Amos Elon zählte ihn zu den bedeutendsten Autoren, die sich der Geschichte der Jüdischen Brigade im Zeiten Weltkrieg angenommen hatten. Er selbst ist einer der wenigen noch lebenden Angehörigen der Jüdischen Brigade. Seine Bücher, in denen er sich auch mit dem Wandel und den Entwicklungen in der israelischen Gesellschaft auseinandersetzte, wurden in mehrere Sprachen, bedauerlicherweise jedoch noch nicht ins Deutsche, übersetzt. Am 13. August 2016 begeht Chanoch Bartov seinen 90. Geburtstag, zu dem wir ihm herzlich gratulieren…
Von Robert Schlickewitz
Der Jubilar kam 1926 als Hanoch Helfgott in der einstigen Bauernsiedlung und heutigen Industriestadt Petach Tikva („Tor der Hoffnung“) als Kind von Einwanderern aus Polen zur Welt. Er besuchte zunächst eine religiöse Schule und dann das Ahad Haam Gymnasium.
Nachdem Bartov zwei Jahre als Diamanten-Polierer und Schweißer arbeitete, trat er 1943, als Siebzehnjähriger, dem Palästina-Regiment der britischen Streitkräfte bei.
Drei lange Jahre gehörte er der „Jüdischen Brigade“, jener britischen Einheit mit dem Schulterabzeichen, gelber Davidstern auf blau-weißem Grund, an. Drei Jahre, die prägend auf ihn einwirkten und die sein späteres Lebenswerk entscheidend mit beeinflussen sollten. Bartovs Einheit war zunächst in Palästina stationiert, wurde aber im letzten Kriegsjahr nach Italien verlegt, wo sie in Kämpfe mit der sich im Rückzug befindlichen Wehrmacht verwickelt wurde. Der junge jüdische Soldat nahm an zahlreichen Gefechten teil und kam auch mehrfach mit Deutschen in direkten Kontakt, wenn diese sich einzeln, oder in Gruppen, ergaben und in Gefangenschaft abgeführt wurden.
Die jüdischen Soldaten gaben sich bei solchen Gelegenheiten häufig als Juden zu erkennen, indem sie ihre Gegner auf Deutsch ansprachen oder auf ihre Abzeichen wiesen. Racheakte von Juden an Deutschen wurden in der Regel von den Vorgesetzten verhindert, kamen aber vor. In seinen späteren Werken sollte Bartov diese vom ethischen wie vom psychologischen Standpunkt her interessanten Begegnungen und Momente aufgreifen.
Bartovs Einheit wurde nach Kriegsende, im Juli 1945, per LKW-Konvoy nach Holland transferiert, wo er selbst als Sanitäter zum Einsatz kam. Seine Aufgabe bestand darin, sich in DP-Lagern um Holocaust-Überlebende zu kümmern und sie für den Transfer nach Palästina bereit zu machen. Auch diese illegale, und von den Briten nach Möglichkeit verhinderte, Tätigkeit des Schleusens von Juden nach Eretz gehört zur Geschichte der Jüdischen Brigade.
Wieder heimgekehrt studierte Chanoch Bartov an der Jerusalemer Hebräischen Universität Jüdische und Allgemeine Geschichte. 1948 allerdings, als der Unabhängigkeitskrieg ausbrach, zog er seine Uniform erneut an und diente in einer Armeeeinheit bzw. bei den israelischen Streitkräften.
Es schlossen sich vier Jahre der relativen Ruhe als Farmer und Lehrer im Kibbuz Ein Hahoresh („Der Quell des pflügenden Landmanns“) im Hefer-Tal, nördlich von Petach Tikva an, wo u.a. auch der berühmte Abba Kovner Jahrzehnte über lebte.
1966-1968 stand Chanoch Bartov der israelischen Botschaft in London als Berater in Kulturfragen zur Verfügung.
Bereits 1945, hatte er als junger Soldat in Europa seinen ersten Roman veröffentlicht. Dem sollten bald weitere Erzählungen und Romane, sowie Theaterstücke und Beiträge für Zeitungen folgen. Zwanzig Jahre über war Chanoch Bartov Kolumnist der 1948 von Ezriel Carlebach begründeten, und damals meistgelesenen, israelischen Zeitung „Ma’ariv“ („Abend“).
Von Chanoch Bartov stammen 10 Romane, sechs Sammelbände mit Kurzgeschichten, drei Essaybände sowie eine Biografie (1981/2002 überarbeitet) des aus Bosnien-Hercegovina stammenden Sepharden und ehemaligen Stabschefs der Israelischen Armee David („Dado“) Elazar (1925-1976), dem Israel die rasche Eroberung der Golanhöhen während des 6-Tage-Krieges verdankt.
Häufiges Sujet in den Werken des angesehenen israelischen Schriftstellers Chanoch Bartov sind Erstbegegnungen zwischen den soeben der Hölle der Konzentrationslager Entronnenen und den Angehörigen der Jüdischen Brigade. In „Pitzei Bagrut“ von 1965, englischer Titel „The Brigade“, beschreibt Bartov in Romanform die Operationen der Jüdischen Brigade.
Übersetzungen in die englische, die russische, die spanische und die griechische Sprache liegen vor, nur deutsche Verlage machten bisher offensichtlich einen Bogen um den Autor, der doch gerade allerinteressanteste Momente zwischen Deutschen und Juden literarisch verarbeitete.
