Die Davidsstadt – das historische Herz Jerusalems

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Foto: M. Khachidze

Einer der eindrucksvollsten Momente meiner Reise nach Jerusalem war der Besuch der Davidsstadt. Als ich den Hügel östlich der Altstadt bestieg, hatte ich das Gefühl, dass die Geschichte direkt vor meinen Augen lebendig wurde. Hier beginnt die Geschichte Jerusalems – an diesem Ort gründete König David das zweite Königreich Israels und machte die Stadt zu einem geistigen und politischen Zentrum.

Von Mikheil Khachidze

Die Davidsstadt bleibt ein archäologisches Wunder und zugleich eine faszinierende Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart, die Besucher auf eine magische Reise durch die Schichten der Zivilisation führt. Jeder Stein und jede Mauer erzählen von biblischen Zeiten, von der Epoche der Könige und auch von den Spuren großer Zerstörungen.

Besonders stark beeindruckte mich der Hiskija-Tunnel, den ich selbst durchschritt. Das Rauschen des Wassers, die Enge des unterirdischen Ganges – all das ließ mich spüren, wie einst diese technische Meisterleistung das Überleben der Stadt sicherte.

Foto: M. Khachidze

Archäologische Forschungen in der Davidsstadt begannen Mitte des 19. Jahrhunderts. 1838 entdeckte Edward Robinson den Hiskija-Tunnel, 1867 grub Charles Warren das mit der Gihon-Quelle verbundene Wassersystem aus, und 1880 wurde dort eine Inschrift gefunden, die als einer der ältesten hebräischen Texte gilt. Als ich an diesem Ort stand, spürte ich nicht nur die wissenschaftliche Bedeutung, sondern auch eine persönliche Verbindung – als ob Vergangenheit und Gegenwart einander begegneten.

Hier sind Fragmente von Verteidigungsmauern aus dem 13. Jahrhundert v. Chr., Reste von Festungsanlagen und Strukturen, die vermutlich die königliche Residenz Davids waren. Für mich war gerade dieser Teil besonders eindrucksvoll – die Vorstellung, dass von hier aus der Aufstieg des vereinigten Königreichs Israel begann.

Doch die Geschichte der Davidsstadt erzählt nicht nur von Glanz und Größe. 586 v. Chr. zerstörten die Babylonier Jerusalem nach einer langen Belagerung, brannten den Tempel und die Paläste nieder. Die biblischen Texte schildern diese Tragödie so eindringlich, dass man sie auch heute noch spüren kann. In den folgenden Jahrhunderten verlor die Davidsstadt zwar ihre zentrale Bedeutung, doch ihr Erbe blieb lebendig.

Heute pulsiert die Davidsstadt wieder vor Leben – seit den 1990er-Jahren leben hier erneut jüdische Familien, und die archäologischen Ausgrabungen dauern bis heute an. Als ich dort saß und den Blick über das Panorama des alten Jerusalem schweifen ließ, wurde mir bewusst: Dieser Ort ist nicht nur Geschichte, sondern ein ununterbrochener Strom des Lebens – eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

Mikheil Khachidze ist ein georgischer Journalist, der seit vielen Jahren über Israel, jüdisches Leben und die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten berichtet. Er schreibt für georgische und internationale Medien und verbindet persönliche Eindrücke mit politischer Analyse.