Holocaustunterricht: Alles hängt von den Lehrern ab

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Ein sonniger Mittag in einem der Räume der Villa Wannsee, dem Haus, in dem am 20. Januar 1942 offiziell die „Endlösung der Judenfrage“ ausgearbeitet wurde. Die Schüler der 11. Klasse eines süddeutschen Gymnasiums stehen neben den Bildern der Ausstellung, die dem Thema Holocaust gewidmet ist und die verschiedenen Phasen der Judenverfolgung schildert….

Zum Holocaustunterricht in Deutschland schrieb Eldad Beck einen Beitrag für Jedioth achronoth

Jeder Schüler muss einen Vortrag über einen bestimmten Teil der Ausstellung halten. Viele der Schüler nehmen das Thema sehr ernst. Andere suchen nur nach einem Grund, Witze zu machen, über Fehler des Vortragenden, über eine antisemitische Karikatur, über das Bild einer Hinrichtung.

Über Hunderttausend Personen haben im vergangenen Jahr die Villa Wannsee besucht, die Hälfte davon deutsche Gymnasiasten. Der Besuch ist nicht Teil des Unterrichtsplans an deutschen Schulen. Auch nicht Besuche in den verschiedenen Konzentrationslagern in Deutschland oder den Vernichtungslagern in Polen. Die Fahrten zu den Gedenkstätten sind nicht sehr kostenaufwendig, ihr Stattfinden hängt jedoch ganz allein vom Willen der Lehrer oder von der Initiative der Schüler selbst ab.

In Deutschland gibt es keinen verpflichtenden einheitlichen Lehrplan zum Thema Holocaust. Jedes der 16 Bundesländer arbeitet seinen eigenen Lehrplan aus. Es ist zwar offiziell Pflicht, sich in der 9. und 10. Klasse mit dem Thema zu befassen, aber de facto handelt es sich dabei nur um eine Empfehlung. Der Unterricht hängt meist von der Bereitschaft der Lehrer ab, das Thema zu behandeln. So gibt es in Deutschland Schüler, die schon in der Grundschule über den Holocaust lernen, und es gibt Schüler, die die Schule verlassen, ohne sich jemals mit dem Thema befasst zu haben. Die allgemeine Behauptung vieler Deutscher, der deutsche Lehrplan werde vom Thema Holocaust überschwemmt, ist sehr weit von der Wahrheit entfernt.

„Obwohl das Bundesministerium für Erziehung allgemeine Anweisungen an alle Schulen bezüglich des Unterrichts über die NS-Zeit und den Holocaust veröffentlicht, existieren sehr unterschiedliche Modelle für diesen Unterricht“, sagt Isabella Ansbach von dem Zentrum für Antisemitismusforschung an der TU in Berlin, die sich auf das Thema spezialisiert hat. „Das Erziehungssystem räumt den Lehrern einen sehr breiten Spielraum ein. In den frühen Schuljahren befasst man sich normalerweise mehr mit der Judenverfolgung und ihrer Deportation, jedoch nicht mit dem Holocaust. Dieser Teil kommt später, in der 9. oder 10. Klasse, wo im Rahmen des Geschichtsunterrichts die Vernichtung der Juden behandelt wird.“

In Deutschland, im Gegensatz zu anderen Ländern der Welt, ist es wichtig, nicht nur über die Opfer zu lernen, sondern auch über die Täter. „Das ist eine ganz andere Bezugnahme als die in Israel“, sagt Matthias Heil von der pädagogischen Abteilung in der Gedenkstätte Ravensbrück, der eine vergleichende Studie über den Holocaust- Lehrplan in Deutschland, Israel und den USA aufgestellt hat. „Es gibt deutsche Schulen, in welchen sich sehr intensiv mit dem Holocaust befasst wird, wobei sich nur auf die Judenverfolgung und –vernichtung konzentriert wird, ohne das Thema anderer Gruppen von Verfolgten anzusprechen. Wenn Schüler nach Ravensbrück kommen, das ein Frauenlager war, stellen sie erstaunt fest, dass es nur eine geringe Zahl jüdischer Häftlinge gab. Sie sind sicher, dass alle Häftlinge Juden waren und wissen nicht, dass es auch kommunistische, homosexuelle und andere gab.“

In den letzten Jahren wird über den Holocaustunterricht auch im Zusammenhang mit der Weigerung muslimischer Schüler diskutiert, an dem Unterricht teilzunehmen. Seit Ausbruch der 2. Intifada wurde der Holocaustunterricht zum zentralen Thema bei dem Protest der Einwandererkinder gegen das Erziehungssystem und die deutsche Gesellschaft im Allgemeinen. In der Villa Wannsee suchte man nach Wegen, auch diese Schüler anzusprechen. „Es gibt Dokumente über Juden in der Türkei, über die arabischen Staaten in der Nazizeit, über die Lage im ehemaligen Jugoslawien“, erklärt eine Vertreterin der Villa Wannsee. „Die Ausstellung wurde erweitert, um Einwandererkinder aus verschiedenen Ländern anzusprechen.“

Lernen nicht aus der Vergangenheit

Auf die Frage „Was weiß die Jugend in aller Welt über den Holocaust?“ lautet die Antwort in Europa „Nicht viel“. In Westeuropa ziehen es viele Lehrer vor, das Thema zu ignorieren, muslimische Schüler weigern sich, an dem Unterricht teilzunehmen und Artikel von Holocaustleugnern sind für Millionen Jugendliche in aller Welt über das Internet zugänglich. Doch auch in Israel sieht Efrat Zemer in M’ariw Probleme beim Holocaustunterricht in Israel.

Die Zahl der Überlebenden nimmt ständig ab, und die israelischen Jugendlichen wissen immer weniger über den Holocaust. In den letzten Jahren sank die Durchschnittsnote der Abiturprüfung in Geschichte über den Holocaust auf 65 (von 100). Ein Geschichtslehrer: „Es gibt eine unerträgliche Kluft zwischen dem Lehrprogramm und dem, was tatsächlich gelernt wird.“

6 Kommentare

  1. Was soll dieses Gerede vom Holocaust? Das ist etwas für Ewiggestrige. Inzwischen gibt es modernste Waffen. Beste iranische Ingenieursarbeit, mit deutscher Hilfe gebaut. Da sollte das Augenmerk drauf sein. Eine islamistische A-Bombe, das ist das Thema. Alles andere ist Ablenkung.
     
     

  2. Liebe lesende,
     
    ich verfolge seit vielen Jahren alles zu diesem Thema, doch finde ich leider nur sehr wenige Dinge, die in die tatsächlich richtige Richtung weisen.
     
    Warum denn kommt niemand auf die Idee, daß nicht EIN GANZES VOLK, sondern eben einzelne bzw. GRUPPEN, tatsächlich seit Jahrhunderten so handeln, wie man es ihnen bzw. dem ganzen Volk vorwirft?
     
    Warum werden so viele Menschen in den gleichen Topf geworfen, wie die WIRKLICH Kriminellen, deren Kinder und Kindeskinder nach wie vor Verbrechen begehen – gut geschützt unter dem Deckmantel derer, die wirklich unschuldig leiden mussten?
    Wann endlich hört das auf, und wann werden die Verantwortlichen zur VErantwortung gezogen?
    Wie kann es sein, daß sich ein Volk nicht gegen die wendet, die den eigentlichen Schaden verursachen?
    Wie viele Mulsime, andersgläubige etc. distanzieren sich in aller Deutlichkeit von Terrorismus, und gehen sogar dagegen vor?
    Fragen über Fragen, warum stellt die niemand.
     
     
     

  3. Lieber Elijah,
    warum machen Sie aus Ihrem Wissen nicht einen eigenen HaGalil-Beitrag, den man dann auch über GOOGLE und andere Suchmaschinen abrufen könnte. So geht er erfahrungsgemäß leider unter oder wird nur von mir gelesen.

    Alles Gute und vielen Dank für Ihre große Mühe!

  4. „Die Behandlung der Juden in Russland, Deutschland und Frankreich im I. Weltkrieg“

    Die Behandlung der Juden in Russland, Deutschland und Frankreich im I. Weltkriegbündelt wie in einem Brennglas ihre Stellung in der Nation. Während in Frankreich die Dreyfus-Affäre und die Kriegsteilnahme die weitere Integration der Juden in die französische Gesellschaft förderten, erlebten sie in Russland als potenzielle Landesverräter eine vollständige Exklusion. In Deutschland wendete sich mit dem ungünstigen Kriegsverlauf das Blatt immer stärker zu Gunsten einer antisemitischen Ausschlusspolitik. Als sich im Kriegsverlauf die wirtschaftlichen Probleme in Russland verschärften, spielte die nationale Rechte bis in die Duma hinein die «Judenfrage» hoch. Man sah überall eine jüdisch-freimaurerische Verschwörung am Werk. Die Juden wurden trotz ihres Dienstes in der zaristischen Armee als Spekulanten beschuldigt und – wohl wegen des Jiddischen – permanent der Spionage für die Deutschen und Österreicher verdächtigt, zumal das deutsche Heer in Polen als Befreier der Juden auftrat, obwohl man tatsächlich 70.000 jüdische Zwangsarbeiter nach Deutschland verbrachte.

    Beim Rückzug der russischen Armee 1915 kam es zur Massenevakuierung von einer halben Million Juden, auch andere Teile der Bevölkerung waren davon betroffen. Die Evakuierungen aus dem Rayon und die Wirren des Krieges beraubten viele Juden ihrer Lebensgrundlage, die sich nun in bisher «judenfreien» zentralrussischen Städten ansiedelten. Der Krieg brachte in der Armee erstmals viele russische Bauern und Arbeiter mit Juden zusammen (es gab 60.0000 jüdische Soldaten), da man außerhalb des Ansiedlungsrayons oft keine Juden kannte. Diese Begegnung hinterließ bei den russischen Soldaten ein Gefühl der «Fremdheit». Das Jiddische ähnelte der Sprache des Feindes, und die antisemitische Agitation über jüdische Profiteure tat ein Übriges, um hier Vorurteile einzupflanzen, auf die später die kommunistischen Parteiinstruktoren stoßen sollten. Mit der Revolution wurde die rechtliche Emanzipation der Juden endlich verwirklicht. Am 20. März 1917 hob die provisorische Regierung Kerenskij alle Einschränkungen auf, was die Rechten das Gerücht ausstreuen ließ, Kerenskij sei jüdischer Herkunft. Wenn auch die Gleichstellung erreicht war, bedeutete die Revolutions- und Bürgerkriegszeit für viele Juden doch Pogrom und Verfolgung. Anders als in Russland wurden im nationalen Überschwang bei Ausbruch des Krieges die Juden im Deutschen Reich zusammen mit den Sozialdemokraten zunächst in den sog. «Burgfrieden» einbezogen.

    Es schien, als sei der gegenseitige Argwohn, mit dem sich die Reichsregierung und die jüdische Gemeinschaft vor dem Krieg gegenübergestanden hatten, überwunden. Die Juden erhofften sich vom Nachweis ihrer patriotischen Gesinnung im Kriegsdienst die völlige Gleichbehandlung in der deutschen Gesellschaft. Dieser patriotische Konsens bestand vom liberalen C.V. über die Orthodoxie bis zu den Zionisten. Tatsächlich wurden Juden wie Walther Rathenau oder Albert Ballin in führende Positionen der Kriegswirtschaft berufen, und die antisemitische Agitation unterlag strenger Zensur. Der «Burgfrieden» erwies sich jedoch als eine «Schönwetter-Konstruktion», die vielleicht bei einem deutschen Sieg bleibende Effekte auf das deutsch-jüdische Verhältnis gehabt hätte. Je mehr sich das Kriegsglück gegen Deutschland wendete, desto mehr Raum gewann die Rechte für ihre antijüdische Agitation.

    Im Militär machte sich auf allen Ebenen bereits 1915 Antisemitismus wieder offen bemerkbar. Dahinter stand eine Kampagne der Rechten, die Eingaben an die Regierung und das Kriegsministerium organisierte, in denen Juden «Drückebergerei» vorgeworfen wurde. SPD und Fortschrittliche protestierten dagegen im Reichstag, und eine Weile widerstand die Regierung dem Druck von rechts, bis sie schließlich im Oktober 1916 eine «Judenstatistik» anordnete, die den Einsatz von Juden im Heer erfassen sollte. Gegen diese infame Maßnahme erhob sich vor allem von jüdischer Seite Protest, so dass die Ergebnisse nicht veröffentlicht wurden, was antisemitischen Unterstellungen Tür und Tor öffnete. Für die Juden bedeutete die «Judenzählung» eine tiefe Enttäuschung, sie fühlten sich von dem Land verraten, für das sie ihr Leben einsetzten. Die antijüdische Stimmung der Front und die von der Rechten in die Welt gesetzte Legende von der jüdisch beherrschten Kriegswirtschaft beeinflußten die Bevölkerung, die die Juden als «Schieber» und «Kriegsgewinnler» für die sich im «Kohlrübenwinter» 1916/17 drastisch verschlechternde Versorgungslage verantwortlich machte. Der Kriegsverlauf spaltete die Deutschen in zwei ideologische Lager: Die Kriegsziele der «Falken» liefen auf einen imperialistischen «Siegfrieden» hinaus, der Deutschland Weltgeltung sichern sollte.

    Innenpolitisch strebten sie die «Entfernung des Giftes aus dem deutschen Volkskörper» an, womit vor allem das «internationale Judentum» gemeint war. In diesem Lager befanden sich die Spitzenverbände von Industrie und Landwirtschaft, die Konservative Partei, der Alldeutsche Verband und Teile der Nationalliberalen. Ihr Kampf richtete sich gegen die «Flaumacher», die einen Frieden ohne Annexion anstrebten und für Demokratie und soziale Rechte stritten. In diesem Lager fanden sich Liberale, Linke, Juden und Katholiken. Die Polarisierung zwischen beiden Lagern wuchs. Im Reichstag wurde 1917 mit den Stimmen von SPD, Nationalliberalen und Deutschkonservativen eine Friedensresolution verabschiedet. Gegen diese von der Heeresleitung ignorierte Resolution gab es eine heftige Kampagne des AV, der BdL, der Veteranenverbände und antisemitischen Gruppen. Der AV warnte, «der Reichstag der Juden wird einen Judenfrieden machen!» Im September 1917 wurde vom späteren Putschisten Wolfgang Kapp und Admiral v. Tirpitz die «Deutsche Vaterlandspartei» gegründet, die als Sammelbecken völkisch-nationaler und annexionistischer Kreise zur mitgliederstärksten Partei des Kaiserreichs wurde. Ein weiterer Streitpunkt war die schon vor dem Krieg debattierte «Ostjudenfrage», also die Einwanderung russischer Juden nach Deutschland (bis 1915 ca. 90.000), die sich schon bald nach dem Kriegsausbruch intensivierte, da man nun mit der Ausdehnung Deutschlands nach Osten die Gefahr einer Masseneinwanderung heraufkommen sah.
    In der Broschüre «Die Ostjudenfrage, Zionismus und Grenzschluß» warnte Geheimrat Georg Fritz schon 1915 vor der Flut von «Millionen nicht nur armer, leiblich und sittlich verkümmerter Menschen, sondern rassefremder, verjudeter Mongolen». Für eine Grenzsperre für Ostjuden gab es durchaus auch Sympathie bei deutschen Juden, die eine Verschärfung des Antisemitismus befürchteten, warnten doch rechtsstehende Verbände, die verstärkte Zuwanderung würde zum Wiederaufleben der «Judenfrage» führen, die dann nur durch Aufhebung der Gleichberechtigung zu lösen wäre. Im April 1918 kam es dann zur medizinalpolitisch mit Fleckfieber begründeten Grenzschließung, obwohl man allenthalben in Osteuropa Fremdarbeiter für die deutsche Wirtschaft anwarb. Trotz der Proteste deutsch-jüdischer Organisationen und des Auswärtigen Amtes blieb die Grenzsperre bis Kriegsende bestehen. Die Alldeutschen und andere völkische und antisemitische Gruppen mussten nicht den Waffenstillstand, die Abdankung des Kaisers und die Ausrufung der Republik im November 1918 abwarten, um den Juden die Schuld an der Niederlage zu geben, hatten sie doch bereits 1917 den Krieg in einen Kampf ums Dasein zwischen Deutschtum und Judentum umgedeutet. Noch im September 1918 gründeten sie zur Koordination der antisemitischen Aktivitäten einen «Ausschuss für die Bekämpfung des Judentums», der die Bereitschaft signalisierte, Antisemitismus bedenkenlos als politische Waffe bis hin zum Mord einzusetzen.

