Freunde der Mullahs: Über rechte und linke Verteidiger des iranischen Regimes

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Wie sehr ein gemeinsames Feindbild doch verbinden kann: Die iranisch-islamische Diktatur kann sich heute der Solidarität von Teilen der Linken ebenso sicher sein wie jener von deutschen Nazis und österreichischen Freiheitlichen…

Von Stephan Grigat
Erschienen in: Jüdische Zeitung v. Januar 2009

Jürgen W. Gansel, einer der Chefideologen der deutschen NPD, postuliert: «Gegen den Neokolonialismus Amerikas und den Staatsterrorismus Israels können sich die Muslime der Solidarität von Nationalisten sicher sein. Selbstverständlich hat der Iran das Recht auf eine selbstbestimmte Nutzung der Atom-energie ohne Einflussnahme der feindseligen Atommächte USA und Israel.» Sascha Roßmüller, der stellvertretende Vorsitzende der NPD, formuliert gegenüber iranischen Journalisten seine Wünsche folgendermaßen: «Ich hoffe auf zwei Dinge: Zum einen, dass die NPD machtpolitische Gestaltungsmöglichkeiten in naher Zukunft in Deutschland bekommen und dann immer noch Herr Ahmadinedschad als potentieller Bündnispartner für ein neues Deutschland zur Verfügung stehen wird.» Die «National-Zeitung» lobt den «traditionell deutschfreundlich eingestellten Iran» und fantasiert davon, dass in «Deutschland die Angst vor dem iranischen Atomprogramm systematisch geschürt wird». Auch der Vorsitzende der rechtsradikalen Freiheitlichen Partei Österreichs, Heinz-Christian Strache, macht sich für das Mullah-Regime in Teheran stark und wettert gegen die «radikale Ausgrenzung des Iran nach dem Vorbild der USA».

Aber das iranische Regime wird keineswegs nur von Neonazis und FPÖ-Politikern als Heilsbringer gesehen, sondern hat auch seine Freunde und Beschützer innerhalb der internationalen Linken. Das ist umso bemerkenswerter, als in der «Islamischen Republik Iran» bekanntlich seit fast dreißig Jahren ein Regime herrscht, das sowohl nach außen als auch nach innen massiven Terror ausübt. Gleichzeitig arbeitet es offensichtlich an der Entwicklung nuklearer Waffen. Gewerkschaften sind verboten und Arbeitskämpfe werden ebenso brutal niedergeschlagen wie die Protestbewegungen der Studierenden. Die systematische Verfolgung von Kurden und religiösen Minderheiten, die ständigen Repressionen gegen Frauen, die sich dem islamischen Sittenkodex nicht unterwerfen wollen sowie die Hinrichtungen von Homosexuellen sind Wesenselemente dieses Regimes. Ebenso die regelmäßigen Vernichtungsdrohungen gegenüber Israel und die Leugnung der Shoa. Der Mullah-Diktatur geht es hinsichtlich des Nahost-Konflikts nicht um eine Verbesserung der Situation der Palästinenser, eine Zwei-Staaten-Lösung oder einen wie auch immer gearteten Ausgleich und Kompromiss, sondern erklärtermaßen um die Vernichtung Israels. Diese Position ist weder neu noch auf den Präsidenten Ahmadinedschad beschränkt. Die Zerstörung Israels ist seit 1979 offizielle Politik der «Islamischen Republik». Sie wird von den fanatischen Anhängern Ahmadinedschads ebenso propagiert wie von Konservativen und den im Westen als Pragmatiker oder Reformer gehandelten Mullahs.

Dessen ungeachtet schwingt sich beispielsweise der Chef der deutschen Linkspartei, Oskar Lafontaine, zum Verteidiger des Iran auf. Er sieht Gemeinsamkeiten zwischen linken und islamischen Vorstellungen und wirft die Frage auf, ob nicht auch der Iran das Recht habe, über Atomwaffen zu verfügen, wenn Israel dieses Recht offenkundig eingeräumt werde. Der antiimperialistische Flügel der weltweiten Linken ruft zur Verteidigung des Iran auf. Die einen, wie der venezuelanische Präsident Hugo Chavez, auf den noch zurückzukommen sein wird, fordern ein Recht des Iran auf «friedliche Nutzung der Atomkraft». Andere, wie die in Österreich aktive trotzkistische Liga der sozialistischen Revolution, gehen noch einen Schritt weiter und postulieren: «Für das Recht des Irans, nukleare Anlagen zu errichten und zu nutzen – zu friedlichen wie auch militärischen Zwecken!»

An vorderster Front der «Solidaritätsbewegung» mit dem iranischen Regime stehen jedoch die neuen Helden der lateinamerikanischen Linken, die über deutlich mehr Einfluss verfügen als trotzkistische Splittergruppen. Ahmadinedschad reiste im Januar 2007 zur Amtseinführung von Daniel Ortega nach Nicaragua. Dessen Regierung hat ein Kooperationsabkommen mit dem Iran geschlossen. Anfang Juni 2007 traf Ortega zu einem zweitägigen Staatsbesuch im Iran ein, bei dem er bekräftigte, dass die Einheit beider Nationen unzerstörbar und notwendig sei, «um unsere Unabhängigkeit, die Gerechtigkeit und den Frieden zu verteidigen». Seit Ortegas Amtsantritt werden die iranisch-nikaraguanischen Beziehungen auf mehreren Ebenen intensiviert. Mitte Dezember 2007 vermeldete das iranische Press TV, Teheran und Managua hätten beim Besuch des Chefs von Islamic Republic of Iran Broadcasting, Seyyed Ezzatollah Zarghami, beim nikaraguanischen Kulturminister Miguel de Castilla Urbina die Möglichkeiten besserer Zusammenarbeit sondiert, einschließlich des Austauschs von Dokumentationen und Unterhaltungsfilmen. Nun bleibt abzuwarten, ob die iranischen Propagandasendungen demnächst auch im sandinistischen Kleinstaat über die Bildschirme flimmern werden.

