Wenn ein Premierminister mit einer 1.950-Wort-Rede, die er als Antwort auf die Rede des US-amerikanischen Präsidenten Barack Obama vorbereitet, Erwartungen weckt, dann zermartert sich der politische Kommentator den Kopf über die Überschrift, die er seinem Kommentar geben könnte. Als jemand, der Benjamin Netanyahu aus seiner ersten Amtszeit kennt, hatte ich eine Liste mit möglichen Überschriften vorbereitet, die die Rede zusammenfassen könnten: „Der Berg brachte eine Maus hervor“, „Alles Worte“, „Halb Tee, halb Kaffee“, „Bibi hält den Stock an drei Enden“, „Bibi in der Rolle Hamlets“, „Ein kleines ‚Ja’, ein großes ‚Aber’“, und andere…
Kommentar von Yoel Marcus, Ha’aretz, 16.06.2009
Übersetzung von Daniela Marcus
Doch der entschlossene Präsident Obama löste das Problem, als er gestern erklärte, dass die Rede von Premierminister Benjamin Netanyahu „ein entscheidender Schritt nach vorne“ sei. Mit anderen Worten: Wir werden nicht in eine Konfrontation hineingeraten. Wenn Bibi eine kämpferische und streitlustige Rede gehalten hätte, hätte er einen beispiellosen Bruch zwischen uns und der amerikanischen Regierung verursacht. Schließlich hätte Obama seinen Standpunkt, den er in der Kairo-Rede vertrat, nicht aufgeben können, ohne seine Glaubwürdigkeit zu verlieren. Und so hätte jede andere Antwort als diejenige, die Bibi zwar etwas knauserig, jedoch bedacht, gegeben hat, das Dach über uns einstürzen lassen.
Der von den Demokraten beherrschte US-amerikanische Kongress steht nicht auf unserer Seite, wenn es um die Siedlungen geht. Auch die amerikanischen Juden tun das nicht. Bibi weiß sehr wohl, dass ein verärgertes Amerika zwar nicht die Unterstützung für Israel einschränken würde. Es würde Israel jedoch stark kritisieren, und Obama kann Schaden verursachen, indem er einfach nur sagt, dass er enttäuscht ist von Israel. Unter solchen Umständen würde die ganze Welt ihm folgen. Und lasst uns nur einmal annehmen, eine Gruppe arabischer Länder würde eine Resolution im UNO-Sicherheitsrat vorlegen, um Israel zu tadeln, und Amerika würde sie nicht durch ein Veto aufhalten. „Wen sonst haben wir auf unserer Seite, außer unserem Vater im Himmel?“ fragte Kommentator Zvi Rafiah angesichts der Sorge um eine mögliche provokative Rede Netanyahus.
Als der Premierminister seine Rede schrieb, wusste er sehr gut, dass es keinen Ersatz für die Vereinigten Staaten gibt. Hinsichtlich der Siedlungen wird die gesamte Welt der amerikanischen Linie folgen. Falls Bibi daran dachte, Israel könne seine Meisterleistung wiederholen, bei der es 76 Senatoren dazu brachte, Briefe an Präsident Gerald Ford zu schreiben, um die Sanktionen gegen Israel zu stoppen, dann war dies nur ein flüchtiger Gedanke. Heute gibt es keine 76 Senatoren, die die israelischen Siedlungen unterstützen. Es gibt nicht einmal 10. Und AIPAC (American Israel Public Affairs Committee) kann sich dieses Themas nicht annehmen. Bibi verstand, dass dies nicht die Zeit für einen Besserwisser ist. Wir haben es nicht mit einem Dummkopf zu tun, sondern eher mit einem beeindruckenden Staatsführer, der massive Unterstützung genießt.
Ich nehme an, Churchill verbrachte nicht jedes Mal zwei Wochen damit, seine Reden zu schreiben. Doch Bibis Probleme sind genau wegen ihrer Geringfügigkeit so kompliziert. Erzürne Obama nicht! Bring die Regierung nicht zu Fall! Stärke Kadima nicht! Und stimme dabei einer Zwei-Staaten-Lösung zu! Das tat Netanyahu: In dem Moment, in dem er sagte, dass der palästinensische Staat ein entmilitarisierter sein müsse, stimmte er im Prinzip der Zwei-Staaten-Lösung zu. Entmilitarisiert oder nicht, darüber muss noch im Detail diskutiert werden.
