Vom 16. bis 31. Januar 2023
Di., 17. Jan · 20:35-21:20 · ZDF
Hitlers Macht – Der Aufsteiger
„Der Aufsteiger“ heißt die erste Folge der dreiteiligen ZDF-Dokumentation „Hitlers Macht“ zum 90. Jahrestag der Regierungsübernahme am 30. Januar 1933. Wie konnte aus einem „Niemand“ in wenigen Jahren ein Machtmensch werden, der eine Demokratie zu Fall bringt? Wo liegen die Momente, die Hitler zu Geltung und Einfluss verhalfen? Wer waren seine Unterstützer? Welche Stimmungen in der Bevölkerung kamen ihm entgegen? Die NS-Propaganda stilisierte ihn zum Erfüller einer „deutschen Mission“. Hitler selbst verstieg sich in dem Wahn von der eigenen „Vorsehung“. Tatsächlich war er nach dem Ende des Ersten Weltkrieges ein bedeutungsloser Niemand. Der Gefreite des Krieges entschied sich nicht aus eigenem Antrieb für die Politik, vielmehr wirkte er wie ein vagabundierender Opportunist, ein Suchender, der nach der deutschen Niederlage zwischen linken und rechten Extremen lavierte. Es war die Reichswehr, die Hitler 1919 in München zum Propagandisten ausbildete, die Militärs unterstützten gezielt rechtsextreme Gruppierungen. Hitlers Talent als fanatischer Redner machte ihn zwei Jahre später zur Führungsfigur in der NSDAP. Die deutsche Misere gehe allein auf innere und äußere Feinde zurück, hämmerte er seinem Publikum ein, fand dabei dankbare Gläubige. Der Antisemitismus, den er schon in Wien erlebt hatte, rückte vom Rand ins Zentrum seines Weltbildes. Damit einher ging die Behauptung von einem ewigen Kampf der Völker um Lebensraum, in dem sich die „höherwertige Rasse“ durchsetzen würde. Im November 1923 griff Hitler zum ersten Mal nach der Macht – und scheiterte. Der sogenannte Marsch auf die Feldherrnhalle, der zum Sturz der Berliner Regierung führen sollte, endete im Kugelhagel der Münchner Polizei. Hitler wurde verhaftet. Die Richter hatten es in der Hand, seine Karriere zu beenden und einen weiteren Aufstieg zu verhindern. Doch die Justiz zeigte sich erstaunlich nachsichtig. Hitler konnte den Gerichtssaal als Propagandabühne nutzen und nach vorzeitiger Entlassung einen neuen politischen Anlauf wagen – unterstützt von nationalkonservativen Kultur- und Wirtschaftskreisen, die ihn regelrecht aufbauten. Als Ende der Zwanzigerjahre heftige Krisen Deutschlands Wirtschaft und Politik erschütterten, sah Hitler seine Stunde gekommen. Mit gezieltem Terror und zügellosen Versprechungen schlug er Kapital aus der Unsicherheit. Die Weimarer Republik galt als glücklos und chaotisch, Hitler verhieß vermeintlich neue Größe und das Ende allen Übels. Gleichschritt statt Vielfalt, Volksgemeinschaft statt Parteien, Ordnung statt Freiheit, Führerwille statt Demokratie, solche Parolen verfingen bei vielen Deutschen. Bei den Reichstagswahlen 1930 erlangte Hitler zwar einen erstaunlichen Sieg, aber auch danach nie die absolute Mehrheit. Durch Intrige, Irrtümer und die Initiative demokratiefeindlicher Kräfte gelang es ihm schließlich, an die Macht zu kommen. Die Steigbügelhalter unter den Nationalkonservativen hofften, ihn zu zähmen und für eigene Zwecke einspannen zu können – bis zu dem Zeitpunkt, als er sie entmachtete.
Di., 17. Jan · 23:30-00:15 · SWR
Nicht Rache, sondern Gerechtigkeit
Die Geschichte von Beate und Serge Klarsfeld ist eine deutsch-französische Geschichte einer außergewöhnlichen Liebe und eines jahrzehntelangen Einsatzes für die Aufarbeitung von NS-Verbrechen. Die Ohrfeige für Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger 1968 macht die Klarsfelds schlagartig bekannt. Es ist das Startsignal für einen zähen Kampf, NS-Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Zu ihren größten Erfolgen zählen die Verurteilung von Kurt Lischka 1980 und der Prozess gegen den französischen Politiker und ehemaligen Kollaborateur Maurice Papon. Nur zwei Fälle aus einem langen Kampf gegen das Vergessen. Die Geschichte von Beate und Serge Klarsfeld ist eine deutsch-französische Geschichte der ganz besonderen Art. Die Geschichte einer außergewöhnlichen Liebe und eines jahrzehntelangen Kampfes gegen das Vergessen und für Gerechtigkeit. Ihr Kampf beginnt 1968 mit einer Ohrfeige für Kurt Georg Kiesinger, mit der Beate Klarsfeld die NS-Vergangenheit des deutschen Bundeskanzlers bekanntmacht. Für die junge deutsche Frau und ihren französischen Mann Serge, dessen Vater als Jude in Auschwitz ermordet wurde, ist es unerträglich, dass ehemalige NS-Funktionsträger in der Bundesrepublik politische Karriere machen. Sie wollen die verdrängte nationalsozialistische Vergangenheit öffentlich machen – und sie wollen NS-Täter, die unbehelligt in der Bundesrepublik leben, zur Verantwortung ziehen. Die Klarsfelds werden zu den bekanntesten Nazi-Jägern in Europa. In Frankreich decken sie die Beteiligung der französischen Behörden an den Judendeportationen während des Zweiten Weltkriegs auf. Gegen massiven Widerstand und mit äußerster Beharrlichkeit setzen sie den Prozess gegen den ehemaligen Politiker und Kollaborateur Maurice Papon durch. Lange galten die beiden als Nestbeschmutzer und wurden nicht ernst genommen, heute sind sie sowohl in Frankreich als auch in Deutschland als moralische Instanz anerkannt und werden geehrt. Und auch heute kämpfen die beiden noch: vor allem gegen das Erstarken des Antisemitismus in Frankreich. Sie mischen sich ein, wenn Populisten gegen Juden hetzen, und sorgen dafür, dass sie sich vor Gericht verantworten müssen. Ihr Kampf ist noch nicht zu Ende.
Do., 19. Jan · 23:00-23:45 · HR
Der Documenta Skandal
„Kunstmesse der Schande!“ titelt die BILD-Zeitung. „Willkommen bei der Antisemita15“ schreibt der SPIEGEL. Und wann wird schon einmal stundenlang im Bundestag über eine Ausstellung gestritten? Die Documenta15 ist zum Politikum geworden – und gleichzeitig durchaus erfolgreich beim Publikum. Gerade bei den Jüngeren. Ein 100 Quadratmeter großes Banner mit antisemitischer Motivik eines indonesischen Kollektivs war der Katalysator, weitere als judenfeindlich lesbare Werke sind dazugekommen. Nicht nur jüdische Menschen in Deutschland sind massiv irritiert und schockiert. Aber längst geht es nicht mehr um einzelne problematische Beispiele, sondern um Fragen, die weit über die Ausstellung hinausweisen: Wo beginnt Antisemitismus, wo hört Israelkritik auf? Darf man in Deutschland die Politik Israels kritisieren? Und wer darf das wie? Gibt es in der Kunst- und Kulturszene einen schleichenden Boykott jüdischer oder israelischer Positionen? Wo kommen rechte Stereotype zum Tragen? Welche Rolle spielt die Anti-Israel-Boykottbewegung „BDS“? Und wie wollen wir in einer multikulturellen Gesellschaft Erinnerungskultur leben? Der Film „Der Documenta Skandal“ erforscht nicht nur die Ereignisse auf der Kasseler Weltkunstausstellung, sondern auch eine erbitterte, wütend und äußerst polarisiert geführte Debatte. Eine spezifisch deutsche Debatte. Eine Debatte, die ins Herz der deutschen Staatsräson zielt. Eine Debatte, in der an das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte erinnert wird. In ihrem ersten TV-Interview spricht mit uns die Künstlergruppe „Taring Padi“, verantwortlich für das große Banner „People’s Justice“, das tagelang im Herzen Kassels zu sehen war. Des Weiteren sprechen wir mit Claudia Roth, dem Zentralrat der Juden, Eva Menasse, Igor Levit, Meron Mendel und anderen.
Fr., 20. Jan · 16:55-17:50 · arte
Wasser ist Zukunft: Der Jordan – Fluss des Friedens?
Der Jordan ist die wichtigste Wasserquelle für Jordanier, Israelis und Palästinenser – und sowohl eine Wiege der Kulturen als auch Grenzfluss zwischen den drei Bevölkerungsgruppen. Immer wieder birgt sein Wasser Grund für Konflikte – aber auch für Verhandlungen und Verträge zwischen Israelis und Arabern. Der letzte Teil der Dokumentationsreihe taucht ein in das Jordantal – die Kornkammer und den Gemüsegarten Israels und Jordaniens, wo die intensive Landwirtschaft dem Fluss das Wasser abgräbt. Am Toten Meer kommt nur noch ein Rinnsal an. Doch in Israel, Jordanien und Palästina gibt es heute Menschen, die den Jordan retten wollen. Als Israel und Jordanien 1994 Frieden schließen, gründet der israelische Umweltschützer Gidon Bromberg gemeinsam mit jordanischen und palästinensischen Partnern die Umweltorganisation EcoPeace. Über alle Grenzen hinweg arbeiten ihre Aktivisten heute nicht nur für den Schutz der Natur, sondern auch daran, das Vertrauen zwischen den Menschen aufzubauen. In Jordanien reaktiviert EcoPeace einen Regenwasserspeicher, um in der Wüste einen Wald wachsen zu lassen. Im palästinensischen Jericho lernen Schüler, wie man mit einfachen Mitteln Haushaltswasser recycelt. In Israel beweisen Fischfarmer, dass sich mit neuen Technologien viele Millionen Liter wertvolles Jordan-Wasser sparen lassen. Zukunftsperspektiven in noch größeren Dimensionen eröffnen moderne israelische Meerwasserentsalzungsanlagen, die mehr Trinkwasser produzieren als zur Versorgung der Bevölkerung nötig ist. Je weniger Wasser dem heiligen Jordan entnommen werden muss, desto eher kann er wieder werden, was er früher war: die Lebensader des Nahen Ostens.
Sa., 21. Jan · 20:15-21:45 · ARD-alpha
Vater, Mutter, Hitler – Vier Tagebücher und eine Spurensuche
Mehr als siebzig Jahre nach Ende des „Dritten Reiches“ ist der Nationalsozialismus Geschichte – aber auch Gegenwart. Bis heute gehen Kinder und Enkel auf Spurensuche und fragen sich, wie ihre Eltern und Großeltern zu Adolf Hitler und zur NS-Ideologie standen. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde in den Familien über diesen Teil der Geschichte zu oft geschwiegen. Antworten finden manche der Angehörigen in Tagebüchern, in denen Eltern oder Großeltern ihre Gedanken, Ansichten und politischen Überzeugungen festgehalten haben. Die Nachfahren lernen ihre Eltern und Großeltern auch von einer manchmal verstörenden Seite kennen. Sie erfahren, welche Hoffnungen diese mit der Machtübernahme Hitlers verbanden, welche Lebensentwürfe sie verfolgten und wie sich ihr Leben unter Hitler veränderte. Sie erfahren aber auch, wie diese Lebensträume an Hitlers Politik zerbrachen – und manche müssen damit leben, dass Familienmitglieder zu den Tätern gehörten. Die Tagebücher der vier Protagonisten sind einzigartige Zeugnisse, die unmittelbar unter dem Eindruck der historischen Ereignisse geschrieben sind. Sie geben somit die Überzeugungen ihrer Verfasser unverfälscht und unbeeinflusst von den späteren politischen Entwicklungen wieder. In aufwändigen Spielszenen rekonstruiert der Film das Leben von Felix Landau, Wilm Hosenfeld, Luise Solmitz und Ida Timmer zwischen 1933 und 1945. In Interviews kommentieren und ergänzen deren Kinder und Enkel die Spielszenen und lassen deutlich werden, wie stark sie die Fragen von Schuld und Verantwortung in der Zeit des Nationalsozialismus noch heute beschäftigen.
So., 22. Jan · 15:10-16:40 · One
Martha Liebermann – Ein gestohlenes Leben
Berlin, im Kriegsjahr 1943. Die großbürgerliche Witwe Martha Liebermann (Thekla Carola Wied) hätte sich niemals vorstellen können, ihre geliebte Heimat im Alter von 85 Jahren verlassen zu müssen. Als Jüdin bleibt ihr jedoch nur die Wahl, ins Ausland zu gehen oder auf ihre Deportation ins Konzentrationslager zu warten. Noch geben ihr das hohe Ansehen und die wertvollen Bilder ihres weltberühmten Ehemanns Max Liebermann (Rüdiger Vogler) Schutz. Doch wie lange noch? Marthas Freunde drängen sie zu einem illegalen Verkauf, um damit ihre Flucht mithilfe der Widerstandsgruppe von Hanna Solf (Fritzi Haberlandt) zu finanzieren. Gestapo-Kommissar Teubner (Franz Hartwig) mit seinem Handlanger (Daniel Noël Fleischmann) sieht nun seine perfide Chance, den couragierten Regimegegnerinnen eine Falle zu stellen. Der für die Nazis arbeitende Kunstexperte Solbach (Wanja Mues), der seinen Geliebten Benjamin (Vladimir Korneev) in Sicherheit bringen möchte, ist undurchsichtig. Kann man ihm trauen? Als sich die Lage dramatisch zuspitzt und sie sogar um ihre treue Haushälterin Luise (Lana Cooper) fürchten muss, zeigt Martha Liebermann ihre wahre Klugheit und Größe.
So., 22. Jan · 17:35-18:25 · arte
Avi Avital und die Mandoline
Er ist der gefragteste Mandolinist unserer Zeit: der israelische Musiker Avi Avital. Quasi im Alleingang hat er dieses folkloristisch geprägte Instrument wieder ins Rampenlicht der großen klassischen Konzertpodien gebracht. Der mehrfache Echo-Preisträger besticht nicht nur durch sein dynamisches Spiel. Er erschließt dem Instrument ein ganz neues Repertoire, indem er andere Kompositionen für sein Instrument neu arrangiert. So hat er Johann Sebastian Bachs d-Moll-Klavierkonzert für die Mandoline transkribiert, um damit die Klassikwelt zu überraschen. Dieses Stück hatte Avital bei seinem ersten Berlin-Aufenthalt im CD-Player eines Freundes. Es begleitete ihn tagelang bei seinen Erkundungszügen durch diese Stadt, die inzwischen sein Hauptwohnsitz geworden ist. Das Konzertporträt enthält weite Teile dieser Bach-Transkription, aufgenommen im Haydn-Saal des Schlosses Esterhazy in Eisenstadt, begleitet vom Ensemble Il Giardino Armonico. Dessen Leiter, der Blockflöten-Virtuosen Giovanni Antonini, und Avital witzeln gemeinsam über ihre „Spielzeuginstrumente“. Die Dokumentation begleitet Avi Avital nach Israel. Hier führt er gemeinsam mit dem Akkordeonisten Uri Sharlin ein selbst komponiertes Stück auf, das die Seele der nordafrikanischen und nahöstlichen Volksmusik widerspiegelt. Zudem besucht Avi Avital seine Eltern und die erste Station seiner Karriere: das Konservatorium in Be’er Sheva, wo es nach wie vor eine Mandolinenklasse gibt. Instrumentenbauer Arik Kerman erzählt, wie er Avi Avitals Mandoline so konstruiert hat, dass sie sich klanglich gegen ein großes Orchester durchsetzen kann.