    Mit der «Dolchstoßlegende» besaß man ein wirksames Propagandainstrument, um die Wende des Krieges aus der Verantwortung des Militärs auf andere Gruppen wie Juden und Sozialdemokraten abzuschieben. Auf jüdischer Seite sah man diese Aktivitäten mit Sorge und fürchtete, dass man sich würde «auf einen Judenkrieg nach dem Kriege gefasst machen müssen». Der Antisemitismus der Vor- und Nachkriegszeit besitzt starke organisatorische, personelle und inhaltliche Kontinuitäten, dennoch spricht vieles dafür, im Zusammenbruch der europäischen Ordnung von 1914 und im Erleben des ersten Massenkrieges und -todes eine Zäsur zu sehen. Die Erfahrung der «Urkatastrophe» des 20. Jahrhunderts – die Wirkung des Gaskrieges auf Adolf Hitler ist bekannt – hat gemeinsam mit der von Niederlage und Revolution vor allem, aber nicht nur in den Verliererstaaten zur Ausbreitung eines revolutionären Hypernationalismus (Faschismus) geführt und die Bereitschaft der Bevölkerung verstärkt, den «alten» Behauptungen der Antisemiten zu glauben, die «Lösung der Judenfrage» wäre die Lösung der sozialen und nationalen Probleme.

    Auch wenn die Wurzeln des deutschen und österreichischen Antisemitismus vor 1914 zu suchen sind, so erklären sich seine ungeheure Dynamik und Radikalität nach 1918 aus Krieg, Niederlage, Revolution und Gewalterfahrung. Auch das Beispiel Ungarn zeigt, wie ein scharfer politischer Antisemitismus relativ unvermittelt nach der Niederlage und den Gebietsverlusten von 1918 hervortrat. Offenbar sind durch den Ersten Weltkrieg und seine Folgen die Resonanzbedingungen für antisemitische Politik in vielen europäischen Staaten grundlegend verändert worden.
    Patriotismus von Juden am Beispiel des I. Weltkrieges

    Ebenso wie Nichtjuden griffen auch viele Juden zur Zeit des Ersten Weltkriegs zu den Waffen und kämpften an jeder Front die sich bildete für ihr Vaterland. Hier ein kurzer Überblick:

    beteiligte Nation          dienende jüdische Soldaten        gefallene jüdische Soldaten

    Russland                          650 000                                             100 000 

    USA                                    250 000                                                   3 400 

    Frankreich                          55 000                                                  9 500  

    Großbritannien                 50 000                                                  8 600

    Italien                                      6 000                                                      500 

    Deutschland                     100 000                                               12 000

    Hunderttausend meldeten sich daher zur Front und wie ihre christlichen Kameraden kämpften sie auf allen Kriegsschauplätzen – beim Heer, bei der Marine, in der Kaiserlichen Schutztruppe und auch bei der kleinen Luftwaffe. Unter ihnen der Reichstagsabgeordnete Dr. Ludig Frank, darunter auch der mit dem höchsten Orden des Kaisers „Pour le mérite“ ausgezeichnete Jagdflieger Wilhelm Frankl, der zu den Pionieren der deutschen Jagdfliegerei gehörte. Jeder dritte Jude war dekoriert worden, der jüngste Kriegsfreiillige war der 13jährige Bar Mitza Joseph Zippes, der sich unerkannt unter die Kriegsfreiwilligen gemischt hatte. Ihm wurden beide Beine abgeschossen. Oder z. Bsp. Herr Berkoitz. Herr Berkovitz war der „echte“ jüngste Kriegsfreiwillige mit damals 16 Jahren. Er trug eine schwere Kopfverletzung davon, die mit einer Metallplatte verdeckt wurde. Die Hannoveraner kennen ihn zeitlebens auf dem Fahrrad mit einer ledernen Motorradkappe und von allergrößter Schwerhörigkeit, die er bei Gericht sehr gut einzusetzen vermochte. Wenn ihm etwas nicht behagte, stellte er sein Hörgerät schlicht ab. Berkowitz überlebte die Nazizeit nur dadurch, dass er im November 1941 bei der Deportation nach Riga stolz und offen sein goldenes Verwundetenabzeichen trug und deswegen von einem SS-Mann vor der Abfahrt aus dem Zug genommen wurde.

    Die Bereitschaft, das Land, in dem man lebt, mit der Waffe zu verteidigen, ist im Allgemeinen ein zuverlässiger Beeis dafür, dass man dieses Land als sein Vaterland empfindet. Als am 01.08.1914 der I. Weltkrieg ausbrach, meldeten sich viele Männer freiwillig, Juden wie Christen, aus allen Berufen, Schüler, Studenten. Von den im Studenten-Kartell-Konvent organisierten 1100 jüdischen Studenten waren es 991, die spontan zu den Meldestellen eilten. Der von mir bereits erwähnte Dr. Ludig Frank hätte mit seinen 40 Jahren nicht einrücken müssen und als Reichstagsabgeordneter schon gar nicht. Er zog aber gleich ins Feld und scherzte noch in einem seiner Briefe aus Frankreich: „Ich stehe an der Front wie jeder andere und ich weiß nicht, ob die französischen Kugeln meine Immunität auch achten. Jetzt ist für mich der einzig mögliche Platz hier in Reih und Glied …“ Frank fiel am 03.09.1914 bei Luneville. Von den 96.000 jüdischen Soldaten, 10.000 hatten sich freiwillig gemeldet, wurden mehr als 2.000 zu Offizieren befördert, 19.000 zu Unteroffizieren. 35.000 Soldaten jüdischen Glaubens erhielten Orden und Ehrenzeichen. 12.000 fielen. Viele der Gefallenen sind auf Kriegsdenkmalen verewigt, die in jüdischen Gemeinden, auf Friedhöfen oder in Predigthallen stehen.

    Ein wichtiges Nachschlagewerk ist das Gedenkbuch des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten über die jüdischen Gefallenen des I. Weltkrieges. Der weit über die durchschnittlichen Zahlen hinausgehende jüdische Kriegsbeitrag hielt antisemitische Agitatoren allerdings nicht von ihrer Propaganda ab. „Ãœberall grinst ihr Gesicht, nur im Schützengraben nicht“, war ein hasserfüllter Slogan, der bereits während des Krieges die jüdische Leistung schmälern sollte, wenn er auch nachweislich falsch war. Mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs sehen viele Juden in Europa eine Chance, den Antisemiten zu beweisen, dass sie mit ihrem Vorwurf, Juden seien keine Patrioten, falsch liegen. Allein in Deutschland ziehen etwa 100.000 Juden in den Krieg. Freilich um ihr Land zu schützen, aber gleichzeitig auch mit dem Hintergedanken, ihren Patriotismus unter Beweis zu stellen. Sie erhoffen sich, die Integration in die deutschen Gesellschaft zu erreichen und ihre Gegner Lügen zu strafen. Während des Krieges behaupten antisemitische Medien und Politiker immer wieder, die Juden seien Drückeberger und dienten gar nicht an der Front.

    Der Kriegsminister von Hohenborn ordnet 1916 eine »Judenzählung« in der Armee an, die diese Gerüchte prüfen soll. SPD und Fortschrittliche Volkspartei werten dies als Bruch des Burgfriedens, den der Kaiser mit den Parteien hält. Gustav Stresemann, deutschnationaler Abgeordneter, warnt vor einer antisemitischen Bewegung. Die Ergebnisse der Zählung werden nie veröffentlicht. Die Antisemiten nutzen dies zur Untermauerung ihrer Behauptungen. Die Juden fühlen sich beleidigt und stigmatisiert, für die Opfer, die sie gebracht haben, erhalten sie keine angemessene Würdigung. Die Zahlen freilich sprechen für sich: 78.000 Juden kämpfen an der Front, 12.000 von ihnen sterben, 30.000 erhalten Tapferkeitsmedaillen. Und doch gründet die Armee 1918 den »Judenausschuss«, der Juden »als Blitzableiter für alles Unrecht« definiert, um alle etwaige Schuld von sich selbst fern zu halten. Dieser Judenausschuss ist für die Verbreitung einer der fatalsten Propagandalügen verantwortlich: der Dolchstoßlegende. »Im Felde unbesiegt« seien Juden und Marxisten dem deutschen Heer in der Heimat »in den Rücken gefallen«. Die Hoffnung auf eine Entwicklung zum Positiven wird bitter enttäuscht. Eine unheilvolle antisemitische Tendenz verstärkt sich. Sie bietet den Nichtjuden in Deutschland einen Schuldigen an und dient ihnen als Ventil.

    Zwischen den Weltkriegen

    Der I. Weltkrieg stellte für die jüdische Gemeinschaft eine dramatische Wendemarke in völlig entgegengesetzte Richtungen dar. In Deutschland führte die Niederlage und – mehr noch – der Versailler Vertrag zu einer beispiellosen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Instabilität. In der Folge konnte sich mit der NSDAP eine neue rechtsradikale Partei durchsetzen, die den Antisemitismus nach ihrer Machtergreifung zu einem Bestandteil ihrer Staatsdoktrin  erhob. Im Nahen Osten hingegen erschien sich für die Juden nach dem Zusammenbruch des Türkenreiches eine günstige Situation zu ergeben. Die Briten, nunmehr Mandatsherren in Palästina, zeigten sich den zionistischen Vorstellungen geneigter als zuvor die Türken.

    Zur Jahreswende 1916/17 drangen britische Einheiten von Ägypten aus nach Palästina vor. Die türkisch-deutsche Heeresgruppe F unter General von Falkenhayn konnte nicht verhindern, daß Feldmarschall Allenby am 9. Dezember 1917 Jerusalem eroberte. Bereits im November hatte die britische Regierung mit der nach dem Außenminister des Empires benannten Balfour-Deklaration signalisiert, dass sie prinzipiell der Gründung einer jüdischen „Heimstatt“ in Palästina zustimme. Ein jüdisches Staatswesen schien somit zum Greifen nahe, als Großbritannien 1922 in Palästina das Völkerbund-Mandat übernahm (_ B/IV.2.). In Deutschland entstand inzwischen eine Situation mit letztlich furchtbaren Konsequenzen, nicht nur für die Juden des Landes, sondern ganz Europas. Das Deutsche Reich war an der Kriegsniederlage zerbrochen. Horrende Reparationsforderungen drückten die von bürgerkriegsähnliche Zuständen geschüttelte Weimarer Republik. Von 1922 bis 1923 plagte eine beispiellose Inflation das Land, die Verelendung ergriff auch weite Teile des Mittelstandes. Die politischen Sitten verrohten, die gemäßigten Parteien verloren mehr und mehr an Einfluß, während radikale Gruppierungen des rechten und linken Spektrums millionenfachen Zulauf bekamen. Diesen Trend konnte auch eine zeitweilige Blüte von Kultur und Wissenschaft, an der gerade die deutsche Juden einen überdurchschnittlichen Anteil hatten, nicht abwenden.

    Ganz rechts stand unter anderem die 1919 gegründete Deutsche Arbeiterpartei (DAP), aus der ein Jahr später die National-Sozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) hervorging. Ihr Parteiprogramm war eine krause Mischung aus Antikapitalismus, Antisozialismus, Antikommunismus und – natürlich – Antisemitismus. So hieß es unter anderem im 25-Punkte-Programm:

    „… (4.) Staatsbürger kann nur sein, wer Volksgenosse ist. Volksgenosse kann nur sein, wer deutschen Blutes ist. Kein Jude kann deshalb Volksgenosse sein.“ Eine der absurdesten Ideen der Partei war die Verknüpfung von Judentum und Kommunismus. Maßgeblichen Anteil an der Formulierung dieser Idee hatte der Parteivorsitzende selbst: Adolf Hitler. Fast zwangsläufig lautete der Titel einer 1924 von Dietrich Eckart fabrizierten Nazi-Lehrschrift „Der Bolschewismus von Moses bis Lenin“. Weiteres geistiges Rüstzeug der Nationalsozialisten waren Machwerke wie „Grundlagen des neunzehnten Jahrhunderts“, 1899 von Houston Stewart Chamberlain, dem Schwiegersohn Richard Wagners, verfaßt, Alfred Rosenbergs „Mythus des 20. Jahrhunderts” (1930) und Hitlers „Mein Kampf“ (1925). Rosenberg wurde später Nazi-Chefideologe und 1946 als Kriegsverbrecher hingerichtet. Hatte die NSDAP 1923 nur 6.000 Mitglieder, konnte sie 1923 35.000 Neuaufnahmen verzeichnen. Ein Putschversuch im gleichen Jahr in München scheiterte zwar kläglich, und Hitler wurde zu fünf Jahren Festungshaft verurteilt.

    Die saß der Demagoge aber nie ab, er konnte vielmehr bereits 1926 seine Rückkehr auf die politische Bühne feiern. Seit 1924 war die NSDAP lediglich mit 14 Abgeordneten im Reichstag vertreten. Bei der Reichstagswahl am 14. September 1930 errangen die Nazis bereits 18,3% der Stimmen, die Wahl vom 31. Juli 1932 machte sie mit einem Anteil von 37,4% zur stärksten Partei im Reichstag (SPD 21,6%, KPD 14,6%). Zwar brachte die Wahl vom 6. November 1932 „nur“ 33,1%, am Kräfteverhältnis in der Volksvertretung änderte das nichts mehr. Zweifelsohne profitierten die Nazis von der sich Ende der dreißiger Jahre erneut verschärfenden innenpolitischen Situation.
    Nach Jahren relativer Stabilität stürzte der „Schwarze Freitag“ am 25. Oktober 1929 die Weimarer Republik in ihre schließlich letzte, tödliche Krise. 1932 waren 7,5 Millionen Deutsche arbeitslos, nur 1/3 der arbeitsfähigen Bevölkerung ging einer Vollbeschäftigung nach, die Nettoreallöhne sanken gegenüber 1929 um ein Drittel.

    In diesem Klima der Perspektivlosigkeit konnte die hemmungslos populistisch agierende NSDAP zur stärksten politischen Kraft aufsteigen. Am 30. Januar 1933 ernannte der Reichspräsident Hitler zum Reichskanzler. Bei den Wahlen zum Reichstag am 5. März erhielt die NSDAP 43,9% der Stimmen, und mit der Verabschiedung der Ermächtigungsgesetze am 24. März begann in Deutschland die Zeit der Hitlerdiktatur.