Die deutsche Nationalbibliothek führt zwar den Namen Chanoch Bartov in ihrem Online-Katalog auf, jedoch kann ein Interessent dort weder ein Buch in hebräischer Sprache, noch eines in englischer bestellen, denn es befinden sich schlicht keine im Bestand. Nicht wesentlich besser sieht es im Internet-Buchhandel aus: Bei amazon (unter „Hanokh Bartov“ suchen!) gibt es gerade einen Titel, bei zvab deren drei im Angebot.
Auszeichnungen und Preise, die Chanoch Bartov für sein literarisches Werk erhielt:
Shlonsky-Preis (1965)
Yitzhak-Sadeh-Preis (1978)
Bialik-Preis (1985)
Literaturpreis des israelischen Präsidenten (1998)
Agnon-Preis (2005)
Ehrendoktorat der Tel Aviver Universität (2005)
Buchman-Preis (2006)
Preis des Ministerpräsidenten (2007)
Yehuda-Amichai-ACUM-Preis für sein Lebenswerk (2007)
Israel-Preis für Literatur (2010)
Quellen: ITHL, en.wiki, de.wiki, cs.wiki, eigene Recherchen.
Links:
http://www.ithl.org.il/page_13174
http://www.ithl.org.il/page_13737
http://www.ithl.org.il/page_13181
http://www.ithl.org.il/page_13180
http://www.library.illinois.edu/hpnl/Olin/transcripts/Bartov49final.pdf
http://www.olinfilms.com/brigade/resources/bios/bartov.html#
http://www.jewishpost.com/archives/news/the-jewish-brigade.html
http://docs.lib.purdue.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=1421&context=clcweb
http://www.haaretz.com/hanoch-bartov-83-wins-israel-prize-for-literature-1.264612
https://www.hagalil.com/2011/05/unabhangigkeiterklaerung/
https://de.wikipedia.org/wiki/Nakam
Documentary with Hanoch Bartov and others about the only all-Jewish fighting unit during WWII.
In Our Own Hands: The Hidden Story of the Jewish Brigade in World War II (1998)
Running Time: 85 min
http://mediaburn.org/video/in-our-own-hands-the-hidden-story-of-the-jewish-brigade-in-world-war-ii/
Youtube-Filme zur Geschichte der Jüdischen Brigade:
ISRAEL MUSIC HISTORY WWII Jewish Brigade Music Group Song פזמורת חיילים
https://www.youtube.com/watch?v=mzTjEqw2XoA
ISRAEL MUSIC HISTORY WWII Jewish Brigade Music Farewell of Slavianka בין גבולו
https://www.youtube.com/watch?v=JlK37afEvLc
ISRAEL MUSIC HISTORY WWII Jewish Brigade Music „Katusha“ לבלבו אגס וגם תפוח
https://www.youtube.com/watch?v=tRtHJtn1qt0
Holocaust survivors describe their first encounter with Jewish Brigade soldiers in Italy
https://www.youtube.com/watch?v=vceKeKRJhPM
https://www.youtube.com/watch?v=f3cPCKDXJ6U
Jewish Brigade film: „In Our Own Hands“
https://www.youtube.com/watch?v=uhWBCHYg_NA
The Jewish Brigade of the British Army (ww2)
https://www.youtube.com/watch?v=qwyYMMMWChc
The Spielberg Jewish Film Archive – Road to Liberty
https://www.youtube.com/watch?v=8u87dEy-9rE
JEWISH BRIGADE
https://www.youtube.com/watch?v=4XCyr0Jtlvc
War Stories 6of6: The Jewish Brigade
https://www.youtube.com/watch?v=QXvzrFjmm9E
WW2: British 8th Army Jewish Infantry Brigade, Faenza, Italy (March 27-29, 1945) [Roll#2]
https://www.youtube.com/watch?v=px0FIpnUTdI
Testimony of Jewish Brigade fighter David ben David
https://www.youtube.com/watch?v=qD83VgRaTCw
Holocaust survivor recalls the journey from Austria to Italy with Jewish Brigade soldiers
https://www.youtube.com/watch?v=7b3q4xlCT3I
Holocaust survivor recalls the military training with the Jewish Brigade soldiers after the war
https://www.youtube.com/watch?v=Ynfg8GrwfkU
Jewish Brigade Items carrying Star of David
https://www.youtube.com/watch?v=d6kEk_5R-Hg
Jewish Infantry Brigade of British 8th Army 220663-02
https://www.youtube.com/watch?v=1Y6owz0xAeQ
WW2: British 8th Army Jewish Infantry Brigade Celebrates Passover (March 27-29, 1945) | [Roll#4]
https://www.youtube.com/watch?v=qJ4CB86dG9c
Jewish Spanish Civil War veteran dies in Britain: last known member of 1930s Jewish brigade
https://www.youtube.com/watch?v=LRYmZ-dtANE
The Spielberg Jewish Film Archive – The Great Promise
Life in Eretz Yisrael as seen through the eyes of a Holocaust survivor and a Jewish Brigade soldier.
https://www.youtube.com/watch?v=zZGYYOTZ6Uw
Holocaust Survivor Testimony: Joseph Labi
https://www.youtube.com/watch?v=c-uExyJyrdk
The story of Reuven Dafni: A Jewish Paratrooper in WWII
https://www.youtube.com/watch?v=q4jSWrscxZk
A Jewish soldier in the British Army talks about his marriage to a Holocaust survivor