für die Gründung der Partei MDF als auch für die Einleitung der Wende. Heute steht auf dem Grundstück ein Gebäudekomplex mit Gästehäusern, Seminarräumen und einer großen Versammlungshalle, in dem Kongresse stattfinden. Hier trifft sich regelmäßig die völkische Intelligenz, so z. B. Anfang September 2008 am „Dritten Treffen des Nationalen Forums“, an dem nicht nur der Medienmagnat Gábor Széles, sondern auch die drei letzten Präsidenten der Ungarischen Akademie der Wissenschaften erschienen und Reden hielten.[85] Im Park des Gebäudekomplexes befindet sich die Büste des antisemitischen Bischofs Prohászka.[86]

An der Weihe der Büste des 1927 verstorbenen Bischofs waren auch Vertreter der christlichen Kirchen beteiligt. Sie widersetzen sich nicht der völkischen Agitation, sondern im Gegenteil, ihre Vertreter warnen in ihren Predigten und Hirtenbriefen regelmäßig vor der „egoistischen, nur auf sich selbst bauenden ultraliberalen Denkweise“[87], segnen die Aktivitäten der paramilitärischen Ungarischen Garde,[88] schmücken ihre Kirchengebäuden mit der neonazistischen Arpadfahne,[89] nehmen an Demonstrationen Teil, an denen zum Mord aufgerufen wird[90].

Typisch für den biologistischen, rassistischen Antisemitismus in Ungarn ist die Tatsache, dass das „Magyarentum“ nicht mehr nur als eine ethnische Gemeinschaft, sondern offen als Rasse bezeichnet wird. Solche Inhalte werden etwa im Fidesz- und KDNP-nahen völkischen Echo-TV regelmäßig kommuniziert. Dessen Eigentümer, der Medienmagnat und ehrenamtliche Präsident der Ungarischen Arbeitgeber- und Industriellenvereinigung (MGYOSZ), Gábor Széles, wird als künftiger Wirtschaftsminister gehandelt, sollte Fidesz nach den nächsten Wahlen 2010 wieder die Regierungsgeschäfte übernehmen. Széles, dem auch die völkische Tageszeitung „Magyar Hirlap“ gehört, investierte bereits über dreieinhalb Milliarden Forint in sein Medienprojekt und ist zu weiteren Investitionen bereit, um die „nationale Seite“ zu stärken. Im EchoTV sitzt der bekannte Journalist Zsolt Bayer, ein guter Freund des Oppositionsführers Viktor Orbán und Gründungsmitglied von Fidesz (heute ohne Parteibuch), der eine Sendereihe mit dem Titel „Mélymagyar“ produziert. Der Begriff, der aus der Zwischenkriegszeit stammt, heißt so viel wie „Wurzelecht“ oder „Rassenrein“. Der „patriotische“ Starjournalist Sándor Pörzse, Gründungsmitglied der Ungarischen Garde, produziert ebenfalls im Echo TV eine Sendung, die regelmäßig mit folgendem eingeblendeten Zitat endet: „Wie sehr auch in unseren heiligen Saaten fremde Rassen […] wühlen, […] mich durchdringt ein Gefühl: Ich bin ein Magyare, bete meine Rasse an und werde mich nicht ändern, eher sterbe ich!“.[91] Der Sender scheint gerade dabei zu sein, sich zusammen mit den anderen so genannten nationalen Medien, dem Fidesz- und KDNP-nahen HirTV (Nachrichten TV) und der Tageszeitung Magyar Nemzet (Ungarische Nation), ebenfalls „militantes Sprachrohr“ von Fidesz[92] zu den Größen des „nationalen Widerstandes“ zu entwickeln.

Neben diesen Medien, die über Stiftungen oder kommerziell betrieben werden, gibt es noch weit radikalere, die sich patriotisch nennen und als freie Radiostationen arbeiten. Zum Teil sind sie nur über das Internet zu empfangen. Die Vertreter beider Medientypen arbeiten ideologisch zusammen und bilden eine gemeinsame Front gegen die linksliberalen Medien, die inzwischen in der Minderheit sind. Die „national-gesinnten“ betrachten die „patriotischen“ Medien als ihre eigenen „radikaleren Alternativen“ und behandeln deren Vertreter mit viel Sympathie, so z.B. die Akteure im Umkreis des offen antisemitischen, antiziganistischen und homophoben „alternativ-patriotischen“ Radios „Heilige Krone“[93]. Inhaltlich gibt es keine deutlichen Abgrenzungen, die Übergänge sind fließend.

An der Hetze der Völkischen gegen die linksliberalen Politiker und die linksliberale Intelligenz beteiligen sich auch die so genannten bürgerlichen Parteien, d.h. vor allem die größte Partei Ungarns, die Fidesz und ihre Verbündete, die KDNP. Fidesz, die bei den Europawahlen weit über 50 Prozent der Stimmen erhalten hat, wird in ausländischen Medien nur selten als völkisch bezeichnet, weil sie Mitglied der Europäischen Volkspartei ist. Fidesz-Chef Viktor Orbán ist EVP-Vizepräsident. Viele Fidesz-Politiker arbeiten mit antisemitisch konnotierten Dichotomien wie „Gut“-„Böse“, „Helligkeit“-„Dunkelheit“, „Ordnung-Chaos“, „Engel“-„Satan“.