So., 22. Jan · 23:50-00:50 · arte
Avi Avital – Der Mandolinen-Star mit dem hr-Sinfonieorchester und Ton Koopmann
Die Mandoline wird heute überwiegend mit südeuropäischer Folklore in Verbindung gebracht. Der Israeli Avi Avital ändert das: Der in Berlin lebende Virtuose erfindet das Zupfinstrument neu, verknüpft Klassik mit Moderne und rückte so fast im Alleingang die Mandoline wieder ins Rampenlicht der klassischen Konzertpodien. Avital reizt die klanglichen Möglichkeiten des Zupfinstruments mit dem mandelförmigen Korpus virtuos aus und erweitert diese. Mal verschmilzt die Solostimme mit den Streicherklängen, mal wird sie von ihnen getragen und steigert sich durch Avitals dynamisches Spiel zu ungeahnter Intensität. So zupfte sich der Meister auf der Mandoline in die Herzen des Publikums auf der ganzen Welt und wurde bereits mit zahlreichen Preisen bedacht. Der Schwerpunkt des Konzerts liegt auf einem der Lieblingsstücke Avitals: dem Mandolinenkonzert G-Dur des Beethoven-Zeitgenossen und Mozart-Schülers Johann Nepomuk Hummel, geschrieben 1799 für den Virtuosen Bartolomeo Bortolazzi. Der Mittelsatz „Andante con variazioni“ ist von Mozart’scher Beschwingtheit. Der niederländische Dirigent Ton Koopman und das hr-Sinfonieorchester ergänzen dieses klassisch gebaute Solokonzert um ein barockes Concerto: In Pietro Locatellis „Il Pianto d‘Arianna“ (Die Tränen der Ariadne) übernimmt die Violine die Rolle der Titelheldin. Zudem wird das Publikum mit nicht minder dramatischer Schauspielmusik beglückt: einer Suite in romantischer Tonsprache, die Ludwig van Beethoven zu Goethes „Egmont“ geschrieben hat.
So., 22. Jan · 20:15-21:00 · ARD-alpha
Zeuge der Zeit: Elly Gotz
Elly Gotz überlebte den Holocaust. In diesem eindrucksvollen Interviewfilm berichtet er nicht nur darüber, wie er mit der Todesangst im Konzentrationslager umging, sondern auch, wie es ihm mit 13 Jahren im Ghetto Kaunas in Litauen gelang, eine geheime Bibliothek einzurichten. Elly Gotz wird 1928 in der litauischen Stadt Kaunas geboren. Als er 13 Jahre alt ist, wird er gemeinsam mit seiner Familie und anderen jüdischen Nachbarn und Verwandten von den Nationalsozialisten in ein Ghetto gepfercht. Seine Eltern müssen Zwangsarbeit leisten, täglich werden Menschen von den deutschen Befehlshabern oder antisemitischen Litauern gefoltert oder umgebracht. Juden werden als „Untermenschen“ angesehen, die es zu vernichten gilt. Auch ihre Kultur soll nach dem perfiden Plan der Nationalsozialisten verschwinden, und so müssen alle Juden ihre Bücher abgeben. Aber Elly und sein Vater Julius Gotz möchten sich weder das Leben noch ihre Kultur stehlen lassen. Unter Lebensgefahr richten die beiden in einem verlassenen Speicher eine geheime Bibliothek ein. Während seine Eltern bei der Zwangsarbeit sind, versteckt sich Elly hier und liest. Puschkin, Goethe, Schiller. „Das war meine Bildung im Ghetto“, sagt Elly Gotz, der nach dem Krieg Ingenieur geworden ist und seit 1964 in Kanada lebt. Letztlich ist es auch die Ausbildung zum Schlosser in einer improvisierten Metallschule im Ghetto Kaunas, die Elly immer wieder das Leben rettet. Denn als ausgebildeter Arbeiter hat er später im Konzentrationslager Dachau durch seine Fachkompetenz die Möglichkeit, im Außenlager Kaufering eine bessere Arbeit an einer Zementpumpe zu bekommen. Hierhin reist er im Jahr 2022 – 77 Jahre nach seiner Befreiung – wieder zurück: „Für mich sprechen diese Steine“, sagt er, während er über das Lagergelände läuft. „Diese Steine erzählen die Geschichte. Ich stehe hier und ich sehe die Gespenster der Leute, die da herumwanderten, hungrig und krank. Die Gespenster fragen mich: Was hast du getan, dass du 77 mehr Jahre verdienst. Ich antworte: Es war ein Zufall des Schicksals, aber ich nütze die Jahre, um zu erzählen, was hier passiert ist.“ Welche Albträume er jahrelang hatte, wie er seinen Hass in Tatendrang umlenkte und welche Gefahren von Demagogen auch heute noch ausgehen, davon erzählt Elly Gotz in diesem intensiven Film.
So., 22. Jan · 22:20-22:50 · MDR
MDR Zeitreise: Buchenwald – Ein Konzentrationslager mitten unter uns
Im April 2020 jährte sich zum 75. Mal die Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald bei Weimar. Es liegt auf dem Ettersberg, doch auch nah genug an der Stadt – was sich dort abspielte, konnte nicht völlig verborgen bleiben. Doch wer wusste tatsächlich davon? Handwerker, die Gasleitungen dahin verlegten? Ärzte, die im Krankenhaus Weimar Häftlinge versorgten? Firmen, die Krematorien dafür bauten? Die Frage, wie es dazu kommen konnte, dass mitten in Deutschland Tausende Menschen interniert, misshandelt und ermordet wurden, treibt bis heute viele um. Die „MDR Zeitreise“ geht der Frage nach, wann und wo sich erste Anfänge dieser Verfolgungen festmachen lassen. Wie stark waren Judenhass und Ausländerhass in der Weimarer Republik verbreitet?
So., 22. Jan · 22:50-23:35 · MDR
Die Versteigerer – Profiteure des Holocaust
Neue Aktenfunde machen es möglich, das schrecklichste Kapitel der deutschen Geschichte aus einer vollkommen neuen Perspektive zu erzählen. Mit der Akribie eines deutschen Beamten hat der Versteigerer Hans Klemm in Leipzig jeden Verkauf ehemals jüdischen Eigentums zwischen 1933 und 1944 dokumentiert. In unzähligen Listen sind die von den ausreisenden und deportierten Juden zurückgelassenen Gegenstände erfasst: Betten und Schränke, Tische und Stühle, Bettwäsche, Kleidung, Musikinstrumente und Spielzeug. Jeder Gegenstand wird geschätzt und dann versteigert. Als Auftraggeber fungieren damals die Geheime Staatspolizei oder die Oberfinanzdirektion, die das Geld zugunsten der Reichskasse einziehen. Doch auch der Versteigerer selbst erzielt gewaltige Gewinne. 10 Prozent des Versteigerungserlöses stehen ihm zu. Die Gewinne von Hans Klemm steigen in der NS-Zeit von etwa 10.000 auf über 100.000 Reichsmark pro Jahr. Die Aktenfunde rund um den Leipziger Versteigerer Klemm waren für die beiden Filmemacher Jan N. Lorenzen und Michael Schönherr der Anlass, sich auf eine Reise durch Deutschland zu begeben. In mühseliger Recherche haben sie festgestellt: Überall, in jeder Stadt und in jedem kleinen Dorf, in dem Juden gelebt haben, sind deren Habseligkeiten meist unmittelbar nach deren Deportation unter den Hammer gekommen und dies wurde genau dokumentiert: Im mecklenburgischen Stavenhagen z.B. kümmert sich der Bürgermeister persönlich um den Verkauf der Hühner und Kaninchen des „Juden Jacobssohn“. In Schwerin leuchtet Elektromeister Max Kuhlmann den Verkaufsraum aus. In Lörrach bannt ein Polizeifotograf auf Zelluloid, wie im Ort eine Art Schlußverkaufsstimmung entsteht, als die Gegenstände und Möbel der deportierten Juden direkt in den Innenhöfen der Häuser versteigert werden. Und in Düsseldorf freut sich die Stadtverwaltung, dass mit dem „frei Werden“ der jüdischen Wohnungen nunmehr bombengeschädigten „Volksgenossen“ ein Ersatz für ihre verbrannten Sachen geboten werden kann. Mit der Zerstörung deutscher Städte im Bombenkrieg steigt der Bedarf an Einrichtungsgegenständen ins Unermessliche. Die Möbel der deutschen Juden reichen nicht mehr aus. Ab 1942 werden auch die Wohnungen der französischen und holländischen Juden geplündert, die Möbel von Spediteuren nach Deutschland gebracht: Im niedersächsischen Delmenhorst müssen extra Arbeitskräfte angeworben werden, um den Verkauf zu bewältigen. Unzählige Zeitungsannoncen künden deutschlandweit von dem makabren Geschäft. Deutlich wird: geheim sind diese Vorgänge nicht. Oft werben die Anzeigen offen mit „Judensachen“, oder Möbeln aus „nichtarischem Besitz“. Jeder, der kaufte, wusste, die Deportierten kommen nicht zurück! Film von Jan N. Lorenzen und Michael Schönherr Die Filmemacher haben unveröffentlichtes Filmmaterial gefunden und mit Zeitzeugen gesprochen, die in ihren Kellern Möbel oder andere Gegenstände aus ehemals jüdischem Besitz bewahren. Auf der Basis dieser Recherche lässt sich die Geschichte der „Judenmöbel“ erzählen: Wer hat sie bekommen? Wer hat sich an ihnen bereichert? Und wo finden sich Dinge bis heute?
Mo., 23. Jan · 00:25-01:10 · ARD-alpha
Zeugin der Zeit: Rita Prigmore
Rita Prigmore, geborene Winterstein, überlebte als Säugling die Gräuel der NS-Zeit. Und das ist alles andere als selbstverständlich. Als Angehörige der Minderheit Sinti und Roma gehörte ihre Würzburger Familie aus Sicht der fanatischen NS-Schergen einer „minderwertigen Rasse“ an und sollte ausgelöscht werden. Ein Großteil ihrer Familie wurde im Vernichtungslager Auschwitz ermordet. Aber Rita überlebte, da sie als Zwilling von den NS-Ärzten für medizinische Experimente „gebraucht“ wurde. Rita Prigmore blickt aus dem Fenster auf das malerische Mainufer der Stadt Würzburg. Obwohl sie genau hier infolge der Menschenrechtsverletzungen der NS-Pseudowissenschaft schlimmste Misshandlungen erfahren hat, liebt Rita Prigmore ihre fränkische Heimatstadt. Seit dem 16. Jahrhundert ist ihre Familie fest verwurzelt in der Gegend. Ihre Vorfahren haben hier als Korbflechter für die Weinbauern, als talentierte Spitzenklöpplerinnen oder als Künstler und Musiker gearbeitet. Ritas Mutter, Theresia Winterstein, war am Würzburger Stadttheater eine beliebte Tänzerin und Sängerin. Aber auch wenn die Familie ein selbstverständlich integrierter Teil der Gesellschaft war und voll und ganz dazugehörte: Gegen den Rassenwahn der Nazis war kein Ankommen. Die NS-Rassengesetze legitimierten das perfide Rechtssystem, durch das Sinti-Familien zunächst systematisch diskriminiert, als „nicht lebenswert“ definiert und schließlich zu einem Großteil umgebracht werden konnten. Wer nicht ins Konzentrationslager deportiert wurde, musste sich einer Zwangssterilisation unterziehen lassen. So auch die junge Tänzerin Theresia Winterstein. Doch als sie zu ihrem Sterilisationstermin kam, stellten die Würzburger NS-Ärzte ihre Zwillingsschwangerschaft fest. Die Säuglinge durften zur Welt kommen, wurden der Mutter Theresia Winterstein aber weggenommen. Die Mediziner jener Zeit führten Experimente an den Mädchen durch. So versuchte man etwa, die braunen Augen der Mädchen mit Tinteneinspritzungen blau zu färben. Ritas Zwillingsschwester Rolanda überlebte diesen grausamen Eingriff nicht. Rita leidet heute noch unter den Spätfolgen. In diesem Interview erzählt die beeindruckende 77-Jährige der Autorin Michaela Wilhelm-Fischer von der Kraft einer Familie, die trotz der Traumata wieder ins Leben fand, von einem langen Kampf um Anerkennung hin zu einer Wiedergutmachung sowie von ihrer unbegrenzten Liebe zum Leben.
Mo., 23. Jan · 14:30-14:45 · ARD-alpha
RESPEKT kompakt: Judenhass – alte neue Vorurteile und was wir dagegen tun können
Geldverschieber, Strippenzieher, Kindermörder – Vorurteile gegen Juden sind uralt, gleichzeitig hochaktuell und extrem gefährlich. Antisemitismus, der Hass auf Juden, wirkt wie ein Brandbeschleuniger für undemokratisches Denken und Handeln. In sozialen Netzwerken, im Klassenzimmer und bei Präsidentschaftswahlen – Hetze gegen Juden ist Alltag: Auf Facebook werden antisemitische Klischee-Comics massenhaft geteilt. In Schulen erleben Hakenkreuz-Schmierereien, versehen mit dem Schriftzug „Drecks-Jude“, ein Comeback. In Ungarn mobilisiert Ministerpräsident Orban die Wähler mit Verschwörungstheorien vom angeblich jüdischen Geheimplan zur Überfremdung des Landes. Die Reportage „Judenhass – alte neue Vorurteile und was wir dagegen tun können“ zeigt eindrücklich, wie aktuell Judenhass heute in europäischen Nachbarstaaten und in Deutschland ist. Im Film erzählt eine jüdische Ärztin von den Anfeindungen, die sie jeden Tag erlebt. Mitarbeiter der jüdischen Gemeinde in München berichten, wie sie sich immer wieder für die Regierungspolitik Israels rechtfertigen müssen, obwohl sie deutsche Staatsbürger sind. Aus dem alten Antisemitismus ist ein neuer Judenhass geworden. Das Feindbild vom allmächtigen Juden ist ersetzt und erweitert worden durch das Feindbild Israel, sagt Antisemitismus-Forscher Wolfgang Benz. Der Nahost-Konflikt trägt auch in Deutschland zur Wiederkehr des Judenhasses bei. Und: Rechtspopulisten und Rechtsextremisten bilden eine Allianz mit Verschwörungstheoretikern und Israelfeinden, unter denen sich auch vermehrt Jugendliche mit Migrationshintergrund finden. Der Film „Judenhass – alte neue Vorurteile und was wir dagegen tun können“ zeigt konkrete Möglichkeiten, um altem Antisemitismus und neuem Judenhass entgegen zu treten und den Dialog zu fördern. So erklärt die interreligiöse Gruppe „Religionauten“ im Interview, wie Christen, Juden und Muslime zusammen Gemeinsamkeiten finden und so zu einem demokratischen Miteinander im Alltag beitragen können.
