Haftstrafe für den Antisemiten und Holocaustleugner Reza Begi

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Endlich. Nach acht Jahren regelmäßiger „Israelkritik“, Shoahrelativierung und – leugnung ist hiermit vorerst einmal Schluss. Der iranischstämmige ehemalige Kölner Taxifahrer Reza Begi wurde am 14.2. vom Amtsgericht Tiergarten in Berlin wegen neun Fällen von Volksverhetzung zu einer Haftstrafe von 14 Monaten ohne Bewährung verurteilt.

Von Jennifer Marken

Der sendungsbewusste Begi, den manche wegen seines „schrillen“, emotionalen Auftretens als „krank“ zu entpolitisieren versuchen, blickt, als Erbe der antisemitischen „Kölner Klagemauer“, auf eine zumindest achtjährige Karriere als überzeugter Shoahleugner zurück. Bei einem Prozess gegen die überzeugte Shoahleugnerin und hafterfahrene Naziikone Haverbeck hatte er im Dezember 2020 vor laufender Kamera gegenüber dem Jüdischen Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus zum wiederholten Male den Holocaust öffentlich geleugnet: „Ich halte (den) Holocaust für eine Lüge. Es ist eine Lüge!“ Weder „der Zentralrat der Juden“ noch „irgendwelche Politiker, Wissenschaftler, Historiker“ hätten eine Antwort auf die Frage gegeben, wo sich denn der Holocaust ereignet habe. „War Auschwitz ein Vernichtungslager oder war Auschwitz ein Arbeitslager? Das ist eine offene Frage“, sagte Begi im Gerichtssaal in die Kamera. 

Begis Verurteilung ohne Bewährung wegen Volksverhetzung in neun Fällen sowie wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt – die Staatsanwaltschaft attestiert Begi ein „geschlossenes antisemitisches Weltbild“  – sollte einen Anlass bieten, einen Blick zurück auf die sehr lange antisemitische Karriere des Deutsch-Iraners zu werfen. Gepaart war sie durchgängig mit einer Kooperation mit Querfront-Protagonisten wie auch mit zahlreichen gemeinsamen Auftritten mit Neonazis und versierten Holocaustleugnern. Erst vergangenes Wochenende hatte Begi gemeinsam mit 800 „harten“ Neonazis in Dresden bei einem „Trauermarsch“ demonstriert. Um den Schein eines „Trauermarsches“ zu wahren sollten nur schwarze Fahnen mitgeführt werden – es sei denn, man komme aus einem anderen Land: Holocaustleugner Reza Begi nahm mit einer iranischen Fahne am „Trauermarsch“ teil, wie Belltower auch mit einem Foto belegt hat. Im Live-Streams sprach Begi von einem „Endsieg“ und der „Wahrheit über Auschwitz“ (Jüdische Allgemeine, 14.2.2023), vom „Bombenholocaust in Dresden“, vom „Bombenterror“ sowie vom „größten  Völkermord in der Menschheitsgeschichte.“

Die Volksverhetzungs-„Karriere“ des Deutsch-Iraners und „Klagemauer“-Erbes dauert jedoch bereits sehr viel länger an, als das Urteil vermuten lässt.

2015: Kölner „Klagemauer“

Bundesweite Aufmerksamkeit suchte und fand Reza Begi bereits 2015 in Köln. Mit Unterstützung des seinerzeit 76-jährigen Kölner „Klagemauerbetreibers“ Walter Herrmann trat er als Nachfolger des seinerzeit kranken Herrmann in Szene. In langatmigen YouTube-Videos inszenierte er sich als friedensbewegter Kölner Taxifahrer, der sich „für den Weltfrieden“ engagiere. Er bezeichnete sich auch gerne als Kölns jüngsten und vollständig integrierten iranischstämmigen Taxifahrer, gewissermaßen als ein Musterbeispiel für eine gelungene Integration. Das kam in Köln gut an, auch beim WDR (s.u.).