  5. Belege, Vermerke, Korrespondenzen werden nach Daten abgeheftet. Eine Quittung gibt Auskunft über den Warenwert der bei der Gepäckkontrolle beschlagnahmten Uhren, Kleider und Lebensmittel.

    Eine Liste der von der Gestapo »zur dienstlichen Verwendung« beschlagnahmten Gegenstände, eine Rechnung des Gasthofs, der als Sammelplatz diente, und die letzte Nachricht eines Deportierten finden sich hier. Nachzulesen in den Akten der Staatspolizeistelle Nürnberg. In besonderen Fahrplankonferenzen werden die Routen und Termine abgestimmt. An diesen Zeitplan müssen sich auch die örtlichen Polizisten halten, die ihre jüdischen Nachbarn zusammentreiben. Der jüdische Besitz verfällt dem Staat, Möbel und Hausrat werden versteigert. Auch die kleine Synagogengemeinde in Siegburg bei Bonn, die auf eine über 600jährige Geschichte zurückblickt, wurde zerstört. 115 Personen, etwa die Hälfte der Gemeindemitglieder, wanderten in den Jahren 1933 – 1939 aus, die Mehrzahl von ihnen nach dem Novemberpogrom 1938. Im Sommer 1941 wurden die verbliebenen Menschen in einem Barackenlager konzentriert, wo sie noch ein Jahr lang lebten. Zwischen dem 14. Juni und 27. Juli 1942 wurden die Juden aus dem ganzen Siegkreis in vier Transporten nach dem Osten deportiert. Von den namentlich Bekannten hat nur einer überlebt. Ãœberall, wo Hitlers Armeen einmarschieren, sind auch die Beamten des RSHA zur Stelle. überall werden die gleichen Gesetze erlassen, die gleichen Maßnahmen durchgeführt. Es fängt an mit Aufrufen zur Registrierung, der Anordnung, den gelben Stern zu tragen, der Aufstellung von Verbotsschildern, mit Berufsverboten und der Beschlagnahme des Vermögens. Eines Tages beginnt dann die »Umsiedlung«, wie das Tarnwort lautet. Zunächst werden die jüdischen Familien oft nur in bestimmten Häusern oder Stadtbezirken zusammengelegt. Aber früher oder später folgt die Internierung in einem Sammellager und schließlich der Abtransport nach dem Osten mit unbekanntem Ziel.

    »Es ist vorgesehen, ab Mitte Juli bzw. Anfang August dieses Jahres in täglich verkehrenden Sonderzügen zu je 1.000 Personen zunächst etwa 40.000 Juden aus dem      besetzten französischen Gebiet, 40.000 Juden Niederlanden und 10.000 Juden aus Belgien zum Arbeitseinsatz in das Lager aus den Auschwitz abzubefördern. (…) Ich darf um gefällige Kenntnisnahme bitten und nehme an, daß auch seitens des Auswärtigen Amtes Bedenken gegen diese Maßnahme nicht bestehen.« Gott und die Geschichte werden uns verurteilen und mitschuldig erklären an diesem Massenmord, wenn wir jetzt schweigen und zusehen.

    Niederland ist hart geschlagen und tief erniedrigt. Jetzt werden wir den Beweis liefern müssen, daß unter Druck unsere Ehre nicht verloren, unser Gewissen nicht verstummt, unser Glaube nicht kraftlos geworden ist. (…) Wir rechnen damit, daß alle, die dazu Gelegenheit haben, speziell Beamte, Polizei, Eisenbahnpersonal  usw. diese sadistischen Nazi-Maßnahmen sabotieren werden.«
    Illegales holländisches Flugblatt, Juli 1942

    Der Verlauf der Deportationen in den Niederlanden ist in den Berichten festgehalten, die Generalkonsul Otto Bene, Vertreter des Auswärtigen Amtes beim deutschen Generalkommissar, laufend an sein Ministerium sandte. Aus ihnen ergibt sich ein auch aus anderen Ländern bekanntes Bild: Anfangs melden sich viele der Aufgerufenen noch selbst zum Abtransport in das »Arbeitslager«. Doch schon bald muss Polizei eingesetzt werden, um sie aus ihren Wohnungen zu holen. Wer kann, taucht in einem Versteck unter, andere begehen Selbstmord. In der Bevölkerung tritt nach anfänglichen Protesten langsam eine Gewöhnung ein, Widerstand steht neben Kollaboration. Die Sicherheitspolizei organisiert Razzien, um die Flüchtigen einzufangen. Nichts kann das Deportationsprogramm aufhalten.

    Die unterzeichneten niederländischen Kirchen, schon tief erschüttert durch die Maßnahmen gegen die Juden in den Niederlanden, durch die diese von der Teilnahme am normalen Volksleben ausgeschlossen werden, haben mit Entsetzen von den neuen Maßnahmen Kenntnis genommen, durch die Männer, Frauen und Kinder und ganze Familien in das deutsche Reichsgebiet und ihm unterstehende Gebiete weggeführt werden sollen. Das Leid, das hierdurch über Zehntausende gebracht wird, des Bewusstsein, daß diese Maßnahmen dem tiefsten sittlichen Empfinden des niederländischen Volkes widersprechen, vor allem der in ihnen liegende was uns von Gottes wegen als Recht und Gerechtigkeit auferlegt ist, Eingriff in alles, zwingen die Kirchen, an Sie die dringende Bitte zu richten, diese Maßnahmen nicht zur Durchführung zu bringen.«

    Aus einem Telegramm aller niederländischen Kirchen an den Reichskommissar für die besetzten niederländischen Gebiete vom 11. Juli 1942. Vom »polizeilichen Durchgangslager« Westerbork in den Niederlanden fuhren wöchentlich zwei Deportationszüge nach Polen. Der Lagerkommandant, SS-Obersturmführer Konrad Gemmecker, ließ die Abfertigung eines Transportes in Film und Bild für die Nachwelt festhalten.

    »Das Wichtigste ist mir nach wie vor, daß jetzt an Juden nach dem Osten abgefahren wird, was überhaupt ist. In den kurzen Monatsmeldungen der Sicherheitspolizei will ich nur menschenmöglich lediglich mitgeteilt bekommen, was monatlich abgefahren worden ist und was zu diesem Zeitpunkt noch an Juden übrig blieb.«
    Heinrich Himmler am 19. April 1943

    weiter…

    1945:    In Europa sind etwa 500.000 Sinti und Roma dem Nationalsozialismus zum Opfer gefallen.

    Die Aufdeckung der Verbrechen gegen die Sinti und Roma löste bei der deutschen Bevölkerung keinerlei Schuldgefühle aus. Die deutschen Innenbehörden und Sicherheitsorgane betrachteten die „Zigeunerfrage“ nach wie vor unter rein kriminalpräventiven Aspekten. Die Vorurteile vom „asozialen“ und kriminellen „Landfahrer“ waren ungebrochen. (Holler 2003b)

    „Im europäischen Kontext wichtig und erwähnenswert ist, dass der Rassenmord an den Sinti und Roma, der in ihrer Sprache, dem Romanes als „Porrajmos“ (das Verschlungene) bezeichnet wird, in ganz Europa bekannt war, aber nirgendwo irgendwelchen Protest hervorgerufen hat. Dieses Schweigen kann man nur als Zustimmung deuten. Alle Länder schlossen ihre Grenzen vor den fliehenden Sinti und Roma… …Ohne die deutsche Schuld schmälern zu wollen, beim Völkermord an den Sinti und Roma gab es eine europäische Komplizenschaft.“ (Wippermann 2005:4)

    Die nationalsozialistische Vernichtungspolitik löschte nicht nur ganze Familien aus, sondern zerstörte auch die sozialen Strukturen, die Kultur und Identität von Roma und Sinti. Die meisten älteren Familienmitglieder, die in der Rechtsprechung und für die Weitergabe von Normen und Bräuchen eine zentrale Rolle spielen, überlebten die nationalsozialistische Verfolgung nicht. (Unabhängige Expertenkommission 2000: 44)

    24.08.1945:    Bericht des amerikanischen Kommissars Harrison über die Situation der Juden in den Lagern: „Viele jüdische Displaced Persons hatten Ende Juli nichts anderes zum Anziehen als ihre Konzentrationslager-Kleidung – ein hässlicher gestreifter Pyjama -, während andere es verständlicherweise als Schikane betrachteten, dass man sie sogar zwang, deutsche SS-Uniformen zu tragen … Abgesehen davon, dass sie die Gaskammern, Foltern und andere Formen des gewaltsamen Todes nicht mehr fürchten müssen, hat sich wenig verändert.“ (zit. nach Königseder / Wetzel, a.a.O., S. 36).

    1946:    Konrad Adenauer, 1945 Mitbegründer und seither Vorsitzender der CDU, über die Schuld der Bischöfe:

    „Im übrigen hat man aber auch gewusst – wenn man auch die Vorgänge in den Lagern nicht in ihrem ganzen Ausmaße gekannt hat -, dass die persönliche Freiheit, alle Rechtsgrundsätze mit Füßen getreten wurden, dass in den Konzentrationslagern große Grausamkeiten verübt wurden, dass die Gestapo, unsere SS und zum Teil auch unsere Truppen in Polen und Russland mit beispielloser Grausamkeit gegen die Zivilbevölkerung vorgingen.

    Die Judenpogrome 1933 und 1938 geschahen in aller Öffentlichkeit. Die Geiselmorde in Frankreich wurden von uns offiziell bekannt gegeben.

    Man kann also wirklich nicht behaupten, dass die Öffentlichkeit nicht gewusst habe, dass die nationalsozialistische Regierung und die Heeresleitung ständig … gegen die einfachsten Gebote verstießen.

    Ich glaube, dass, wenn alle Bischöfe alle miteinander an einem bestimmten Tage öffentlich von den Kanzeln aus dagegen Stellung genommen hätten, sie vieles hätten verhindern können. Das ist nicht geschehen, und dafür gibt es keine Entschuldigung.“
    (zit. nach Spiegel 34/1998)

    Anmerkung: Es hat auch kein Bischof um Verzeihung gebeten. Eine gemeinsame Kanzelabkündigung in dem von Adenauer genannten Sinne stand nie zur Diskussion.

    28.11.1945:    Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vergleicht in einem Offenen Brief an die Christen in England die geplante Verschiebung der deutschen Ostgrenze mit dem Holocaust:

    „Das deutsche Volk auf einen noch engeren Raum zusammenzupressen und ihm die Lebensmöglichkeiten möglichst zu beschneiden, ist grundsätzlich nicht anders zu bewerten als die gegen die jüdische Rasse gerichteten Ausrottungspläne Hitlers.“ (zit. nach Vollnhals, a.a.O., S. 39)

    April 1946:    Der in Bayern eingesetzte US-Captain Alfredt Pundt beklagt, die Evangelisch-Lutherische Kirche sabotiere bewusst die Ahndung von Nazi-Verbrechen und Vergehen der evangelischen Pfarrer. Er bittet um mehr Personal, um dennoch wirkungsvoll Aufklärungsarbeit machen zu können.

    Als Notmaßnahme beschließt die Militärregierung schließlich, zehn der schlimmsten Fälle bei den Nazi-Pfarrern auszuwählen.

    Doch Landesbischof Meiser und die Kirchenleitung rechtfertigen auch diese zehn mit Nachdruck und bekämpfen alle Versuche, einen Pfarrer juristisch zu belangen. (Vollnhals, a.a.O., S. 148; vgl. Pfarrer Keller; 25.9.1946)

    26.04.1946:    Schreiben der von Landesbischof Meiser mit gegründeten EKD an die Amerikanische Militärregierung gegen das „Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus“:

    „Dabei waren Handlungen und Gesinnungen, die heute verurteilt werden, vom damaligen Gesetzgeber als rechtmäßig und gut eingeschätzt. Hierdurch wird das Rechtsempfinden erschüttert und von den Angeklagten eine Rechtseinsicht verlangt, die man nicht erwarten kann.“

    „Die christliche Kirche muss darauf aufmerksam machen, dass das Gesetz durch diese seine Grundhaltung nicht geeignet ist, das Gewissen des deutschen Volkes zu treffen.“

    „Zahlreiche Parteigenossen sind im Anfang der Entwicklung aus idealistischen Motiven in die Partei eingetreten, etwa weil sie sich … eine Ãœberwindung von Freidenkertum und Atheismus von einem Erstarken der nationalsozialistischen Bewegung versprochen hatten … Es gab auch vielerlei sachliche Gründe, die einen Austritt aus der Partei verboten, z. B. den Pfarrern, die sich ihr Recht zur Erteilung von Religionsunterricht in der Schule so lange wie irgend möglich erhalten mussten. ..“ (zit. nach Amtsblatt der Evang.-Luth. Kirche in Bayern)

    Opferzahlen des Holocaust 1945:

    Länder     geschätzte Zahl
    Albanien     594 (deportiert)
    Belgien    28.518
    Deutsches Reich    165.000
    Bulgarien    11.343
    aus den besetzten Deutschen Gebieten deportiert (alle 50.000 Juden Bulgariens wurden  gerettet)
    Dänemark    466
    Estland    1.000
    Frankreich    76.134
    Griechenland    59.185
    Italien    6.416
    ehemaliges Jugoslawien
    (Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Serbien, Slowenien)    60.000 – 65.000
    Lettland    67.000
    Litauen     160.000
    Luxemburg    1.200
    Mazedonien    7.762
    Niederlande    102.000
    Norwegen    759
    Österreich    65.500
    Polen    2.700.000
    Rumänien    211.214
    Sowjetunion
    (inkl. Weißrussland, Ukraine, Russland)    2.100.000
    Tschechoslowakei    257.000 – 263.000
    Böhmen, Mähren und in  der Slowakei
    Ungarn    550.000

    Geschätzte Gesamtzahl der ermordeten Juden     weit über 6.000.000

    Zahlen basierend auf Forschungen

    weiter…

    Thomas Mann in einer Radioansprache an deutschre Hörer vom 16. Januar 1945 zur “Schuldfrage”:

    “Verantwortlich sind wir alle für das, was aus deutschem Wesen kam und von Deutschland als Ganzem geschichtlich verübt wurde. Es ist von anderen Völkern zuviel verlangt, dass sie zwischen NAZITUM und dem deutschen Volk säuberlich unterscheiden. Gibt es das: Deutschland, gibt es das Volk als geschichtliche Gestalt, als eine kollektive Persönlichkeit mit Charakter und Schicksal, dann ist der Nationalsozialismus nichts anderes als die Form, in die ein Volk, das deutsche, sich vor zwölf Jahren gebracht hat um um den verwegensten mit den umfassendsten, grausamsten und tückischsten Mitteln in Werk gesetzten Versuch der Weltunterjochung und- Versklavung zu unternehmen, den die Geschichte kennt- einen Versucht, der um ein Haar geglückt wäre… Die Gegner Deutschlands, die alle schwer leiden…, diese Gegner haben es seit dem ersten Tage des Krieges mit der ganzen deutschen Intelligenz, Erfindungsgabe, Tapferkeit, Gehorsamsliebe, militärischen Tüchtigkeit, kurz mit der gesamten deutschen Volkskraft zu tun, die als solche hinter dem Regime steht und seine Schlachten schlägt – nicht mit Hitler und Himmler, die gar nichts wären, wenn nicht deutsche Mannestreue und blinde Mannestreue heute noch mit unseligem Löwenmut für diese Schurken stritte und fiele… Der Mut, der fortfährt, für das erwiesene Schlechte einzustehen, ist in Wahrheit vor dem Ende und Neubeginn…”

    Thomas Mann, Deutsche Hörer! Radiosendung nach Deutschland 1940-1945, 3. Aufl., Frankfurt a. M. 2001, S. 135f.

    weiter….