Mo., 23. Jan · 22:00-22:45 · BR
Lebenslinien: Mein Straubing nimmt mir keiner
Als Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde Straubing folgt Anna Zisler (65) auf ihren Vater, den Holocaustüberlebenden Israel Offman. Wie er, möchte sie als bayerische Jüdin glücklich in ihrer Heimat Straubing leben. In ihrer Gemeinde kämpft Anna Zisler entschlossen gegen die Verunsicherung an, die seit dem Anschlag auf die Synagoge von Halle 2019 und dem wieder erstarkenden Antisemitismus in Deutschland zunimmt. Anna Zisler setzt sich tatkräftig für ihre ca. 800 Gemeindemitglieder in Straubing ein. Als sie 1955 in der niederbayerischen Stadt auf die Welt kommt, versucht ihr Vater, der Holocaustüberlebende Israel Offman, dort für seine Familie ein Leben aufzubauen. Straubing ist die Stadt seiner Wiedergeburt, nachdem die Amerikaner ihn 1945 aus dem Lager Ganacker befreit haben. Dass er acht Konzentrationslager überlebt hat, erfährt Anna über die Jahre nur in Bruchstücken. Ihr Vater will nicht darüber reden, um die Kinder nicht mit seiner Vergangenheit zu belasten. Erst als die damals 21-jährige Anna mit ihrer Schwester Naomi die Holocaustgedenkstätte Yad Vashem in Israel besucht, begreift sie das Ausmaß des Grauens, das ihr Vater überlebt hat. Ihre Schwester wirft dem Vater vor, im Land der Mörder geblieben zu sein und wandert in die USA aus. Anna bleibt. Sie liebt ihre Heimat Straubing und ihr Vater soll seinen Lebensentschluss nicht bereuen. Die Familie ist für sie das Wichtigste. Und so arbeitet Anna im Geschäft ihrer Eltern mit und unterstützt den Vater bei der Gemeindearbeit in der Synagoge. Nach seinem Tod 2018 folgt sie ihm als Vorsitzende nach. Anna sucht den Dialog und will den Menschen das Judentum nahebringen. Auch wenn seit dem Anschlag auf die Synagoge von Halle die Angst wieder zunimmt, bleibt Anna optimistisch. Denn ihre Heimat Straubing möchte sie sich nicht nehmen lassen.
Mo., 23. Jan · 23:10-00:50 · MDR
Die Frau in Gold
Maria Altmann (Helen Mirren) führt ein zufriedenes Leben in Los Angeles. Doch die Erinnerungen an die Vergangenheit haben sie nie losgelassen: Als Tochter der jüdischen Unternehmerfamilie Bloch-Bauer war sie vor dem Zweiten Weltkrieg in Wien zu Hause, bevor sie vor den Nationalsozialisten in die USA fliehen musste. Viele Jahrzehnte später erfährt die alte Dame, dass sie die rechtmäßige Erbin mehrerer Werke des österreichischen Malers Gustav Klimt ist. Darunter befindet sich Klimts Porträt ihrer geliebten Tante Adele Bloch-Bauer, das zu den bedeutendsten Werken der Wiener Secession zählt. Die Kunstwerke, damals von den Nazis geraubt, sind mittlerweile im Besitz der Republik Österreich. Die „Goldene Adele“ wird dort als österreichische Mona Lisa verehrt – Marias Ansinnen nach Rückgabe des millionenschweren Kunstschatzes stößt dementsprechend auf wenig Begeisterung. Deshalb schätzt sie ihre Forderung zunächst als hoffnungsloses Unterfangen ein. Zögern lässt sie auch ihr Schwur, niemals wieder nach Österreich zurückzukehren. So ist die tatkräftige Unterstützung des unerfahrenen Anwalts Randy Schoenberg (Ryan Reynolds), eines Enkels Arnold Schönbergs, und des Wieners Journalisten Hubertus Czernin (Daniel Brühl) nötig, damit die Erbin nach Wien fliegt und sich mit Entschlossenheit der Herausforderung stellt, einen juristischen Machtkampf um das wertvolle Familienerbe auszutragen. Diese Reise wird Marias Leben abermals verändern.
Di., 24. Jan · 20:14-21:44 · arte
Vor 90 Jahren: Aufstieg und Terror der Nationalsozialisten
Vor 90 Jahren, am 30. Januar 1933, wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt. Auch im heutigen Europa haben neofaschistische Bewegungen Zulauf, etablieren sich autoritäre Regime. In dem opulenten Zweiteiler „Berlin 1933 – Tagebuch einer Großstadt“ erzählt Volker Heise am Beispiel der Hauptstadt von diesem schicksalhaften Jahr. Tagebücher, Briefe, Fotos und Bewegtbilder von Menschen unterschiedlichster Milieus verdichten sich zu einem eindringlichen Panorama. Ab 1939 überzog das nationalsozialistische Deutschland die Welt mit Krieg und Massenmord. Zu denen, die trotz des zunehmenden Terrors Widerstand leisteten und Juden zur Flucht verhalfen, gehörte die europaweit vernetzte „Rote Kapelle“. Carl-Ludwig Rettinger setzt diesen wenig bekannten Widerständlern ein filmisches Denkmal. Am 27. Januar 1945 befreite schließlich die Rote Armee das deutsche Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Bis heute gilt der Ort als Synonym für das Massentöten des NS-Regimes. Der Film „Ein Tag in Auschwitz“ zeigt aus Sicht von Opfern und Tätern, wie der Massenmord an einem „typischen“ Tag seinen Lauf nahm. Letzte Überlebende schildern in „Medizinversuche in Auschwitz“ ihr unvorstellbares Leiden – aber auch, wie manche das Glück hatten, doch noch Kinder zu bekommen.
Di., 24. Jan · 20:15-21:00 · ZDF
Hitlers Macht – Der Herrscher
„Der Herrscher“ heißt die zweite Folge der dreiteiligen ZDF-Dokumentation „Hitlers Macht“ zum 90. Jahrestag der Regierungsübernahme am 30. Januar 1933. Wie gelang es Hitler, in kurzer Zeit eine Republik in einen „Führerstaat“ umzuformen? Wie vollzog sich die „Gleichschaltung“ der Gesellschaft? Wie bereitwillig reihten die Deutschen sich ein? Wie weit reichte der Gleichklang von „Führer und Volk“? Nachdem Hitler am 30. Januar 1933 ins Amt des Reichskanzlers gehoben worden war, begann er mit der endgültigen Zerstörung der Demokratie und der Errichtung einer totalitären Diktatur. „Ein Volk, ein Reich, ein Führer“ lautete die zentrale NS-Parole – mit dem Anspruch, dass nur eine Macht und eine Meinung in Staat und Gesellschaft herrschen sollten. Es folgte die „Gleichschaltung“ der Länder, von Parteien, Medien, Gewerkschaften, vielen weiteren Organisationen und der Kultur, was oft auch „Ausschaltung“ bedeutete. Auch das Militär schwor Hitler auf sich ein, den „Führer und Reichskanzler“. Politische Gegner, innerparteiliche Rivalen, Andersdenkende wurden beseitigt, angebliche „Volksschädlinge“ wie die Juden ausgegrenzt und verfolgt. Gewalt war Hitlers Credo, Teil seines Denkens, seines Weltbildes. Es ging dem Diktator nicht nur um Macht. Er gehörte zu den Herrschern, die sich geradezu wahnhaft in eine Ideologie verstiegen, um sie ohne Skrupel in die Tat umzusetzen, sobald sich die Möglichkeit dazu bot. Ohne Hitler war das „Dritte Reich“ nicht denkbar, doch er umgab sich mit Helfern, die sich ganz in seine Dienste stellten, um die Gunst ihres „Führers“ buhlten. Sie waren Garanten seiner Macht. Angesichts der Rivalität von NS-Institutionen und Behörden konnte der Diktator nach dem Prinzip „teile und herrsche“ taktieren und regieren. Helfershelfer fanden sich in allen Schichten der Bevölkerung. Viele versprachen sich nach Jahren der Unsicherheit durch den Beitritt zur NSDAP Vorteile. Hitlers Volk setzte sich in seiner Mehrheit nicht aus durch Gewaltandrohung verängstigten Untertanen zusammen. Es war eine Diktatur, die während der Vorkriegsjahre die Zustimmung der Massen suchte und auch fand. Terror und Zwang waren dosiert und auf bestimmte Gruppen konzentriert. Unerschütterlich war auch das Trugbild vom wirtschaftlichen Aufschwung der NS-Zeit, der in Wirklichkeit auf hemmungsloser Verschuldung und später auf Ausbeutung anderer Völker gründete. Viele Zeitgenossen fühlten sich gut aufgehoben in der Illusion einer vermeintlich unterschiedslosen Volksgemeinschaft. Nie zuvor in der Geschichte hat eine derart – auch technisch – perfektionierte Propagandamaschinerie ein totalitäres Regime so weitreichend befördert. Nach den Schritten, die dazu dienten, die NS-Herrschaft um jeden Preis zu sichern, geriet die Außen-, Rassen-, und Kriegspolitik immer mehr ins Zentrum von Hitlers Streben nach uneingeschränkter Macht.
Di., 24. Jan · 21:00-21:45 · RBB
Berlin und Brandenburg unterm Hakenkreuz (2/2)
Die Hobbyfilmer besuchten den Berliner Zoo und durchstreiften das Havelland, sie filmten im legendären „Wintergarten“-Varieté und zur Kirchweihe in der Prignitz. Sie hielten die ersten Schwimmversuche der Tochter im städtischen Flussbad in Perleberg fest und hatten die Kamera bei der Hochzeitsreise im Paddelboot auf der Oder dabei. Doch bei aller Privatheit: die Politik ist allgegenwärtig in den Aufnahmen der Amateurfilmer: Beiläufig blitzt das NSDAP-Parteiabzeichen am Revers, auf jedem öffentlichen Gebäude, an jedem Ausflugsdampfer auf Havel oder Spree weht die Hakenkreuzfahne – und an beinahe jedem Wochenende gibt es irgendwo einen Nazi-Aufmarsch mit Marschmusik und Militärparade. Der zweite Teil der Dokumentation „Berlin und Brandenburg unterm Hakenkreuz “ von Jan Lorenzen erzählt vom Alltag in Berlin und Brandenburg, der zwischen 1939 und 1945 immer mehr zum Kriegsalltag wurde.
Di., 24. Jan · 21:45-23:20 · arte
Berlin 1933 – Tagebuch einer Großstadt (2/2)
Berlin, Ende April 1933. Seit drei Monaten sind die Nationalsozialisten unter Adolf Hitler an der Macht. Im März haben sie zusammen mit den Deutschnationalen unter Alfred Hugenberg knapp die Wahl zum Reichstag gewonnen. Die Abgeordneten der KPD, der SPD und des katholischen Zentrums werden verfolgt und bedroht. Tausende Sozialdemokraten und Kommunisten verschwinden in Gefängnissen und wilden Konzentrationslagern, andere fliehen aus dem Land, vor allem Intellektuelle, nach Prag, Paris oder Wien. Juden erhalten Berufsverbote, ihre Geschäfte werden boykottiert, Gesetze schließen sie aus der Gesellschaft aus. Hakenkreuzfahnen überall. Presse, Rundfunk, Film und Theater sind der Zensur unterworfen. Nationalsozialisten gelangen an die wichtigsten Positionen im Machtapparat. Im Mai werden die Gewerkschaften verboten, deren Anführer verhaftet. Im Juni wird die SPD endgültig verboten. Andere Parteien als die NSDAP werden verboten, Neugründungen nicht erlaubt. Ein Netz an Konzentrationslagern entsteht, in denen Menschen zu Tode kommen. Die Medien werden aus dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda dirigiert. Ab Oktober wird die Reichswehr heimlich aufgerüstet. Im November stimmen fast 90 Prozent der Wählerinnen und Wähler für die NSDAP und für den Austritt aus dem Völkerbund. Im Dezember wird die Einheit von Staat und Partei verkündet, die Menschen auch in ihrer Freizeit kontrolliert. Als das Jahr sich dem Ende neigt, ist hat sich im Deutsche Reich eine neue Realität etabliert, die Realität des Dritten Reiches, ein Gebilde aus Wahn und Gewalt, aus Terror und Propaganda. Adolf Hitler verkündet den Anfang eines Dritten Reiches, das tausend Jahre bestehen würde. Aus dem Spuk ist Wirklichkeit geworden, aber keine Wirklichkeit hält ewig.
Di., 24. Jan · 22:10-22:55 · MDR
Osteuropa nach dem Holocaust – Vom Verschwinden der Schtetl
Ein Kriegsziel der Nazis waren die reichen Kornkammern der Ukraine. Ausgerechnet dort stießen die Nazis auf Millionen osteuropäische Juden, die in kleinen Städtchen, den Schtetln, oft ein sehr traditionelles, religiöses Leben führten. Noch bevor das systematische Morden in den großen Vernichtungslagern wie Auschwitz begann, ermordeten Sonderkommandos der Nazis in diesem „Holocaust durch Kugeln“ rund zwei Millionen Menschen, schätzt man heute. Die Radio-Bremen-Dokumentation „Osteuropa nach dem Holocaust – vom Verschwinden der Schtetl“ reist zu den letzten noch existierenden Schauplätzen einer ehemals reichen jüdischen Kultur, aber auch eines monströsen Verbrechens. Rivka Yoselevska gehört zu denen, die erschossen wurden, aber sie konnte sich aus der Grube befreien und als eine der wenigen Überlebenden vom Massenmord berichten, der vieltausendfach in Osteuropa stattgefunden hat. „Dann wurde ich erschossen,“ erzählt sie in einem Interview von 1981. „Ich fiel in die Grube, immer mehr Körper fielen auf mich. Ich hatte das Gefühl, ich ertrinke. Ertrinke im Blut der eigenen Leute.“ 95% der Juden Galiziens, heute gelegen in Südpolen und der Westukraine, wurden so in Gruben „geschossen“. Zurück blieben blutdurchtränkte Erde, tausende Massengräber und verwaiste Schtetl. Hunderte Synagogen und Friedhöfe fielen der Vernichtungswut der Deutschen zum Opfer, doch vieles blieb auch einfach stehen. „Die Menschen (…) leben buchstäblich auf diesem Blut, das dort vergossen ist und leben auch oft mit dem Wissen, dass ihre Eltern oder Großeltern da mitgemacht haben. Dass sie womöglich in einem jüdischen Haus wohnen, dass sie womöglich jüdische Möbel haben, einen jüdischen Tisch oder eine jüdische Decke“, sagt Magdalena Waligórska, Expertin für osteuropäische Geschichte. Christian Herrmann, Autor aus Köln, bereist schon seit Jahren die jüdischen Schtetl in Osteuropa und fotografiert, was von ihnen übrigblieb. In den Synagogen befinden sich heute Turnhallen, Kinos oder eine Schnapsfabrik. Fanden die Häuser keine Nachnutzung, fielen sie in sich zusammen und wurden oft abgerissen. Heute ist vom ehemals blühenden jüdischen Leben in Osteuropa fast nichts mehr übrig. Gibt es noch Rabbiner, kommen sie oft aus Israel oder den USA, sie haben Mühe, mehr als die zehn Männer, die dafür nötig sind, zu einem Gottesdienst zusammen zu bekommen. Dennoch gibt es viele Menschen in Osteuropa, die sich um den Erhalt des jüdischen Erbes bemühen. So versucht zum Beispiel Sasha Nazar, die Jakob Glanzer Schul zu retten, eine der letzten Synagogen im ehemaligen Lemberg, heute dem ukrainischen Lwiw. Viele Massengräber sind bis heute unbekannt und das Erbe der Schtetl ist massiv bedroht. In ein paar Jahren werden weitere Synagogen und historische Häuser der jüdischen Bevölkerung verschwunden sein.
