1972. Im Kibbuz Mishmarot im Norden Israels taucht ein junger britischer Mann mit sehr langen Haaren, einem Vollbart und recht ungepflegten Klamotten auf. Einer von vielen Hippies, die damals in der Hoffnung auf Sinn oder auch nur ein bisschen Frieden alle möglichen Orte aufsuchen, darunter eben auch Kibbuzim.
Von Bernhard Torsch
Ein Jahr lang arbeitet der Engländer, in dessen Pass der Name Peter Greenbaum steht, als Freiwilliger in Mishmarot. 1973 ist er plötzlich weg. Keiner der Kibbuznikim hat bemerkt, dass das Peter Green war, der Gründer von Fleetwood Mac, der nur zwei Jahre zuvor noch ein Weltstar gewesen war. Das ist passiert. Oder vielleicht auch nicht. Vieles im Leben Peter Greens lässt sich nicht mehr genau rekonstruieren.
Einer, der Peter Green sicher erkannt hätte, war der israelische Rockmusiker Shalom Hanoch, der in Mishmarot aufgewachsen war. Aber der war just zwischen 1972 und 1973 in London. Was bezeugt ist: Zwischen 1979 und 1981 war Peter Green tatsächlich in Mishmarot zu Gast. Ob zum ersten Mal oder erneut? Wer weiß?
Was noch bezeugt ist: Am Vormittag des 25. Dezember 1980, zwei Wochen nach der Ermordung John Lennons, besucht Peter Green den Radiosender der Israelischen Armee in Tel Aviv. Er ist ein bisschen untersetzt, 34 Jahre alt und spaziert gedankenverloren durch die Gänge. Lange fällt er niemandem auf, aber der Techniker und Blues-Fan Ofer Eckerling erkennt ihn.
Ofer und der Moderator und Musikredakteur Yoav Kutner sprechen Green an. „Ja, ich bin Peter Green“, so die Rocklegende. Und dann kommt israelische Chuzpe ins Spiel. Die zwei jungen Fans sagen zu Green, er würde wohl nicht mehr Gitarre spielen können, da er zu lange Fingernägel habe. Green antwortet gelassen: „Nein, nein, kein Problem, das ist meine Art, Gitarre zu spielen, ich spiele immer mit langen Fingernägeln.“ Kutner und Eckerling gehen aufs Ganze und sagen, das solle Green ihnen erst mal beweisen. Der nickt und will nur wissen, wann und wo. Die beiden Israelis sagen, Green solle um 22 Uhr im Studio des Armeesenders vorbeikommen. „Mache ich“, sagt Green, „aber ich habe meine Gitarre nicht mit“. Das sei kein Problem, man werde ihm eine Gibson Les Paul besorgen. Kutner und Eckerling bleiben nur wenige Stunden, um eine Band zu organisieren, die gut genug ist, um mit einem Mann zu spielen, der als einer der besten Gitarristen der Welt gilt. Hektische Telefonate folgen. Es gilt ja nicht nur, Musiker zu finden, sondern diese auch davon zu überzeugen, dass sie wirklich mit DEM Peter Green jammen sollen und dass das kein Scherz ist. Und sie müssen auch noch eine Gibson auftreiben, die gut genug für Green ist.
Einige Stunden später ist alles bereit. Mit Shimon Holly konnte einer der Top-Gitarristen Israels gewonnen werden. Den Bass soll Kobi Hass bedienen, der später in Kanada Karriere als Jazzmusiker machen wird. Yossi Buzin sitzt hinter dem Schlagzeug und Fima Schuster wird in die Tasten hauen. Der Tontechniker Yoram Lev hat alles vorbereitet, um die Session aufzunehmen. Und man hat auch eine sehr gute Les Paul auftreiben können. Um 21 Uhr ist Ofa Eckerling so nervös, dass er sich übergeben muss. Gegen 22 Uhr, relativ pünktlich, taucht Peter Green tatsächlich im Studio auf. Er sagt, die Jungs sollten schon mal ohne ihn anfangen, er wolle sich das zunächst nur anhören.
Die zusammengewürfelte Band fängt an zu spielen. Man spielt Blues und Bluesrock. Immer wieder schauen die Musiker zu Green, als ob sie ihn auffordern wollten, endlich mitzumachen. Nach etwa einer halben Stunde greift sich Green schließlich die Les Paul und stöpselt sie ein. Als Green die ersten Töne spielt, passiert etwas. Etwas, das die, die dabei sind, später als eine quasi religiöse Erfahrung beschreiben werden. Ofer Eckerling sagt es so: „Green tat nichts, was Gitarristen normalerweise tun, also den Verstärker checken, die Pedale einstellen und anderes. Nein, er fing einfach an und beim ersten Ton war da sofort dieser berühmte Sound. Es klang sofort nach DEM Peter Green! Was danach passierte, war rein und spirituell“. Toningeneur Yoram Lev sagt: „Das waren keine schlechten Musiker, aber als sie mit Green spielten, hob der sie auf ein andres Level. Ich habe sie nie zuvor so gut spielen hören.“ Schlagzeuger Buzin erinnert sich: „Wir wollten Green zunächst beeindrucken mit unserem Können, aber dann zeigte er uns, dass man den Blues auch anders spielen kann. Runder, weicher, nicht hart und verletzend. Und das sprang auf uns über. Wir sahen einander an und hatten alle denselben Gedanken: Wow!“ Green und seine neuen israelischen Freunde spielen mehrere Stunden. Die Master-Tapes der Session werden später leider verloren gehen. Heute existiert noch ein halbwegs hörbares Tape mit einem kurzen Teil der Session. Yoav Kutner spielt es bis heute manchmal im Nachtprogram des Armeesenders. Auf Youtube ist ein Auszug davon zu hören.




Danke herzlich, lieber B. Torsch, für kurze Ballade + link. Incredible Music – zum Niederknien!
Für mich als vollkommen Unkundigen diese vielleicht wissenswerte, sehr kompakte Ergänzung:
https://www.youtube.com/watch?v=6y_h156goXA
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