In dem Moment, in dem Obama erklärte, er sei zufrieden mit Netanyahus Äußerungen, gelang es dem Premierminister, die heiße Kartoffel in die Hände der Palästinenser zu werfen. Mit derselben zweideutigen Vorsicht sprach er auch über die Nicht-Erweiterung der Siedlungen. Netanyahus Rede war aus anderer Perspektive ein Meisterstück: Sie schuf einen Mechanismus, in dem Meinungsverschiedenheiten über Details auf diskrete Weise diskutiert werden.
Obamas Lob wurde zur Falle für die Linken. Und Kadimas Lob wurde zur Falle für die Rechten: Die Extremisten in der israelischen Regierung wissen nun, dass Kadima sofort der Regierung beitreten wird, sollten sie diese verlassen. Aus dem Flugzeug nach Paris heraus gratulierte Verteidigungsminister Ehud Barak Bibi für dessen „mutigen und starken Schritt“. Er vergaß nicht, Staatspräsident Shimon Peres für dessen „Beitrag“ zur Formulierung der Rede zu loben – ein Kompliment, das nicht in der offiziellen Stellungnahme Baraks enthalten war und Bibi mit Sicherheit nicht glücklich machte. Bibi mag jedoch Trost darin gefunden haben, dass seine Frau Sarah für die Kameras im Auditorium des Zentrums für Interdisziplinäre Hirnforschung der Bar-Ilan-Universität seine Hand warm drückte.
Obama und die Europäer sehen die Rede als guten Anfang, insbesondere auf Grund der hohen Erwartungen, die der Rede vorausgegangen waren. Mit Sicherheit wird auch diese Rede, wie so viele andere, vergänglich sein, wenn Bibi nicht die Führungsqualitäten von Sharon zeigt.
Bis wir dorthin gelangen, haben die Palästinenser wie üblich eine weitere Runde der verpassten Chancen eingeläutet anstatt Bibi bei jedem guten Wort -und bei jeder guten Geste- zu nehmen. Sie haben ihn bereits als einen Lügner und Betrüger bezeichnet.
Es bleibt abzuwarten, ob Barack Hussein Obama die Palästinenser vor sich selbst retten kann.
Vollkommen meine Zustimmung: Jetzt ist Obama am Ball…
Nicht nur mit Netanjahu’s Rede sondern auch mit dem Iran. Eigenartiger Koinzident, dass diese Ereignisse zusammentrafen. Allerdings könnte Obama seine, in meinen Augen misslungene Kairo Rede, in etwas positives umkehren indem er die Opposition in Iran stützt, um zu zeigen, das man unbedingt einen gemäßigten Islam sucht und fördern/ unterstützen will als Gegenpol zum terrorisierenden Islam – anstatt nur drüber zu labern.
Zum zweiten kann Obama locker jetzt auch den Ball an Abbas geben und eine Grundsatzrede anmahnen, die aus mehr als nur dem Worten NEIN, NEIN, NEIN besteht, die wir schon seit 1967 nach Khartoum hinreichend gehört haben und längstens kennen.
Erschreckend finde ich Zitat:…und Obama kann Schaden verursachen, indem er einfach nur sagt, dass er enttäuscht ist von Israel. Unter solchen Umständen würde die ganze Welt ihm folgen… Zitat Ende
Leider habe ich gerade auch genau diesen Eindruck gewonnen.
Die Welt will einen Führer haben, dem sie folgen kann.
Mir, hier in Deutschland treibt der Gedanke daran bereits regelmäßig und mehrmals am Tag kalte und unangenehme Schauer über den Rücken und ich fühl überhaupt nicht recht wohl in meiner Haut.Â
Was soll man davon halten, dass Obama’s Grassroot Bewegung aus dem Wahlkampf reaktiviert wurde, um seine Standpunkte in der aktuellen U.S. Politik von Tür zu Tür poulär zu machen und Menschen davon zu überzeugen aber auch gegen abweichende Meinung der Demokraten im kongress vorzugehen.
Das aber eben diese Mitglieder der Grassroot Bewegung persönlich auf Obama vereidigt werden…nicht auf die Verfassung, Freiheit oder Demokratie o.ä. – nein – auf Obama persönlich.
http://www.americanthinker.com/2009/03/the_knock_on_the_door.html
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