Bild oben: © MDR/Radio Bremen/Christian Herrmann – Die Leichenhalle auf dem jüdischen Friedhof im ehemaligen Czernowitz, dem heutigen Tscherniwzi in der Ukraine.
Di., 24. Jan · 22:55-23:45 · 3sat
Das Schweigen der Alten
Es geschah eine Woche vor Kriegsende in einem kleinen Dorf in Niederösterreich: Ein SS-Erschießungskommando tötet 228 jüdische Frauen, Kinder und alte Menschen. Trotz zahlreicher Mitwisser im Ort bleibt das Verbrechen ein Tabu, bis zwei junge Filmemacher aus der Region in internationalen Archiven wühlen und schockierendes zutage fördern. Fakten, mit denen sie nun die Alten im Dorf konfrontieren. „Das Schweigen der Alten“ von Hans Hochstöger ist ein Dokumentarfilm gegen das Vergessen und gegen den verzweifelten Versuch einer Ortschaft, einen Massenmord zu Tode zu schweigen.
Di., 24. Jan · 23:20-00:10 · arte
Sophie Scholl – Frauen, die Geschichte machten
Sophie Scholl kam aus einem liebevollen Elternhaus, das den Mädchen die gleichen Rechte einräumte wie den Jungen. Sie wuchs zu einer selbstbewussten jungen Frau heran, die rauchte, gern Auto fuhr und sich mit ihrem Freund als Ehepaar ausgab, um gemeinsam in einem Hotelzimmer übernachten zu können. Freiheiten, die in der NS-Diktatur keinesfalls selbstverständlich waren. Früh entwickelt sie eine politische Meinung – zeitweise im Widerspruch zu Vater und Mutter. Der Weg Sophie Scholls in den Widerstand war nicht geradlinig. Im Gegenteil – so begeisterten sich die Geschwister Scholl wie viele Intellektuelle ihrer Generation anfangs für die Hitlerjugend, für das Wandern und Singen, für Lagerfeuer und Gemeinschaftserlebnisse. Rasch machte sie Karriere in der Hitlerjugend und im Bund Deutscher Mädel, was zu Spannungen im Elternhaus führte. Die allmähliche Abkehr von der NS-Ideologie war eine Folge von Vorfällen, bei denen die Geschwister zunächst durch ihren ausgeprägten Individualismus in Konflikt mit dem System gerieten. Sie mussten enttäuscht feststellen, dass die verordnete Gleichschaltung nicht die geringste Abweichung duldete. Doch erst im Krieg wurde aus der inneren Distanz zum System der endgültige Bruch. Hans Scholl und seine Freunde leisteten als Medizinstudenten Dienst in der Wehrmacht. Dort erfuhren sie von den entsetzlichen Verbrechen hinter der Front. Diese Erfahrungen, das Wissen um die millionenfache Ermordung von Juden und die sinnlosen Opfer im längst verlorenen Krieg, waren schließlich der Auslöser für die ersten Flugblätter der Widerstandsgruppe Weiße Rose. Anfangs war Sophie Scholl nicht aktiv beteiligt, erst im Winter 1942 gehörte sie dem kleinen Kreis von Studenten an, die in München weitere Flugblätter entwarfen und verteilten. Sie war zuständig für die Materialbeschaffung und wagte als Erste aus dem Freundeskreis die Fahrt in andere Städte, um dort die Texte zu verbreiten. Als Hans und Sophie Scholl am 18. Februar 1943 bei der Verteilung von Flugblättern an der Münchner Universität verhaftet wurden, bestand für Sophie Scholl noch eine Chance, der Gestapo zu entrinnen. Der Gestapobeamte Robert Mohr, der die Verhöre leitete, sagte nach dem Krieg aus, er habe Sophie Scholl nahegelegt, sich darauf zu berufen, dass sie unbedarft und schuldlos in die Sache ihres Bruders hineingezogen worden sei. Die junge Frau sei darauf jedoch nicht eingegangen. Stattdessen entschied sich Sophie Scholl dafür, Verantwortung für ihre Taten zu übernehmen. Im Vernehmungsprotokoll heißt es nüchtern: „Es war unsere Überzeugung, dass der Krieg für Deutschland verloren sei, und dass jedes Menschenleben, das für diesen verlorenen Krieg geopfert wird, umsonst ist.“ Sophie Scholl hatte der Wahrheit die Ehre gegeben. Dafür musste sie mit ihrem Leben bezahlen.
Mi., 25. Jan · 20:15-21:15 · 3sat
Geboren in Auschwitz
1944 brachte eine Jüdin in Auschwitz ein Mädchen zur Welt. Das Mädchen überlebte im Versteck. Es erbte nicht nur das Trauma des Holocaust, sondern gab es auch an die eigene Tochter weiter. „Geboren in Auschwitz“ verfolgt die Geschichte der drei Frauen, die die Auswirkungen des Holocaust auf drei Generationen ihrer Familie entdecken, um sich von dem Trauma zu befreien. Eine außergewöhnliche filmische Aufarbeitung der zweiten und dritten Generation. Im Mai 1944 kam eine junge Jüdin nach Auschwitz, im zweiten Monat schwanger, und wurde von Dr. Mengele für medizinische Experimente ausgewählt. Ihr Baby Angela wog bei der Geburt nur ein Kilogramm und wurde fünf Wochen, bis zur Befreiung des Todeslagers, versteckt. Angela ist das einzige jüdische Kind, das im Vernichtungslager Auschwitz geboren wurde und überlebt hat. „Geboren in Auschwitz“ zeigt, wie Angela das Trauma des Holocaust von ihrer Mutter geerbt und es an ihre Tochter Kati weitergegeben hat, weil sie versuchte, sie zum Überleben zu erziehen. Kati, die sich dem ultraorthodoxen Judentum zuwandte und als Krebsforscherin in Montreal arbeitet, tut alles, um das Trauma zu stoppen und es nicht an ihre eigenen Kinder weiterzugeben. Der Film ist kein weiterer Film über den Holocaust, sondern begleitete drei Frauen bei der Suche nach Möglichkeiten der Heilung eines Traumas, das bis in die dritte Generation weitergegeben wurde. Angela und Kati setzen sich mit der Vergangenheit auseinander, reisen zu Orten von Budapest bis Jerusalem und treffen von deutschen Psychotherapeuten bis zu israelischen Soldaten verschiedenste Menschen.
Mi., 25. Jan · 21:00-21:45 · ARD-alpha
Briefe von Blume
Bernhardina Steinmann war eine schwedische Jüdin, die im 2. Weltkrieg in Norwegen lebte. Aufgrund der deutschen Besatzung musste sie untertauchen und schrieb aus ihrem Versteck Briefe an ihre Tochter Ingrid in Stockholm. Die Briefe, die 60 Jahre nach Kriegsende gefunden wurden, erzählen nicht nur die Geschichte einer Mutter und ihrer Tochter auf beiden Seiten der Grenze, sondern geben auch einen einzigartigen Einblick in die Situation der jüdischen Bevölkerung in Skandinavien während des Kriegs. Während des Holocaust wurden jüdische Menschen auch in Norwegen diskriminiert und ermordet, ihr Eigentum wurde beschlagnahmt. Im Herbst 1942 nahmen die Verfolgungen dramatisch zu. Mit Hilfe der norwegischen Polizei organisierten die Deutschen die „Judenaktion“: am 26. November 1942 wurden sie an Bord des Schiffes „Donau“ verbracht. Die Deportationen führten nach Auschwitz. Als Bernhardina „Blume“ Steinmann in Oslo versteckt lebte, schrieb sie Briefe an ihre Tochter Ingrid Kaplan in Stockholm, die diese 60 Jahre nach Kriegsende wiederfand. Die Briefe veranlassten deren Tochter Suzanne Kaplan und ihren Sohn Jonas Goldmann zu diesem eindrücklichen Dokumentarfilm. Anhand der Briefe erzählt dieser von den Erfahrungen von Mutter und Tochter auf beiden Seiten der norwegisch-schwedischen Grenze. Interviews mit Überlebenden und Historikern bereichern das Bild der Betroffenheit der Familie Steinmann und anderer Juden in dieser Zeit. Es wird die Frage gestellt: Wie konnte das hier passieren? Wie war das möglich?
Mi., 25. Jan · 21:00-21:45 · NDR
Unsere Geschichte: Kapitän Schröder und die Irrfahrt der St. Louis – Erinnerungen an ein Drama auf See
Im Mai 1939 versuchen rund 900 jüdische Mitbürger Deutschland mit dem Hapag-Dampfer „St. Louis“ zu verlassen. Ihr Ziel: Havanna auf Kuba. Dort wollen sie abwarten, bis sie ein Visum für die USA bekommen. Doch das Schiff kommt niemals ans Ziel. 76 Jahre nach der Irrfahrt der „St. Louis“, die bereits in Büchern, Dokumentationen und in einem Spielfilm erzählt wurde, taucht auf einem Hamburger Dachboden eine alte Seekiste auf. Die Dokumente zeigen den Kapitän in einem neuen Licht, erlauben eine genaue Rekonstruktion der Ereignisse. Im Mai 1939 versuchen rund 900 jüdische Mitbürger Deutschland zu verlassen. Sie haben ein Schiff gechartert: Den Hapag-Dampfer „St. Louis“. Ihr Ziel: Havanna auf Kuba. Dort wollen sie abwarten, bis sie ein Visum für die USA bekommen. Für die Passagiere ist es die letzte Gelegenheit, dem Terror der Nationalsozialisten zu entkommen. Doch das Schiff kommt niemals ans Ziel: Die kubanischen Behörden, später auch die USA, verweigern die Einreise. In dieser Situation kommt alles auf den Kapitän an, Gustav Schröder, einen Hamburger mit dänischen Wurzeln. In einer dramatischen Seereise gelingt es ihm, die Flüchtlinge vor dem Zugriff der Nationalsozialisten in Sicherheit zu bringen. 76 Jahre nach der Irrfahrt der „St. Louis“, die bereits in Büchern, Dokumentationen und in einem Spielfilm erzählt wurde, taucht auf einem Hamburger Dachboden eine alte Seekiste auf. Ihr Inhalt: Fotos, Briefe und das Originalmanuskript der Lebenserinnerungen von Gustav Schröder. Die Dokumente zeigen den Kapitän in einem neuen Licht, erlauben eine genaue Rekonstruktion der Ereignisse. In einer Collage aus Logbucheintragungen, Tagebuchnotizen und Erinnerungen von Überlebenden zeichnet der NDR die abenteuerliche Reise nach; der Schauspieler Christian Berkel verleiht dabei der Figur des Kapitäns mit seiner Stimme Gestalt. Von den über 900 Passagieren leben heute noch ein gutes Dutzend – überall auf der Welt verstreut. Fünf von ihnen hat der Hamburger Filmemacher Manfred Uhlig für diesen Film besucht. Die hoch betagten Herrschaften waren auf der Fahrt zwischen sieben und 16 Jahre alt. Für die Kinder war die Seereise in erster Linie ein Abenteuer, für ihre Eltern ein Drama. Herbert Karliner, der als Rentner in Miami-Beach lebt, erinnert sich noch genau an den Moment der Abfahrt: Eine Kapelle spielte „Muss i denn, muss i denn zum Städtele hinaus“. Während die Eltern weinend von ihrer Heimat Deutschland Abschied nahmen, spielten die Kinder an Deck Verstecken. Noch heute hadert der alte Mann mit der Entscheidung der damaligen US-Regierung, die Flüchtlinge abzuweisen. Hätte die „St. Louis“, so wie von Kapitän Schröder geplant, in Florida anlanden dürfen, hätten seine Eltern nicht nach Europa zurückkehren müssen – sie hätten den Holocaust überlebt.
Mi., 25. Jan · 22:00-23:00 · arte
Nürnberg und seine Lehre – Ein Film gegen das Vergessen
Am 20. November 1945 begann der erste Nürnberger Prozess, bei dem die vier alliierten Siegermächte 24 Hauptkriegsverbrecher und sechs verbrecherische Organisationen des Dritten Reichs vor einem internationalen Militärgerichtshof zur Verantwortung zogen. Dem Hauptkriegsverbrecher-Prozess folgten zwölf weitere Prozesse gegen Angehörige der Eliten des NS-Staats – gegen Politiker, Diplomaten, Unternehmer und Ärzte. Über die Nürnberger Prozesse wurden mehrere Filme gedreht. Diese Dokumentation unterscheidet sich von ihnen durch ihren sehr persönlichen Blickwinkel, denn sie erzählt die ungewöhnliche Geschichte der Brüder Stuart und Budd Schulberg, die von den US-Behörden beauftragt wurden, für den Prozess filmische Beweise von den Nazi-Gräueltaten zusammenzutragen. Nach vier Monaten gefahrvoller Suche im verwüsteten Europa hatten sie Hunderte Stunden an Archivmaterial beisammen, das größtenteils von Nazis selbst aufgenommen und an geheimen Orten aufbewahrt worden war. Für den Filmschnitt arbeiteten die Schulbergs mit so bekannten Filmemachern wie John Ford zusammen. Die zu mehreren Filmen gebündelten Aufnahmen wurden den Richtern auf einer großen Leinwand direkt im Verhandlungssaal vorgeführt, die wichtigsten waren „Nazi Concentration Camps“ und „The Nazi Plan“. Stuart und Budd Schulbergs Filme prägten die kollektive Wahrnehmung der Nazi-Verbrechen nachhaltig. Weit weniger bekannt ist dagegen ein anderer Film, der ebenfalls damals entstand: Im Auftrag des US-amerikanischen Hauptanklägers Robert Jackson filmte Stuart Schulberg, der jüngere der beiden Brüder, den Prozess. Dieser Film über die Nürnberger Prozesse hätte 1948 unter dem Titel „Nuremberg: Its Lesson for Today“ (deutscher Titel: „Nürnberg und seine Lehre“) in die US-amerikanischen Kinos kommen sollen. Doch in der Nachkriegszeit hatte die Versöhnung mit Deutschland Vorrang, der neue Feind war die Sowjetunion. So geriet der Film für fast 60 Jahre in Vergessenheit. Erst im Jahr 2003 knüpfte Stuarts Tochter Sandra Schulberg an das Werk ihres Vaters an. In jahrelanger Arbeit gelang es ihr, die Filmrollen zusammenzutragen, zu sortieren und zu restaurieren. Ihr Film erhellt bisher unbekannte Aspekte jener historischen Zäsur.