    “Im Bild des Juden, das die Völkischen vor der Welt aufrichten, drücken sie ihr eigenes Wesen aus. Ihr Gelüste ist ausschließlicher Besitz, Aneignung, Macht ohne Grenzen, um jeden Preis.”
    (Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, 1944)

    Aus: Horkheimer, M. / Adorno, T.W.: Elemente des Antisemitismus. In: Horkheimer, M. / Adorno; T.W.: Dialektik der Aufklärung. Frankfurt 1986. S.151

    weiter…

    Der Antisemitismus “ist ganz etwas anderes als ein Gedanke. Er ist vor allem eine Leidenschaft. Gewiss kann er sich in das Gewand theoretischer Vorschläge kleiden. Der gemäßigte Antisemit ist ein höflicher Man. Er wird Ihnen voller Sanftmut sagen: “Ich hasse keineswegs die Juden. Ich erachte es nur aus dem oder jenem für ratsam, wenn sie am Leben der Nation geringeren Anteil nehmen.” Aber im nächsten Augenblick, wenn er vertrauter geworden ist, läßt er sich schon mehr gehen und fügt hinzu: “Schauen Sie, es muß doch etwas mit den Juden los sein. Sie erzeugen in mir physisches Unbehagen.” (…) Nicht die Erfahrung schafft den Begriff des Juden, sondern das Vorurteil fälscht die Erfahrung. Wenn es keinen Juden gäbe, der Antisemit würde ihn erfinden. Gut, wird man sagen, aber muß man nicht auch ohne konkrete Erfahrung zugeben, dass der Antisemitismus sich als Leidenschaft gebärdet. Selbstverständlich handelt es sich um Haß- und Wutaffekte. Aber Haß und Wut sind in allgemeinen Reaktionen auf eine Herausforderung. Ich hasse den, der mich leiden machte, der mich verhöhnte oder beschimpft. Wir haben gesehen, dass die antisemitische Leidenschaft von anderer Art ist. Sei greift den Tatsachen vor, die sie hervorrufen sollte, sie spürt sie auf, um sich selbst anzufachen, uns sie ist gezwungen, sie auf ihre Weise auszulegen, damit sie tatsächlich beleidigend werden. Und dennoch, wenn wir mit dem Antisemiten auf die Juden zu sprechen kommen, zeigt er alle Anzeichen heftiger Erregung. Wenn wir überdies bedenken, dass man sich einer Wut erst hingeben muß, bevor sie ausbricht, und dass man sich, wie man so richtig sagt, “in Wut versetzt”, so muß man zugeben, dass der Antisemit freiwillig sein Leben auf Leidenschaft eingestellt hat. (…)

    Wenn demnach, wie wir gesehen haben, der Antisemit den Vernunftgründen und der Erfahrung unzugänglich ist, so nicht, weil seine Überzeugungen so stark ist, sondern weil er von vornherein beschlossen hat, unzugänglich zu bleiben.”

    (Jean Paul Sartre, 1945)
    Aus: Sartre, J.P.: Betrachtungen zu Judenfrage. In: Sartre, J.P.: Drei Essays. Frankfurt 1983. S.109ff.

    und…

    „Antisemitismus war und ist ein aktuelles, sicher auch ein brisantes Thema. Der Begriff Antisemitismus, im späten 19. Jahrhundert aufgekommen, wurde zur Sammelbezeichnung für die Erscheinungsformen eines Vorurteils: genannt Judenfeindschaft. Antisemitismus umfasst alle Aspekte einer religiösen, sozialen und kulturellen Voreingenommenheit, beinhaltet wirtschaftliche und politische Faktoren, beschreibt biologische und rassistische Ausprägungen einer pseudo-darwinistischen und völkischen Weltanschauung. Kurz: Antisemitismus steht für ein Bündel der unterschiedlichsten und teilweise gegensätzlichen Motive, denen eines gemein ist: die Diskreditierung des Jüdischen, die oft bis zum Haß gesteigerte Ablehnung eines Menschen, von dem man weiß oder nur annimmt, er sei Jude. Man mag über die „Hühneraugen an den deutschen Staatsfüßen“, wie Heinrich Heine den Antisemitismus charakterisierte, spotten, über die „äußerste Intoleranz des Christentums“ sinnieren wie Sigmund Freud oder mit dem Schriftsteller Alfred Döblin „Dämonopathien“, also eine Art Antisemitismus-Krankheit diagnostizieren, fest steht: Dieser Antisemitismus ist zweifelsohne eines, wenn nicht das älteste heute noch lebende Vorurteil, welches die Geschichte kennt.“
    [Günther Bernd Ginzel, 1991]
    Aus Ginzel, G.B. (Hg.): Antisemitismus. Erscheinungsformen

  6. „Woher sollte er wissen, was Judentum ist?“ – bemerkt einmal Ignatz Bubis über den jüngeren deutschen Durchschnittsbürger und fährt treffend fort: „Und wenn er aus der Schule etwas über das Judentum behalten hat, dann war/ist es der Holocaust. Mehr nicht! Über 1 600 Jahre jüdischer Geschichte in Deutschland hat er nichts erfahren. Über Holocaust in ausreichendem Maße.“

    “Mit der Erinnerung an die selbstverständliche Koexistenz von deutscher und jiddischer Kultur bei den kleinen Leuten, mit der Erinnerung an die deutsch-jüdische Kultur der Groß- und Bildungsbürger schwand auch das Wissen über das Judentum. Wer kennt heute in Deutschland etwa die Bedeutung der jüdischen Feiertage? Wer weiß, wie viele jüdische Bürgerinnen und Bürger in unserem Land leben? Wer hat einmal eine Synagoge besucht? Wie viele nichtjüdische Deutsche kennen eine jüdische Familie? Nicht so sehr der Tatbestand der verbreiteten Unkenntnis selbst scheint schrecklich, die historischen Gründe, die ihn herbeigeführt haben, sind furchtbar.

    Was man nicht kennt, verunsichert, erscheint fremd, bedrohlich. Es muss ausgegrenzt und im schlimmsten Fall dämonisiert werden. Ich wünsche mir, dass die nichtjüdischen Deutschen wieder mehr über jüdische Kultur, jüdische Religion, jüdisches Leben erfahren, dass mehr nichtjüdische Deutsche in unsere Gemeindezentren
    und Synagogen kommen – einfach, um jüdisches Leben kennenzulernen.

    Ignatz Bubis: Juden in Deutschland, Berlin: Aufbau, 1996, S. 38

    Ja, in der tat fehlen einem heute die Worte, dass in dieser Hinsicht das ausreichende Maß an Wissen weder über den Holocaust noch über jüdische Geschichte in Deutschland heute sehr weit verbreitet ist, bzw. ein stetiger in der Bundesrepublik Deutschland in allen Gesellschaftsschichten beheimateter, geschichtlicher Verdrängungsmechanismus braune Wiederholungsexzesse nahezu herauf zu beschwören scheint.

    Von Nichts gewusst haben! Am liebsten Vergessen und der NS-Vorgängergeneration doch bitte vergeben – denn, wie sagte doch angeblich Rabbi Jeschua ben Joseph am römischen Kreuze? “Herr, vergib Ihnen denn sie wissen nicht was sie tun.”

    Ganz bestimmt die einfache und schnell zu akzeptierende Vorgehensweise. Dabei fängt die unbändige Gier nach Wissen; Bildung; Ausbildung und Fortbildung schon sehr früh nach der Geburt eines neuen Menschen an zu wirken und sich zu entwickeln – ein Vorgang der schlichtweg als sehr persönliche intellektuelle Neugierde, gleich ob mit und ohne Hilfe der eigenen Eltern, Freunde, auch “falscher Freunde“, Bekannte und Verwandte, immer größere, weitere Kreise zieht.

    Eine nur zu menschliche Gier nach Wissen; nach Erfahrung, ja Selbsterfahrung und ganz persönlich erfühlter, erlebter und erlittener Wahrheit, Glück, Hoffnung, Trauer und Leid die ganze Hochkulturen entstehen aber auch untergehen- und doch die Menschheit immer wieder dem Wunsch nach Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit für sich selbst, seiner Umwelt und anderen Völkern gegenüber näher kommen ließ, bei aller auch noch so geschickter politisch-, ideologischer Indoktrination.

    Der Mensch – nein, jeder neugeborene Mensch hat von Natur aus ein natürliches Bedürfnis sich seiner Umwelt intellektuell zu nähern, anzupassen bzw. unter zu ordnen oder sich Untertan zu machen, zwar vorerst unvoreingenommen und unschuldig aber gewiss schon mit einem Wertgefühl von Gut bzw. Schlecht, da Psychologen schon längst bewiesen haben, dass die sogenannten positiven bzw. negativen Neigungen bezogen auf den Charakter eines Neugeborenen kaum in dieser jungen Entwicklungsperiode aus eigenem Bewusstsein wahrgenommen noch gesteuert werden können.

    Wer weiß schon wirklich oder fragen wir zurückhaltender, wer möchte von der einst neugeborenen und zum Zeitpunkt der Naziterrorherrschaft in Europa noch unschuldigen Nachkriegsgeneration in heutiger Zeit noch gerne daran erinnert werden, geschweige denn einen öffentlichen Diskurs führen, über die von der HITLER-CLIQUE gesteuerten und vom Deutschen Volk sehr begeistert und in der deutschen Bevölkerungsmehrheit bereitwillig mit umgesetzten Ereignisse im DRITTEN REICH, die diese Konferenz am 20. Januar 1942 erst möglich machten und was danach auf Abscheulichste und bis dahin einmalig Menschenverachtend folgte oder besser gefragt, gibt es aus heutiger Sicht überhaupt eine schlüssige Erklärung warum „Der Holocaust“ nur vom Deutschen Volke initiiert, detailliert geplant und vom demselbigen (auch mit fremder Hilfe) in die Tat umgesetzt werden konnte?

    Kann es sein, dass der eigentliche Grund dafür in dem innigen Wunsch des Nichtwünschens der Übertretung der “Roten Linie” liegt. Einer Linie, die nicht nur antisemitische Eigenarten und Überzeugungen-, sondern bewusst gelebten und alles anderen als unschuldigen oder fremdgesteuerten, noch heute aktiven europäischen Fremdenhass offenbart, den nicht nur ein Martin Walser am “Aller-, aller-, allerliebsten aus dem zuerst eigenen und dann mit leidenschaftlicher Betonung aus dem gesellschaftlichem Langzeitgedächnis gelöscht sehen möchte?

    Schließlich wäre eine gesellschaftliche Schlußstrichakzeptanz, bezogen auf die im europäischen Kulturkreis vor einigen Jahrhunderten vorbereiteten Plattform für die seit 1933 legal wütenden NS-Verbrechen, ein wahrer Segen für die nachfolgenden Generationen, die sich aus ihrer Sicht wie Walser und vieler anderer “Anständigen” die weder vor, während noch nach der Ära Schröder im Traum daran dachten, gegen die jetzige “Braune Pest” mit Zivilcourage und echtem, ehrlichem und aufgeklärtem Geist entgegen zu treten, eine kulturell zwar eher beschämende Ohrfeige- aber gleichzeitig ein echter Zugewinn im Sinne der Unschuldsbehauptung darstellen würde, da man schlichtweg “Kein Interesse; Kraft noch selbstreflektierende Aufklärungsbedürfnisse” verspürt einen öffentlich schonungslos-, auszutragenden Kursus in bewusstem moralischem, menschlichem und kulturellem Versagen der eigenen Eltern und Großeltern zu absolvieren.

    Moralapostelei ist zwar offen gesprochen nicht meine Sache aber Bitteschön!

    Hier ein “paar einzelne Fakten” zur Bewusstseins-Auffrischung:

    Die geistigen Wurzeln des Nazi-Regimes

    Was haben die katholischen und protestantischen Helden zur Zeit des Dritten Reichs geleistet! Die Wahrheit ist: Ohne die jahrhunderte lange Vorarbeit der Kirche und die Unterstützung der damaligen Bischöfe und Päpste hätte der Holocaust nie stattgefunden!

    »Ich tue nur, was die Kirche seit fünfzehnhundert Jahren tut, allerdings gründlicher.«
    (Adolf Hitler)

    »Je mehr Licht man in die Kirchengeschichte bringt, desto dunkler wird’s.«
    (Heinrich Wiesner, dt. Aphoristiker)

    »Es gibt nur wenige Männer… und zu diesen großen Männern gehört unstreitig der Mann, der heute seinen 52. Geburtstag feiert – Adolf Hitler. Am heutigen Tag versprechen wir ihm, dass wir alle Kräfte zur Verfügung stellen, damit unser Volk den Platz in der Welt gewinnt, der ihm gebührt.«
    (Katholische Kirchenzeitung für die Erzdiözese Köln am 20.04.1941)

    »Gott hat es zugelassen, dass das Vergeltungsschwert gegen England in unsere Hände gelegt wurde. Wir sind die Vollzieher seines gerechten göttlichen Willens.«
    (Katholisches Kirchenblatt für das nördliche Münsterland am 09.03.1941)

    »Bis in die letzten Jahre des zweiten Weltkrieges unterstützten die deutschen (und seit 1983 auch die österreichischen) katholischen Bischöfe mit zunehmender Intensität einen der größten Verbrecher der Weltgeschichte.«
    (Karlheinz Deschner)

    »Es ist üblich geworden, immer dann, wenn die Haltung der offiziellen katholischen Kirche in Deutschland während der Nazizeit angezweifelt wird, die Namen der Männer und Frauen zu zitieren, die in Konzentrationslagern und Gefängnissen gelitten haben und hingerichtet worden sind. Aber jene Männer, Prälat Lichtenberg, Pater Delp und die vielen anderen, sie handelten nicht auf kirchlichen Befehl, sondern ihre Instanz war eine andere, deren Namen auszusprechen heute schon verdächtig geworden ist: das Gewissen.«
    (Heinrich Böll, dt. Schriftsteller,)

    »Auch darin begeht die Kirche kein Unrecht, dass sie, da die Juden Sklaven der Kirche sind, über deren Güter verfügen kann.«
    (Thomas von Aquin, katholischer Kirchenlehrer)

    »Mit Genugtuung verfolgen wir den Kampf gegen die Macht des Bolschewismus.«
    (Die deutschen katholischen Bischöfe, am 10. Dez. 1941)

    »Ein Sieg über den Bolschewismus wäre gleichbedeutend mit dem Triumph der Lehren Jesu über die der Ungläubigen.«
    (Die deutschen katholischen Bischöfe, 1942)

    »Es ist strenge Gewissenspflicht eines jeden Christen, das entartete Judentum zu bekämpfen.«
    (Bischof Göllner von Linz)

    »Luther fordert in seiner 1543 verfassten Schrift, ‘…dass man ihre Synagogen oder Schulen mit Feuer anstecke, und was nicht verbrennen will, mit Erde überhäufe und beschütte, dass kein Mensch einen Stein oder Schlacke davon sehe ewiglich. Und solches soll man tun unserem Herrn und der Christenheit zu Ehre, damit Gott sehe, dass wir Christen seien.«
    (Martin Luther, Gründer der evangelischen Kirche)