Bereits 2015 meldete Begi in bester Wahnwichteltradition in Köln mehrere „Friedensdemonstrationen“ an, auf denen er gemeinsam mit der früheren Pegida-Frontfrau Oertel und Herrmann als palästinensischer Interessenvertreter und Friedensfreund auftrat. Es folgten im November 2015 eine weitere vorgeblich „pro-palästinensische“ Demonstration, auf der er gemeinsam mit Hecht-Galinski sowie Fuad Afane auftrat. Am Ende der Kundgebung kam es zu Tätlichkeiten gegenüber israelsolidarischen Gegendemonstranten.

Im Hintergrund wirkte für Begi – sie dürfte wohl auch einige seiner ideologisch gefestigten damaligen Reden geschrieben haben – offenkundig eine Kölner Querfront-Gruppe, deren wenige Mitglieder früher in der DKP waren und sich nun als „Arbeiterfotografen“ bezeichnen. Sie betreiben auch eine entsprechende Verschwörungsseite, auf der die antisemitische „Kölner Klagemauer“ virtuell weiterhin inszeniert wird. Auf linken Kölner Demonstrationen fotografieren sie regelmäßig linke Gegendemonstranten ab. Und auf rechten Coronaleugner-Demos sind sie immer inmitten der Rechten präsent. Bei Begis Kölner Kundgebungen waren sie auch immer dabei. Weltweite Aufmerksamkeit gefunden hatten diese Kölner Querfront-Gruppe bereits 2012 als Teilnehmer eines „Staatsbesuches“ beim damaligen  iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad. Der Spiegel titelte seinerzeit, auch wegen der Teilnahme eines FDP-Delmenhorster Lokalpolitikers, von einer „wundersamen Reisegruppe“: „Organisiert hat die Reise Yavuz Özoguz. Er ist Vorsitzender des bundesweiten Vereins „Islamischer Weg“, der es schon in diverse Verfassungsschutzberichte brachte. Gleiches gilt für die von Özoguz betriebene Internetseite „Muslim Markt“, die auch im Antisemitismusbericht der Bundesregierung erwähnt wird. Auf der Seite empört er sich, dass wegen der Iran-Reise „die Gegner Deutschlands, Rassisten, Faschisten, Kapitalisten, Imperialisten und Zionisten aus allen Rohren ihrer verkommenen Seelen Feuer spucken“, schrieb der Spiegel 2012.

Die Fotos der Teilnehmer, darunter auch Elsässer, der „Muslimmarkt“ und die beiden sehr rechten „Arbeiterfotografen“, wurden von der iranischen Nachrichtenagentur verbreitet; auch der Spiegel brachte das Foto.  

Das waren die intimsten Kölner Unterstützer von Reza Begi. Am 6.11.2016 marschierte Begi in Berlin  bei einer „Merkel muss weg“-Demo an der Seite von Flüchtlingsgegnern, Pegida-Anhängern, Reichsbürgern, Hooligans, Landsmannschaften und „Identitären“ mit. Seine bundesweite Verankerung war bereits vor sieben Jahren offenkundig.

Dresden 2017: Auftritte mit Neonazis und Shoahleugnern

Begis Karriere als Nachfolger der antisemitischen „Kölner Klagemauer“ ging konsequent weiter. Im Februar 2017 trat er in Dresden gemeinsam mit hardcore-Shoahleugnern der Naziszene, darunter Gerhard Ittner, auf. Dieser präsentierte sich auf der Kundgebung als „überzeugten Nationalsozialisten“ und pries die NS-Ideologie als „Modell für die ganze Welt“. Nahezu alle Redner dieser Neonazikundgebung unter Beteiligung Begis gehörten dem engen Umfeld der unverbesserlichen Shoahleugnerin Haverbeck an. Haverbeck war also bereits 2017 ein fester ideologischer Orientierungspunkt für den Deutsch-Iraner.

Weitere Kundgebungsteilnehmer in Dresden waren der „Druide“ Bangert, der Reichsbürger Enrico Bohnet sowie die ehemalige Mahler-Lebensgefährtin und mehrfach wegen Volksverhetzung vorbestrafte Sylvia Stolz.  

