Presse: Frankreich will nichts von Minderheiten wissen

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Für „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ treten die Franzosen vorgeblich seit der Revolution ein. Dabei nehmen sie es mit den eigenen Grundwerten offenbar selbst häufig nicht so genau. In Sachen Pressefreiheit gibt Frankreich kein gutes Beispiel ab…

Pressefreiheit: Frankreich gibt schlechtes Beispiel
Lage in arabischen Ländern und Nordafrika kaum verbessert

pte – Zum Internationalen Tag der Pressefreiheit mahnen Experten der Internationalen Medienhilfe (IMH) aufgrund einer „systematischen Benachteiligung“ von Minderheitenmedien. Auch in arabischen Ländern mit teils miserablen Zuständen hat sich die Situation kaum verbessert – eher im Gegenteil.

„Früher war die Lage in Frankreich noch extremer als heute, als Medien in Minderheitensprachen überhaupt nicht geduldet wurden“, sagt IMH-Koordinator Björn Akstinat im Gespräch mit pressetext. Eine europaweite Ausnahme bildet das Land aber nach wie vor. „In beinahe allen europäischen Ländern ist es üblich, dass Minderheitenmedien gefördert werden – nicht so in Frankreich“, erklärt Akstinat. Laut IMH werden etwa Medien der Bretonen, Korsen oder Elsässer benachteiligt. Ihnen werden Fördergelder vorenthalten und Zulassungen für rein muttersprachliche Titel werden nach wie vor oft verweigert.

Ohne Angst nur in einem Viertel aller Länder

Die Veröffentlichung deutscher Medien für die Elsässer war bis vor kurzem noch bei Strafe verboten. Ihr Anteil ist dadurch stark geschrumpft. Wirtschaftlich sind die Unternehmen ohne Förderungen kaum überlebensfähig, während französischen Medien etwa „Förderungen der französischen Sprache“ zukommen, verdeutlicht Akstinat gegenüber pressetext. Innerhalb der eigenen Grenzen erkennt Frankreich die Minderheiten nicht an, so die IMH. Die Situation der Elsässer sei erheblich schlechter als die von deutschsprachigen Minderheiten in Rumänien oder Ungarn.

Frei, unabhängig und ohne Angst können Journalisten weltweit ohnehin nur in einem Viertel aller Länder arbeiten. So haben etwa die Reporter ohne Grenzen http://www.reporter-ohne-grenzen.de erneut 38 größte „Feinde der Pressefreiheit“ identifiziert. In nordafrikanischen Ländern wie Ägypten oder Tunesien hat sich die Situation zwar leicht verbessert. In anderen arabischen Staaten stagniert oder verschlimmert sich die Lage jedoch. Mit Zensur, Verhaftung und Gewalt müssen Journalisten und Medienschaffende etwa in Ländern wie Syrien, Jemen, Bahrain bis hin zur Türkei rechnen berichtete.

Türkei verschärft Jagd auf Journalisten
Pressefreiheit im Visier von Politik und Religion

Türkische Presse: Schnell hinter Gittern (Foto: flickr.com, Slava)
Um die Pressefreiheit steht es in der Türkei immer schlechter statt besser. Die Repression gegen kritische Journalisten nimmt zu. Wie der Bund türkischer Journalisten in Europa (ATGB), die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di http://dju.verdi.de und die European Federation of Journalists (EFJ) mitteilen, „ist die Pressefreiheit in diesem Land in akuter Gefahr“. Tausende Strafverfahren und Ermittlungen gegen Medien und Publizisten verdeutlichen die ständige Bedrohung durch eine staatliche Verfolgung.

„Die Gefahr für türkische Journalisten besteht in der Mischung aus politisch und religiös motiviertem Vorgehen gegen sie“, sagt dju-Bundesgeschäftsführerin Ulrike Maercks-Franzen im Gespräch mit pressetext. Sie stecken in einer spezifischeren Situation als etwa Kollegen in Ländern wie dem Iran, China oder Russland, wo es um die Pressefreiheit bekanntlich schlecht bestellt ist. „Gesetzliche Formulierungen machen die Lage komplizierter“, erklärt Maercks-Franzen. Die Verfolgung von Berichterstattern geschieht unterschwelliger.

„Wie Aktivisten betrachtet“

68 Reporter, davon 45 verurteilt, befinden sich derzeit in Haft. Zudem sind dem EFJ und dem türkischen Bündnis für Pressefreiheit zufolge rund 150 Redakteure von Verhaftung und Gefängnisstrafen bedroht. Mehr als 2.000 Strafverfahren und 4.000 Ermittlungen sollen aktuell gegen Reporter und Medienunternehmen laufen. Journalisten und ihre Meinung werden gleichgesetzt mit den Themen, über die sie schreiben. „Sie werden wie Aktivisten betrachtet“, unterstreicht Maercks-Franzen gegenüber pressetext.

Dabei ist die Pressefreiheit ein Prüfstein für die Aufnahme der Türkei in die EU – „und sollte es auch sein“, betont Maercks-Franzen. Die aktuelle Situation bereitet aber Anlass zur Sorge, dass sich die Lage weiter verschlechtert. Der Journalist und Autor Ahmet Sik wanderte beispielsweise allein für ein unveröffentlichtes Manuskript eines Enthüllungsbuches hinter Gitter. Offenbar behandelt „Die Armee des Imam“ den Einfluss von Religion auf staatliche Mächte. Die Verbände fordern die sofortige Freilassung aller Journalisten aus der Haft.