    »Die ersten, die Synagogen niederbrannten, waren christliche Bischöfe und Heilige.«
    (Karlheinz Deschner, Historiker)

    »Alle deutschen Bischöfe riefen 1933 zur Zusammenarbeit mit Hitler auf. – Auch führende katholische Theologen unterstützten Hitler. – Niemals protestierten die deutschen Bischöfe gegen Hitler und sein System, so lang er regierte.«
    (Karlheinz Deschner)

    »Die Juden sind die Pest des Menschengeschlechts. Ihre Kirchen Orte des Unglaubens, der Gottlosigkeit und des Wahnsinns.«
    (Der Kirchenlehrer Johannes Chysostomos)

    »Es dürfte nicht leicht fallen, aus dem ‘Stürmer’, der berüchtigten antisemitischen Nazizeitung, niederträchtigere Schmähungen der Juden zu eruieren, als aus den Werken Martin Luthers, auf die sich denn auch Stürmer-Herausgeber Julius Streicher vor dem Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg berief.«
    (Karlheinz Deschner)

    »Ein solch verzweifelt, durchböset, durchgiftet, durchteufelt Ding ist´s um diese Jüden, so diese 1400 Jahr unsere Plage, Pestilenz und alles Unglück gewest und noch sind. Summa wir haben rechte Teufel an ihnen.«
    (Martin Luther, Gründer der evangelischen Kirche)

    »Bis in die letzten Jahre des zweiten Weltkrieges unterstützen die deutschen (und seit 1938 auch die österreichischen) katholischen Bischöfe mit zunehmender Intensität einen der größten Verbrecher der Weltgeschichte.«
    (Karlheinz Deschner)

    »Mit Ausnahme der Massentötungen der Geisteskranken haben die Bischöfe alles, restlos alles, mitgemacht.«
    (A. Miller, Informationsdienst zur Zeitgeschichte)

    »Der Vatikan hinderte den Klerus an Feindseligkeiten gegenüber dem Faschismus und machte seine Bischöfe zu Wachhunden für die Sicherheit des Regimes.«
    (Avro Manhatten, engl. Bestseller-Autor)

    weiter…

    03.05.1096:   

    Größtenteils den Abschaum der christlichen Welt darstellende Kreuzzugsteilnehmer, auf dem Weg nach Jerusalem u.a. eine 15.000 Mann starke marodierende Truppe unter der Führung Emich von Leiningen, dieser stammend aus einem Fürstengeschlecht unserer Region, massakrieren die Speyerer Juden, die, den Tod vor Augen, Selbstmord begehen.

    Am 18. Mai 1096 erreicht der Pöbel Worms, wobei 800 tote Juden entkleidet und nackt durch die Straßen geschleift werden.     Die am nächsten Tag Mainz erreichende Truppe mit ihren über 1300 jüdischen Bewohnern sieht sich nach einigen Kampfeshandlungen mit einem Berg toter Juden konfrontiert. Diese haben sich familienweise selbst das Leben genommen. Führer der Mainzer Juden war Kalonymus bar Meschullam.

    U. a. sind diese Pogrome Ausdruck eines latenten, durch die Kirche geschürten Antijudaismus verbunden mit widerwilliger Duldung, Diskriminierung und brutaler Verfolgung in der abendländischen Gesellschaft. Eine Menge armer Bauern und andere Leute waren begeistert und wollten mit in den Kampf ziehen, und es waren an die 50. 000 bis 70.000, weil der Papst reiche Beute und den Erlass ihrer Sünden versprach, wenn sie im Kampf fallen würden (und es fielen eine Menge der sehr schlecht ausgerüsteten Bauern).

    weiter…

    09. Mai 1890:            Wurde erstmals in der „Arbeiter-Zeitung“ Nr. 19 ein Artikel veröffentlicht:

    „Gegen den Antisemitismus“

    Von Friedrich Engels

    … Der Antisemitismus ist das Merkzeichen einer zurückgebliebenen Kultur und findet sich deshalb auch nur in Preußen und Österreich resp. Rußland. (…)

    Es ist in Preußen der Kleinadel, das Junkertum, das 10.000 Mark einnimmt und 20.000 Mark ausgibt und daher den Wucherern verfällt, das in Antisemitismus macht, und in Preußen und Österreich ist es der dem Untergang durch die großkapitalistische Konkurrenz verfallene Kleinbürger, Zunfthanderker und Kleinkrämer, der den Chor dabei bildet und mitschreit.

    Wenn aber das Kapital diese Klassen der Gesellschaft vernichtet, die durch und durch reaktionär sind, so tut es, as seines Amtes ist, und tut ein gutes Werk, einerlei, ob es nun semitisch oder arisch, beschnitten oder getauft ist; es hilft den zurückgebliebenen Preußen und Österreichern vorwärts, daß sie endlich auf den modernen Standpunkt kommen, o alle alten gesellschaftlichen Unterschiede aufgehen in den einen großen Gegensatz von Kapitalisten und Lohnarbeitern. (…)

    In ganz Nordamerika, wo es Millionäre gibt, deren Reichtum sich in unseren lumpigen Mark, Gulden oder Franken kaum ausdrücken läßt, ist unter diesen Millionären nicht ein einziger Jude, und die Rothschilds sind wahre Bettler gegen diese Amerikaner.

    Und selbst hier in England ist Rothschild ein Mann von bescheidenen Mitteln z.B. gegenüber dem Herzog von Westminster. Selbst bei uns am Rhein, die wir mit Hilfe der Franzosen den Adel vor 95 Jahren zum Land hinausgejagt und uns eine moderne Industrie geschaffen haben, o sind da die Juden? Der Antisemitismus ist also nichts anderes als eine Reaktion mittelalterlicher, untergehender Gesellschaftsschichten gegen die moderne Gesellschaft, die wesentlich aus Kapitalisten und Lohnarbeitern besteht, und dient daher nur reaktionären Zecken (…)

    Dazu kommt, daß der Antisemitismus die ganze Sachlage verfälscht. Er kennt nicht einmal die Juden, die er niederschreit. Sonst würde er wissen, daß hier in England und in Amerika, dank den osteuropäischen Antisemiten, und in der Türkei, dank der spanischen Inquisition, es Tausende und aber Tausende jüdischer Proletarier gibt; und zwar sind diese jüdischen Arbeiter die am schlimmsten ausgebeuteten und die allerelendesten. Wir haben hier in England in den letzten zwölf Monaten drei Streiks jüdischer Arbeiter gehabt, und da sollen wir Antisemitismus treiben als Kampf gegen das Kapital? Außerdem verdanken wir den Juden viel zuviel. Von Heine und Börne zu schweigen, war Marx von stockjüdischem Blut; Lassalle war Jude. Viele unserer besten Leute sind Juden.

    Mein Freund Victor Adler, der jetzt seine Hingebung für die Sache des Proletariats im Gefängnis in Wien abbüßt, Eduard Bernstein, der Redakteur des Londoner „Sozialdemokrat“, Paul Singer, einer unserer besten Reichstagsmänner – Leute, auf deren Freundschaft ich stolz bin, und alles Juden! Bin ich doch selbst von der „Gartenlaube“ zum Juden gemacht worden, und allerdings, wenn ich wählen müßte, dann lieber Jude als „Herr von“!

    weiter…

    In Deutschland organisierten sich die Antisemiten in zahlreichen Parteien. So gründete der evangelische Berliner Hofprediger Adolf Stoecker 1878 die Christlich-Soziale Partei mit eindeutig antijüdischen Zielen. 1880 folgte eine Antisemitenliga und der Deutsche Volksverein sowie ein Jahr später der Deutsche Reichsverein. Auf ihrem Kongreß in Dresden 1881 verabschiedete eine Deutsche Reformpartei ein Papier, in dem es unter anderem hieß:

    „ Nur christlich-deutsche Männer sollen in die Gesetzgebenden Körperschaften berufen werden. Ferner werden gefordert: verschiedene Änderungen im Steuerwesen, Errichtung einer wirklich nationalen Reichsbank, Herstellung eines deutschen Staatsbürgerrechts, Rechtspflege nach germanisch-christlichen Grundsätzen u. a., wodurch die Überwucherung des jüdischen Elements über das deutsch-christliche beseitigt und das praktische Christentum zur Geltung gebracht werden soll.“

    1889 forderte die Deutschsozialistische antisemitische Partei die Revision des Gleichstellungsgesetzes und das Verbot der Einwanderung fremder Juden: „Als Ziel in der Judenfrage faßt die Deutsch-sozialistische Partei die Aufhebung der Gleichberechtigung und die Stellung der Juden unter Fremdenrecht in Deutschland ins Auge.“ Die verzweifelt um Integration bemühten deutschen Juden versuchten nach Kräften, der unheilvollen Entwicklung Einhalt zu gebieten.
    1893 konstituierte sich der Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens (CV). Nach eigener Aussage handelte es sich dabei um einen „Kreis von Männern“, die „gleich entflammt… von Liebe zum deutschen Vaterland, wie von Begeisterung für den sittlichen Wert des Judentums“ waren.

    Den größten Anteil an jüdischer Bevölkerung Deutschlands hatte um 1900 Preußen. In Sachsen hingegen lebten 1871 nur 3 300 Juden – erst unter August II. durften sich Juden in diesem Land, verbunden allerdings mit erheblichen Beschränkungen, niederlassen.

    Emil Lehmann, Jurist und sächsischer Landtagsabgeordneter, erklärte vor dem Gremium unter anderem: „Für das Deutschtum gibt es keine Ahnenprobe. Nicht der ist vorzugsweise Deutscher, dessen Vorfahren an den Kreuzzügen teilgenommen, sondern der…, der deutsches Wissen, deutsche Bildung, deutsche Gesinnung und deutsche Vaterlandsliebe in sich aufgenommen, durch sich bewährt, um sich verbreitet… deutsch ist, wer in den Bahnen wandelt, die Lessing, Goethe, Schiller, die Kant und Fichte, die unsere großen Dichter und Denker erschlossen… die Verschiedenheit der Körper- und Gesichtsformen, der Augen- und Haarfarbe, die plötzliche Wiederkehr rein orientalischer Züge in altgermanischen, und urdeutschen Züge in altjüdischen ist nichts Seltenes. Nur ein oberflächlicher Beurteiler wird die Volkszugehörigkeit nach den veralteten Grundsätzen der Ahnenprobe bemessen.“

    Dem Zionismus (› B/III.4.) hatte Lehmann bereits in einer früheren Schrift eine Absage erteilt: „Der deutsche Jude hat mit dem Orient, mit Palästina, mit Jerusalem gar nichts mehr zu tun. Die orientalischen Schwärmereien der Jerusalempilger, wie sie in Jehuda Halevis Zionsliedern vor 800 Jahren so herrliche Blüten trieben, kann uns Kinder des 19. Jahrhunderts nur ein poetisches, geschichtliches – kein praktisches Interesse abgewinnen.“

    Auch bei Lehmann blieben aber Zweifel, was die Zukunft anbetraf: „Der Antisemitismus ist eine Zeitkrankheit: Höhen- und Verfolgungswahn sind seine Symptome – Höhenwahn, denn der Antisemit hält sich für besser, tüchtiger, für etwas ganz anderes, als den Juden; Verfolgungswahn, denn er hält sich von ihm bedroht und gefährdet, während er umgedreht ihn angreift.

    Wird dieser Wahn die deutsche Volksseele kürzere oder längere Zeit umnachten?… Wie werden die Juden eintreten in das nächste Jahrhundert? Diese Frage drängt sich jedem Vater und jeder Mutter jüdischen Glaubens auf, die mit leuchtendem und besorgtem Blick in das zarte Antlitz ihres Kindes schauen. Wirst auch Du leiden wie ich? Wird auch Dich der ewige Jude: Spott, Hohn und Zurücksetzung, durchs Leben begeleiten?“ Antisemitismus gab es übrigens auch im Mutterland der Demokratie, wenngleich er dort subtilerer Art war. So legte das britische Oberhaus 1847 sein Veto ein, als Baron Lionel de Rothschild als erster Jude seinen Sitz im Unterhaus einnehmen wollte – erst nach elf Anläufen, im Jahre 1858, gelang dies dem immer wieder neu gewählten Kandidaten.

    1926:    Gutachten von Hans Meiser, Direktor des evangelischen Predigerseminars in Nürnberg und ab 1933 erster evangelischer Landesbischof Bayerns, zum Thema: „Die Evangelischen Gemeinden und die Judenfrage“. Meiser wehrt sich darin gegen „die Verjudung unseres Volkes“, und er erklärt sich einverstanden mit den völkischen Idealen, deren Anhänger „mit der antisemitischen Bewegung in einer Front stehen,“ was „die Rassenfrage als den Kernpunkt der Judenfrage“ betrifft .

    „Im Besitz der staatsbürgerlichen Gleichberechtigung haben die Juden ihren Einfluss nur um so ungehemmter geltend gemacht …“

    “ … die Tatsache kann nicht bestritten werden, dass die Juden bis auf diesen Tag ein Sonderdasein unter den Völkern führen. Die letzten Ursachen … können wir nur in religiösen Gründen finden … Auf ein neues messianisches Reich, auf ein neues Jerusalem geht die Hoffnung.“

    “ … sie haben eine Unmenge Sitten und Gebräuche bis zum eigenen Jargon; das alles wirkt als trennende Schranke zwischen ihnen und uns … bei einer Gesamtwürdigung kann nicht in Frage kommen, was einzelne denken, es entscheidet die Haltung der typischen Vertreter.“

    „Mit einer meisterhaften Fähigkeit ausgestattet, überall den eigenen Vorteil wahrzunehmen, finden wir sie hauptsächlich in Berufen, die ein schnelles Vorwärtskommen ermöglichen … Ohne Ãœbertreibung kann man sagen, dass sie sich den Löwenanteil an unserem Volksvermögen gesichert haben.“ …

    „Wir könnten diese Tatsache (Anm.: Die hier von Meiser vorgetragenen „Tatsachen“, auch hinsichtlich des „Volksvermögens“, entsprechen nicht der Wahrheit; siehe unten) ruhigen Blutes feststellen und uns mit ihr abfinden, wenn der Einfluss, den sich die Juden erobert haben, für unser Volk nicht ein so bedenklicher und unheilvoller wäre.“

    „Das Wort von den ´Judenzinsen` ist keine bloße Verleumdung.“

    „Wie nun im menschlichen Körper unrichtige Fettbildung und Fettverteilung, etwa die Bildung eines Fettherzens oder einer Fettniere, zur Todesursache werden kann, so kann auch eine abnorme Verteilung des Nationalvermögens einem Volke unmöglich zuträglich sein.“

    „Es ist oft betont worden, dass der jüdische Verstand etwas Zerfressendes, Ätzendes, Auflösendes an sich hat. Er ist kritisch zersetzend, nicht kontemplativ, konstruierend, produktiv … Was dieser Geist schon gesündigt hat an unserem Volk, welch furchtbares Unwesen er … treibt, ist kaum auszusagen. Nur mit tiefem Schmerz können alle wahren Freunde unseres Volkes an alle diese Dinge denken.“