Der bolivianische Präsident Evo Morales entschied sich bei seiner Weltreise Anfang 2007 spontan zu einem Abstecher nach Teheran, aus dem nur nichts wurde, weil er in einem Flugzeug mit US-amerikanischem Kennzeichen unterwegs war, das selbstverständlich nicht im iranischen Luftraum fliegen darf. Das hat der iranisch-bolivianischen Freundschaft aber keinen Abbruch getan. Bei seiner Südamerikareise im September 2007 versprach Ahmadinedschad bis zum Jahre 2012 dem verarmten Andenstaat bei der Erschließung seiner Rohstoffe und bei Aufbauprojekten mit Investitionen im Wert von einer Milliarde US-Dollar zu helfen.
Fidel Castro hinterlässt seinen Nachfolgern ein enges Bündnis mit den iranischen Mullahs. Bei einer Rede an der Universität von Teheran im Rahmen einer Reise, die ihn auch nach Syrien und Libyen führte, hatte er das antiimperialistische Bündnis mit den Mullahs beschworen: «Gemeinsam können Iran und Kuba Amerika in die Knie zwingen!» Kein Wunder, dass auch einer der populärsten Unterstützer Castros nicht zurückstehen wollte: Ende Dezember 2007 ließ der ehemalige Kapitän der argentinischen Fußballnationalmannschaft, Diego Maradona, den iranischen Chefdiplomaten in Buenos Aires, Mohsen Baharvand, wissen: «Ich habe bereits Chavez und Fidel getroffen. Jetzt muss ich nur noch Euren Präsidenten treffen. Ich will Ahmadinedschad treffen!»

Hugo Chavez eifert dem kubanischen Diktator auch bei der Wahl seiner internationalen Freunde nach. Der Präsident von Venezuela gehört bereits zu den Stammgästen in Teheran und hat bei einem seiner letzten Besuche erklärt: Die lateinamerikanischen Staaten wollen die «wertvollen Erfahrungen» des Iran «auf verschiedenen Gebieten» nutzen. Die beiden Ölimperien haben einen gemeinsamen Fonds für wirtschaftliche und soziale Projekte angelegt. «Mit der Gründung des binationalen Venezuela-Iran-Entwicklungs-Fonds haben wir fundamentale Schritte für eine Konsolidierung der Beziehungen zwischen Iran und Venezuela unternommen», erklärte der venezolanische Außenhandelsminister Gustavo Marquez. Und wer die Bilder von den herzlichen Dauerumarmungen der beiden Staatschefs bei Ahmadinedschads Venezuela-Besuch Ende September 2007 gesehen hat, bekam eine Ahnung davon, dass es hier nicht um ein rein taktisches Bündnis geht.

Chavez ließ sich jahrelang von Noberto Ceresole beraten. Dieser hatte nach dem Anschlag auf das jüdische Gemeindezentrum in Buenos Aires im Jahre 1994 verbreitet, die Juden selbst hätten diesen Anschlag zu verantworten, der tatsächlich jedoch von der Hisbollah mit Unterstützung der iranischen Regierung durchgeführt wurde. 85 Menschen fielen dem Terrorakt zum Opfer. Der Außenminister Venezuelas, Nicolas Maduro, nahm 2006 im Iran an der 3. Internationalen Solidaritätskonferenz für das palästinensische Volk teil. Chavez unterstützt das iranische Atomprogramm und postulierte während des Libanonkriegs 2006: «Israel verübt an den Libanesen dieselben Handlungen, wie sie Hitler an den Juden verübt hat.» Es soll nicht verschwiegen werden, dass Chavez sich von Ahmadinedschads Vernichtungsdrohung gegen Israel distanziert hat. Das heißt aber umso mehr, dass er sehr genau weiß, mit wem er sich da eigentlich einlässt und wessen Atomprogramm er unterstützt.

Derartige Statements haben Chavez auch Respektsbekundungen von Heinz-Christian Strache eingebracht. Der Chef der Freiheitlichen Partei Österreichs schätzt am Präsidenten Venezuelas, dass dieser ein «sehr heimatbewusster Politiker» sei und einen wichtigen Beitrag dazu leiste, dass «die Völker dieser Welt nicht permanent am Gängelband der Vereinigten Staaten herumtanzen». In einer Pressemitteilung freute sich die FPÖ über einen «erfolgreichen Präsidenten, der dem US-Imperialismus mutig trotzt». Hinsichtlich Chavez und Ahmadinedschad ließ Strache wissen, dass es sich bei ihnen nicht um «gute oder böse», sondern um «vielschichtige» Politiker handle, die, wie er anerkennend ergänzt, «politische Überzeugungen haben, zu denen sie stehen.»

Wohin solche Allianzen und Annäherungsversuche noch führen werden, lässt sich heute schlecht sagen. Sicher ist allerdings, dass sie angesichts der gemeinsamen Feindbilder Israel und USA bei weitem nicht so überraschend sind, wie es auf den ersten Blick scheinen mag.

Stephan Grigat ist Lehrbeauftragter für Politikwissenschaft an der Universität Wien und Mitherausgeber des Bandes „Der Iran – Analyse einer islamischen Diktatur und ihrer europäischen Förderer“ (Studienverlag 2008).