Die völkischen Tendenzen in Ungarn werden von einer bürgerlichen Bewegung unterstützt, die aus unzähligen kleineren Organisationen besteht. Sie organisieren sich seit der Wahlniederlage der Fidesz im Jahre 2002 verstärkt, vorwiegend in Bürgerkreisen, zu deren Gründung der Oppositionsführer Viktor Orbán aufgerufen hatte.[94] Aus den anfänglich vereinzelten lokalen Gruppierungen ist inzwischen durch aktive Netzarbeit eine gegenkulturelle Massenbewegung entstanden, die als eine antidemokratische außerparlamentarische Opposition arbeitet. Inoffizieller Sprecher oder zumindest Fürsprecher der Bürgerkreise ist in letzter Zeit der „unabhängige“ rechte Politologe Tamás Fritz geworden, wissenschaftlicher Direktor des Hauses des Terrors in Budapest, der im Ausland zum Teil heftig kritisierten Gedenkstätte für die Opfer beider Diktaturen. Fritz spricht von steigender Zigeunerkriminalität und Antimagyarismus, die durch die gegenwärtige sozialistische Regierung angeheizt würden, um von den brennenden Problemen des Landes abzulenken.[95] Wichtigstes Ziel der Bürgerkreise, die sich als zivilen Widerstand gegen die mit „bolschewistischen Methoden“ arbeitende Regierung begreifen, ist es, „die Schädlingsregierung wegzuputzen“, wie es die Parlamentsabgeordnete von Fidesz und Mitglied der Körperschaft für Moralische Angelegenheiten der Bürgerkreise, Ildikó Bíró anlässlich des zweiten Landesweiten Treffens der Bürgerkreise in Püspökladány[96] formulierte.

Gespaltene Gesellschaft, völkisches Denken, Sakralisierung der Nation

Ungarn ist seit vielen Jahren ein gesellschaftspsychologisch geteiltes Land. Es gibt – grob gesagt – zwei Parallelgesellschaften, eine völkisch-nationale und eine eher kosmopolitische, die nicht miteinander kommunizieren und deren Kulturen sich voneinander grundsätzlich unterscheiden. Nach dem Selbstverständnis der völkisch-nationalen Seite verkörpert sie selbst „das magyarische Volk“ schlechthin, während in deren Ansicht die andere Seite aus „kosmopolitischen“ und „identitätslosen Vaterlandsverrätern“ besteht. Dies hat bereits Auswirkungen auf das Alltagsleben. Die Angst, angegriffen zu werden, hindert viele daran, linksliberale Zeitungen in der Öffentlichkeit zu lesen. Die „Gruppenzugehörigkeit“ Einzelner ist inzwischen oft selbst im alltäglichen Leben sichtbar, zumal die Völkischen auch eine so genannte bürgerliche, d.h. eine folkloristisch angehauchte alltägliche Tracht tragen. Der Aggressionslevel ist so hoch, dass jede Gruppe der gegnerischen das Schlimmste zutraut.[97] Der mentale Graben zwischen beiden Seiten wächst von Jahr zu Jahr und ist inzwischen so tief, dass zwar beide Seiten nominell die gleiche Sprache sprechen, aber die Semantik der Sprache des jeweils Anderen nicht immer verstehen, weil sich dahinter ein vollkommen anderes Bewusstsein verbirgt. Noch vor einiger Zeit wurde ironisch darüber fantasiert, dass man langsam ein ungarisch-ungarisches Wörterbuch bräuchte. 2008 ist es Wirklichkeit geworden: Das „Bürgerliche politische Lexikon“[98] erklärt Begriffe bzw. liefert deren „Übersetzung“ ins „Nicht-Linksliberale“, d.h. ins Völkisch-Magyarische. Der Verfasser des Lexikons ist Lehrer an der von Jobbik gegründeten „alternativen“ Volkshochschule „Attila Király“[99]. Sie ist eine von mehreren solcher Einrichtungen, die in den letzten Jahren von so genannten bürgerlichen, d.h. völkischen Organisationen gegründet wurden, und an denen, wie es heißt, entgegen dem „judeobolschewistischen“ Lehrmaterial „wahre magyarische Geschichte“ gelehrt werde.[100] Zu den wichtigsten „Lehrmaterialien“ gehören die „alternativen Geschichtsbücher“ für die verschiedenen Klassen ab Jahrgang 5, in denen etwa die Pfeilkreuzlerbewegung rehabilitiert wird.[101]

Für die weitere Spaltung der Gesellschaft sorgt die zunehmende „Sakralisierung“ der völkisch gedachten Nation, d.h. die Nation nimmt die Stelle Gottes ein und wird nach und nach sakralisiert.[102] Angebetet wird die „Heilige Ungarische Krone“ (aus dem 11. Jh.), die sich seit 2000 (der Amtszeit von Fidesz und des gegenwärtigen Oppositionsführers Viktor Orbán) im Parlamentsgebäude statt im Nationalmuseum befindet. Für die Parlamentsabgeordnete der Fidesz/Bürgerliche Union, Maria Wittner, die ehemalige Revolutionärin von 1956, ist dies mehr als hilfreich: „Was meine Situation erleichtert, ist, dass in diesem Haus die Heilige Ungarische Krone aufbewahrt wird. Wenn die im Sitzungssaal für mich unerträglich werden, dann komme ich hinaus zur Heiligen Ungarischen Krone, bete zu ihr und bitte sie um Hilfe. Denn die Ungarische Heilige Krone ist hier im Ungarischen Parlament eine Persönlichkeit. Das Parlament ist sowieso nur deshalb da, damit wir uns vorspielen, dass es in Ungarn ein Mehrparteiensystem gibt.“[103]

Die „Heilige Ungarische Krone“ spielt in allen völkischen Reden eine entscheidende Rolle. Alle rechtsnationalen Gruppierungen betrachten die „Lehre der Heiligen Ungarischen Krone“[104] und nicht die demokratische Verfassung als Rechtsgrundlage. Seit dem 19. Jahrhundert ist die Krone eine politisch-mystisch aufgeladene Reliquie, und wurde besonders zwischen den beiden Weltkriegen Objekt einer sakralen Verehrung. Die „Resakralisierung“ der Krone erfolgte im Millenniumsjahr 2000, in der Amtszeit von Fidesz unter Ministerpräsidenten Viktor Orbán, als per Gesetz die Krone aus dem Nationalmuseum feierlich in das Parlament überführt wurde. Mit diesem Akt wurde die völkische Deutung der „Lehre“ aktualisiert,[105] die Krone ist nun wieder mehr als nur ein museales Stück und soll im Parlament – nach den Vorstellungen der Völkischen und zum Ärger der Demokraten – die „Einheit der Nation“ symbolisieren. Die Krone spielt bei den „völkischen Zeremonien“ eine besondere Rolle, da die Mitglieder der unzähligen völkischen bürgerlichen Organisationen ihren Eid auf die „Heilige Ungarische Krone“ ablegen.

