Ins Zentrum des nordrhein-westfälischen „Antizionismus“

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Der ehemalige Piratenpolitiker Daniel Schwerd, glaubwürdiger Vertreter eines Kampfes gegen den Antisemitismus, wechselt zur NRW-Linken…

Von Roland Kaufhold

Am 4.3.2016 teilte die NRW-Linke in einer Presseerklärung mit: „Die Linkspartei ist wieder im Landtag vertreten“. Dies wirkt überraschend, war sie doch bei der Landtagswahl im Mai 2012 nach nur zwei Jahren wieder aus dem NRW-Landtag geflogen. Ihre ideologischen, an stalinsche Zeiten erinnernden Grabenkriege und der ausgeprägte Antizionismus der Mehrheit ihres Führungspersonals hatte die Wähler binnen zwei Jahren vertrieben. Ihr Stimmenanteil hatte sich mehr als halbiert: Von 5,6 % auf 2,5 %.

Am heutigen Dienstag möchte die NRW-Linke nun den Namen des Landtagsabgeordneten nennen, der sich ihnen angeschlossen hat. Dass es sich bei ihrem Neuzugang um den angesehenen ehemaligen Piratenpolitiker Daniel Schwerd handeln dürfte ist kein Geheimnis. Der in Köln lebende 49-Jährige war im Oktober 2015 nach zermürbenden internen Auseinandersetzungen aus der NRW-Piratenfraktion sowie aus der Partei ausgetreten. Seitdem sitzt er als Fraktionsloser im Landtag. Wegen seiner Medien- und Wirtschaftskompetenz gilt er als geschätzt. Sein konsequentes Auftreten gegen jegliche Form von Antisemitismus hatte ihm – der auf einen jüdischen Familienhintergrund zurückzugreifen vermag – jedoch auch Feindseligkeiten mit Teilen seiner eigenen Partei eingebracht. 2013 hatte er bereits aus Enttäuschung über antisemitische Querelen den Vorsitz des Kölner Kreisverbandes seiner Piratenpartei niedergelegt.

Während des Gazakrieges im Sommer 2014 hatte Daniel Schwerd in einem Interview mit haGalil unmissverständlich Partei für die schwierige Position des angegriffenen Israel bezogen und Israels Recht und Pflicht zur Selbstverteidigung unterstrichen. Die Beleidigungen und Einschüchterungsversuche gegen hier lebende Juden beunruhigten ihn. In scharfer Weise hatte er insbesondere die sich antizionistisch profilierenden NRW-Linken kritisiert: „Es ist schon eine neue Form der Bedrohung, oder vielmehr die Wiederkehr einer Form von Bedrohung, die wir lange nicht so offen gesehen haben. Die Gewalt wird wieder körperlicher und unmittelbarer – das Gefühl der Bedrohung wird wieder konkreter.  (…) Wenn Menschen sich nicht trauen, in die Synagogen oder jüdische Einrichtungen zu gehen, als Jude erkennbar zu sein, oder auch zu viel Angst haben, ihre Meinung zu äußern und auf eine Demonstration zu gehen, ist das eine fatale Entwicklung in unserer Gesellschaft. Sehr traurig bin ich über die Angriffe gerade aus den linken Reihen. Hier hätte ich ein anderes Menschenbild erwartet. Die Haltung vieler Linker gerade aus NRW hat mich erschreckt und entsetzt.“

Und im April 2015 hatte Daniel Schwerd auf haGalil – „„Operation Last Chance“. Die letzten lebenden NS-Täter zur Verantwortung ziehen“ – eine Fortsetzung der strafrechtlichen „Aufarbeitung“ der Naziverbrechen gefordert.