    „Eine Eindeutschung des Judentums … erscheint als Widerspruch in sich selbst … Radikal gesinnte Antisemiten empfehlen den entgegen gesetzten Weg. Nicht Assimilation des Judentums, sondern Bekämpfung des Judentums mit allen Mitteln, Zurückverweisung der Juden ins Ghetto, Ausmerzung der Juden aus dem Volkskörper – das ist der einzig mögliche Weg zur Lösung der Judenfrage. Vor allem sind es rassehygienische Gesichtspunkte, die stark in den Vordergrund gestellt werden. Von der antisemitischen Bewegung stark beeinflusst, sieht auch die völkische Bewegung in der Rassenfrage den Kernpunkt der Judenfrage und steht hier mit der antisemitischen Bewegung in einer Front.“ …

    „Es gilt hier der Grundsatz, dass die Treue gegen das eigene Volk eine ernsthafte Christenpflicht ist. Es liegt etwas durchaus Berechtigtes in der Forderung nach Reinhaltung des Blutes. So wenig wir Mischehen etwa mit naturalisierten Slawen gutheißen können, so wenig können wir Mischehen zwischen Deutsch-Stämmigen mit Juden billigen. Schon der religiöse Gegensatz sollte Christen die Eingehung einer solchen Ehe verbieten, wie denn auch unsere Kirche solche Ehen von der kirchlichen Trauung ausschließt.“ …

    „Gott hat jedem Volk seine völkische Eigenart und seine rassischen Besonderheiten doch nicht dazu gegeben, damit es seine völkische Prägung in rassisch unterwertige Mischlingsbildungen auflösen lässt … Darum können wir uns mit den völkischen Idealen weithin einverstanden erklären … “

    „Auf keinen Fall lassen wir uns durch völkische Heißsporne unsere Wertschätzung des Alten Testamentes, das auch die Bibel Jesu war, rauben … Und selbst wenn die jüdische Rasse eine minderwertige Rasse wäre, wissen wir Christen denn nichts von Rassenveredelung und Rassenerneuerung? Trauen wir es der Kraft des Geistes Gottes zu, dass er die Papuas und Hindus und Malayen neu machen kann, sollte er einen Juden nicht erneuern können? …

    Gerade wer von der Minderwertigkeit der jüdischen Rasse überzeugt ist, dürfte, wenn er nicht ein blinder Fanatiker ist, mit dem nicht zu rechten ist, nicht das Judenpogrom predigen, sondern müsste zur Judenmission aufrufen, weil in ihr die Kraft liegt, die Juden auch rassisch zu veredeln.“
    „Wer sich an den Realismus der jüdischen Lebensauffassung erinnert, die alles unter den Gesichtspunkt des Geldverdienens rückt, der alles, selbst die zartesten und innerlichsten Dinge wie Heirat und Ehe, zum Geschäft wird, wer den alles nivellierenden, die sittlichen Grundlagen unseres Volkstums zersetzenden, bis zur Laszivität ausschweifenden jüdischen Geist kennt, wie er uns in ungezählten Presseerzeugnissen aus jüdischer Feder wie ein erstickender Brodem entgegenweht, der kann sich ein Bild davon machen, was unserem Volk drohte, wenn dieser Geist noch weiter als bisher schon um sich griffe und zum Gemeingut unseres Volkes würde …

    Gegen diese Art der ´Verjudung` unseres Volkes können wir nicht energisch genug ankämpfen.“

    „Wenn es Recht und Pflicht ist, dass zwischen den beiden großen christlichen Konfessionen in unserem Lande … bei der Bestellung der öffentlichen Stellen der Grundsatz der Parität gewahrt wird, dann kann es nicht unrecht sein, wenn den Juden unseres Landes gegenüber der gleiche Grundsatz gehandhabt wird und sie zu öffentlichen Ämtern nur im Verhältnis zu ihrer Bevölkerungszahl zugelassen werden …

    Ganz entschieden wehren wir uns als Kinder christlicher Eltern dagegen, wenn unsere Kinder dem Einfluss jüdischer Erzieher unterstellt werden … Natürlich billigen wir das gleiche Recht, das wir für uns fordern, auch den jüdischen Eltern zu und haben von uns aus nicht nur volles Verständnis für den Kampf der Juden um Erhaltung ihrer jüdischen Schulen, sondern können sie in diesem Kampf auch mit ehrlicher Ãœberzeugung unterstützen …

    Doch wäre es immerhin schon ein Gewinn, wenn der seinerzeitige Antrag Stöckers (des „Begründers“ (Mensing, a.a.O., S. 276) des modernen kirchlichen Antisemitismus aus dem 19. Jhdt.; vgl. „Der Theologe Nr. 4″, Zeitablauf: Um 1900) zum Gesetz gemacht würde und alle leitenden Artikel in den Zeitungen mit vollem Namen gekennzeichnet werden müssten. Unser Volk wüsste dann wenigstens, wer die Gewährsmänner sind … “

    „Mag die Moral vieler Juden nichts anderes sein als stinkende Unmoral, wer zwingt uns denn, ihre Grundsätze zu befolgen und es ihnen gleichzutun oder gar sie zu übertreffen? Selbsthilfe ist oft die beste Hilfe. Darum scheint mir diese sittliche Selbstschutzbewegung das Allernotwendigste zu sein, was wir in Bezug auf die Judenfrage zu tun haben.“ …

    „Ich möchte nur auch hier mit allem Nachdruck betonen, dass kein Kampf um sittliche Güter mit unchristlichen Mitteln geführt werden darf. Die widerliche Verhöhnung und niedrige Beschimpfung der Juden, wie sie uns vielfach in antisemitischen Hetzblättern begegnet, ist christlicher Kampfesweise unwürdig. Mögen sie vielen unter uns noch so unsympathisch sein, mögen es uns manche Juden noch so schwer machen, ihnen mit rechter christlicher Liebe zu begegnen, es gehört mit zu den größten Proben christlicher Liebe, sie auch denjenigen Israeliten zu erzeigen, die uns durch Eitelkeit, Frechheit und Anmaßung herausfordern und beleidigen …

    Auch die gewisseste Ãœberzeugung, dass unserem Volk von Juden schon viel Schaden geschehen ist und noch fort und fort geschieht, entbindet uns nicht von der Pflicht christlicher Nächstenliebe auch gegen unsere jüdischen Volksgenossen … Der Kampf gegen das Judentum hat unter uns solche Formen angenommen, dass alle ernsten Christen förmlich genötigt sind, sich schützend vor die Juden zu stellen, damit nicht der christliche Name vor aller Welt verunglimpft werde. Für uns sind auch die Juden Menschen, die Gott für sein Reich sucht und die an der Erlösung durch Christus Anteil haben sollen. Sind sie noch ferne von Christus, so ist das kein Anlass, sie durch unsere Lieblosigkeit noch weiter von ihm wegzustoßen.“

    „Völlig beseitigen oder gar lösen werden wir die Judenfrage innerhalb dieses Geschichtsverlaufes nicht. Ihrer restlosen Lösung steht das dunkle, rätselhafte Schicksal entgegen, dem Gott dieses Volk unterworfen … hat … Der ewige Jude wird bleiben unter den Völkern bis ans Ende der Welt. Er stirbt nicht. Wir können ihn von seinem Fluch nicht befreien. Ruhelos und heimatlos zu bleiben ist sein Los. Aber er soll nicht sagen können, wenn er einst an das Ende seiner Wanderfahrt gekommen ist, er habe nichts davon gespürt, dass er auf seinem Weg auch durch christliche Völker gekommen sei.

    Wir wollen ihm so begegnen, dass er, wenn Gott dereinst den Fluch von ihm nimmt und er zur Ruhe eingehen darf, seine Heimat da sucht, wo er die findet, die ihn in seinen Erdentagen mit Freundlichkeit gegrüßt, mit Selbstverleugnung getragen, durch hoffende Geduld gestärkt, mit wahrer Liebe erquickt, durch anhaltende Fürbitte gerettet haben.“

    Anmerkung: Insgesamt liegt der Anteil der Juden an der Gesamtbevölkerung 1933 bei 0,76%, davon hat ein Fünftel nicht die deutsche Staatsbürgerschaft, sondern es handelt sich um Einwanderer aus Russland oder Polen. Der Anteil der jüdischen Erwerbstätigen in Handel und Verkehr liegt bei 2,5%, im Bank- und Versicherungswesen bei 3%, bei Richtern und Staatsanwälten bei 2,8%. Meiser erwähnt nicht, dass Juden bis 1918 bestimmte Beruf im öffentlichen Dienst verwehrt wurden. (nach Juden-Christen-Deutsche 1, S. 82 f.)

    weiter:

    23.02.1933:     Die Berliner Jüdin Frieda Friedmann richtet angesichts der wachsenden antisemitischen Propaganda und des judenfeindlichen Terrors einen Brief an Reichspräsident Paul v. Hindenburg, in dem es u.a. heißt:

    „Ich war 1914 verlobt, mein Verlobter fiel 1914. Zwei meiner Brüder…fielen im Jahre 1916 und 1918. Mein letzter Bruder Willy kam erblindet durch Verschüttung aus dem Felde zurück…Alle haben das Eiserne Kreuz für Verdienste am Vaterland. Jetzt jedoch ist es in unserem Vaterlande so gekommen, dass auf der Straße öffentlich Broschüren gehandelt werden; ‚Juden raus!’ öffentliche Aufforderung zu Pogromen und Gewalttaten gegen die Juden. Wir sind Juden und haben unsere vollste Pflicht für das Vaterland erfüllt. Sollte Exzellenz da nicht Abhilfe schaffen können, und dessen eingedenk sein, was auch die Juden dem Vaterland geleistet haben? Ist die Judenhetze Tapferkeit oder Feigheit, wenn es im deutschen Staat bei 60 Millionen Menschen 1% Juden gibt?“

    Dieser Brief wird auch Adolf Hitler persönlich vorgelegt, der an den Rand schreibt: „Diese Behauptungen dieser Dame sind ein Schwindel. Es ist selbstverständlich nicht eine Aufforderung zum Pogrom erfolgt.“

    weiter:

    28.03.1933:    Die katholischen Bischöfe widerrufen ihre frühere Ablehnung des Nationalsozialismus.

    Nachdem die katholischen Bischöfe bislang – im Unterschied zum Protestantismus – die Mitgliedschaft in der NSDAP verboten hatten, heben sie das Verbot der NSDAP-Parteimitgliedschaft am 28.03.1933 auf. Ausschlaggebend ist die Zusicherung der „Unverletzlichkeit des katholischen Glaubens“ durch Adolf Hitler.

    (in: H. Müller, Katholische Kirche und Nationalsozialismus, dtv 1965, S. 88 f.; zit. nach Georg Denzler / Volker Fabricius, Christen und Nationalsozialisten, Frankfurt/M.1991, S. 60)

    weiter…

    26.01.1933:     In welchem Maße sich am Vorabend der faschistischen Machtübernahme das     antisemitische Klima ausgebreitet hat, wie tief der Judenhass in die Poren der Gesellschaft eingedrungen ist, verdeutlicht der Leitartikel „Wo bleibt die Stimme der Wissenden?“ aus der Feder von Max M. Warburg, der in der „C.V. – Zeitung“, herausgegeben vom Central – Verein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens e.V., veröffentlicht wird. Hellsichtig heißt es hier u.a.:

    „Noch einmal wie im Mittelalter stehen die alten Lügen und Verleumdungen gegen alle Juden auf. Welch ein trauriger Anblick! Mühsam erkämpfte zivilisatorische Errungenschaften gefährdet, der natürliche Gerechtigkeitssinn weiter Kreise des Volks zerstört und ihr Kulturempfinden in die finsterste Vergangenheit zurückgeworfen…

    Den Irrenden und Unwissenden können wir verzeihen. Nicht aber jenen, die um die Wahrheit wissen, den Mut jedoch nicht finden, offen gegen die Schande des Antisemitismus aufzutreten, nicht jenen, die sich mit schwachen, vorsichtig formulierten Anstandserklärungen einem offenen Bekenntnis ihrer Einsicht in die Zusammenhänge entziehen. Sie trifft unsere Verachtung, und wir empfinden als Deutsche Scham über solchen Mangel an ritterlichem Mut. Es genügt nicht, einzelnen Juden ganz leise zuzuflüstern, dass man kein Antisemit sei, oder dass man in seinem Antisemitismus mit einigen Juden eine Ausnahme mache. In dem beklagenswerten Zustand der Verhetzung und Verwirrung wird das deutsche Volk niemals die wahre Keime seines Unglücks finden.

    weiter…

    05.04.1933:            Aus einem Brief Albert Einsteins an die Preußische     Akademie der                      Wissenschaften:

    „Ich erkläre…den Zustand im jetzigen Deutschland als einen Zustand psychischer Erkrankung der Massen… In einem Schriftstück, das ich der Internationalen Liga zur Bekämpfung des Antisemitismus zu Werbezwecken überließ,…, forderte ich ferner alle besonnenen und den Idealen einer bedrohten Zivilisation treu gebliebenen Menschen auf, alles daran zu setze, daß diese in Deutschland in so furchtbarer Weise sich äußernde Massen-Psychose nicht weiter um sich greift.“

    Bereits am 30. März war dem Wissenschaftler die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt worden.

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    Der deutsche Antisemitismus aber, als Produkt und Zubehör eines rassischen Pöbel-Mythus, ist mir in der Seele zuwider und verächtlich. Es ist der Not-Aristokratismus kleiner, sehr kleiner Leute. „Ich bin zwar nichts, aber ich bin kein Jude: darauf läuft es hinaus.“
    [Thomas Mann, 1936]
    Aus: Mann, Thomas: Warum braucht das jüdische Volk nicht zu verzweifeln. In: Mann. T.: Sieben Manifeste zur jüdischen Frage 1936-1948. Darmstadt o.J. S.23

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    21.09.1939:            Juden dürfen nur noch in Judenvierteln wohnen.

    Heydrich-Erlass markiert den Beginn der Konzentrierung und Ghettoisierung der polnischen Juden; darin ist von einem „Endziel“ die Rede, welches längere Fristen beanspruche und „streng geheim“ zu halten sei.

    weiter…

    Am 21.09.1939 wurden in den bisherigen jüdischen Gemeinden Judenräte eingerichtet.  Die Judenräte sollten die Durchführung der antijüdischen Maßnahmen garantieren: sie sollten Zwangsarbeiter zur Verfügung stellen, die jüdische Bevölkerung zählen, Wertsachen der Juden konfiszieren, die Versorgung der Gemeinde sichern, später die Deportation der Juden organisieren. Einige dieser Aufgaben nahm der Jüdische Ordnungsdienst wahr.  Die Judenräte mußten sich entscheiden, ob und inwieweit sie den deutschen Forderungen nachkommen wollten.  In vielen Fällen wurden sie ermordet, weil sie den deutschen Befehlen nicht nachkamen.

    Ebenfalls 21.09.1939:    Schnellbrief des Chefs der Sicherheitspolizei Heydrich an die Chefs der Einsatzgruppen in Polen betreff die Judenfrage im besetzten Gebiet, 21.09.1939:

    Ich nehme Bezug auf die heute in Berlin stattgefundene Besprechung und weise noch einmal darauf hin, dass die geplanten Gesamtmaßnahmen (also das Endziel) streng geheim zu halten sind.
    Es ist zu unterscheiden zwischen

    1) dem Endziel (welches längere Fristen beansprucht) und

    2) den Abschnitten der Erfüllung des Endzieles, (welche kurzfristig durchgeführt werden).