Nationales Opfernarrativ, Aufruf zu Gewalt

Der nationale Opfermythos ist ein wichtiger Baustein des ethnisch-völkischen Denkens in Ungarn und hängt stark mit dem Phänomen zusammen, das als „Kulturpessimismus“ bezeichnet wird. Beides sind wichtige Bestandteile von Strukturen, die den Antisemitismus fördern.[106] In beiden erleben wir eine antisemitisch implementierte Identifizierung mit der magyarischen Nation (Abstammungsgemeinschaft). Der Kulturpessimismus entspringt dem Gefühl der Angst vor dem Verlust alt überkommener Traditionen und Glaubenslehren und  traditioneller sozialer Bindungen durch Modernisierung und Reformen.[107] Damit einher geht die Wahrnehmung, Opfer dieser Entwicklungen zu sein.

Opfermythos meint aber auch die Abwehr von Schuld und Erinnerung, sowie die Projektion von Verbrechen auf „Andere“, „Fremde“ und letztendlich stellvertretend dafür auf „Juden“. Typisch dafür ist, dass das ethnisch verstandene Magyarentum als die leidende Gemeinschaft dargestellt wird, wobei zwischen dem „Leidensweg des Magyarentums“ sowie dem Leidensweg der Juden und dem Holocaust eindeutige ikonographische Parallelen gezogen werden.[108] Es ist nichts Anderes als eine Täter-Opfer-Umkehr, die von der Forschung als eine typische Erscheinungsform des Antisemitismus bezeichnet wird.[109] Opfermythos bedeutet auch einen extremen Narzissmus und führt zu permanenten Missverständnissen und Umdeutungen von Nachrichten, so dass beinahe jede Nachricht mit der eigenen, gefühlten Wirklichkeit aufgeladen wird. So glaubt die Fidesz/Bürgerliche Union ernsthaft, dass bei einer nicht erfolgten Rückzahlung des Anfang 2009 gewährten Kreditpakets des International Monetary Fund nicht nur die „Heilige Ungarische Krone“, sondern auch die Gewässer Ungarns gepfändet werden könnten.[110]

Zu den zentralen Feindbildern gehören die „heimischen Vasallen“ der Globalisierung – nach den Worten des Vorsitzenden des Parteiausschusses der Fidesz/Bürgerlichen Union, László Kövér – die „gigantischen, bolschewisierenden, satanischen Kräfte“[111], nämlich die sozialliberale Regierung „Ferenc Gyurcsány und seine Mittäter“[112], die „uns in unserer eigenen Heimat niedermähen“[113] In ihnen zeigt sich nach der Meinung des Vorsitzenden der KDNP, Zsolt Semlyén „der mal als Bolschewik, mal als Liberale erscheinende echte Antichrist“.[114] Hinter all diesen Aussagen sind deutlich antisemitische Konnotationen erkennbar, deren Codes auch ohne expliziten Hinweis so verstanden werden.

Dieser Mobilisierung folgt seit 2007 auch der direkte Aufruf zu Gewalt in den „national-gesinnten“ Medien. So sagte Anfang 2009 der Wirtschaftswissenschaftler László Bogár im EchoTV: In dieser Situation „gibt es keine evolutive, nur eine revolutive Lösung. Sie kann deshalb nicht friedlich und demokratisch, das heißt verfassungskonform gelöst werden, weil das, was nach einem Frieden aussieht, in Wahrheit ein gegen uns geführter Krieg ist. […] Es ist ein bewusster Genozid […], ein Krieg gegen das Magyarentum, weshalb es auch keine friedliche Lösung geben kann. Wir haben keine Demokratie, denn das, was wir Demokratie nennen, eigentlich die Wirtschaftsdiktatur der globalen Macht ist, die von zynischen, hemmungslosen, lokalen Kollaboranten-Oligarchien durchgeführt wird. Das, was wir Verfassung nennen, hätte seit tausend Jahren die Aufgabe gehabt, den magyarischen Nationskörper zu schützen und zu fördern. Dies vermochte alleine die Verfassung der Heiligen Ungarischen Krone zu leisten“[115]

Wenn also im Ungarn der Gegenwart die „heutigen Nachfolger der Bolschwiki“ und die Liberalen sowie die „Juden“ zu Synonymen erklärt werden, wobei das Gefühl kommuniziert wird, als ob es „um Leben und Tod“ ginge, dann ist letztendlich ein blutiges Ende zu befürchten. Das Feindbild kann ganz klar bestimmt werden. Die Wissenschaft nennt so etwas „Nullsummenkonflikte“, bei denen zu erwarten ist, dass sie mit besonderer Gewalt ausgetragen werden[116].

Wovon László Bogár und mit ihm zusammen viele träumen, ist eine „Erneuerung der Nation“, d.h. eine „völkische Revolution“, was jedoch nichts Anderes heißt, als Bürgerkrieg.

Anmerkungen:

[1] ATV online, 15.06.2009 (http://atv.hu/hircentrum/090615_tolgyessy_szerint_30_szazalekos_part_lehet_a_jobbikbol.html/).

[2] Untersuchung des Progressiv Institutes vom 2.6.2009 (http://www.progresszivintezet.hu/pub/2009_06_02_jobbik.pdf).

[3] Programm für die Wahlen für das EU Parlament am 7.6.2009 (http://www.jobbik.hu/program/), eingesehen am 04.10.2009.

[4] Gründungsstatement der Patei Jobbik (http://www.jobbik.hu/rovatok/partunkrol/alapito_nyilatkozat/), eingesehen am 04.10.2009.

[5]  Homepage der Ungarischen Garde (www.magyargarda.hu/), eingesehen am 04.10.2009.

[6] Gründungsurkunde auf der Homepage der Ungarischen Garde (www.magyargarda.hu/), eingesehen am 04.10.2009.

[7]  Homepage der Ethnorock-Band (http://www.karpatiazenekar.hu/), eingesehen am 04.10.2009.

[8]  Videomontage auf dem Videoportal Youtube mit dem Marschlied der Garde (http://www.youtube.com/watch?v=7LPQwemF2po/).