Mi., 25. Jan · 22:15-23:00 · ARD-alpha
The American Führer – Hitlers unliebsamer Doppelgänger
Die Geschichte des faschistischen Hochstaplers Fritz Julius Kuhn ist so unbekannt wie erschreckend: Kuhn ist ein deutscher Auswanderer, der sich in den 1930er-Jahren in den USA als Hitlers Stellvertreter ausgibt. Er steht an der Spitze des Amerikadeutschen Bundes, einer faschistischen Vereinigung von deutschstämmigen Amerikanern. Die Anhänger dieses Vereines marschieren mit Hakenkreuzfahnen und in Nazi-Uniform im Stechschritt durch New York City, Chicago oder Los Angeles. Sie versammeln sich zu Tausenden in Stadien und singen das Horst-Wessel-Lied. Das FBI unterschätzt Kuhn und seine Bewegung. Hitler will ihn stoppen, schafft es aber nicht. Erst ein deutschstämmiger Journalist bringt Kuhn zu Fall. Sein Name: John C. Metcalfe. Unter seinem deutschen Namen Oberwinder schleicht er sich in den Amerikadeutschen Bund und recherchiert undercover. Als rechte Hand von Kuhn erlebt er, was dieser wirklich im Schilde führt: ein faschistisches, antisemitisches Amerika nach deutschem Vorbild. Im September 1937 lässt Metcalfe die Bombe platzen und veröffentlicht in der Chicago Daily Times seine Erlebnisse aus dem Innern des Amerikadeutschen Bundes. Die Artikelserie macht den Amerikanern klar: „It can happen here!“ Die USA sind vom Faschismus bedroht! Nun nimmt auch das FBI den Kampf gegen Fritz Kuhn auf. Es wird ein Katz-und-Maus-Spiel, denn Kuhn ist mit allen Wassern gewaschen. Am Ende stürzt er über einen Steuerbetrug. Kuhn wird 1939 zu einer Haftstrafe verurteilt. Damit ist auch das Schicksal des Amerikadeutschen Bundes besiegelt, ohne Führer löst er sich auf. Kuhn muss nach der Haft seine US-Staatsbürgerschaft abgeben. Während des Zweiten Weltkrieges lebt er in einem US-Internierungslager. Nach Kriegsende wird er im September 1945 nach Deutschland deportiert. Dort muss er sich vor einer Spruchkammer verantworten. Diese verurteilt ihn zu zwei Jahren Haft. Bei der Urteilsverkündung erklärt er grinsend, er werde nie wieder eine Organisation gründen. Im Dezember 1951 stirbt er verarmt und einsam in München. Erst Monate später meldet die New York Times seinen Tod in einer Randnotiz. Kuhns Propaganda-Arbeit und das gewaltige Presse-Echo sind ein Glücksfall für die Dokumentation „The American Führer“. Regisseurin Annette Baumeister verwendet in ihrer Dokumentation einen nahezu unbekannten Fundus an Filmen, Fotos und Aufzeichnungen. Mit eindrucksvollen Bildern zeigt sie, in welchem Ausmaß Fritz Kuhn und der faschistische Amerikadeutsche Bund in Amerika agierten.
Mi., 25. Jan · 22:45-00:30 · RBB
Die Unsichtbaren
„Die Unsichtbaren“ schildert ein weitgehend unbekanntes Kapitel des jüdischen Widerstands während der Zeit des Nationalsozialismus. Das Drehbuch basiert auf Interviews, die Regisseur Claus Räfle und seine Ko-Autorin Alejandra López mit Zeitzeugen geführt haben. Einfühlsam, beklemmend und erstaunlich humorvoll verweben sie die Spielhandlung mit Interview-Ausschnitten und Archivaufnahmen zu einem dichten, emotional bewegenden Ensembledrama. Da ist Cioma Schönhaus, der heimlich Pässe fälscht und so das Leben Dutzender anderer Verfolgter zu retten versucht. Die junge Hanni Lévy blondiert sich die Haare, um als scheinbare Arierin unerkannt über den Berliner Ku’damm spazieren zu können. Eugen Friede verteilt nachts im Widerstand Flugblätter. Tagsüber versteckt er sich in der Uniform der Hitlerjugend und im Schoße einer deutschen Familie. Und schließlich ist da noch Ruth Gumpel, die als Kriegswitwe getarnt NS-Offizieren Schwarzmarktdelikatessen serviert. Sie alle kämpfen für ein Leben in Freiheit, ohne wirklich frei zu sein. „Die Unsichtbaren“ schildert ein weitgehend unbekanntes Kapitel des jüdischen Widerstandes während der Zeit des Nationalsozialismus. Das Drehbuch basiert auf Interviews, die Regisseur Claus Räfle und seine Co-Autorin Alejandra López mit Zeitzeugen geführt haben. Einfühlsam, beklemmend und erstaunlich humorvoll verweben sie die Spielhandlung mit Interviewausschnitten und Archivaufnahmen zu einem dichten, emotional bewegenden Ensembledrama.
Mi., 25. Jan · 23:00-00:20 · arte
Geheimsache Rote Kapelle (1/2)
Ungeachtet des zunehmenden Gestapo-Terrors verhilft ein loser Widerstandskreis in Berlin Juden zur Flucht, verteilt Flugblätter – und sammelt militärische Informationen. Einer der Organisatoren ist Harro Schulze-Boysen. Als Offizier im Berliner Luftfahrtministerium verschafft er sich Zugang zu Hitlers Aufmarschplänen für den Angriff auf die Sowjetunion und schließlich auch für den Vorstoß nach Süden, nach Stalingrad. Diese Informationen will er unbedingt an die Alliierten weiterleiten, denn ein Sturz des Naziregimes von innen heraus scheint unmöglich. Er kommt in Kontakt mit einem sowjetischen Spionagering in Brüssel und Paris. Dieser rekrutiert sich vorwiegend aus jüdischen Kommunisten, darunter Leopold Trepper, ein ehemaliger Palästinakämpfer. Sie funken heimlich militärische Informationen nach Moskau. Belgien und Frankreich sind seit 1940 von der deutschen Wehrmacht besetzt. Ein Agent wird aus Brüssel nach Berlin geschickt, um Harros dringliche Informationen aufzunehmen. Nächtelang werden sie dann von Brüssel nach Moskau gefunkt. Und in jeder Nacht engen die Peilsender der deutschen Abwehr den Standort des Funkgeräts in Brüssel weiter ein, bis sie die Funker schließlich aufspüren und verhaften. Trepper gelingt in letzter Minute die Flucht nach Paris, von wo er weiter operiert. Doch die Quelle in Berlin ist nun besonders gefährdet: Harro Schulze-Boysen. Die dramatische Geschichte der Roten Kapelle wird mit Spielfilmausschnitten und Aussagen von Nachfahren und Historikern neu erzählt. Zweiter Teil am 26. Jan · 00:20-01:40
Mi., 25. Jan · 23:00-00:30 · WDR
Nazijäger – Reise in die Finsternis
1945 und 1946 fahren die Männer der britischen „War Crimes Investigation Unit“ auf der Jagd nach Naziverbrechern durch Norddeutschland. Einer von ihnen ist Captain Anton Walter Freud. Im Team lernt er Hanns Alexander kennen. Der Sohn eines Berliner Arztes ist wie er vor den Nazis nach England geflohen. Sie spüren Mörder auf, die auf den Fahndungslisten der Alliierten stehen: Killer in Nadelstreifen, brutale SS-Schergen und erbarmungslose Ärzte, die medizinische Experimente selbst an Kindern durchführten. – Wesentliche Grundlagen des Doku-Dramas sind die Protokolle der Verhöre, die Freud und Alexander damals durchgeführt haben. 1945 und 1946 fahren die Männer der britischen „War Crimes Investigation Unit“ auf der Jagd nach Naziverbrechern durch Norddeutschland. Einer von ihnen ist Captain Anton Walter Freud, der Enkel von Sigmund Freud, dem Begründer der Psychoanalyse. Anton Walter Freud floh 1938 mit seiner Familie vor den Nazis nach London. Jetzt ist er Geheimdienstoffizier und zurück, um Mörder aufzuspüren, die auf den Fahndungslisten der Alliierten stehen: Killer in Nadelstreifen, brutale SS-Schergen und erbarmungslose Ärzte, die medizinische Experimente selbst an Kindern durchführten. Freud ist stolz auf seine Herkunft, verehrt seinen weltberühmten Großvater. Der 24-Jährige verfügt über ein besonderes Talent: Er kann sein Gegenüber zum Reden bringen. Freud ist ein Freigeist, der sich nur ungern unterordnet. Er verabscheut Disziplin und ist für seine unkonventionellen Ideen bekannt. Sein Ziel ist nicht Rache, sondern Gerechtigkeit. Er will die Täter vor Gericht bringen. „Alles unscheinbare kleine Leute“, wird Freud später in einem seiner seltenen Interviews sagen, „denen man überall begegnen kann, ohne zu ahnen, was sie getan haben.“ Im Team lernt er Hanns Alexander kennen. Der Sohn eines Berliner Arztes ist ebenfalls vor den Nazis nach England geflohen und 1945 als britischer Offizier nach Deutschland zurückgekommen. Im Konzentrationslager Bergen-Belsen hat er das Grauen gesehen, das die Nazis hinterlassen haben und ist schockiert über die Kaltblütigkeit der inhaftierten Aufseher und SS-Offiziere. Bergen-Belsen hat Alexander verändert. Er ist nicht länger der sorglose Mann von einst, sondern von einer kaum noch kontrollierbaren Wut erfasst. Das macht ihn zum „Brecher“, ein Ermittlertyp, der auch mit Drohungen operiert und manchmal Grenzen überschreitet – ganz anders als Anton Walter Freud. Der verhaftet im Oktober 1945 Bruno Emil Tesch, den Geschäftsführer der Hamburger Firma „Tesch & Stabenow“, die das Insektenvernichtungsmittel „Zyklon B“ hergestellt und in die Vernichtungslager geliefert hat – vor allem nach Auschwitz. Die Beweise sind erdrückend, Tesch wird 1946 vor ein britisches Gericht gestellt und zum Tode verurteilt. Überlebende Häftlinge aus dem Konzentrationslager Neuengamme haben den Ermittlern erzählt, dass kurz vor Kriegsende 20 Kinder nachts mit einem Lkw aus dem Lager gebracht worden sind. Unter ihnen ist der erst sieben Jahre alte Sergio de Simone aus Italien. Freud findet Dr. Adolf Trzebinski und verhört ihn. Vom Schicksal der Kinder wisse er nichts, behauptet der Arzt. Doch Freud kennt die Wahrheit. Trzebinski hat die Opfer von Menschenversuchen bestialisch ermorden lassen. Wann und wie, das will Freud herausfinden. Die Ermittlungen werden ihn ans Ende seiner Kräfte bringen. Das Grauen der Verbrechen, die er aufklären will, lässt ihn nicht mehr los. Hanns Alexander fahndet vor allem nach Rudolf Höß, dem ehemaligen Kommandanten von Auschwitz, der sich seit Kriegsende in Norddeutschland versteckt. Als dessen Frau schließlich den Aufenthaltsort preisgibt, wird Höß verhaftet. Im Verhör gibt er zu, für den Tod von Millionen Menschen verantwortlich zu sein.
Do., 26. Jan · 01:40-03:10 · arte
Die guten Feinde – Mein Vater, die Rote Kapelle und ich
Christian Weisenborn erzählt in seinem Dokumentarfilm „Die guten Feinde – Mein Vater, die Rote Kapelle und ich“ die dramatische Lebensgeschichte seines Vaters, der für die 68er-Generation zum Vorbild geworden war. Günther Weisenborn – Autor, Liebhaber, Familienvater, Widerstandskämpfer – starb 1969 mit gerade einmal 66 Jahren. Sein Bemühen, zusammen mit Adolf Grimme die von Hitlers Juristen zu Tode verurteilten Freunde der „Roten Kapelle“ zu rehabilitieren, war gescheitert. Als einer von wenigen war Günther Weisenborn seiner Hinrichtung knapp entkommen. Den ganzen Kalten Krieg über galten die Mitglieder der Gruppe als KGB-Agenten und Vaterlandsverräter. Auch „Stern“ und „Spiegel“ waren den Lügen der alten Naziseilschaften auf den Leim gegangen. Erst 2009 wurden die Urteile gegen die Gruppe aufgehoben, 2016 dokumentierte eine Historikerkommission die gezielte Verleumdung durch den deutschen Geheimdienst. Über Tagebuchaufzeichnungen, Briefe, Fotos und privates Filmmaterial erleben wir hautnah mit, wie sich aus der sehr unterschiedlich geprägten Gruppe junger Leute die aus heutiger Sicht interessanteste Widerstandsgruppe überhaupt entwickeln konnte. Ein ergreifender Dokumentarfilm, eine intime und ungeschminkte Suche des Sohnes nach der wahren Identität des Vaters, ein Blick zurück auf das Berlin der 30er Jahre, auf eine Gruppe von Freunden, die das Leben liebten, feierten und sich in der dunkelsten Zeit der deutschen Geschichte für das Gute entschieden.
Do., 26. Jan · 22:40-23:10 · MDR
Wo ist Familie Blach? Eine unbequeme Suche
Als die Stralsunderin Friederike Fechner gemeinsam mit ihrem Mann 2012 ein historisches Giebelhaus kauft, ahnt sie nicht, worauf sie sich einlassen wird: Die Frage: „Wer hat einmal in diesen alten Mauern gelebt?“ wird zu einer jahrelangen Suche. Fast zu einer Sucht – und vor allem: einem Wahrnehmen von Verdrängtem. Dabei gerät Friederike Fechner immer tiefer in den Sog deutscher Geschichte. Beschämend, aufwühlend, tränenreich. Und am Ende der weltweiten Suche steht ein kleines Happy End. Wenn Mauern erzählen könnten, dann wären manche Geschichten kaum auszuhalten. Nicht oft kommen sie so zufällig wieder zum Vorschein wie in der Heilgeiststraße 89, einem barocken Giebelhaus in der Stralsunder Altstadt, das Friederike Fechner 2012 mit ihrem Mann kaufte. Die Stralsunder Cellistin beginnt nachzufragen: Wer hat einmal in diesem alten Haus gelebt? Sie macht sich auf die Suche und gerät in einen Sog. Erste Spuren im Stadtarchiv lassen ihr keine Ruhe mehr: Blach, Julius Blach, Lederwarenhändler, jüdisch. Sein Sohn Friedrich Blach, letzter Besitzer des Hauses bis kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Und dessen vier Schwestern, die in Konzentrationslagern umgebracht wurden. Die Geschichte führt ins dunkelste Kapitel deutscher Vergangenheit. Beschämend, aufwühlend, tränenreich. Friederike Fechner setzt mühsam ein Puzzle wieder zusammen, das bisher lieber vergessen worden war. Was ist passiert? Gibt es Nachfahren der Blachs? Sie findet welche, auf der ganzen Welt verstreut. In Amsterdam, in New York, in Boston. Fast keiner weiß voneinander. Zu schmerzhaft ist die Erinnerung an die deutschen Wurzeln. Und nur wenige haben sich bisher getraut, direkt an den vernarbten Wunden zu kratzen. Die Musikerin treibt ein ähnliches Motiv. Auch in ihrer Familie wurde nicht geredet – nicht über das, was im Krieg mit den Juden geschah, nicht über Schuld, nicht über Verantwortung. Nicht mit dem Großvater, der im Krieg General gewesen war, nicht mit ihren Eltern. Aber jetzt trifft Friederike Fechner auf ihre Generation. Es ist die Enkelgeneration, die anfängt, sich auszutauschen, zu reflektieren, Schmerz zuzulassen. Während ihrer atemberaubenden akribischen Recherche trifft Friederike in Amsterdam auf Peter, der als Kind Bergen-Belsen überlebt hat. In New York auf Casey, der an der Columbia University Professor für Amerikanische Geschichte ist. Auf Kate, Drehbuchautorin, und Christina aus Boston, die sich gut an ihren Großvater Friedrich, geboren in Stralsund, erinnert. Schließlich lädt Friederike alle zu einem Treffen nach Stralsund in ihr Haus ein. Wird es zustande kommen? An einem Ort, an dem Familie Blach einst von den Nachbarn verraten wurde?