Und nun wird Daniel Schwerd ausgerechnet Mitglied der NRW-Linken? Einer Linken, deren führenden Repräsentanten im Sommer 2014 während des Gazakrieges gemeinsam mit Islamisten, militanten Palästinensern sowie türkischen antisemitischen Rechts- und Linksextremisten gegen Israel und gegen Juden aufgetreten sind – als Redner wie auch als Kundgebungsanmelder. Die schockierenden Bilder und Hetzszenen insbesondere aus Essen, aber auch aus Köln, das Gebrüll „Jude, Jude, feiges Schwein, komm heraus und kämpf allein“, „Adolf Hitler! Adolf Hitler!“, „Kindermörder Israel“, ja vereinzelt sogar „Juden ins Gas“ aus dem Munde Hunderter aufgehetzter vorwiegend arabischstämmiger Judenhasser, politisch unterstützt durch die höchsten Repräsentanten der NRW-Linken, sind für Viele in ihrer schockierenden Dramatik unvergessen.[i]

Die traumatisch anmutenden Bilder, für die führende Vertreter der NRW-Linken maßgeblich Verantwortung tragen, stehen bis heute im Netz:

[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=GNqOzi5DxpE[/youtube]

[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=5zoukXdlOvE[/youtube]

[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=Ec3b9Mhi9wg[/youtube]

Der auch heute noch amtierende Landesvorsitzende der Linken, Ralf Michalowsky, hatte am 27.7.2014 daraufhin insbesondere gegen Daniel Schwerds Stellungnahme polemisiert und sich an der medialen Einschüchterung der hier lebenden Juden beteiligt. In grotesker Fehlwahrnehmung der erschreckenden Bilder während des „Gazakrieges“ 2014 insbesondere in NRW-Städten sprach Michalowski von „Kampagnen“ und von „medialen Hasspredigern“. In einem Twitter postete Schwerd daraufhin:

schwerd-twitter[ii]

Und noch am 2.11.2015, als erste Gerüchte über einen Wechsel des parteilosen Schwerd zu den Linken aufkamen, hatte Michalowsky über diesen getwittert: „Antideutsche Spinner sind in der LINKEN leider schon genug vorhanden. Da muss sich NRW nicht auch noch beteiligen.“[iii]

Man darf gespannt sein, wie lange sich der überzeugte Demokrat und Israelfreund Daniel Schwerd in dieser Umgebung wohlfühlt – und wie lange man ihn duldet. Vor allem auch, wie lange man ihn bei den Linken seine israelsolidarische Position öffentlich vertreten lässt. Eigentlich alles spricht dafür, dass die NRW-Linken ihn spätestens bei der Aufstellung ihrer Landtagskandidaten 2017 kaltstellen werden. Aber warten wir ab. Die Hoffnung stirbt zuletzt…

Vielleicht jedoch, das wäre eine wunderbare Perspektive, übernimmt Daniel Schwerd die Grundhaltung des demokratischen Präsidentschaftskandidaten Bernie Sanders, so wie er diese gestern auf CNN in eindrücklicher Weise vorgetragen hat: „I´m proud to be Jewish!“

–> Zum Interview mit Daniel Schwerd über den „Gazakrieg vom Sommer 2014

[i] Die Zeit, 21.7.2014: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2014-07/nahost-demonstrationen-antisemitismus; An Israels Seite, Jüdische Allgemeine, 28.7.2014: http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/19792/highlight/gerhard&nagel;
Köln: Eine Demonstration der Besorgnis und der Solidarität mit Israel, haGalil, 18.7.2014:
https://www.hagalil.com/2014/07/solidaeritaet-koeln/
[ii] Stefan Laurin: Wird der „Antideutsche Spinner“ der neue Landtagsabgeordnete der NRW-Linkspartei? Ruhrbarone, 4.3.2016: http://www.ruhrbarone.de/wird-der-antideutsche-spinner-der-neue-landtagsabgeordnete-der-nrw-linkspartei/122986
[iii] ebd.: http://www.ruhrbarone.de/wird-der-antideutsche-spinner-der-neue-landtagsabgeordnete-der-nrw-linkspartei/122986