Auch in Europa: Süden lechzt nach Wassertechnologie

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Klimawandel und steigender Wasserverbrauch verändern die weltweite Menge, Verteilung und Qualität des Trinkwassers. Welche Konflikte sich daraus ergeben und welche Strategien zu deren Vermeidung notwendig sind, diskutierten Experten diesen Monat in Frankfurt…

Die reichen Industriestaaten sollten ihre Entwicklungshilfe gezielt auf die drohende Wasserknappheit des Südens ausrichten, so der Veranstalter der Tagung, Engelbert Schramm vom Institut für sozial-ökologische Forschung ISOE. Die Förderung der Wassertechnologie in wasserarmen Ländern sei die wirksamste Methode zur Sicherung des Menschenrechts auf Zugang zu Wasser. Die Aufgabe des Einzelnen liege hingegen im strategischen Kaufverhalten.

„Die Förderung der Aufbereitungs- und Klärtechnologie ist die wichtigste Hilfe, mit der Europa dem Wassermangel in den Entwicklungsländern entgegentreten kann“, so der Nachhaltigkeitsexperte. Die Entwicklungszusammenarbeit solle die Exportindustrie dort fördern, wo sie robuste und einfache Lösungen für das Wasserproblem des Südens anbieten kann. „Hoher Bedarf besteht im Süden etwa für Techniken zur Mehrfach-Verwendung des Wassers. Außerdem fehlt es an lokalen Anbietern zur Nutzung dieser Technologien sowie an entsprechendem Fachwissen, weshalb die Entwicklung der Kapazitäten dringende Förderung braucht.“ Indirekte Nachahmungseffekte auf den Süden habe hingegen eine Verbesserung der europäischen Klärsysteme, eine der Zukunftshoffnungen Schramms für den Klimaschutz. „Noch immer sind Kläranlagen die größten Energieverbraucher vieler Kommunen. Dabei könnten sie durch die Umwandlung von CO2 zu Biogas nicht nur energieautark betrieben werden, sondern auch zusätzliche Energie produzieren.“

Die Bevölkerung Mitteleuropas ist in der Reduktion des Wasserverbrauchs auf gutem Weg, betont Schramm. „Heute wird viel mehr Wasser gespart als früher, was die Ressourcen wesentlich entlastet.“ Der Pro-Kopf-Verbrauch habe sich in Deutschland seit 1994 von 145 auf 125 Liter reduziert. Dazu habe energie- und somit auch wassersparende Haushaltstechnik beigetragen, jedoch auch steigendes Bewusstsein der Menschen. „Einerseits ist der Umweltgedanke heute stärker in den Köpfen präsent, andererseits tragen auch hohe Wasserkosten zu geringerem Verbrauch bei.“ Deutlich werde das laut Schramm besonders am Beispiel der ehemaligen DDR-Bundesländer. „Wasser kostete hier vor der Einigung nichts und man verzeichnete einen höheren Wasserverbrauch als im Westen. Der Umstieg auf den üblichen Wasserpreis war ein derartiger Schock, dass der Konsum heute deutlich unter dem der alten Bundesländern liegt.“

Für das bereits heute knappe Wasser vieler Ländern des Südens habe der individuelle Wasserverbrauch im Nordens jedoch keine Bedeutung. Der Einfluss des Einzelnen sei viel eher durch das Verhalten im Supermarkt gegeben. „Geschickte Einkaufspolitik hat auf die Strukturen anderswo großen Einfluss. Günstig wäre es, keine Tomaten und anderes Gemüse aus Anbauregionen mit schlechter Wasserwirtschaft zu kaufen. Damit das nachvollziehbar ist, wäre jedoch ein auf dem Konzept des virtuellen Wassers beruhendes Gütesiegel dringend notwendig. Die Umweltverbände schlafen scheinbar in dieser Angelegenheit.“

Erst vor kurzem hat die UNO davor gewarnt, dass der steigende weltweite Wasserbedarf sowie der Klimawandel die Verfügbarkeit von Wasser ernsthaft bedrohen (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/090313004/ ). Am dringendsten ist das Wasserproblem derzeit in Afrika, jedoch auch im wasserreichen Europa könnten sich bestehende Knappheiten im Süden und Osten verstärken. Als Grund dafür sieht Schramm die steigende Kapitaleffizienz der Wasserwirtschaft. „In vielen Regionen wird die Versorgung privatisiert und nach betriebswirtschaftlichen Kriterien neu geordnet. Dabei stärkt man oft große Ressourcen und gibt kleine auf, was eine Benachteiligung ländlicher Gebiete verursachen kann“, so Schramm. Werde Wasser von weiter her geholt, müsse es stärker gechlort werden, worunter die Qualität leide. „Beispielsweise auf den kanarischen Inseln hat die Privatisierung zu deutlichen Einbußen im Geschmack geführt.“