Gefangen auf der Urlaubsinsel

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In einer Original Nissenhütte informiert die Jewish Community in Larnaca über die Internierungscamps auf Zypern 1946–1949

Nach der Niederschlagung des Nationalsozialismus sahen die Überlebenden der Shoa für sich keine Zukunft mehr in Europa. Viele wollten nach Palästina, doch der jüdische Staat existierte noch nicht und die britische Mandatsmacht verhinderte die Immigration. Dennoch machten sich Zehntausende illegal auf den beschwerlichen Weg: Nachdem sie nur knapp der Vernichtung entkommen waren, jahrelang in den DP-Camps ausharren mussten, die Alpen überwunden und in überfüllten Booten das Mittelmeer überquert hatten. Bei ihrer Ankunft im Hafen von Haifa wurden sie sofort auf britische Schiffe verladen und nach Zypern deportiert. In zwölf mit Stacheldraht umzäunten Lagern, darunter ein Camp für Kinder und Jugendliche, mussten über 52.000 jüdische Männer, Frauen, Mädchen und Jungen Monate und Jahre verbringen, bis sie sich endlich in Erez Israel niederlassen durften. Fünf dieser Camps befanden sich in der Nähe von Famagusta. Sie wurden als Sommerlager bezeichnet und bestanden aus Zeltstädten, in den sieben Winterlagern, in der Region Larnaka dienten Wellblechbaracken (Nissen Huts) als Unterkünfte.

In einer solchen originalen Nissen Hut informiert das im Aufbau befindliche Jewish Museum of Cyprus in Larnaca über die Geschichte der verhinderten Immigration nach Erez Israel und der damit verbundenen Internierung. Durch die Präsentation von einigen Original-Exponaten, wie z. B. Bettgestelle, Dokumenten und vielen historischen Fotografien wird es möglich, in die immer noch kaum bekannte Geschichte der Internierungscamps einzutauchen. Der Aufenthalt in der Blechbaracke lässt den Besucher auch hautnah nachempfinden, wie es den Internierten seinerzeit ergangen ist. Bei Sonnenschein erhitzt sich die Hütte unerträglich, es gibt keine Lüftung, das Atmen fällt schwer. Im Winter dringt die Kälte durch alle Ritzen. Zudem ist die Hütte eingezäunt und durch ein mit Stacheldraht versehenes Tor gesichert.

Zurzeit besteht das Museum lediglich aus dieser Nissenhütte auf dem Gelände des Jewish Center of Cyprus. Dennoch ist ein Besuch dieser kleinen Ausstellung ausdrücklich zu empfehlen. In einem eigenen Haus soll zukünftig die Geschichte der Juden in Zypern sowie die der Internierungslager umfassend präsentiert werden. – (jgt)

Erste Einblicke in das Projekt unter:
https://www.jmcyprus.org/

Cyprus Jewish Community Centre, Apollodorou 4, 6020 Larnaca
Öffnungszeiten: Montag – Donnerstag: 9.00 – 17.00 Uhr.
Um telefonische Voranmeldung wird gebeten +357 24 661770

Weitere Informationen über die „Internment-Camps“ finden Sie in dem soeben veröffentlichten wissenschaftlichen Aufsatz: Jim G. Tobias, Nach der Shoa: Leben hinter Stacheldraht. Die Internierungslager auf der Insel Zypern 1946–1949, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 71 (2023) 7/8, Metropol Verlag, Berlin, 14,- €, S. 646–663.

Bilder: Mehrere Familien waren in diese Blechhütten zusammengepfercht. Abgehängte Decken zwischen den Betten ermöglichten nur wenig Privatheit. Dennoch wurden über 2.200 Kinder in den Camps geboren. Fotos: Jim G. Tobias