Bethlehem in Galiläa

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Fotos: © C. Wollmann-Fiedler

Der Templerorden, der christliche Ritterorden, wird im Mittelalter im Königreich Jerusalem gegründet, um christliche Pilger vor Überfällen und Räubereien zu schützen. Muslime zum Christentum zu bekehren ist ein weiteres Ziel. Bereits nach zweihundert Jahren, 1312, löste sich die „Arme Ritterschaft Christi“ nach einem päpstlichen Prozess auf.

Von Christel Wollmann-Fiedler

Die Römer besetzten zuvor die Region am Mittelmeer, zerstörten den Tempel, kehrten nach Hause zurück und nahmen die Menora und andere Tempelgeräte als Beute mit nach Rom. Auf dem Titusbogen, einem Triumphbogen, ist die Menora abgebildet. Juden leiden noch immer unter dem Verlust.

Ein großer Sprung ins 19. Jahrhundert, ins Jahr 1868 wird getan als die ersten Templer aus dem Württembergischen Königreich ins Wüstenland an der levantinischen Küste ankommen. Der Württembergische König kauft Land, Moschawim werden gegründet, die bis in die Gegenwart zu bewundern sind, ja, zu bewundern. Die festen Steinhäuser sind von guter Qualität, in den Gärten blühen Blumen und wächst Gemüse, wie damals zu Hause im Heckengäu unweit von Böblingen, im Remstal bei Stuttgart oder anderen württembergischen Ortschaften. Evangelisch ist ihr Glaube, pietistisch ist ihr Denken und Handeln, eine selbständige christliche Glaubensgemeinschaft sind sie. 1850 entsteht diese christliche Templergesellschaft, auch Württemberger Templer, genannt. 

„Die Mitglieder betrachten sich als „lebendige Bausteine“ eines Gotteshauses, das sie durch ihr Miteinander bilden. Wesentlich ist die Bereitschaft zur Mitarbeit und Pflege der christlichen Gemeinschaft. Kirchliche Lehrsätze werden als weniger zentral betrachtet, Glaubenssätze zur Gottessohnschaft (und damit zur Dreifaltigkeit), Erbsünde und Erlösungstod Jesu zum Teil strikt abgelehnt. Jesus von Nazareth wird vor allem als Lehrmeister, als von Gottes Geist durchdrungener Mensch betrachtet und gilt als nachahmenswertes Vorbild des Gottvertrauens und der Nächstenliebe: „Wer nach dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit trachtet, findet Erfüllung im Hier und Jetzt.“

Anfang des 20. Jahrhunderts kamen mehrere hundert Templerfamilien ins Heilige Land. In den 1930er Jahren wohnten etwa 2.200 deutsche Templer in Palästina.

Templerfriedhof Jerusalem

Die Deutsche Kolonie in Haifa entsteht außerhalb der Stadtmauer, Schule und Friedhof gehören dazu, ebenfalls entsteht Sarona, heute ein Teil von Tel Aviv, die Wilhelma, Bnei Atarot bei Jaffa, Bethlehem in Galiläa, ganz in der Nähe von Waldheim Alonei Abba, und Jerusalem. Durch ihren immensen Fleiß und ihr Wissen im Weinbau, in der Landwirtschaft und als Handwerker haben sie Palästina mit aufgebaut. Architekten aus Württemberg wandern ins Osmanische Reich aus, entwerfen und bauen nicht nur für die Templer, auch für andere Institutionen im Heiligen Land Kirchen und Krankenhäuser. Theodor Sandels aus Heilbronn gehört dazu, Conrad Schick von der Schwäbischen Alb und Gottfried Bäuerle. Theodor Sandels ist später viele Jahre Bürgermeister in der Templerkolonie Emek Refaim damals Nahe Jerusalem. Als eines der ersten modernen Dörfer wird Sarona im heutigen Tel Aviv beschrieben. Als Straßendörfer werden sie angelegt und Bäume zu beiden Seiten des Weges gepflanzt.

