Das Setting: Die Palästina Solidarität Österreich hatte zu einer öffentlichen Veranstaltung eingeladen. “Global Sumud Aktivisten erzählen”. Es geht um die Reise der Gaza-Flottila und die kurze Zeit im israelischen Gefängnis. Ich bin gekommen, um zu bleiben. Reporterblut eben. Sitze ganz hinten am Kindersofa. Man isst Pizza mit Zwiebel und Oliven. Links neben mir sitzt eine sehr attraktive junge Irakerin (?) mit ihrer Schwester. Niemand beachtet mich und das ist gut. Ich habe vor zu bleiben, bis die Polizei mich raus bittet. Doch dazu kommt es nicht.
Von Götz Schrage
Zuerst spricht Julian Schütter. Zuletzt im B-Kader der Ski Nationalmannschaft. Julian ist ein nachdenklicher Mensch. Erst hat er über das Klima nachgedacht. Jetzt denkt er über den “kapitalistischen Kolonialismus” nach. Israel gibt es nicht in seiner Gedankenwelt. Es gibt nur das “sogenannte Israel” als “Speerspitze” quasi des Weltbösen. In seiner Sportkarriere hatte Schütter viel Pech mit Verletzungen. In seiner aktuellen Karriere als Aktivist hat er mehr Pech beim Denken. Israel – sorry das “sogenannte Israel” vertreibe die “indigene Bevölkerung um einen Ethno-Staat zu gründen”. Ich wünsche Schütter ein neues Thema. Irgendwas simples. Vielleicht Schauspieler. Ich könnte ihn mehr sehr gut als überforderten Polizisten in einer sechsten FARGO-Staffel vorstellen. Viel Glück dabei.
Zu Ashraf Abdelrahman fällt mir nicht viel ein. Sein Deutschkenntnisse ähneln meinen Arabischkenntnissen. Vielleicht ist er jetzt Vorarlberger? Vielleicht war er Rechtsanwalt? Ganz sicher ist er Österreicher und – richtig geraten – Israel scheint es nicht wirklich zu geben. Alles ist besetzt, alles ist eigentlich etwas anderes. From the River to the Sea ist keine arabische Zukunftsvision, sondern Teil seiner Realität. Irgendwann an einer beliebigen Stelle brandet Szenenapplaus auf und Ashraf schweigt. Kluge Entscheidung. Mit Anstand aus der Affäre gezogen. Vorarlberg darf nicht Israel werden. Dann ist alles gut.
Kommen wir zum Star der Veranstaltung. Kommen wir zu Erol Büyük. Ein Österreicher mit türkischen Migrationshintergrund und laut seinen Worten “Sprecher der muslimischen Community”. Ob er für die ganze muslimische Welt spricht, oder nur für die Teilnehmer der Flottilla, es macht keinen Unterschied. Diese Präpotenz, diese Selbstgefälligkeit im Vortrag, bleibt in jedem Fall beängstigend. Mehr gescheiterte Integration ist nicht möglich. Spoiler: Er wird seinen Sohn, der im Januar zur Welt kommen wird, Dschihad nennen. Das ist ihm auf der Reise eingefallen. Frenetischer Szenenapplaus und im Gegensatz zu Ashraf, legt Erol jetzt richtig los.
Coca Cola ist böse. Erol hat früher auch Coca Cola getrunken. Aber er ist jetzt ein Geläuterter und geläutert wird er oft. Sei es durch das Studiums der Korans, oder durch das Leben an sich. Im israelischen Gefängnis habe die Soldaten Coca Cola getrunken aus Dosen in diesem brutalen Rot. Rot wie Blut. Und sie haben es nicht gemacht, weil sie Durst hatten, sie haben das gemacht, um zu zeigen, “wir töten Kinder”. Beim Islam ist die Grenze zwischen Religiosität und Persönlichkeitsstörung fließend. Erol redet und redet und das Publikum hängt an seinen Lippen. Ich schreibe mit wie ein Verrückter und werfe meine Notizen hinterher weg, weil ich doch nicht ganz verrückt bin. Erol erzählt von Ben-Gvir, der sei nicht mal stehen geblieben und einfach an den Gitterstäben vorbei gelaufen, hinter denen Erol und seine Gebetsfreunde standen. Niemals habe ich mich Ben-Gvir so nahe gefühlt.
Ich verlasse die Veranstaltung, weil ich es nicht mehr ertrage. Wären unmittelbar danach Wahlen gewesen. So richtig gestern Abend meine ich, hätte ich jede Partei gewählt, die mir garantiert, dass wir keine weiteren Erols mehr einbürgern. Nicht einen einzigen. Ich verlasse die Veranstaltung, weil ich verdumme mit jeder Minute. Abgesehen davon habe ich die Pizza der Kinder in der Nase. Die Pizza Rezeptoren schreien nach Stoff und ich gehe in meine liebste türkische Pizzeria.
Es ist eigentlich mein Feierabend. Ich bin fertig mit Recherche (dachte ich), aber am Nebentisch sitzen vier Israelis. Zwei ältere Paare, die Frauen haben die Haare pechschwarz gefärbt und trinken Weißwein mit Eiswürfen und Strohhalm. Die Männer tragen viel zu bunte Pullover. Alle vier sprechen ganz leise. Vier Juden mit alkoholischen Getränken in der Hand, die leise Ivrit sprechen. Es ist so ein Schande. In welcher Welt leben wir hier in Österreich. Und sie flüstern sicher nicht, weil sie Angst vor Andreas Mölzer oder Dominik Nepp haben. Sie tun es wohl, weil sie aus einem Land kommen, was bei den Islamfaschisten eigentlich gar nicht gibt mit bösen kindermordenden Soldaten und weil wir in einem Land leben, wo man sich den Islamfaschisten nicht genug entgegenstellt. Österreich akzeptiert leise Juden und laute Faschisten. Eine Schande!
Ich wünsche mir zum Nationalfeiertag ein Österreich, wo Juden laut sprechen wie sie wollen und so laut lachen, wie sie möchten Ohne jede Angst. Und ich wünsche mir ein Österreich, dass keinen einzigen Erol mehr einbürgert für die nächsten hundert Jahre und einen Weg findet, die vorhandenen Erols auch gedanklich einzubürgern. Sonst haben wir hier keine Zukunft und ich meine nicht die Juden, ich meine uns alle. Entweder wir haben hier weiter Österreich, oder wir unterwerfen uns gleich. So schaut’s aus. Leider!