Do., 26. Jan · 22:55-23:50 · 3sat
Anton Schmid – Der gute Mensch von Wilna
Der Wiener Elektrohändler Anton Schmid rettete als einfacher Feldwebel 1941/42 im besetzten Litauen Hunderte Juden vor dem Tod. Er bezahlte sein Eintreten für Menschlichkeit mit dem Leben. Schon im März 1938 schützte Anton Schmid eine Jüdin vor Übergriffen. Im besetzten Wilna gelang es ihm, Juden für vorgeblich dringliche Arbeiten zu requirieren, ihnen falsche Papiere zu verschaffen und sie mit Wehrmachts-Lkw aus dem Getto von Wilna zu bringen. Am 13. April 1942 wurde Anton Schmid von einem Kriegsgericht der deutschen Wehrmacht als „Verräter“ verurteilt und erschossen. Mithilfe von Zeitzeugen, bisher unveröffentlichten Briefen Schmids sowie Spielszenen wird das Porträt dieses mutigen Mannes filmisch nacherzählt.
Do., 26. Jan · 23:00-23:30 · HR
Sonny – eine Geschichte über den Holocaust, Eintracht und Frankfurt
Helmut Sonneberg, von allen nur „Sonny“ genannt, ist 90 Jahre alt und ein echtes Original in der Fanszene von Eintracht Frankfurt. Schon zur Deutschen Meisterschaft 1959 in Berlin reiste er mit dem Käfer und einem Zylinder auf dem Kopf an – und ließ sich vor dem Endspiel noch einen Zahn entfernen. Mehrere Jahrzehnte schwieg „Sonny“ aber über ein tieftrauriges Kapitel: Er überlebte als Jude den Holocaust, wurde von seiner Familie getrennt, auf der Straße geschlagen und erniedrigt. Im Jahr 1945 deportierten die Nazis ihn und seine Mutter ins Lager Theresienstadt. In diesem Porträt spricht Sonny emotional über die schlimmsten Jahre seines Lebens, aber auch die Freuden mit der Eintracht und seine 17 verschiedenen Jobs – vom Taxifahrer und Mechaniker bis zum Kneipenbesitzer. Der Film begleitet ihn bei Treffen mit alten Arbeitskollegen, mit Eintrachts Präsident Peter Fischer oder mit der Legende Jan-Aage Fjörtoft – und natürlich ins Stadion zu seiner geliebten „Eintracht“.
Fr., 27. Jan · 00:05-01:45 · RBB
Jakob der Lügner
Der unscheinbare Jakob Heym hilft den Menschen, die mit ihm die bittere Zeit im Warschauer Ghetto bestehen müssen. Jakob ersinnt freundliche Lügen, erfindet tröstliche Radiomeldungen, die die Hoffnung nähren, aber auch den Mut und den Widerstand. Jakobs Mitteilungen sind für seine Freunde wertvoller als Brot. Eine Tragikomödie um die menschliche Größe Jakob des Lügners. Jakob Heym lebt im jüdischen Ghetto Warschaus. Wegen angeblicher Überschreitung der Ausgangssperre wird er eines Tages zum Gestapo-Revier geschickt, kommt jedoch wider Erwarten mit dem Leben davon. Der Zufall will es, dass Jakob aus dem Radio bei der Gestapo eine Nachricht über den Anmarsch der Russen aufschnappt. Diese Meldung wirkt für Jakob wie ein Lebenselexier und sie soll auch seinen Freunden neuen Lebensmut geben. Damit diese ihm die Nachricht glauben und er durch deren Quellen nicht als Gestapo-Spitzel verdächtigt wird, muss Jakob lügen. Er gibt vor, ein Radio zu besitzen. Doch damit beginnt Jakobs tragikomischer Leidensweg. Tagtäglich wollen alle Neues von ihm wissen: über den Frontverlauf, die Weltpolitik und vieles mehr. Selbst die kleine Lina, die er versteckt hält, ist neugierig. Hoffnung breitet sich im Ghetto aus, die Selbstmorde hören auf, Zukunftspläne über ein Leben ohne den gelben Stern werden geschmiedet. Und Jakob lügt weiter, ist doch die Hoffnung in ihrer Situation wichtiger als das Stück Brot. Doch allmählich wird die Illusion zum Selbstbetrug. Jakob erträgt die sich selbst aufgebürdete Last nicht mehr und vertraut sich seinem Freund Kowalski an. Der Hoffnung beraubt, nimmt sich dieser das Leben. Als für alle der Deportationsbefehl kommt, entdeckt auch Lina die Wahrheit. Dennoch war für sie für eine kurze Weile die graue Ghetto-Wirklichkeit bunt geworden. „Jakob der Lügner“ (1974) ist die gleichnamige Verfilmung des erfolgreichen Romans von Jurek Becker aus dem Jahr 1968, der auf ein Drehbuch des Autors von 1965 zurückgeht. Es ist ein Film von großer berührender Sensibilität, der von der unzerstörbaren Würde des Menschen erzählt – ein Credo, das sich gleichsam wie ein roter Faden durch das Werk des Regisseurs Frank Beyer zieht. „Jakob der Lügner“ wurde 1975 für den Oscar nominiert. Angetan von der emotional berührenden Geschichte, entschloss man sich 1999 in Hollywood zu einer Neuverfilmung mit Robin Williams in der Titelrolle.
Fr., 27. Jan · 00:55-02:25 · ZDF
Die Kinder von Windermere
Packender Film nach einer wahren Geschichte über 300 Kinder, die den Holocaust überlebt haben und 1945 nach England gebracht werden. Dort wird ihnen Hoffnung auf ein neues Leben gegeben. Nach ihrer Befreiung aus den Konzentrationslagern werden die jüdischen Kinder an den Lake Windermere gebracht. Der deutsche Psychologe Oscar Friedmann betreut die Kinder dort einen Sommer lang, und sie lernen, mit ihren schlimmen Erfahrungen umzugehen.
Fr., 27. Jan · 01:15-01:45 · SWR
Wer bin ich? Auf der Suche nach den eigenen Wurzeln
Jürgen Hefel hat es erst vor kurzem erfahren: Er hat jüdische Vorfahren. Lange Zeit wurde darüber in der Familie geschwiegen. Im Sommer 2017 trifft er plötzlich seine vergessene Familie: Nachkommen einer 1942 aufgelösten jüdischen Gemeinde in Vorarlberg, die heute in aller Welt verstreut leben. Darunter auch Karla Galindo-Barth. Sie lebt mit ihrer Familie in Guatemala, ist katholisch und hat vor wenigen Jahren von ihren jüdischen Vorfahren in Vorarlberg erfahren. Mit gemischten Gefühlen fliegt sie nach Europa. Jürgen und Karla stellen schon beim ersten Treffen auf dem Jüdischen Friedhof fest: Sie sind verwandt, ihre Vorfahren haben in Hohenems gelebt und liegen hier begraben. Neugier entsteht, es kommt zum intensiven Austausch über das eigene Leben, das unterschiedliche Schicksal der Familien. Jürgen ist zwar katholisch aufgewachsen, versteht sich heute aber als Atheist. Karla interessiert sich neu für jüdische Traditionen, die nun auch das Interesse von Jürgen wecken. Das Treffen bringt beide auch mit den Nachkommen muslimischer Einwanderer zusammen, die heute in dieser wirtschaftlich bedeutsamen Region leben. Der Student Hayri Can ist einer von ihnen. Er hat im Jüdischen Museum in Hohenems gearbeitet und steht während des Treffens als Fahrer zur Verfügung. Er erzählt, wie sehr auch ihn seine muslimische Familiengeschichte und die Auswanderung der Eltern geprägt haben. Die Jüdische Gemeinde in Hohenems in Vorarlberg wurde vor 400 Jahren gegründet und 1942 von den Nazis aufgelöst. Beim Nachkommentreffen im Sommer 2017 treten zum Teil dramatische, aber auch glückliche Familiengeschichten zutage. Nach und nach zeigt sich, wie stark dieses Band der Herkunft noch immer ist. Der Film begleitet Jürgen, Karla und Hayri – Menschen, die ihre Wurzeln neu entdecken und fragen: Wer bin ich? Wo komme ich her? Dass da noch mehr sein musste, als sie bislang wussten, hatten sie schon vermutet.
Fr., 27. Jan · 01:45-02:45 · SWR
Rachels Rettungsdienst – Ultraorthodoxe Jüdinnen im Einsatz
Borough Park im Stadtteil Brooklyn in New York ist eine der größten ultraorthodoxen jüdischen Gemeinden außerhalb Israels. Dort kämpft eine Gruppe ultraorthodoxer Frauen für das Ziel, den ersten rein weiblichen freiwilligen Rettungsdienst in New York City zu gründen. Die mutigen Frauen, angeführt von der charismatischen Rachel Freier, wollen die Gesellschaft von innen heraus verändern. Sie stellen sich damit gegen das strenge Patriarchat ihrer Gemeinde. Der Regisseurin Paula Eiselt – selbst orthodoxe Jüdin – sind unglaublich nahe Einblicke in eine Parallelgesellschaft gelungen. Rachel Freier, genannt „Ruchie“, hat beschlossen, gegen alle Widerstände ihrer chassidischen Gemeinde einen eigenen weiblichen Rettungsdienst aufzubauen: Ezras Nashim. Frauen wird die Mitarbeit im Hatzolah, dem größten freiwilligen Ambulanzkorps der Welt, verweigert. In den ultraorthodoxen jüdischen Gemeinden wird von den Frauen erwartet, dass sie sich ausschließlich auf Haus und Kinder konzentrieren. Mit ihrer Initiative riskieren Ruchie und eine engagierte Gruppe mutiger chassidischer Frauen ihren Ruf und buchstäblich auch die Zukunft ihrer Kinder. In den ultraorthodoxen Gemeinden sehen üblicherweise nur die Ehemänner die ansonsten verhüllten Körper ihrer Frauen. Nur in lebensgefährlichen Notfällen darf ein Mann, ein Arzt oder ein Sanitäter, ihre unbedeckte Haut sehen und berühren. Rachel geht es darum, den chassidischen Frauen und Mädchen von Borough Park eine weibliche medizinische Notfallversorgung zu bieten. Und sie will unter Beweis stellen, dass Frauen viel mehr können als Kinder aufzuziehen und den Haushalt zu führen. Parallel zu ihrer Kampagne stellt sie sich einer weiteren großen Herausforderung: Sie kandidiert für das Richteramt am Zivilgericht in Brooklyns 5. Bezirksgericht. Rachel wäre die erste chassidische Frau, die in den USA in ein solches Amt gewählt werden würde. Mit beispiellosem und exklusivem Zugang beobachtet die Filmemacherin Paula Eiselt in ihrem Film die Gründung des ersten weiblichen Sanitätsdienstes Ezras Nashim sowie Ruchies Kandidatur für das Richteramt mit all ihren Höhe- und Tiefpunkten.
Fr., 27. Jan · 19:15-20:00 · PHOENIX
Jahrhundertzeugen: Eva Szepesi – Eine Graphic-Novel-Erzählung
Eva Szepesi ist Holocaust Überlebende, aber es hat fast 50 Jahre gedauert, bevor sie begann, über ihre Erfahrungen zu sprechen. Erst 1995, zum 50. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, brach sie ihr Schweigen und berichtet seitdem als Zeitzeugin über den NS-Völkermord an den Juden. Sie ist eine der letzten Überlebenden der Shoah: Die 1932 in Ungarn geborene Eva Szepesi wurde 1944 als junges Mädchen von den Nationalsozialisten in ihrem slowakischen Versteck aufgespürt und nach Auschwitz deportiert. Am 27. Januar 1945 wurde sie von der Roten Armee aus dem Konzentrationslager Auschwitz befreit. Heute spricht Eva Szepesi stellvertretend für die Millionen jüdischen Opfer, die zu Tode gequält und ermordet wurden und die keine Stimme mehr haben. Erst spät, 50 Jahre nach ihrer Befreiung, begann Eva Szepesi über das unvorstellbare Leid zu berichten. Seitdem setzt sie sich aktiv gegen das Vergessen und gegen Antisemitismus in Deutschland ein. Anlässlich des internationalen Holocaust-Gedenktages am 27. Januar 2023 zeigt phoenix die fünfte Folge seiner Reihe Jahrhundertzeugen, die die dramatischen Erinnerungen von Holocaust-Überlebenden als Graphic-Novel-Erzählung dokumentiert. Eva Szepesi schildert in ihrem Jahrhundertzeugen-Gespräch auf anschauliche und tief ergreifende Weise den Entrechtungsprozess, dem die Juden durch die Nationalsozialisten auch in ihrer Heimat Ungarn ausgesetzt waren. Sie berichtet von der fortschreitenden Ausgrenzung durch ihre Schulfreunde, vom Verlust des Vaters und von der eigenen Flucht ohne Vater, Mutter und Bruder, die sie nie wiedergesehen hat. Wie in allen Folgen zuvor bildet das Zeitzeugengespräch die Grundlage für die zweite Ebene dieser nun fünften Ausgabe der Jahrhundertzeugen auf phoenix. Ebenso wie in den ersten vier Folge haben auch hier die beiden renommierten Illustratoren und Graphic-Novellists Reinhard Kleist und Matthias Lehmann in Zusammenarbeit mit dem Autor viele Szenen der mündlichen Erzählung Eva Szepesis zeichnerisch respektvoll und mit Zustimmung der Zeitzeugin umgesetzt und szenisch animiert. So ist eine beindruckende und bewegende Oral-Graphic-Biography der Jahrhundertzeugin Eva Szepesi entstanden, die nachdem sie ihr Schweigen brach, gegen das kollektive Vergessen und gegen einen neu aufkommenden Antisemitismus kämpft.
