Im Gefolge der Proteste gegen die Freihandelsabkommen TTIP und CETA buhlt auch eine Gruppe um Zuspruch, die als rechtslastige Politsekte bezeichnet werden kann. Die Rede ist vom „Bund gegen Anpassung“ und dem zugehörigen Ahriman-Verlag…
Lucius Teidelbaum
Der 1983 gegründete „Bund gegen Anpassung“ (BgA) ist ein Überbleibsel aus der Zeit der K-Gruppen der 1970-er Jahre. Neben den Schriften von Marx und Lenin bezieht er sich auch auf den marxistischen Psychoanalytiker Wilhelm Reich.
Als Chef der Gruppe gilt der Freiburger Fritz Erik Hoevels, Jahrgang 1948. Er verfasste das Kapitel „Warum ich kein Christ bin“ in dem Sammelband „Kreuzschmerzen“, der 1999 von dem südafrikanisch-deutschen Rechtsextremisten Claus Nordbruch herausgegeben wurde.
Im selben Sammelband findet sich auch ein Kapitel von Dr. Peter Priskil, Jahrgang 1955.
Der BgA-Vordenker und Ahriman-Buchautor soll sich ab 1992 mehrfach im Irak aufgehalten haben. Dem rechten Portal „Blaue Narzisse Online“ und dem extrem rechten Magazin „Zuerst!“ stand er 2014 für ein Interview zur Verfügung.
Der BgA verfügt mit dem Ahriman-Verlag und der zugehörigen Thanilo Verlags- und Vertriebs-GmbH über eine eigene verlegerische Struktur. Das Verlags-Logo stellt einen Teufel mit einem überdimensionierten und erigierten Penis dar.
Nicht alle AutorInnen des Verlags stehen dem BgA inhaltlich nahe. So veröffentlichte auch Efraim Zuroff aus Israel, der sehr engagiert die Strafverfolgung der letzten NS-TäterInnen forciert, im Ahriman-Verlag. Zum Ahriman-Verlag gehört auch das BgA-Organ „Ketzerbriefe“, welches monatlich erscheint.
Die AutorInnen gehören fast alle dem Umfeld des BgA an. Themen sind vor allem ein antiamerikanisch verbrämter Antiimperialismus, Antifeminismus und Kirchenkritik.
Sowohl auf der großen Buchmesse in Frankfurt, aber auch auf der kleineren Stuttgarter Buchwoche und der Karlsruher Bücherschau ist der Ahriman-Verlag regelmäßig vertreten.
Früher verfügte der BgA über diverse Ableger und Umfeldorganisationen, die aber alle nicht mehr aktiv zu sein scheinen.
Bündnispartner bei Veranstaltungen in Karlsruhe und Frankfurt war in letzter Zeit mehrfach die lokale kemalistische „Atatürkgesellschaft“.
Über die Jahre entwickelte sich der BgA zu einer Art rechtslastiger Psychosekte, die das Weltgeschehen auf ihre ganz eigene Art und Weise interpretiert.
Auffällig ist der massive Antiamerikanismus der Gruppe. Offenbar aus diesem resultiert eine Diktatoren-Verherrlichung. Unter anderem der verstorbene irakische Diktator Saddam Hussein erfreut sich bis heute der Sympathien des BgA, ebenso wie für das Assad-Regime in Syrien. Früher gab es auch Lob für die Diktatur in Nordkorea.
Rechte und autoritäre Tendenzen der Gruppe sind seit den 1980er Jahren bekannt. So forderte die Gruppe damals die Zwangs-Tätowierung von HIV-Infizierten. Ein Vorschlag der damals im faschistischen Magazin „Nation Europa“ begrüßt wurde.
Bis heute vertritt die Gruppe die Forderung nach einer radikalen Bevölkerungsreduktion. Immer wieder warb sie in Anzeigen mit der Botschaft: „Fünf Milliarden sind vier Milliarden zuviel – Bevölkerungsreduktion ist der beste Umweltschutz. Gilt auch für Europa!“.
Eine solche Programmatik wird vom BgA auch gezielt in der extremen Rechten beworben. Anzeigen vom BgA oder vom Ahriman-Verlag tauchten in den letzten Jahren bei dem neurechten Infoportal „Blaue Narzisse Online“, in der ultrarechten Wochenzeitung „Junge Freiheit“ oder in dem rechtspopulistischen Monatsmagazin COMPACT auf. Eine Fortsetzung der Unterstützung der extrem rechten „Republikaner“ im Jahr 1989.
Während BgA-Mitglieder früher manchmal Veranstaltungen gestört haben, sind sie seit den 2000er Jahren in dieser Hinsicht kaum noch auffällig geworden. Die Gruppe hält sich geradezu bedeckt.
Sitz der Gruppe ist Freiburg, wo sie mehrere hochrangige Mitglieder leben. Doch der offizielle Sitz des Verlags im Freiburger Stübeweg (Bild oben) wirkt verwaist, nur der Briefkasten scheint noch in Benutzung.
Doch der BgA ist weiterhin politisch aktiv.
Der BgA und die Proteste gegen TTIP und CETA
Wer am 18. September 2016 auf einer der großen Anti-TTIP/CETA-Demonstrationen unterwegs war, dem konnte es passieren, dass er ein Pamphlet des „Bund gegen Anpassung“ in die Hand gedrückt bekam. Diese Schrift war übertitelt mit „TTIP ist längst beschlossene Sache – aber Ihr habt das Pack ja gewählt“. Der vulgäre Stil der Überschrift wird auch im folgenden Text beibehalten. In langen und wirr anmutenden Sätzen wird viel geschimpft. Besonders der massive Antiamerikanismus ist auffällig. Bereits im ersten Satz heißt es: „TTIP bringt Armut und Knechtschaft für Europa, weiteren Besitz und Kommandogewalt für die nimmersatten US-Konzerne.“ In der Auffassung des BgA sind also nur die „nimmersatten US-Konzerne“ das Problem und nicht die Wirtschaftsform insgesamt.
Auch flüchtlingsfeindliche Passagen enthält das Pamphlet. Da heißt es: „Ihr werdet das ebenso sehen wie die Millionen falscher »Flüchtlinge« – nicht einer davon wird im Ursprungsland politisch oder rassistisch verfolgt, […].“ Beklagt wird dann weiter, dass an diese Flüchtlinge „unsere Krankenkassengelder und sogar Wohnungen verteilt werden; […].“
Die vom BGA delegitimierten Flüchtlinge sind in dessen verschwörungsmythischen Vorstellungen Teil eines perfiden Planes zur Unterwerfung: „Das ist der Sinn jener auf US-Befehl eingeschleusten Woge falscher »Flüchtlinge« (die USA, Israel und Saudi-Arabien nehmen sie freilich nicht, komisch aber auch!), welche ihre Vasallenregierungen, die deutsche voran, herunterwürgen müssen, […].“
Die Vorstellung von Deutschland und der EU als Vasall oder Kolonie findet sich auch noch einmal an anderer Stelle: „mit TTIP wird der Besitz Europas Stück für Stück an US-Konzerne verschoben und politisch wird unser Subkontinent zur rechtlosen Kolonie […].“
Deswegen, so der BgA, sei man gegen das Freihandelsabkommen.
Der Antiamerikanismus des BgA steht auf der Basis einer Art deutschen und europäischen Befreiungsimperialismus, wie er früher bei einigen K-Gruppen anzutreffen war. Gegen TTIP verbreitet der BgA auch einen Aufkleber mit der Aufschrift „Europäer, schmeiß die Amis raus, sei wieder Herr im eignen Haus“.
Fotos: (C) Lucius Teidelbaum