[9] Vgl. Magdalena Marsovszky, „Werft den Ministerpräsidenten in die Donau!“, Netz gegen Nazis online, 15.10.2008 (http://www.netz-gegen-nazis.com/artikel/werft-den-ministerpraesidenten-die-donau/).

[10] Gründungsstatement der Partei Jobbik (http://www.jobbik.hu/rovatok/partunkrol/alapito_nyilatkozat /) eingesehen am 04.10.2009.

[11] Vona Gábor és a magyar gárda fittyet hány a bíróság ítéletére [Gábor Vona und die Ungarische Garde pfeifen auf das Urteil des Gerichtes], in: Népszava online, 17.1.2009 (http://www.nepszava.hu/default.asp?cCenter=OnlineCikk.asp&ArticleID=1144635).  

[12] „3 nap dözsölés, 27 nap gyerekgyártás” A Jobbik a romákról. Szegedi Csanád Jobbik-alelnök szerint „cigánytenyészet” zajlik Magyarországon (Drei Tage Feiern, 27 Tage Kinder fabrizieren – die Jobbik über die Roma. Nach dem Vizepräsidenten von Jobbik ist das, was in Ungarn passiert: „Zigeunerzüchtung“), in: ATV online, 16. 2.1009 (http://atv.hu/hircentrum/2009_feb__3_nap_dozsoles__27_nap_gyerekgyartas__a_jobbik_a_romakrol___hangfelvete.html/).

[13] Untersuchung des Progressiv Institutes vom 3. 5.2009 (http://www.progresszivintezet.hu/pub/2009_05_03_ciganyellenesseg.pdf /).

[14] Botrány az Akadémián: a Magyar Gárda vezetöjét is meghívták a roma konferenciára [Eklat an der Akademie: Auch der Führer der Ungarischen Garde wurde zur Roma-Konferenz eingeladen], in: Hirszerzö online, 25.4.2008 (http://www.hirszerzo.hu/cikkprint.64391).

[15] Gábor Czene, Konfliktus, rasszizmus, eröszak. Rövid beszédek, hosszú viták a Közép-európai Egyetemen [Konflikte, Rassismus, Gewalt. Kurze Reden, lange Diskussionen an der Central European University], in: Népszabadság online, 18.2.2009 (http://www.nol.hu/belfold/lap-20090218-20090218-44/).

[16]  Dokument auf der Homepage der Partei Fidesz (http://www.fidesz.hu/nyomtathato.php?Cikk=104846/).

[17] Piricsétöl Tatárszentgyörgyig. Halálbrigád állhat a romaellenes támadások mögött [Von Piricse bis Tatárszentgyörgy. Hinter der Angriffen gegen die Roma dürfte eine Todesbrigade stehen], in: Heti Világgazdaság online, 30.3.2009 (http://hvg.hu/print/20090330_molotov_koktel_fegyver_romak_ellen.aspx/).

[18] Tatárszentgyörgyi gyilkosság: „A kiérkezö nyomozó megpróbálta eltüntetni a nyomokat!“ [Mord in Tatárszentgyörgy: „Der anrückende Polizist versuchte die Spuren zu verwischen“] in: Népszava online, 25.2.2009 (http://www.nepszava.hu/OnlineCikk.asp?ArticleID=1160754/).

[19] Meldung des Büros für Rechtschutz Nationaler und Ethnischer Minderheiten (NEKI) und der Gesellschaft für Freiheitsrechte (TASZ) in Budapest vom 23.2.2009 (http://www.neki.hu/index.php?option=com_docman&task=doc_details&gid=37&Itemid=45/).

[20] Vgl. Karl Pfeifer, Illegal, scheißegal, in: Jungle-World online, 23.7.2009 (http://jungle-world.com/artikel/2009/30/35918.html/); Ujjáalakult a Gárda [Die Garde hat sich neu konstituiert], in: FigyelöNet online, 11.7.2009 (http://www.fn.hu/belfold/20090711/ujjaalakult_garda/?hirlevelkatt=2009-07-12&action=nyomtat/).

[21] Lázadás a judeorezsim ellen: újjáalakult a Magyar Gárda Mozgalom [Aufstand gegen das Judeoregime: Die Bewegung Ungarische Garde hat sich neu formiert], in: Kuruc.info online, 11.7.2009 (http://kuruc.info/p/2/43464/).

[22] Péter György, Magyar Gárda. Bovaryné félelem [Die Ungarische Garde. Die Angst a la Madame Bovary], in: Élet és Irodalom online, 11.7.2009 (http://www.es.hu/?view=doc;23464/).

[23] Interview mit dem ehemaligen Justizminister Dr. Péter Bárándy, im Klubrádió (online), 14.7.2009 (http://klubradio.hu/klubmp3/klub20090714-162903.mp3/  und http://klubradio.hu/klubmp3/klub20090714-165903.mp3/).

[24]  Hír TV-Nachrichten online, 17.6.2009 (http://www.hirtv.hu/belfold/?article_hid=275480/).

[25] Auf dem rechtsradikalen Kuruc.info online, 17.6.2009 (http://kuruc.info/p/35/42186/).

[26] So z.B. das Bild des Journalisten, József Orosz (http://www.klubhalo.hu/pic/oroszj.jpg). Siehe auch den Bericht des ATVs über die Hetze gegen linksliberale Journalisten auf dem Videoportal Youtube, online, 17.7.2009 (http://www.youtube.com/watch?v=Hw2iau-16EM/ aufgeladen von einem Rechtsradikalen, daher die Verweiblichung des Namens Josef im Titel).

[27] Echo TV online, 17.07.2009 (http://www.echotv.hu/video/index.php?akt_menu=1038&media=7224).

[28] Magdalena Marsovszky, Antisemitische Semantik im öffentlich-rechtlichen Kossuth Rádió Ungarns, in: Kulturrisse, Zeitschrift der IG Kultur Österreich, 3 (2005), S. 8 f. und in: „Hello Melancholy …“. Writing for Central- and Eastern Europe 9 (2006), S. 39 ff.