    Die geplanten Maßnahmen erfordern gründlichste Vorbereitungen sowohl in technischer, als auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Es ist selbstverständlich, dass die heranstehenden Aufgaben von hier in allen Einzelheiten nicht festgelegt werden können. Die nachstehenden Anweisungen und Richtlinien dienen gleichzeitig dem Zwecke, die Chefs der Einsatzgruppen zu praktischen Überlegungen anzuhalten.

    I.
    Als erste Vorausnahme für das Endziel gilt zunächst die Konzentrierung der Juden vom Lande in die größeren Städte.

    Sie ist mit Beschleunigung durchzuführen.

    Es ist dabei zu unterscheiden:

    zwischen den Gebieten Danzig und Westpreußen, Posen, Ostoberschleßien und den übrigen besetzten Gebieten.

    Nach Möglichkeit soll das unter Ziffer 1) erwähnte Gebiet von Juden freigemacht werden, zu mindestens aber dahin gezielt werden, nur wenige Konzentrierungsstädte zu bilden.

    In den unter Ziffer 2) erwähnten Gebieten sind möglichst wenige Konzentrierungspunkte festzulegen, so dass die späteren Maßnahmen erleichtert werden. Dabei ist zu beachten, dass nur solche Städte als Konzentrierungspunkte bestimmt werden, die entweder Eisenbahnknotenpunkte sind oder zum mindesten an Eisenbahnstrecken liegen.

    Es gilt grundsätzlich, dass jüdische Gemeinden mit unter 500 Köpfen aufzulösen und der nächstliegenden Konzentrierungsstadt zuzuführen sind.

    Dieser Erlaß gilt nicht für das Gebiet der Einsatzgruppe I, welches etwa, östlich von Krakau liegend, umgrenzt wird von Polanica, Jaroslaw, der neuen Demarkationslinie und der bisherigen slowakisch-polnischen Grenze. Innerhalb dieses Gebietes ist lediglich eine behelfsmäßige Judenzählung durchzuführen. Des weitern sind die nachstehend behandelten jüdischen Ältestenräte aufzustellen.

    II.
    Jüdische Ältestenräte

    In jeder jüdischen Gemeinde ist ein jüdischer Ältestenrat aufzustellen, der, soweit möglich, aus den zurückgebliebenen maßgebenden Persönlichkeiten und Rabbinern zu bilden ist. Dem Ältestenrat haben bis zu 24 männliche Juden (je nach Größe der jüdischen Gemeinden) anzugehören.

    Er ist im Sinne des Wortes voll verantwortlich zu machen für die exakte und termingemäße Durchführung aller ergangenen oder noch ergehenden Weisungen.

    Im Falle der Sabotage solcher Weisungen sind den Räten die schärfsten Maßnahmen anzukündigen.

    Die Judenräte haben eine behelfsmäßige Zählung der Juden – möglichst gegliedert nach Geschlecht (Altersklassen), a) bis 16 Jahren, b) von 16 bis 20 Jahren, c) darüber, und nach den hauptsächlichen Berufsschichten – in ihren örtlichen Bereichen vorzunehmen und das Ergebnis in kürzester Frist zu melden.

    Den Ältestenräte sind Termine und Fristen des Abzuges, die Abzugsmöglichkeiten und schließlich die Abzugsstraßen bekanntzugeben.
    Sie sind sodann persönlich verantwortlich zu machen für den Abzug der Juden vom Lande. Als Begründung für die Konzentrierung der Juden in die Städte hat zu gelten, dass sich Juden maßgeblichst an den Franktireurüberfällen und Plünderungsaktionen beteiligt haben.

    Die Ältestenräte in den Konzentrationsstädten sind verantwortlich zu machen für die geeignete  Unterbringung der aus dem Lande zuziehenden Juden.

    Die Konzentrierung de Juden in Städten wird wahrscheinlich aus allgemein sicherheitspolizeilichen Gründen Anordnungen in diesen Städten bedingen, dass den Juden bestimme Stadtviertel überhaupt verboten werden, dass sie – stets jedoch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Notwendigkeit – z. Bsp. das Getto nicht verlassen, zu einer bestimmten Abendstunde nicht mehr ausgehen dürfen, usw.

    Die Ältestenräte sind auch verantwortlich zu machen für die entsprechende Verpflegung der Juden auf dem Transport in die Städte. Es sind keine Bedenken geltend zu machen, wenn die abwandernden Juden ihr bewegliches Gut, soweit technisch überhaupt möglich, mitzunehmen.

    Juden, welche dem Befehl, in die Städte umzusiedeln, nicht nachkommen, ist in begründeten Fällen eine kurz angemessene Nachfrist zu gewähren. Es ist ihnen strengste Bestrafung anzukündigen, wenn sie auch dieser Frist nicht nachkommen sollten.

    III.
    Alle erforderlichen Maßnahmen sind grundsätzlich stets im engsten Benehmen und Zusammenwirken mit den deutschen Zivilverwaltungs- und örtlich zuständigen Militärbehörden zu treffen.

    Bei der Durchführung ist zu berücksichtigen dass die wirtschaftliche Sicherung der besetzten Gebiete keinen Schaden leidet. Es ist vor allem Rücksicht zu nehmen auf die Bedürfnisse des Heeres; z. B. wird es sich kaum vermeiden lassen, zunächst da und dort Handelsjuden zurückzulassen, welche zur Verpflegung zurückbleiben müssen. In diesen Fällen ist jedoch im Benehmen mit den örtlichen zuständigen deutschen Verwaltungsbehörden die alsbaldige Arisierung dieser Betriebe anzustreben und die Auswanderung der Juden nachzuholen.

    Bei der Wahrung der deutschen Wirtschaftsinteressen in den besetzten Gebieten ist es selbstverständlich, dass jüdische Lebens-, Kriegs- oder für den Vierjahresplan wichtige Industriezweige und –betriebe zunächst aufrecht erhalten bleiben müssen. Auch in diesen Fällen ist die alsbaldige Arisierung anzustreben und die Auswanderung der Juden nachzuholen.

    Es ist schließlich Rücksicht zu nehmen auf die Ernährungslage in den besetzten Gebieten. So sind z. B. Grundstücke jüdischer Siedler nach Möglichkeit den benachbarten deutschen oder auch polnischen Bauern zur Mitbewirtschaftung kommissarisch in Pflege zu geben, so dass die Einbringung der noch ausstehenden Ernte bzw. der Wiederanbau gewährleistet ist. Hinsichtlich dieser wichtigen Frage ist mit dem landwirtschaftlichen Sachreferenten  des C. des Z. Verbindung aufzunehmen.

    In allen Fällen, in denen eine Übereinstimmung der Interessen der Sicherheitspolizei einerseits und der deutschen Zivilverwaltung anderseits erzielt werden kann, ist mit der Durchführung der in Frage stehenden Einzelmaßnahmen auf dem schnellsten Wege zu berichten und meine Entscheidung abzuwarten.
    Die Chefs der Einsatzgruppen berichten mir laufend über die folgende Sachverhalte:

    Zahlenmäßige Übersicht über die in ihrem Bericht befindlichen Juden (möglichst in der oben   angegebenen Gliederung. Es sind hierbei getrennt anzugeben die Zahlen der Juden, welche vom Lande zur Abwanderung gebracht werden, und jener, welche sich bereits in den Städten befinden.

    Namen der Städte, welche als Konzentrationspunkte bestimmt worden sind.

    Die den Juden zur Abwanderung in die Städte gesetzten Termine.

    Übersicht über alle jüdischen Lebens- und Kriegs- oder für den Vierjahresplan wichtigen Industriezweige und Betriebe ihres Bereiches. […]
    BA R 58/954 (Kopie);
    Faschismus-Getto-Massenmord. Dokumentation über Ausrottung und Widerstand der Juden in Polen während des 2. Weltkrieges. Hg. Vom Jüdischen Historischen Institut in Warschau. Berlin 1961, S. 37-41.

    weiter…

    26.10.1939:            »Bekanntmachung über die Erfassung der Juden zur                         Zwangsarbeit«

    »Durch Verordnung vom 26. X. 1939 ist für die im Generalgouvernement ansässigen Juden mit sofortiger Wirkung der Arbeitszwang eingeführt worden. In Ausführung dieser Verordnung bestimme ich folgendes:

    § 1. Alle männlichen Juden vom vollendeten 12. bis zum vollendeten 60. Lebensjahr, haben sich unverzüglich bei dem am Sitz des Bürgermeisters der zuständigen Sammelgemeinde gebildeten Judenrat zwecks Erfassung zu melden.

    Die Zuständigkeit des Judenrates erstreckt sich auf den gesamten Bereich der Sammelgemeinde. Der Erfassung unterliegen auch die getauften Juden.

    (…)
    § 5. Mit Zuchthaus bis zu 10 Jahren wird jeder arbeitszwangsverpflichtete Jude bestraft:

    a) der sich nicht sofort zur Erfassung beim zuständigen Judenrat meldet,

    b) der unwahre oder unvollständige Angaben über seine Person macht,c) der Arbeitsunfähigkeit oder geringe Arbeitsfähigkeit vortäuscht,

    c) der sich des Besitzes seines beruflichen Handwerkszeugs entledigt.«

    „Zwangsarbeit“ im DRITTEN REICH.

    Der nicht-zeitgenössische Begriff »Zwangsarbeiter« umfasste zwischen 1939 und 1945 eine Vielzahl von Personengruppen, die sich in teilweise sehr unterschiedlichen (auch wechselnden) Arbeitsverhältnissen befanden. Die Gruppen unterscheiden sich hinsichtlich ihres politischen Status, der Art und Weise ihrer Rekrutierung, der Rechtsgrundlage ihrer Beschäftigung, ihrer sozialen Lage sowie Dauer und Umstand des Arbeitsverhältnisses.

    Es lassen sich grob skizziert vier Kategorien von Zwangsarbeitern unterscheiden:

    1. Ausländische Zivilarbeiter, die in Deutschland landläufig als »Fremdarbeiter« bezeichnet wurden. Sie bilden die größte Gruppe, wobei sie häufig zunächst auf freiwilliger, später in der Regel jedoch gezwungener Basis (»Reichseinsatz«) im Deutschen Reich arbeiteten.

    Die Angehörigen dieser Gruppe kamen u.a. aus folgenden Ländern bzw. infolge der deutschen Besetzung neu gebildeten Territorien: »Protektorat« Böhmen und Mähren, der Slowakei, Italien, Ungarn, Kroatien, Bulgarien, Serbien, Niederlande, Belgien und Nordfrankreich, Frankreich, Dänemark, Norwegen, Spanien.

    – Hiervon zu unterscheiden sind Polen, denen gemäß Polizeiverordnung vom 08.03.1940 und Anordnung des Reichsarbeitsministers vom 05.10.1941 ein diskriminierender Sonderstatus zugewiesen wurde (Kennzeichnungspflicht, Lagerunterkünfte, Verbot jeglichen privaten Umgangs mit Deutschen etc.).

    – Für sowjetische Zivilarbeiter (sog. »Ostarbeiter«) galten ab Februar 1942 besondere Erlasse, die an Radikalität die Behandlung der Polen noch übertrafen (streng bewachte Lager, minderwertige Verpflegung, geringe Entlohnung etc.).

    2. Ausländische Kriegsgefangene, überwiegend aus Polen, der Sowjetunion und Frankreich, deren Arbeitseinsatz keineswegs immer dem Völkerrecht entsprach. Im Sommer 1940 erhielten 400.000 polnische Kriegsgefangene den Status der »Zivilarbeiter«, nach dem Abfall Italiens von der »Achse« wurden 600.000 italienische »Militärinternierte« als Zwangsarbeiter ins Reich deportiert. Von 5,6 Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen starben ca. 3 Millionen in deutschem militärischem Gewahrsam. Die Übrigen wurden später »Hiwis« des deutschen Militärs und als »Ostarbeiter« (ca. 950.000) im Reich beschäftigt.

    3. Jüdische und nicht-jüdischen KZ-Häftlinge aus Konzentrationslagern der SS im Reichsgebiet, die vom SS-Wirtschafts- und Verwaltungs-Hauptamt an private und öffentliche Unternehmen vermittelt wurden.

    4. Europäische Juden, die nach ihrer Deportation aus den Heimatländern für kürzere oder längere Zeit Zwangsarbeit verrichten mussten, nach 1944 in verstärktem Ausmaß auch auf Reichsgebiet.

    Ulrich Herbert schätzt, dass die höchste Zahl der gleichzeitig beschäftigten Zwangsarbeiter im September 1944 mit ca. 7,6 Millionen erreicht wurde. Davon waren ca. 5,7 Millionen Zivilarbeiter und ca. 2 Millionen Kriegsgefangene. Hinzu kamen 400.000 zur Zwangsarbeit eingeteilte jüdische und nicht-jüdische KZ-Insassen. Die Gesamtzahl sämtlicher in Deutschland zwischen 1939 und 1945 eingesetzten Zwangsarbeiter betrug zwischen 9,5 und 10 Millionen Menschen.

    weiter…

    23.11.1939:    Generelle Einführung des „Gelben Sterns“ für die Juden im „Generalgouvernement“ Dezember 87000 Polen und Juden vom neuen „Reichsgau Wartheland“ ins Generalgouvernement deportiert.

    Der Judenstern war ein sechseckiger Stern aus zwei ineinander geschobenen schwarz umrandeten gelben Stoffdreiecken. In der Mitte stand die schwarze Aufschrift „Jude“.  Seit dem 23.11.1939 mußten sich alle Juden in den von deutschen Truppen besetzten polnischen Gebieten so kennzeichnen.  Am 2.9.1941 wurde auch für alle Juden im Deutschen Reich und im Protektorat Böhmen und Mähren verfügt, daß sie ab 19.9.1941 den Stern zu tragen hatten. Es wurde angeordnet, daß es allen Juden ab dem 6. Lebensjahr verboten sei, sich in der Öffentlichkeit ohne einen Judenstern zu zeigen.  Die Juden mußten den Stern, der ihnen ausgeteilt wurde, bezahlen und auf einer Empfangsbestätigung bescheinigen: „Ich verpflichte mich, das Kennzeichen sorgfältig und pfleglich zu behandeln…“

    weiter…

    Ab Januar 1940:        Erste Vergasungen geistig Behinderter „Euthanasie-Programm“

    Ende der 30er Jahre gab das Rassenpolitische Amt der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) ein Werbeplakat heraus, das einen sitzenden, offenbar bewegungsunfähigen verkrüppelten Mann und einen hinter ihm stehenden Pfleger zeigt. Die bildliche Aussage wird durch den Satz „60.000 RM kostet dieser Erbkranke die Volksgemeinschaft auf Lebenszeit“ und den Hinweis „Volksgenosse das ist auch Dein Geld“ verdeutlicht: Behinderte und unheilbar Kranke wurden aus der stets propagierten Volksgemeinschaft – ähnlich den Juden, Sinti und Roma und anderen Gruppen – ausgegrenzt. Ihr Tod bedeutete eine Einsparung für jeden gesunden „Volksgenossen“. Mit den anthropologischen, genetischen und eugenischen Forschungen der „Rassenhygieniker“ wurde ab Herbst 1939 der als „Euthanasie“ bezeichnete Mord an den Menschen gerechtfertigt, deren Leben nach NS-Ideologie „nicht lebenswert“ war. Aus der ursprünglichen Bedeutung des Wortes „Euthanasie“ vom „guten“ oder „schönen Tod“ wurde im NS-Regime die Pflicht des Staates abgeleitet, sich der von den Nationalsozialisten als „Defektmenschen“ und „Ballastexistenzen“ titulierten Behinderten zu entledigen. ´

    Der Ermordung unheilbar Kranker und Behinderter hatte Adolf Hitler im Oktober 1939 mit einem auf den 1. September zurückdatierten und auf seinem Privatbogen verfaßten Schreiben die Ermächtigung gegeben: „unheilbar Kranken … [sollte] der Gnadentod gewährt werden“. Die Rückdatierung des Erlasses verdeutlichte, daß mit Beginn des Zweiten Weltkriegs am 1. September 1939 auch der innere Krieg gegen Menschen begonnen hatte, die dem Rassenideal der Nationalsozialisten nicht entsprachen und somit als „schädlich“ und „wertlos“ galten. Adressiert war das Schreiben an Philipp Bouhler (1899-1945), Leiter der „Kanzlei des Führers“, und Hitlers Leibarzt Karl Brandt (1904-1948).