Sarona in Tel Aviv

Mit  Muslimen und Juden leben die Templer im gesamten Heiligen Land zusammen, doch 1922 wohnten in Bethlehem 111 Christen, davon 95 pietistische Templer, 113 Muslime und 16 Melkiten.

In Haifa, Jerusalem und Tel Aviv sind die deutschen Häuser mit Bibelsprüchen über der Haustür in deutscher Sprache beschriftet. Wie in Deutschland haben die Häuser rote Ziegeldächer und schmiedeeiserne Gartenzäune. Landwirtschaftliche Siedlungen werden von diesen Palästinadeutschen durch ihren Fleiß und ihren Willen im Heiligen Land geschaffen.

Da ist noch Bethlehem in Galiläa, ein Moshaw am Fuße des Karmelgebirges, zu erwähnen. Ja, richtig, in Galiläa. Die Christen in der weiten Welt kennen seit ihrer Kindheit das  Bethlehem in Judäa, wo Jesus geboren wurde und in einer Krippe lag. Vom christlichen Zauber ist wenig geblieben, eher ein Disneyland ist daraus geworden.

Selbst Wissenschaftler sind sich noch immer nicht so richtig einig und schwanken mit den Gedanken hin und her. Ist Jesus wirklich in Judäa geboren worden oder gar im galiläischen Bethlehem in der fruchtbaren Jesreelebene, die zwischen den Bergen Galiläas und Samaria liegt, eben nahe bei Nazareth? Maria und Joseph der Zimmermann lebten in Nazareth und Jesus verbrachte hier seine Kindheit.

Lassen wir die Wissenschaft beiseite und gehen wir auf der Dorfstraße durch das ausgestorbene Bethlehem in Galiläa. Die bäuerliche Umgebung ist nach wie vor eine regelrechte Pracht, ein Dorf der Ruhe mit wunderschöner Landschaft, die fast gottesfürchtig wirkt. Die Dorfstraßen sind nicht geteert, Staub weht über die Wege, wie damals in Württemberg.

Natürlich gibt es in dem Ort und überall in Israel keine Templer mehr, auch hatten sie keine Beziehung zu dem Templerorden aus dem Mittelalter, der zu Beginn erwähnt wird. Jüdische Familien   bewohnen die gut gebauten noch erhaltenen Häuser, auch die Äcker werden landwirtschaftlich gut versorgt. Schafe weiden auf den fetten Wiesen und grasende Kühe sind zwischen den Olivenbäumen zu sehen, irgendwo krähen Hähne. In die Landschaft zu schauen ist erholsam für das Auge und die Seele. Irgendwo da hinten ist der Heilige Berg Tabor und der Berg Arbel zu erkennen. Im Jahr 2006 wird ein Denkmal zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus im Ort errichtet.

Von den Engländern werden die Württembergischen Templer in der Nazizeit ausgewiesen und nach Australien verschickt, alte Menschen und Frauen mit Kindern nach Deutschland. Mit dem Hitlerreich sympathisieren sie enorm, gehen in die NSDAP und über 300 Männer sollen im 2. Weltkrieg in die Deutsche Reichswehr gegangen sein. Eigentlich haben sie Württemberg seinerzeit verlassen, um dem Militär aus dem Weg zu gehen. Auch das gehört zu ihrer Ideologie. Die Engländer fackelten nicht lange und verbannten sie weit weg. Nach dem 2. Weltkrieg durften sie nicht in die Britische Besatzungszone in Deutschland.

Araber und ein Jude ziehen nach dem Weggehen in das Dorf und setzen die Landwirtschaft fort. 1945 sollen im Moshaw 210 Muslime und 160 Christen gewohnt haben. Nach der Eroberung durch die Hagana und die Staatsgründung 1948 ziehen säkulare Juden und Shoaüberlebende ein. Bis heute bleibt der Tourismus draußen und zur Gewürzfarm vor Ort wird der Verkehr umgeleitet. Eine neue Straße wurde gebaut.

Alle Fotos: © C. Wollmann-Fiedler