[29] Karl Pfeifer, Jenseits von allen Ufern, in: hagalil online, 10.10.2001 (http://209.85.129.132/search?q=cache:8yf-jSneEkAJ:www.judentum.net/europa/ungarn.htm+Franka+Tibor+MIÉP&cd=1&hl=de&ct=clnk&gl=de/).

[30] Rendet vágnának. Vidékröl repülhet a parlamentbe a Jobbik [Sie würden schnell Ordnung schaffen. Die Jobbik, könnte vom Lande ins Parlament gewählt werden], in: Hetek online, 13.2.2009 (http://www.hetek.hu/belfold/200902/rendet_vagnanak/).

[31] Untersuchung des Progressiv Institutes vom 2.6.2009 (http://www.progresszivintezet.hu/pub/2009_06_02_jobbik.pdf/).

[32] Attila Pintér, Stumpf: A Jobbik nem szélsöséges [Stumpf: Jobbik ist nicht rechtsradikal], in: Népszabadság online, 11.6.2009 (http://www.nol.hu/belfold/20090611-stumpf__a_jobbik_nem_szelsoseges).

[33] Sólyom szerint nincs veszély [Nach Sólyom besteht keine Gefahr], in: 168 óra online, 13.6.2009 (http://www.168ora.hu/globusz/solyom-szerint-nincs-veszely-38000.html/).

[34] Vgl. Magdalena Marsovszky (unter Mitarbeit von Katrin Kremmler), Ungarn: freie Bahn für die Feinde der Demokratie, in: hagalil online, 22.7.2008 (https://www.hagalil.com/01/de/Europa.php?itemid=2579).

[35] Vgl. Andreas Wimmer/Conrad Schetter, Ethnische Gewalt, in: Wilhelm Heitmeyer/John Hagan (Hrsg.), Internationales Handbuch der Gewaltforschung, Wiesbaden 2002, S. 313-329.

[36] Magdalena Marsovszky, Budapest: Völkische Revolution?, in: hagalil online, 21.9.2006 (https://www.hagalil.com/2006/09/ungarn.htm).

[37] Zum völkischen Denken: Samuel Salzborn, Ethnisierung der Politik. Theorie und Geschichte der Volksgruppenpolitik in Europa. Frankfurt/New York 2005; Uwe Puschner, Die völkische Bewegung im wilhelminischen Kaiserreich. Sprache, Rasse, Religion, Darmstadt 2001; Uwe Puschner/ G. Ulrich Großmann (Hrsg.), Völkisch und national. Zur Aktualität alter Denkmuster im 21. Jahrhundert, Darmstadt 2009.

[38]  Benedict Anderson, Imagined Community: Reflections on the Origin and Spread of Nationalism, London 1983.

[39] Magdalena Marsovszky, Antisemitismus und neue völkische Bewegung in Ungarn, in: Samuel Salzborn (Hrsg.), Minderheitenkonflikte in Europa. Fallbeispiele und Lösungsansätze, Innsbruck 2006, S. 201–221.

[40] „Zsidó vagy?” – „Igen”. Aztán nekiugrottak Budapest belvárosában [Bist Du Jude? – Ja. – Dann wurde er in der Innenstadt von Budapest angegriffen], in: ATV Nachrichten online, 8.7.2009 (http://atv.hu/article_print.php?id=19083).

[41] Thomas Haury, Antisemitismus von links. Kommunistische Ideologie, Nationalismus und Antizionismus in der frühen DDR, Hamburg 2002, S. 158.

[42] Ulrich Beck, Der kosmopolitische Blick. Oder: Der Krieg ist Frieden, Frankfurt a. M. 2004, S. 39.

[43] Marsovszky, Antisemitismus und neue völkische Bewegung.

[44] Puschner,  Die völkische Bewegung; Miklós Szabó: Az újkonzervativizmus és a jobboldali radikalizmus története 1867–1918 [Geschichte des Neokonservatismus und des Rechtsradikalismus 1867-1918], Budapest 2003, S. 101 ff.

[45] János Gyurgyák, Ezzé lett magyar hazátok. A magyar nemzeteszme és nacionalizmus története [Das ist aus Eurer magyarischen Heimat geworden. Geschichte der ungarischen Nationsidee und des ungarischen Nationalismus], Budapest 2007, S. 135 ff.

[46] Ignác Romsics, Magyarország története a XX. században [Die Geschichte Ungarns im 20. Jahrhundert], Budapest 2005, S. 211.

[47] Péter Nagy Sz., A népi urbánus vita dokumentumai 1932–1947 [Dokumente des Streites zwischen den Völkischen und den Urbanen 1932-1947], Budapest 1990.

[48] Puschner, Die völkische Bewegung, S. 115 ff.; Joachim Schlör, Siebzehntes Bild: „Der Urbantyp“, in: Julius H. Schoeps/Joachim Schlör (Hrsg.), Antisemitismus. Vorurteile und Mythen, München/Zürich 1995, S. 229–240.

[49] Miklós Szabó, Az újkonzervativizmus és a jobboldali radikalizmus története 1867–1918 [Geschichte des Neokonservatismus und des Rechtsradikalismus 1867-1918], Budapest 2003, S. 150.

[50] Éva Standeisky, Kultúra és politika (1945–1956) [Kultur und Politik 1945–1956], in: József Vonyó (Hrsg.), Társadalom és kultúra Magyarországon a 19–20. században [Gesellschaft und Kultur in Ungarn im 19.-20, Jahrhunder], Pécs 2003, S. 121–137, hier: S. 127.

[51] Vgl. Agnieszka Pufelska, Der Faschismusbegriff in Osteuropa nach 1945, persönlich zur Verfügung gestelltes Manuskript des Vortrages an der Konferenz „Europas radikale Rechte und der Zweite Weltkrieg“. Interdisziplinäre Fachtagung des Alfried Krupp Wissenschaftskollegs, Greifswald, 8-10.7.2009.

[52] Péter Agárdi, Közelítések a Kádár-korszak müvelödéspolitikájának történetéhez [Annäherungen an die Geschichte der Bildungspolitik der Kádár Ära [1993]], in: Péter Agárdi, Müvelödéstörténeti szöveggyüjtemény II/2, 1945-1990, Pécs/ Bornus 1997, S. 711–744, hier: S. 741.