Begi präsentierte sich auf der Kundgebung unübersehbar, stets an vorderster Stelle, mit einem überdimensionalen Transparent unmittelbar neben dem Hauptredner Ittner wie auch gemeinsam mit Sylvia Stolz , was auf mehreren YouTube-Filmen sowie vom MDR (siehe auch, bebildert, auf haGalil, 14.2.2017) dokumentiert worden ist.

Auf seiner Facebook-Seite übte Begi zeitgleich noch weniger taktische Zurückhaltung. 2016 postete er, „die Welt solle sich, anstatt Iran zu sanktionieren, mit „dem Terrorstaat Israel“ und dessen „Helfer Deutschland“ beschäftigen (…) „Die Halbjüdin und Faschistin Angela Merkel sollte sanktioniert oder gestürzt werden. Iran ist ein friedliches Land, FUCK U USA, FUCK U ISRAEL, FUCK U HURE ANGELA MERKEL.“ Sich selbst bezeichnete Begi immer wieder als „Weltfriedenskanzler“. Ideologisch querfrontmäßig bestens geschult ließ er wissen, dass Deutschland „wegen des Irans“ von Israel erpresst werde. Auf seiner FB-Seite schrieb Begi am 4.2.2017: „Am 11.02.2017 um 14 Gedenken wir in Dresden dem Bombenholocaust an Zivilisten im Jahre 1945 durch die Imperialisten UK und USA, und gleichzeitig feiern wir den Sieg der iranischen Revolution vom 11.02.1979 über die Imperialisten und Zionisten UK, USA, ISRAEL“, wie ein Autorinnenkollektiv im Februar 2017 auf haGalil berichtete.

2018: WDR feierte Begi – „Holocaust is a lie“

All dies inszenierte Reza Begi jedoch keineswegs, wie man annehmen könnte, aus einer absolut isolierten Position. Im Gegenteil. Im WDR wurden seinerzeit sowohl Walter Herrmann als auch Begi mehrfach prominent positiv präsentiert  – Herrmann sogar in der Renommee-Sendung „Zeitzeichen“ als eine besondere Persönlichkeit der Zeitgeschichte. Auch dessen Weggefährte Begi wurde vom WDR in einem rührenden Portrait, welches der WDR prominent und über Monate abrufbar auf seiner Website veröffentlichte, gefeiert. Dort wurde Begi in einem anrührend anmutendem Portrait als „Deutschlands jüngster Taxifahrer“ dargeboten – obwohl dessen antisemitischen Ausfälle in Köln bereits seit Jahren durchaus nicht unbekannt waren. Weiter hieß es dort: Die Wartezeit im Taxi nutze dieser, um zu lernen. Er habe, so sagte Reza Begi in diesem WDR-Portrait, „die Zeit im Taxi genutzt, um etwas Positives zu machen.“ Er habe „Zauberei gelernt und die spanische Sprache gelernt.“ Obwohl den WDR mehrfach scharfe briefliche Proteste gegen dieses Portrait des Holocaustleugners und Querfrontlers erreichten, auch mit dem Hinweis, dass Begi u.a. auf Facebook geschrieben hatte: „Holocaust is a lie“, blieb der Beitrag sogar nach einem Beitrag von haGalil über Begis permanente Shoahrelativierungen und -leugnungen weiterhin online . Erst nach weiteren Protesten löschte der WDR seine rührselige Homestory über Begi.