Fr., 27. Jan · 19:40-20:15 · arte
Re: Vergiftetes Erbe – Auf der Suche nach jüdischen Eigentümern
Vor über 80 Jahren versteigerte der NS-Staat auf sogenannten „Juden-Auktionen“ alles, was in den Wohnungen deportierter oder emigrierter Juden übriggeblieben war. Vieles kauften – weit unter Wert – auch Privatpersonen, ehemalige Nachbarn, Kollegen, Freunde. So wie der Großvater von Katrin Meinke. 1941 ersteigerte der Bankangestellte unter anderem eine wertvolle Brillantkette auf solch einer Auktion in Karlsruhe. Woher die Kette kam und wem sie gehörte, darüber hat sich der Großvater jahrzehntelang ausgeschwiegen. Jetzt, viele Jahre nach seinem Tod, möchte die Enkeltochter das Erbstück wieder an die rechtmäßigen jüdischen Eigentümer oder deren Nachkommen zurückgeben – als eine Art „Wiedergutmachung“ Katrin Meinke hat sich an Sharon Adler und die Stiftung „Zurückgeben“ in Berlin gewandt. Die Publizistin und Fotografin Sharon Adler ist Angehörige der Zweiten Generation von Shoah-Überlebenden. Sie engagiert sich ehrenamtlich bei der Stiftung für die Förderung von jüdischen Wissenschaftlerinnen und Künstlerinnen mittels Stipendien, um Projekte wie Filme, Literatur oder Forschungsarbeiten zu realisieren. Und sie setzt sich auch für Provenienzrecherchen und die Rückgabe von in der NS-Zeit enteigneten Wertgegenständen von Jüdinnen und Juden ein. Mehrere Monate hat Sharon Adler nach den möglichen rechtmäßigen jüdischen Besitzern des geerbten Schmuckstücks von Katrin Meinke gesucht. Gibt es Nachfahren und wo leben sie heute? Wie werden sie auf die Nachricht aus Deutschland rund 80 Jahre nach Beginn des Holocaust reagieren?
Fr., 27. Jan · 20:15-22:15 · 3sat
Das Tagebuch der Anne Frank
Ein 13-jähriges jüdisches Mädchen in Amsterdam schreibt Tagebuch. Immer in der Angst vor Entdeckung durch die deutschen Besatzer, in Angst um ihr Leben. Es ist die Geschichte Anne Franks.
Fr., 27. Jan · 22:15-00:10 · 3sat
Die Frau des Zoodirektors
Antonina, die Frau des Warschauer Zoodirektors Żabiński, kümmert sich liebevoll um die verschiedensten Tiere. Doch mit dem Überfall der Deutschen auf Polen 1939 wird ihre Idylle zerstört. Der Zoo wird bombardiert, die Familie kann die Stadt nicht mehr verlassen. Als 1940 alle Juden ins Warschauer Getto gebracht werden, beginnen Antonina und Jan, so viele Juden wie möglich bei sich zu verstecken – in ständiger Angst vor Hitlers Chefzoologen Lutz Heck. Die heile Tierwelt des Warschauer Zoos von Zoodirektor Jan Żabiński, seiner Frau Antonina und ihrem kleinen Sohn Ryszard findet 1939 mit dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht ein jähes Ende. Wie ganz Warschau wird auch der Zoo bombardiert, viele der Tiere sterben oder irren ziellos durch die Stadt. Antonina und ihre Familie sitzen in der Falle, da sie aus Warschau nicht mehr herauskommen. Mit den deutschen Soldaten besetzt auch ein alter Bekannter von Antonina und Jan, Hitlers Chefzoologe und Leiter des Berliner Zoos, Dr. Lutz Heck, den Tierpark. Entgegen seinem Versprechen, sie zu übernehmen, erschießt er etliche Tiere und startet den Versuch, den längst ausgestorbenen Auerochsen heranzuzüchten. Als die Deutschen 1940 damit beginnen, alle Juden ins Warschauer Getto zu zwingen, sind auch Freunde von Antonina und Jan betroffen. Die beiden verstecken zuerst ihre Freunde Magda Gross und Maurycy Fraenkel bei sich im Kellergewölbe unter ihrer Wohnung, doch werden es schnell sehr viel mehr Menschen. Denn Jan, der sich inzwischen im Untergrund der polnischen Heimatarmee angeschlossen hat, beginnt, systematisch Juden aus dem Getto zu schmuggeln, sie vorübergehend im Keller unterzubringen und dann weiter in sichere Verstecke außerhalb Warschaus zu schleusen. Zu diesem Zweck schlagen Antonina und Jan Dr. Heck vor, auf dem Zoogelände eine Schweinezucht zur Fleischversorgung der Besatzungstruppen aufzuziehen. Die Küchenabfälle des Gettos sollen dabei als Schweinefutter regelmäßig auf das Zoogelände transportiert werden, was für Jan eine wunderbare Möglichkeit wird, genauso regelmäßig – auf den Transportfahrzeugen versteckt – einige Juden in Sicherheit zu bringen. Der Keller und die Wohnung entwickeln sich zu einer heimlichen Durchgangsstation, die das Leben Antoninas und ihrer Familie unter dem Blick des misstrauischen Heck mit jedem Tag gefährlicher macht.
Sa., 28. Jan · 00:00-01:40 · MDR
Lauf Junge lauf
Der neunjährige Srulik entflieht aus dem Warschauer Ghetto. In seinem täglichen Überlebenskampf begegnen ihm wohlgesinnte Helfer, aber auch solche, die sich als Verräter entpuppen. Um zu überleben, muss der Junge seine jüdische Identität geheim halten und sich als polnisch-katholisches Waisenkind ausgeben. Als er nach Kriegsende, mittlerweile mit seiner neuen Identität verschmolzen, ein neues Zuhause bei einer katholischen Familie findet, glaubt er sich am Ziel seiner Wünsche. Doch seine verdrängten Erinnerungen, Gefühle und seine wahre Identität holen ihn wieder ein. Im Alter von neun Jahren gelingt dem kleinen Srulik als einzigem Mitglied seiner Familie die Flucht aus dem Warschauer Ghetto in die nahe gelegenen Wälder. Dort muss er sich bis zum Ende des Krieges mehr oder weniger alleine durchschlagen. Die wenigen Freunde, die Srulik findet, bleiben ihm nicht lange erhalten. Er lebt so einige Monate bis zum Einbruch des Winters von Waldfrüchten, erjagten Kleintieren und kleinen Beutezügen durch die Gärten umliegender Bauernhöfe. Die Einsamkeit, der anhaltende quälende Hunger und der kalte Winter treiben ihn immer wieder in die Dörfer, wo ihm ständig Verrat droht. Aber Srulik hat Glück und wird einige Zeit von einer Bäuerin versteckt, vor allem aber mit einer neuen Identität versorgt: Aus dem flüchtigen Juden Srulik macht sie das versprengte polnische Waisenkind Jurek, das christliche Gebete kennt und ein Kruzifix um den Hals trägt. Doch Jurek bleibt ein Gejagter und das bis zum Ende des Krieges. „Lauf Junge lauf“ ist die Verfilmung des gleichnamigen Jugendromans des israelischen Autors Uri Orlev, basierend auf dem Schicksal von Yoram Friedman, der heute in Israel lebt. Mit großer erzählerischer Kraft zeichnet Pepe Danquarts erschütterndes wie lebensbejahendes Kriegsdrama ein Kinderschicksal in einer unmenschlichen Zeit.
Sa., 28. Jan · 01:40-01:55 · MDR
Compartments
Netta ist eine junge Frau aus Israel, die auswandern möchte – ausgerechnet nach Berlin. Ihr Vater, Sohn von Holocaust-Überlebenden, ist entsetzt. Hin-und hergerissen zwischen quälenden Erinnerungen und den Schatten der Vergangenheit, gefangen in kollektiven Erinnerungen, die sich über Jahre eingeprägt haben, müssen sich Netta und ihr Vater ihren Dämonen stellen, um ihre einst enge Beziehung zu retten. Was beide bewegt, bewahren sie in Erinnerungskästen auf.
Sa., 28. Jan · 01:55-02:20 · MDR
Der Koffermacher
1939/Emsland: Der alte Koffermacher Opa Alfred wird täglich vom kleinen jüdischen Nachbarjungen Samuel in seinem Koffermacherladen belagert. Der Junge hat nur einen Wunsch, er will Koffermacher werden. Dies passt dem mürrischen Alten gar nicht. Und besonders nicht seinen Nazi-Kunden, die dies deutlich zu verstehen geben. Eines Tages wird die jüdische Familie von Samuel deportiert. Alfred muss sich entscheiden, auf welcher Seite er steht. Unter Lebensgefahr gelingt ihm die Rettung des kleinen Jungen – in einem seiner großen Koffer.
Sa., 28. Jan · 06:45-07:15 · PHOENIX
Zum Glück gab’s diese Kuh – Wie Eva Erben den Holocaust überlebte
Eva Erben (89) hat zwei Konzentrationslager, Selektionen von Mengele und durch einen unglaublichen Zufall den Todesmarsch überlebt und sagt, dass sie trotz allem ein glückliches Leben hat. Als Kind jüdischer Eltern wächst Eva in Prag auf. 1941, da ist sie elf, kommt sie mit den Eltern nach Theresienstadt, 1944 nach Auschwitz. Ihr Vater wird getötet, die Mutter stirbt auf dem Todesmarsch, den Eva nur durch ein Wunder überlebt. Da ist sie 14. Eva Erben hatte eine behütete Kindheit in Prag. Mit ihren Eltern lebte sie in einer schönen Villa; Musik, Literatur, all das gehörte zu ihrem Leben. 1941 wird sie mit ihren Eltern nach Theresienstadt gebracht, wo – wie sie sagt – „die intellektuelle Crème de la Crème“ gefangen gehalten wurde. Es gab Theateraufführungen der Häftlinge, Sportveranstaltungen, Fußballturniere. Theresienstadt galt als Vorzeige-KZ. Dort lernte sie Peter, ihren späteren Mann, kennen. Er trainierte die Jungenmannschaft im Fußball. Eva war für ihn ein Kind, das er wenig beachtete. Ihr gefiel er damals schon. 1944 wurde sie mit ihrer Mutter nach Auschwitz gebracht und musste dort brutalste Haftbedingungen, Kälte und Hunger aushalten. Heute glaubt sie, dass sie vieles nur deshalb überstanden hat, weil ihr ihre Mutter immer wieder durch Erzählungen und Geschichten eine Fantasie-Gegenwelt erschaffen hat, in die Eva sich hineinträumen konnte. Während des Todesmarsches stirbt ihre Mutter an Erschöpfung, Eva muss mit den anderen weiter. Eine Nacht sollen die Häftlinge in einem Stall verbringen. Eva kuschelt sich eng an die einzige Kuh, weil es dort warm ist, den Gestank nimmt sie dafür in Kauf. Am nächsten Morgen wacht Eva allein neben der Kuh auf, die anderen sind weitergezogen. Die Hunde der Aufseher haben das Mädchen in dem stinkenden Kuhmist nicht aufspüren können. Bauern finden das erschöpfte Mädchen und verstecken es die letzten Kriegswochen. Nur langsam kommt Eva wieder zu Kräften. Nach Kriegsende kehrt sie nach Prag zurück. Zufällig trifft sie Peter wieder, die beiden verlieben sich. Peter bringt Eva mit dem Schiff nach Israel, und die beiden beginnen ihr gemeinsames Leben. Beeindruckend an Eva Erben ist ihre Vitalität und ihr ungebrochener Optimismus. Sie hadert nicht mit der Vergangenheit, sondern bezeichnet sich sogar als glücklichen Menschen. Glücklich deshalb, weil sie sich – trotz der Quälereien durch die Nazis, trotz des furchtbaren Verlusts der Eltern – immer geliebt fühlte. Erst von Vater und Mutter, später von ihrem Mann und ihren Kindern. „37°“ reist mit Eva Erben nach Prag, besucht die Orte ihrer Kindheit, begleitet sie bei einem Vortrag in Theresienstadt, ist dabei, wenn sie dahin fährt, wo die Bauern ihr damals das Leben gerettet haben.
Sa., 28. Jan · 21:00-21:45 · ARD-alpha
1933 – Folterkeller im Wohnquartier
Anfang 1933: Die frisch an die Macht gekommenen Nationalsozialisten überziehen Deutschland fast unmittelbar mit einer beispiellosen Terrorwelle. Politische Gegner verschwinden ohne Prozess, auf unbestimmte Zeit, in Folterkellern, die schnell zu einer frühen Form von Konzentrationslagern werden. Die Radio Bremen-Dokumentation zeigt, wie Tausende solcher Terrorzentralen entstehen im ganzen Reich, oft mitten in Wohnquartieren, vor aller Augen. Die Schreie der Gefolterten wehen zu den Wohnungen der Anwohner hinüber. Am 5. Juli 1933 holten ein SA-Mann und ein Polizist den Einzelwarenhändler Albert Ortheiler aus seinem Geschäft in der Bochumer Innenstadt. Angeblich hatte er Waren an Kommunisten verkauft. Im Keller der Hegelschule schlugen SA-Männer Albert Ortheiler tot. Sechs Menschen sind allein in diesem Bochumer Keller ermordet worden. In Bremen gerieten die vier Söhne der Familie Bücking ins Visier, weil sie politische Gegner der Nazis waren. Drei der Söhne gerieten in die erste Terrorwelle der Nationalsozialisten und verschwanden in Folterkellern und frühen KZ, einer der Bücking-Söhne wurde nach Berlin verschleppt, wo sich schon früh über hundert Folterkeller etabliert hatten. „Das war auch Teil der damaligen Strategie und Taktik, dass der frühe nationalsozialistische Terror vor allen Augen stattfinden sollte“, sagt die Historikerin Irene von Götz. Sie hat die Berliner Folterkeller akribisch recherchiert. Auch in Sachsen ist die Geschichte des frühen Naziterrors gut erforscht, allein in diesem Bundesland gab es 112 Folterkeller und frühe KZs. Eines davon: Die Burg Hohnstein in der Sächsischen Schweiz. Zwischen März 1933 und August 1934 wurden 5.600 Menschen dorthin verschleppt und gefoltert, etwa 40 von ihnen begingen Selbstmord oder wurden ermordet. Und doch gab es Widerstand gegen die Misshandlungen, wenn auch nur von wenigen. Ausgerechnet Polizisten, Juristen und Gefängniswärter widersetzten sich in dieser Phase frühen Terrors den brutalen Maßnahmen und konnten sogar kleine Erfolge erzielen, auch wenn sie letztendlich am System nichts ändern konnten. Die Erinnerung an diese frühen Lager wurde überdeckt von den Verbrechen in den riesigen Vernichtungslagern im Osten. Doch will man wissen, wie der Rechtstaat ausgehebelt wurde, muss die Geschichte der frühen Lager in den Fokus rücken. Auch wegen der zahlreichen Opfer, die in den Lagern ihr Leben ließen oder physisch und psychisch gebrochen wurden. Albert Ortheiler war der erste jüdische Bürger Bochums, der von den neuen Machthabern ermordet wurde. Doch noch geriet er nicht als Jude in die Mühle der Vernichtung, sondern als vermeintlicher Gegner des Nationalsozialismus. Die frühen Lager waren Lager der politischen Rache, ihre Zeit ging bis etwa 1935/36. Bis dahin war der Widerstand gegen die Nazis weitgehend gebrochen und der Terror suchte sich neue Opfer.