[53] György Csepeli, Jelenlét hiány által. Antiszemitizmus Közép- és Kelet-Európában [Sie existieren nicht mehr und sind doch anwesend. Antisemitismus in Mittel- und Osteuropa], in: Jel-Kép, 2 (1998), S. 69.

[54] Detlev Claussen, Das Verschwinden des Sozialismus. Zur ethnonationalistischen Auflösung des Sowjetsystems, in: Detlev Claussen/ Oskar Negt/ Michael Werz (Hrsg.), Kritik des Ethnonationalismus, Frankfurt 2000, S. 16–41, hier: S. 18.

[55] Michael Werz, Verkehrte Welt des short century. Zur Einleitung, in: Claussen/ Negt/ Werz (Hrsg.), Kritik des Ethnonationalismus, S. 6–15, hier: S. 7 f.

[56] Shulamit Volkov, Antisemitismus als kultureller Code, München 2000.

[57] Klaus Holz, Nationaler Antisemitismus. Wissenssoziologie einer Weltanschauung, Hamburg 2001.

[58] Endre Kiss, Antiszemitizmus mint metafizika [Antisemitismus als Metaphysik], in: Homepage Kiss Endre/ Judaisztika (Judaistik), online, 29.11.2004 (http://www.pointernet.pds.hu/kissendre/judaisztika/20041129112051676000000660.html).

[59] Márta Csabai/ Ferenc Erös, Testhatárok és énhatárok. Az identitás változó keretei [Körpergrenzen und Ich-Grenzen. Die veränderlichen Rahmen der Identität], Budapest 2000, S. 120.

[60] In der Forschung hat sich der Konsens entwickelt, dass Ungarn im ethnischen Sinne Magyaren genannt werden. Vgl. Joachim von Puttkamer, Schulalltag und nationale Integration in Ungarn. Slowaken, Rumänen und Siebenbürger Sachsen in der Auseinandersetzung mit der ungarischen Staatsidee 1867-1914, München 2003, hier: S. 11.

[61] Thomas Grumke, Die transnationale Infrastruktur der extremistischen Rechten, in: Angelika Beer, Die Grünen/ Europäische Freie Allianz im Europäischen Parlament (Hrsg.), Europa im Visier der Rechtsextremen, Berlin 2009, S. 9-25, hier: S. 10.

[62] Rajka város önkormányzati képviselöje pogromra buzdít. Ahol zsinagógákat füstölnek, ott nácizmus van [Der Kommunalpolitiker von Rajka ruft zum Pogrom auf. Wo Synagogen ausgeräuchert werden, dort ist Nazismus], Offener Brief der Theologischen Hochschule John Wesley und der Ungarischen Evangelischen Brüdergemeinschaft, in: Meldung der Nachrichtenagentur MTI online, 22.2.2009 (http://ots.mti.hu/print.asp?view=2&newsid=54313). 

[63] Haury, Antisemitismus von links.

[64] Dokumentation der Feier vor der rechtsradikalen reformierten Kirche ‚Heimkehr’, in: Index Videoportal online 23.10.2007 (http://index.hu/video/2007/10/23/zsido_pszicherol_szonokolnak_az_arpadsav/).

[65] Ebenda.

[66] In: Ébresztö (Erwacht!), Monatszeitschrift der rechtsradikalen Partei für Ungarische Gerechtigkeit und Leben (MIÉP), im 16. Bezirk von Budapest, September 2001. Über das Urteil: György Bugyinszky, Jogerös ítélet ifj. Hegedüs Lóránt ügyében [Rechtskräftiges Urteil im Fall Lóránt Hegedüs], in: Magyar Narancs, 13.11.2003.

[67] Megszüntette az eljárást az ügyészség a Jud Süss vetítései ügyében [Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren im Zusammenhang mit den Aufführungen von Jud Süss ein], in: Heti Világgazdaság, online 16.9.2008 (http://hvg.hu/itthon/20080916_jud_suss_vetites_eljaras.aspx).

[68] In: Megbeszéljük [Diskussionsforum], Klubrádió/ liberaler Radiosender, 8.4.2008, 16.00 Uhr.

[69] Die liberale Partei der SZDSZ verließ die Koalition im Frühjahr 2008. Seitdem gibt es eine Minderheitenregierung der Sozialisten (MSZP), die jedoch von den Liberalen toleriert wird.

[70] Ingeborg Nordmann, Neunzehntes Bild: Der Intellektuelle, in: Schoeps/ Schlör (Hrsg.), Antisemitismus, S. 252-259.

[71] Z.B. auf der rechtsradikalen Internetseite SBD/ Garayter online als Computerspiel mit dem Titel „Fletó vadászat“ [Jagd nach Ferenc]. Im Text darunter heißt es: „Warum sollen nur die Soldaten in den Genuss kommen? Waffen für jedermann!“ (http://www.sbd.hu/garayter.html), eingesehen am 04.10.2009.

[72] Thomas Haury, Der moderne Antisemitismus. In antisemitischer Gesellschaft. Ein Reader zweier Veranstaltungsreihen 2005-2006 in Darmstadt, Erlangen und Frankfurt a. M., hrsg. v. Initiative gegen Antisemitismus und Rassismus in Europa (Jugare), Erlangen/Nürnberg und Gruppe zur Bekämpfung des Antisemitismus heute, Frankfurt 2006, S. 22-29, hier: S. 28.

[73]Z.B.: die Videomontage „Führer“ auf dem Videoportal Videoplayer, online, eingesehen am 6.4.2007 (http://www.videoplayer.hu/videos/play/44931), eingesehen am 04.10.2009.

[74] Avraham Barkai, Einundzwanzigstes Bild: „Der Kapitalist“, in: Schoeps/ Schlör (Hrsg.), Antisemitismus, S. 265-272.

[75] Sándor Kövesdi, „A Globalizáció a cionizmus fedöneve“ [Die Globalisierung ist der Deckname für den Zionismus], in: Hunhir online, 28.6.2007 (http://www.hunhir.hu/index.php?pid=hirek&id=7504), eingesehen am 04.10.2009.