Köln 2018: Strafverfahren wegen Volksverhetzung

Im August 2018 leitete die Staatsanwaltschaft Köln ein Strafverfahren gegen Begi wegen Volksverhetzung ein. Das Verfahren wurde fünf Monate später vorläufig eingestellt, weil „der Aufenthalt des Beschuldigten nicht ermittelt werden“ könne. Begi war, wie er auch auf Facebook kundtat, zu seiner Schwester in den Iran geflohen. Dort postete er ein Foto, auf dem er gemeinsam mit dem ehemaligen iranischen Präsidenten Ahmadinedschad zu sehen war. Es blieb längere Monate still um ihn. Später postete er, dass er in einem iranischen Gefängnis gesessen habe, seine Sehnsucht nach Deutschland sei ausgeprägt. Andere Gerüchte machten die Runde, dass Begi im Iran eventuell in der Psychiatrie festgesessen habe. In welcher Weise die iranischen Behörden den Kölner Begi hierbei „beeinflussten“ und „beauftragten“ bleibt unbeantwortbar.

Am 29.9.2018, anlässlich des Besuches Erdogans in Köln, tauchte der orientierungs- und terminsichere Begi bei einer Kundgebung der sehr rechten Kölner Bürgerwehr „Internationalen Kölschen Mitte“ auf. Diese rechte Kölner Kampftruppe, aus deren Mitte mehrere bekannte lokale Neonazis wie auch ein mit Hitlergruß und Böllerwürfen im FC-Stadion berühmt gewordener 35-Jähriger Straftäter stammt, veranstaltete auf der Kölner Bahnhofsrückseite eine Protestkundgebung gegen Erdogan. Auf Facebook schrieb Begi zeitgleich, dass er Präsident Erdogan sehr gerne am Flughafen abholen wolle.

2019: „Bombenholocaust von Dresden und Gaza-Stadt“: Begi vereint mit Neonazis in Dortmund und Dresden

Am 25. Mai 2019 tauchte Begi, nach seinem Iranaufenthalt sichtlich abgemagert, trotz des bestehenden Haftbefehls im Rahmen des neonazistischen „Europa-Erwache“ – Wahlkampfes der Dortmunder Neonazis von „Die Rechte“ in Dortmund-Hörde auf. Er trug, wie alle Neonazi-Teilnehmer, ein rotes Die-Rechte T-Shirt für Haverbeck, was eine gewisse Intimität im Umgang voraus setzt. Auf einem Foto sah man, wie Begi vom „harten“ Düsseldorfer Neonazi Sven Skoda energisch eingewiesen und ermahnt wurde.

Am 15.7.2019 ging es, erneut in einem geschichtsrevisionistischen Kontext, weiter. Diesmal trat der räumlich, zeitlich und ideologisch bestens orientierte Begi bei der montäglichen Pegida-Demonstration in Dresden auf, wie die Website Friedensdemowatch dokumentiert hat. Erneut sprach er vom „Bombenholocaust von Dresden und Gaza-Stadt“. Auf Twitter wurde zeitgleich mit einem Foto Begis darauf hingewiesen, dass dieser auf der Kundgebung „erneut den Holocaust geleugnet“ habe. Die anwesende Polizei habe „sich der Sache angenommen“. Die Polizei Sachsen bestätigte dies kurz danach auf Twitter. 

Diese Liste antisemitischer und die Shoah leugnender Auftritte Reza Begis ließe sich noch deutlich erweitern. Legendär war auch ein von „stadtrand aktion“ am 13.4.2021 auf Twitter publiziertes Video, auf dem Begi auf dem Weg zum Bundestag von der Polizei abgefangen wurde. 

Reza Begis Verurteilung u.a. wegen öffentlicher Leugnung der Shoa zu 14 Monaten Haft ohne Bewährung – bei Prozessbeginn im November 2022 wurden ihm 25 Taten aus dem Zeitraum vom Mai 2020 bis September 2021 zur Last gelegt, darunter auch eine Shoahleugnung vor der israelischen Botschaft gegen 5 Uhr morgens (Tagesspiegel, 8.11.2022) – hat eine sehr lange Vorgeschichte. Die zahlreichen weiteren Delikte aus den zurückliegenden Jahren fanden hierbei offenkundig keine Berücksichtigung.

Einsicht dürfte bei Reza Begi auch durch die Haft eher nicht zu erwarten sein.

Bild oben: Begi (r.) bei der Neonazi-Demo am 25. Mai 2019 in Dortmund; Photo: Jennifer Marken