    Unter der Tarnbezeichnung „Aktion T 4“ – benannt nach dem Sitz der Organisationszentrale in der Berliner Tiergartenstraße 4 – setzten sie mit Unterstützung von Ärzten, Pflegekräften und Verwaltungsbeamten in verschiedenen Tötungsanstalten in Deutschland den Massenmord an geistig Behinderten und anderen „unerwünschten Elementen“ um. Für die „Aktion T 4“ wurden verschiedene Tarngesellschaften gegründet, über die das „Euthanasie“-Programm abgewickelt wurde: In der „Reichsarbeitsgemeinschaft Heil- und Pflegeanstalten“ entwarf ein Ärzteteam Meldebögen und ärztliche Gutachten über Behinderungen. Die „Gemeinnützige Krankentransportgesellschaft“ organisierte die Verlegungstransporte – zumeist in grauen Bussen. Der „Allgemeinen Stiftung für Anstaltswesen“ oblag das Personalwesen. Ende 1939 begann die Versendung der Meldebögen zur „planwirtschaftlichen Erfassung“ der Anstaltspatienten. Es wurde nach Art der Krankheit, Dauer des Anstaltsaufenthalts und Arbeitsfähigkeit gefragt. Nur anhand der ausgefüllten Formulare entschieden dann je drei der etwa 30 Gutachter (Ärzte, Hochschullehrer und Anstaltsleiter) unabhängig voneinander über Leben und Tod der Patienten. Bei abweichenden Beurteilungen sprach ein Obergutachter das endgültige Urteil. „Todeskandidaten“ wurden in die „Euthanasie“-Anstalten Grafeneck, Brandenburg, Hartheim, Pirna, Bernburg und Hadamar gebracht. Dort wurden bis August 1941 insgesamt rund 70.000 Menschen – zumeist durch Vergasungen oder Injektionen – ermordet. Bei den ersten Vergasungen der „Aktion T 4“ in Brandenburg 1940 wurden die Opfer in als Duschräume getarnte Gaskammern geführt. Die Leichen wurden sofort eingeäschert, um Untersuchungen durch Angehörige zu unterbinden. Diese erhielten Schreiben mit fingierten Todesursachen und Sterbeorten. Dennoch weckten eindeutig falsche Angaben zur Todesursache und die Häufung der Todesfälle in den einzelnen Anstalten Misstrauen, so daß die „Aktion T 4“ nicht lange geheim gehalten werden konnte.

    Am 3. August 1941 prangerte der Bischof von Münster, Clemens August Graf von Galen, die Tötungsaktionen in einer aufsehenerregenden Predigt öffentlich an. Mit Rücksicht auf die Stimmung in der aufgebrachten Bevölkerung ließ Hitler das „Euthanasie“-Programm daraufhin offiziell einstellen. Ãœber 30.000 Behinderte starben jedoch anschließend noch in geheim weitergeführten Tötungsaktionen. In vielen öffentlichen Heil- und Pflegeanstalten wurden Patienten durch Injektionen oder durch eine Ãœberdosis Beruhigungsmittel umgebracht. Auch schwer tuberkulosekranke und arbeitsunfähige Zwangsarbeiter zählten zu den Opfern dieser sogenannten wilden Euthanasie. Zudem gab es zahlreiche Sonderaktionen wie die „Aktion 14f13“. Dabei wurden psychisch Kranke und andere Häftlinge in Konzentrationslagern (KZ) ausgesondert und mit Giftgas ermordet. Der Name leitete sich aus dem Aktenzeichen der Tötungsaktion her: 14 stand für Todesfälle im KZ und 13 für die Todesart – Vergasung. Die „Euthanasie“-Spezialisten waren noch vor Beginn des Kriegs gegen die Sowjetunion zusammengezogen worden, um sich auf eine neue Aufgabe im Osten vorzubereiten: die systematische Ermordung der dort lebenden Juden. „Aktion T4“. Die Vernichtung „lebensunwerten“ Lebens durch „Vergasung“ beginnt. In den evangelischen Einrichtungen in Bayern erfolgt im April 1940 die Erfassung. Aktion T4 ist eine nach dem Zweiten Weltkrieg verwendete Bezeichnung für die systematische Ermordung von über 100.000 Menschen mit einer Behinderung während der Zeit des Nationalsozialismus unter der schönfärberischen Ãœberschrift „Euthanasie“. In den erhaltenen zeitgenössischen Quellen findet sich allerdings die Bezeichnung „Aktion T4“ nicht. Dort werden vielmehr die Begriffe beziehungsweise Kürzel „Aktion“ beziehungsweise „Eu-“ oder „E-Aktion“ verwendet.

    Die im Dritten Reich praktizierte sogenannte „Euthanasie“ geht auf die schon in den 1920er-Jahren entwickelte Idee einer „Rassenhygiene“ zurück und steht im Zusammenhang mit dem in der nationalsozialistischen Ideologie festgelegten Endziel einer „Vernichtung lebensunwerten Lebens“. Klarzustellen ist hierbei, dass es sich nicht um Euthanasie im Sinne einer vom Patienten gewünschten Sterbehilfe bei einer unheilbaren Krankheit handelte, sondern um einen Euphemismus für die geplante und systematische Tötung von sogenannten „Erb- und Geisteskranken, Behinderten und sozial oder rassisch Unerwünschten“. Die sogenannte „Aktion T4“ war Teil einer stufenweise verwirklichten Entwicklung, hin zu einem der Kernziele der nationalsozialistischen Ideologie, der „Aufartung“ beziehungsweise „Aufordung“ des deutschen Volkes. Hierzu gehörten auf der einen Seite positive Maßnahmen, wie Ehestandsdarlehen, Kinderbeihilfen, Steuererleichterungen und Zuweisung von Siedlerstellen und Erbhöfen zur Förderung von rassisch erwünschtem zahlreichen Nachwuchs. Negativ sollte eine „Beeinträchtigung des deutschen Volkskörpers“ durch die Verhinderung der Fortpflanzung von Menschen mit einer (angeblichen) Erbkrankheit oder einfach nur sozial und rassisch unerwünschten Menschen sowie schließlich durch Ausmerzen in Form der Vernichtung von „lebensunwertem Leben“ ausgeschlossen werden. Heilen oder Vernichten waren somit die komplementären Teile der NS-Ideologie.

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    20. Januar 1942        Wannsee-Konferenz zur „Endlösung der Judenfrage“

    Unter Leitung von SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich, Chef der Sicherheitspolizei und des SD sowie „Beauftragter für die Vorbereitung der Endlösung der Judenfrage“ fand am 20. Januar 1942 im Büro der Internationalen Kriminalpolizei-Kommission zwischen 12.00 Uhr und 16.00 Uhr eine Beratung statt. Auszüge aus dem Protokoll: „… II. …Die Auswanderungsarbeiten waren…nicht nur ein deutsches Problem, sondern auch ein Problem, mit dem sich die Behörden der Ziel- bzw. Einwanderungsländer auseinanderzusetzen hatten…

    Trotz Schwierigkeiten wurden seit der Machtübernahme bis zum Stichtag 31. Oktober 1941 insgesamt rund 537.000 Juden zur Auswanderung gebracht, davon vom 30. Januar 1933 aus dem Altreich rd. 360.000, vom 15. März 1938 aus der Ostmark rd. 147.000, vom 15. März 1939 aus dem Protektorat Böhmen und Mähren rd. 30.000. Die Finanzierung der Auswanderer erfolgte durch die Juden bzw. jüdisch-politische Organisationen selbst…

    Hier wurden durch die ausländischen Juden im Schenkungsweg bis zum 30. Oktober 1941 insgesamt rund 9 5000 000 Dollar zur Verfügung gestellt… III. An Stelle der Auswanderung ist nunmehr als weitere Lösungsmöglichkeit..die Evakuierung (Vernichtung) der Juden nach dem Osten getreten. Im Zuge dieser Endlösung der Judenfrage  kommen rund 11 Mio. Juden in Betracht, die sich wie folgt auf die einzelnen Länder verteilen:

    Altreich 1.800, Ostgebiete 420.000, Ostmark 43.700, Generalgouvernement (Polen) 2.284.000,  Bialistok 40.000, Protektorat Böhmen und Mähren 74.200, Estland judenfrei, Lettland 3.500, Litauen 34.000 ,, Belgien 43.000, Dänemark 5.600, Frankreich – besetzt 165.000 – unbesetzt 700.000, Niederlande 160.800, Norwegen 1.300 B. Bulgarien 48.000, England 330.000, Finnland 2.300, Irland 4.000, Italien 58.000, Albanien 200, Kroatien 40.000, Portugal 3.000,  Rumänien/Bessarabien 342.000, Schweden 8.000, Schweiz 18.000, Serbien 10.000, Slowakei 88.000, Spanien 6.000, Türkei (europäischer Teil) 55.500, Ungarn 742.800, UdSSR 5.000.000, Ukraine 2.994.684, Weißrussland 446.484

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    10. Juni 1942:     Auflösung der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland, der letzten offiziellen jüdischen  Organisation: Das Reichsgebiet ist angeblich „judenrein“.

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    19.07.1942:            Himmler fordert, daß Polen bis Ende 1942 „judenfrei“ sein müsse.

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    11.09.1942:    Der evangelisch-lutherische Pfarrer Friedrich Wilhelm Auer aus Larrieden/Franken schlägt in einem Brief an den Herausgeber des Nazi-Blattes „Der Stürmer“, Julius Streicher, vor, für jeden deutschen Zivilisten, der durch alliierte Bombenangriffe ums Leben gekommen ist, zehn Juden aufzuhängen.

    Ein weiterer Vorschlag: „Wenn der Feind nicht innerhalb 24 Stunden unsere Friedensbedingungen annimmt, wird eine Bartholomäusnacht veranstaltet und kein Jude verschont. Schade ist es um keinen.“ (zit. nach Mensing, a.a.O., S. 209)

    Anmerkung:  Bei der so genannten „Bartholomäusnacht“ – benannt nach dem Namenstag des Bartholomäus – vom 23. auf den 24.8.1572 wurden in Frankreich Tausende von protestantischen Hugenotten ermordet.

    Die Nazis erfüllen die Forderung des Pfarrers nach Vollzug der „Endlösung“ innerhalb nur einer Nacht noch nicht. Anfang 1945 predigt Pfarrer Auer, dass der Heiland „dem Weltgeschehen eine wunderbare Wendung geben könne“, den Sieg Nazi-Deutschlands im Krieg.

    Von einer Beanstandung der Äußerungen des Pfarrers durch die Kirchenleitung unter Landesbischof Meiser ist nichts bekannt. Auch Pfarrer Auer (Jahrgang 1877) wird von der Kirchenleitung 1945 zusammen mit anderen ehemaligen nationalsozialistischen Pfarrern von der Kirche 1945 pauschal gerechtfertigt.

    Er geht 1945 in Ruhestand und stirbt 1970.

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    16.12.1942:            „Auschwitz-Erlaß“

    Himmlers sogenannter Auschwitz-Erlass ordnet die Deportation von „ZigeunerInnen“ aus ganz Europa in das Konzentrationslager Auschwitz an. „Zigeunermischlinge, Rom-Zigeuner und nicht deutschblütige Angehörige zigeunerischer Sippen balkanischer Herkunft“ sind nach bestimmten Richtlinien zu erfassen und innerhalb weniger Wochen in das KZ Auschwitz einzuweisen. (Fings 1992:122)
    20. Februar 1943:    Rundschreiben des Reichssicherheitshauptamtes Berlin vom 20. Februar 1943« (Auszug):

    »///. Transport. Es empfiehlt sich, die zu evakuierenden Juden vor dem Abtransport zu konzentrieren. Transporte werden jeweils in Stärke von je 1.000 Juden (stärkere Belegung ist unzulässig) nach dem im Einvernehmen mit dem Reichsverkehrsministerium erstellten Fahrplan, der den beteiligten Dienststellen zugeht, durchgeführt.

    Es muss pro Person mitgenommen werden:

    Zahlungsmittel RM 50.– in Reichskreditkassenscheinen oder 100 Zloty. Ein Koffer oder

    Rucksack mit Ausrüstungsstücken (kein sperrendes Gut)

    Vollständige Bekleidung (ordentliches Schuhwerk)

    Bettzeug mit Decke

    Verpflegung für 2 Wochen (Brot, Mehl, Graupen, Bohnen)

    Essgeschirr (Teller oder Topf) mit Löffel.«
    Richtlinien zur technischen Durchführung der Evakuierung von Juden nach dem Osten (KL Auschwitz). 

    In allen von der deutschen Wehrmacht besetzten Ländern Europas und den verbündeten Staaten wiederholt sich die gleiche Tragödie. Mit der Erfassung und Registrierung, der Kennzeichnung und Entrechtung der Juden fängt es an, mit dem Abtransport in die Vernichtungslager endet es. Die Deportationen beginnen Ende 1941 in Deutschland und Polen, dehnen sich im Frühsommer auf Westeuropa aus und erreichen zwei Jahre später mit der Verschleppung und Ermordung der ungarischen Juden einen letzten Höhepunkt. Alles ist durch Vorschriften geregelt und verläuft nach genauem Plan. Man erhält eine schriftliche Anweisung, was und wie viel man mitnehmen darf: einen Rucksack mit Reiseproviant, Essnapf und Löffel, keine Messer oder Scheren, zwei Decken, Bettwäsche, warme Kleidung und feste Schuhe, Höchstgewicht 25 kg. Wertgegenstände sind abzuliefern, weiterer Besitz anzumelden, die Hausschlüssel abzugeben. Auf der Straße wartet schon ein Lastauto, das ins Sammellager oder direkt zum Bahnhof fährt. An der Verladerampe steht ein Zug, 20 Güterwagen, die Luken mit Stacheldraht vernagelt, und zwei Personenwagen für die Wachmannschaften. 1000 Menschen fasst so ein Transport. Die Züge fahren mehrmals in der Woche und von den Bahnhöfen ganz Europas: aus Berlin und Warschau, Amsterdam und Paris, Prag und Budapest, Oslo und Athen. Oft dauert die Fahrt mehrere Tage und Nächte. übernächtigt, verschmutzt, durstig und verzweifelt, reisen die Deportierten unbekannten Orten entgegen, deren Namen heute alle Welt weiß.

    Anfangs folgen die Menschen noch der Aufforderung, sich mit Gepäck zur Umsiedlung zu melden. Um sie zu täuschen, erklärt man ihnen, daß sie zur Arbeit nach Polen kommen. Als erste Gerüchte aus den Lagern durchsickern, versuchen die Jüngeren, unterzutauchen. Unter den Älteren

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