[76] In der Sendung Péntek8, in: HirTV online, 1.5.2009 (http://www.hirtv.hu/?tPath=/view/videoview&videoview_id=8057).

[77] Grumke, Die transnationale Infrastruktur.

[78] Magdalena Marsovszky, Pogromstimmung in Budapest: Exbundeskanzler Gerhard Schröder nimmt Stellung, hagalil online, 21.4.2008 (https://www.hagalil.com/01/de/Europa.php?itemid=2128).

[79] Wimmer/ Schetter, Ethnische Gewalt, S. 324.

[80] Marsovszky, Völkische Revolution?.

[81] Roland Eckert/ Hellmut Willems, Eskalation und Deeskalation sozialer Konflikte: Der Weg in die Gewalt, in: Heitmeyer/ Hagan (Hrsg.), Internationales Handbuch, S. 1457-1480.

[82] Vgl. z.B.: Poster „Védekezz a Kártevök ellen“ [Schütze dich vor den Parasiten], in: ‚Magyar Mérce’ [Magyarisches Maß], Monatszeitschrift der rechtsradikalen Partei Jobbik, Mai 2007. Die Monatszeitschrift ist an vielen Kiosken und in jedem großen Supermarkt erhältlich (http://portal.jobbik.net/index.php?q=node/4091), eingesehen am 04.10.2009.

[83] Während Porträts der Schriftsteller gezeigt wurden, wurde die Fabel „A patkányok honfoglalása – Tanulságos mese fiatal magyaroknak“ [Die Landnahme der Ratten. Ein Lehrstück für junge Ungarn] des antisemitischen Dichters Albert Wass aus dem Jahre 1944 vorgetragen, Éjjeli Menedék [Nachtasyl], EchoTV online, 23.1.2009 (http://www.echotv.hu/video/index.php?akt_menu=1038&media=5462).

[84] Homepage der Volkshochschule (http://www.lakitelek.hu/nepfoiskola/), zuletzt eingesehen am 04.10.2009.

[85] Lezsák Sándor, Közös jövökép is kell az új többségnek [Die neue Mehrheit braucht auch ein gemeinsames Zukunftsbild], in: Magyar Nemzet online, 7.9.2008 (http://www.mno.hu/portal/583339?answerID=4395#).

[86] László Bertók, Felavatták Lakitelken Prohászka Ottokár szobrát (In Lakitelek wurde die Büste von Ottokár Prohászka eingeweiht), in: (http://www.magyarhirlap.hu/cikk.php?cikk=153909 (10.10.2008).

[87] István Váncsa, A kénkö szaga [Der Schwefelgestank], in: Élet és Irodalom online, 7.9.2001 (http://es.fullnet.hu/0136/index.htm).

[88] Gyula Bencsik, Éledö rasszizmus – egyházi asszisztenciával? [Erwachender Rassismus – mit kirchlicher Assistenz?], in: Hirextra online, 28.8.2007 (http://www.hirextra.hu/hirek/article.php?menu_id=2&article_id=17330).

[89] Balázs Vizin, A nyolcadik szentség? Árpádsávos zászló a templomon [Das achte Sakrament? Arpadfahne an der Kirche], in: Hetek online, 23.2.2009 (http://hetilap.hetek.hu/index.php?cikk=63569).

[90] „Grespik: Az árulókat ki kell végezni!“ [Grespik: Die Verräter müssen hingerichtet werden!], in: Heti Világgazdaság online, 2.2.2009 (http://hvg.hu/itthon/20090202_grespik_regnum.aspx).

[91] Homepage des Senders (www.echotv.hu).

[92] Paul Lendvai, Die ungarische Presse, in: Budapester Zeitung online, 1.4.2008 (http://www.budapester.hu/index.php?option=com_content&task=view&id=1961&Itemid=30).

[93] Wie in der Sendung Éjjeli Menedék [Nachtasyl], EchoTV online, 21.11.2008 (http://www.echotv.hu/video/index.php?akt_menu=1038&media=4916).

[94] Vgl. Magdalena Marsovszky, „Ungartum erwache!“ Trotz nationalistischer Psychose ist nicht ‚Kerneuropa‘ die Lösung, in: hagalil online, 28.1.2004 (https://www.hagalil.com/2004/01/ungartum.htm).

[95] In der Sendung Napi aktuális [Tagesaktuell], in: Echo TV online, 4.3.2009 (http://www.echotv.hu/video/index.php?akt_menu=1038&media=5840).

[96] In der Sendung Polgári Körben [Im Bürgerkreis], in: EchoTV online, 21.3.2009 (http://www.echotv.hu/video/index.php?akt_menu=1038&media=5989).

[97] Vgl. Wimmer/ Schetter, Ethnische Gewalt, S. 322 f.

[98] Péter Szentmihályi Szabó, Polgári politikai lexikon [Bürgerliches politisches Lexikon], Budapest 2008.

[99] Homepage der Volkshochschule (http://atillakiraly.hu).

[100] Vgl. Magdalena Marsovszky, „Werft den Ministerpräsidenten in die Donau!“, in: Netz gegen Nazis online, 15.10.2008 (http://www.netz-gegen-nazis.de/artikel/werft-den-ministerpraesidenten-die-donau).

[101] László Nagy, Meddig terjed az alternativitás határa? Hungarista tankönyvsorozat kicsiknek és nagyoknak. Bakay Kornél és a nyilasok rehabilitálása [Wo verläuft die Grenze des Alternativen? Ungarische Geschichtsbücher für Klein und Groß. Die Rehabilitierung von Kornél Bakay und der Pfeilkreuzler], in: Homepage „Történelemtanárok Egyesülete“ [Verein der Geschichtslehrer], 3.12.2008 (http://tte.hu/_public/nyagy_laszlo_alternativitas_hatara.pdf). Vgl. noch: Mária Vásárhelyi, Történelmi jobbra át [Auch im Geschichtsunterricht heißt es: Ab nach rechts!], in: Élet és irodalom online, 19.12.2008 (http://www.es.hu/?view=doc;21620).

[102] Vgl. Martin Schulze Wessel, Nationalisierung der Religion und Sakralisierung der Nation im östlichen Europa, in: ders. (Hrsg.), Nationalisierung der Religion und Sakralisierung der Nation im östlichen Europa, Stuttgart 2006.

[103] Zu sehen im Film: Beatrix Siklósi, Gábor Matúz, Hóhér vigyázz! A Wittner film [Henker, gib acht! Der Wittner Film], DVD, Budapest 2008.

[104] Die völkische „Lehre der Heiligen Ungarischen Krone“ ist in Ungarisch nachzulesen im Internetportal des Szentkoronalovagrend (Ritterorden zur Heiligen Krone).

[105] Sándor Radnóti, Az üvegalmárium. Esettanulmány a magyar korona helyéröl [Glasvitrine. Fallstudie über den Aufbewahrungsort der ungarischen Krone], in: Beszélö online, 6.11.2001 (http://beszelo.c3.hu/01/11/06radnoti.html).

[106] Vgl. Samuel Salzborn, Antisemitismus und nationales Opfermythos, in: Psychosozial 29 (2006) 104, Heft 2, S. 125-136; Fritz Stern, Kulturpessimismus als politische Gefahr. Eine Analyse nationaler Ideologie in Deutschland, München 1986.

[107] Vgl. den Begriff „In-between Peripherality”, geprägt von und in: Steven Tötösy de Zepetnek, Comparative Cultural Studies and the Study of Central European Culture, in: ders. (Hrsg.), Comparative Central European Culture, West Lafayette 2002, S. 1-32, hier: S. 8.

[108] So beispielsweise im Haus des Terrors in Budapest, vor allem im Gulag-Raum. Vgl. auch: Magdalena Marsovszky: „Die Märtyrer sind die Magyaren“. Der Holocaust in Ungarn aus der Sicht des Haus des Terrors in Budapest und die Ethnisierung der Erinnerung in Ungarn, in: Vortrag im Rahmen der Tagung „Europas radikale Rechte und der Zweite Weltkrieg“. Interdisziplinäre Fachtagung des Alfried Krupp Wissenschaftskollegs, Greifswald, 8-10.7.2009.

[109] Haury, Antisemitismus von links, S. 115ff.

[110] Zsolt Herczeg, Elárverezhetik a Szent Koronát? [Kann die Heilige Ungarische Krone gepfändet werden?], in: Inforadio online, 23.1.2009.

[111] Zitiert in: Heti Világgazdaság online, 7.10.2005 (http://inforadio.hu/hir/belfold/hir-252817).

[112] In der Sendung Napi aktuális [Tagesaktuell], in: Echo TV online, 7.3.2008 (http://www.echotv.hu/video/index.php?akt_menu=1038&media=2927).

[113] István Tanács, Kövér: kinyírnak bennünket a saját hazánkban [Kövér: Die bringen uns in unserer eigenen Heimat um], in: Népszabadság online, 15.1.2009 (http://nol.hu/belfold/kover__kinyirnak_bennunket_a_sajat_hazankban).

[114] Vasárnapi Újság [Sonntagsmagazin/ rechtsradikale Sendung], in: Kossuth Rádió (öffentlich-rechtlicher Rundfunksender), 17.7.2005, 6.00 Uhr.

[115] In der Sendung Korrektúra [Korrektur], in: Echo TV online, 16.01.2009 (http://www.echotv.hu/video/index.php?akt_menu=1038&media=5394).

[116] Wimmer/ Schetter, Ethnische Gewalt, S. 316.

4 Kommentare

  1. Antisemitischer Angriff gegen Sederabend in Budapest

    Steine und ein Gummigeschoss
    werden an die Fenster des Chabad- Rabbiners geworfen
    bzw. geschossen…

    „Die Wut der Völker“ kam diesmal geballt. Ungarn steht kurz vor Parlamentswahlen, die rechtsradikale „Jobbik“-Partei kriegt immer mehr Zulauf. In der Wohnung des Chabad-
    Rabbiners Shmuel Raskin in Budapest kamen 50 Menschen zusammen, um zum Pessachfest im zweiten Seder am Dienstag Abend des Auszuges aus Ägypten zu gedenken.

    Insgesamt drei Würfe an die Fenster des Rabbiners liessen einige Besucher die Polizei rufen , die den Vorfall seltsam gelassen hinnahm, wie ein Besucher berichtet.

    http://www.juedische.at/

  2. Die Rechtsparteien FIDESZ und Jobbik in Ungarn werden also wegen der Schwäche der Linken die Wahlen gewinnen, nicht weil die Mehrheit der Bevölkerung rechtsextremem Gedankengut nahe steht.

    Diese populistischen Demagogen sitzen auf dem längeren Ast. Je stärker die Auswirkungen der Krise, desto effektiver deren Indoktrination der Massen.

    Habe kürzlich gelesen, dass, derzeit, noch weniger als die Hälfte der Wahlberechtigten rechts wählen würde, mehr als die Hälfte jedoch, den von Jobbik transportierten Inhalten Glauben schenkt.

    Die Sehnsucht nach Ordnung, nach Sicherheit und damit nach einer Autorität nimmt immer mehr zu, der 10. April wird demokratiepolitisch ein Desaster.

  3. Die Einführung zum Aufsatz ist falsch. Es haben nicht 15% der Stimmbürger die Jobbik gewählt sondern 15% der Stimmenden, bei nur 36% Stimmbeteiligung. Das ist doch ein grosser Unterschied.
    Aehnlich wird es bei den Wahlen im April sein, so ist zu befürchten. Während das rechte und rechtsextreme Wahlpotenzial ausgeschöpft sein dürfte, wie obige Zahlen zeigen, bleibt die Mehrheit der Bevölkerung der Urne fern. Ein nicht nur ungarisches, sondern ein europäisches Problem.
    Es fehlt an Alternativen. Die SP verlieren überall massiv an Anteilen, eine linke Alternative ist in Ungarn nicht auszumachen. In Deutschland hat „die Linke“ die Verluste der SP zumindest teilweise gut machen können.
    Die Rechtsparteien FIDESZ und Jobbik in Ungarn werden also wegen der Schwäche der Linken die Wahlen gewinnen, nicht weil die Mehrheit der Bevölkerung rechtsextremem Gedankengut nahe steht.

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