So., 29. Jan · 02:30-02:55 · RBB
Kippa
Oskar wird auf einmal brutal drangsaliert und bedroht, nachdem seine Mitschüler*innen erfahren haben, dass er jüdisch ist. Während der Schulleiter die Appelle von Oskars Eltern ignoriert, sucht Oskar eigene Wege, mit den Demütigungen umzugehen. Der Film beruht auf einer wahren Begebenheit. Wenzel Michalski, Direktor von „Human Rights Watch“ in Deutschland, machte 2017 die Geschichte seines Sohnes öffentlich: Monatelang hatte der damals 14-Jährige antisemitische Beleidigungen, Mobbing und körperliche Gewalt an einer Berliner Gemeinschaftsschule erlebt. Regisseur Lukas Nathrath interviewte Wenzel Michalski für eine Reportage zum Thema Antisemitismus in Deutschland und entwickelte daraufhin das Drehbuch für den Kurzspielfilm. „Kippa“ hat zahlreiche Preise gewonnen, unter anderem den Studio Hamburg Nachwuchspreis 2019 und CIVIS Medienpreis 2019.
So., 29. Jan · 11:20-12:15 · 3sat
Kunst, Kultur & Kippa
Gibt es „das Jüdische“ in der Kunst? Ist jüdische Identität für Künstler überhaupt wichtig? Eine filmische Spurensuche zu jüdischen Künstlern und ihrer Kunst quer durch Europa. Bei der Reise nach Paris, Berlin, Rom oder Łódź werden Künstler der Vergangenheit und Gegenwart porträtiert – vom Maler des jüdischen Alltags bis zum Verächter seiner jüdischen Herkunft. Wie sieht sie aus – die jüdische Kunst in Europa – gestern und heute? Die Reise durch Europa verfolgt die Lebenswege unterschiedlicher Maler wie Moritz Daniel Oppenheim, Jankel Adler, Lesser Ury oder Chaim Soutine. Sie waren großartig in ihrer Kunst – und ambivalent in ihrem Verhältnis zum Judentum. Und im 20. Jahrhundert Opfer des Holocaust. Und heute? Spielt für jüdische Künstlerinnen und Künstler die Herkunft eine Rolle – in der Kunst, in ihren Themen, in ihren Bildern? Fühlen sie sich genervt von den immer gleichen Fragen?
So., 29. Jan · 16:45-17:40 · arte
Kunst aus dem Todeslager
Undenkbare Verbrechen, Elend und Tod: Die Konzentrations- und Vernichtungslager der Nazis waren Orte, die der dunkelsten Vergangenheit Deutschlands angehören. Doch selbst hier erblickte Kunst in all ihren Formen das Tageslicht – um als Insasse zu überleben, um sich wieder wie ein Mensch zu fühlen. Im Auftrag der SS, aber auch heimlich unter Lebensgefahr wurde gezeichnet und gemalt, arbeiteten Bildhauer und Modellbauer, wurden Konzerte aufgeführt und Theater gespielt. Gefangene schufen Gemälde und andere Kunstgegenstände, die die SS-Schergen verkauften oder ihren Familien heimschickten. Im österreichischen Mauthausen fertigten Insassen die Skizzen der Tatorte an, an denen Mitgefangene angeblich beim Fluchtversuch umgekommen waren. Im KZ Buchenwald mussten die Häftlinge bei eisiger Kälte ein Lagerlied einstudieren, bis es in den Ohren ihrer Peiniger perfekt klang. Neben dieser erzwungenen Kunst gab es aber auch illegale Zeichnungen, die der Außenwelt Einblick in das tatsächliche Lagerleben geben konnten. So gelang es dem Tschechen Bedrich Fritta, viele hundert Zeichnungen über das Elend in Theresienstadt anzufertigen und aus dem Lager zu schmuggeln. Die Kunst, ob erzwungen oder im Geheimen, war für die Häftlinge überlebenswichtig. Sie schützte sie nicht nur vor wesentlich härterer Arbeit, die schöpferische Tätigkeit war zudem eine der wenigen Fluchtmöglichkeiten aus der alltäglichen Hölle. Filmemacher Manfred Van Eijk begibt sich auf die Suche nach den Kunstwerken und ihren Schöpfern und stößt dabei auf übergroßes Leid, aber auch auf nicht zu brechenden Überlebenswillen und unschätzbare Zeugnisse für die grausame Realität der Lager.
So., 29. Jan · 21:00-21:45 · ARD-alpha
Auf dem geraden Weg: Fritz Gerlich – Leben und Widerstand
Fritz Gerlich, einer der ersten großen Widersacher Hitlers. Als Journalist ist er kompromisslos, als Person dagegen von radikalen Brüchen geprägt. Getrieben von der Suche nach absoluter Wahrheit wechselt er mehrmals seine politische Gesinnung und sogar den Glauben. Schon vor Hitlers Machtergreifung 1933 sagt Fritz Gerlich die Schrecken der Nazi- Herrschaft voraus. Mit seiner Zeitung „Der gerade Weg“ sucht er offen die Konfrontation mit dem Führer und seinen Gefolgsleuten – immer im Bewusstsein, wie viel er damit aufs Spiel setzt. Kompromisslose Überschriften wie „Hat Hitler Mongolenblut?“ prägen den Stil seiner Zeitung, denn er ist überzeugt: Hitler lässt sich nur mit seinen eigenen Waffen schlagen. Obwohl ein Hauptgegner der Nazis, ist Gerlich bis vor wenigen Jahren fast völlig in Vergessenheit geraten. Doch, wer einmal mit seiner Geschichte in Kontakt gerät, den lässt sein Schicksal nicht mehr los. Der Journalist Georg Walser, ein „infizierter“ Privatmann, geht den Spuren Fritz Gerlichs nach – getrieben von der Frage, was dem Publizisten die Kraft und den Mut gab, bis zu seiner Hinrichtung 1934 den Widerstand nicht aufzugeben. Zusammen mit Georg Walser sucht der Filmautor Juri Köster die entscheidenden Orte in Gerlichs Leben und die wichtigsten Gerlich-Spezialisten auf. So werden die radikalen Brüche seines Lebens greifbar: erst deutschnational, dann ein kompromissloser Gegner Hitlers. Obwohl er für seine schneidende Intelligenz berühmt ist, folgt er den Visionen der bis heute umstrittenen stigmatisierten Resl von Konnersreuth. Vom calvinistischen Glauben konvertiert er zum katholischen. Er wird zu einer der wichtigsten Figuren des katholischen Widerstands gegen Hitler. Fritz Gerlich: kein Heiliger, aber Vorbild für einen kritischen und unbeugsamen Journalismus. Auch in Zeiten scheinbarer Rechtssicherheit steht er dafür, wie wichtig es ist, für die Meinungs- und Pressefreiheit zu kämpfen – eine Freiheit, die täglich irgendwo auf der Welt zu verteidigen ist.
So., 29. Jan · 23:35-00:20 · ARD-alpha
Mit Gott gegen Hitler – Bonhoeffer und der christliche Widerstand
Der Schauspieler Matthias Koeberlin spielt den evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer, der Widerstand gegen Hitler leistete und kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs am 9. April 1945 hingerichtet wurde. Der Film „Mit Gott gegen Hitler“ (Buch und Regie: Ingo Helm) erzählt die Geschichte von Bonhoeffer und weiteren Menschen, die gegen Hitler gekämpft haben, weil sie Christen waren. Bonhoeffer wird bis heute für seine aufrechte Haltung verehrt, seine Schriften und Briefe haben eine hohe Bekanntheit. Sein Name steht für Zivilcourage und Widerstand: Dietrich Bonhoeffer ist einer der bekanntesten Theologen, die sich im so genannten Dritten Reich dem Regime widersetzten. In Reden und Schriften wehrte er sich gegen die Ideologie des Nationalsozialismus und dezidiert gegen die Verfolgung der Juden. Am 9. April 1945 wurde Bonhoeffer hingerichtet, seine Schriften und Briefe haben bis heute eine hohe Bekanntheit. Vor allem die Verse, die er 1944 in der Haft schrieb: „Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag.“ Das Dokudrama „Mit Gott gegen Hitler“ erzählt die Geschichte von Bonhoeffer und anderen Christen im Widerstand, zum Beispiel von dem Dominikaner Laurentius Siemer aus dem Oldenburger Land. Er überlebte das nationalsozialistische Regime und wurde nach dem Krieg Deutschlands erster Fernsehpfarrer. Der Film kombiniert Archivmaterial, Interviews und Spielszenen, unter anderem mit Matthias Koeberlin als Bonhoeffer und Nikolaus Kühn als Siemer.
Mo., 30. Jan · 00:05-01:53 · Das Erste (ARD)
Verleugnung
Deborah Lipstadt (Rachel Weisz), Professorin für Jüdische Zeitgeschichte an der Emory University in Atlanta, sieht sich mit einem brisanten Gerichtsverfahren konfrontiert: In einer ihrer Publikationen bezichtigte sie den britischen Historiker David Irving (Timothy Spall) der Lüge, weil sich dieser vehement weigert, den im Zweiten Weltkrieg von den Nationalsozialisten verübten Holocaust als geschichtliche Tatsache anzuerkennen. Irving kontert diese Provokation auf seine Weise: Er verklagt Lipstadt wegen Rufschädigung und beschwört einen Verleumdungsprozess herauf, bei dem die Angeklagte nach britischem Strafrecht dazu verpflichtet ist, ihre Sicht der Dinge unter Beweis zu stellen. Für die amerikanische Professorin bedeutet dies im Klartext, dass sie die historische Nachweisbarkeit der Judenvernichtung faktisch belegen muss. Unter dem Druck der Beweislast engagiert Lipstadt ein erfahrenes Verteidigerteam, angeführt von dem undurchschaubaren, aber mit allen Wassern gewaschenen Anwalt Richard Rampton (Tom Wilkinson), dessen eigenwillige Herangehensweise an den diffizilen Fall bei seiner Auftraggeberin nicht immer auf Gegenliebe stößt. Rampton und seine Kollegen versuchen mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, Irvings Hauptargumente außer Kraft zu setzen, während das unliebsame Justizspektakel eine kontrovers diskutierte Eigendynamik entwickelt. Vier Jahre, von 1996 bis 2000, dauerte der Verleumdungsprozess, den der britische Historiker und Holocaustleugner David Irving gegen die amerikanische Professorin Deborah E. Lipstadt angezettelt hatte. Heraus kam ein denkwürdiger Sieg für Meinungsfreiheit und Gerechtigkeit kontra Geschichtsfälschung und Fanatismus.
Mo., 30. Jan · 22:25-23:55 · 3sat
Swimmingpool am Golan
Dokumentarfilmerin Esther Zimmering geht in Berlin und Israel auf die Suche nach den großen Ideen des Sozialismus, denen ihre Vorfahren gefolgt sind, und stößt auf Konflikte und Geheimnisse. Die eine Hälfte der Familie baute sozialistische Kibbuzim mit auf, die andere Hälfte die DDR. Als die zwölfjährige Esther Zimmering begreift, dass sie mehr Verwandte hat als die bisher bekannten aus ihrer heimatlichen DDR, ist es um ihre Heimat schon geschehen. Die Mauer fällt. Für Esther bringt die Wende zunächst wenig Angenehmes – auf einmal gibt es in ihrer Schule Neonazis. Seitdem wird Israel zu einem Sehnsuchtsort für sie, und ihre Cousinen und Cousins dort zu ihren Vorbildern. Tagebuchartig begleitet der Film Esther Zimmerings Reise: zur Großmutter, die die Nazizeit in Berlin erlebte, zur Gründung zweier Staaten, an der Mitglieder ihrer Familie beteiligt waren, und schließlich in die Gegenwart, in der Esthers jugendliche Schwärmereien über Israel gründlich revidiert werden. Zwischendrin und narrativ geschickt miteinander verwoben, thematisiert Esther Zimmering, die als Autorin mit aufschlussreichem Super-8-Material aus dem Familienbesitz sowie mit zahlreichen historischen Tondokumenten und Fotos aus dem Vollen schöpfen kann, ebenso die grausigen Schatten der Shoah. Ihre Großmutter Lizzi, geborene Meyer, gelangte 1939 mit dem letzten Kindertransport nach England und entging so der Vergasung in den NS-Vernichtungslagern Auschwitz und Riga, wo auch viele Familienmitglieder der Zimmerings ums Leben kamen. In England begegnete sie dem FDJ-Mitbegründer Josef Zimmering und heiratete ihn. 1945 kehrten sie zurück nach Ostdeutschland, in die Sowjetische Besatzungszone, und bauten dort die DDR zusammen auf. Im Gegensatz zu Lizzi gelang ihrer Cousine Lore die Flucht nach Palästina. Dort heiratete sie den Zionisten Max Zimels, der als Gesandter für die Jewish Agency in Berlin noch Tausende von Juden nach Palästina retten konnte. Sie waren Mitbegründer Israels und lebten im Kibbuz Kfar Szold nahe dem Golan.
Mo., 30. Jan · 23:35-00:35 · Das Erste (ARD)
Hitler – Die ersten 100 Tage
Es ist üblich, jeder neuen Regierung eine „Schonfrist“ von 100 Tagen zu geben, dies galt auch für den Reichskanzler Adolf Hitler. Wie rücksichtslos er jedoch diese 100 Tage für seine Ziele nutzte, davon erzählt der Film. Als Kanon zeitgenössischer Stimmen. Wie wurde aus einem zivilisierten Land, einem demokratischen Staat in nur wenigen Wochen eine brutale Diktatur? 90 Jahre nach Hitlers Machtübernahme werden die Ereignisse der ersten 100 Tage von Hitlers Herrschaft mit einem Kanon vieler verschiedener Stimmen erzählt. Durch die Tagebuchnotizen von Menschen, die unmittelbar ihre Eindrücke, Gefühle, Wünsche, Ängste, Hoffnungen niedergeschrieben haben. Stimmen aus ganz Deutschland, Stimmen ganz verschiedener Couleur, quer durch die deutsche Gesellschaft. Unterschiedliche Perspektiven, Wahrnehmungen und Geschichten. Zeitgeschichte und Privates verdichtet zu einem Panorama deutscher Geschichte. Aufgehoben in 18 Tagebüchern. Der damals 39 Jahre alte Gastwirt Matthias aus Wittlich in der Eifel, ein überzeugter Katholik, steht Hitler eher skeptisch gegenüber. Die 44-jährige Hausfrau Luise Solmitz aus Hamburg hat große Erwartungen an den neuen Kanzler, doch ihr Mann hat jüdische Wurzeln. Der junge Dresdener Tischlerlehrling Franz Albrecht Schall ist begeistertes Mitglied der NSDAP, für ihn beginnt „Deutschlands Erwachen“. Für den jüdischen Hochschullehrer Willy Cohn und seine Familie aus Breslau zeigen sich schnell die Schrecken des „Dritten Reiches“. Der 20-jährige Sozialdemokrat Wilhelm Scheidler aus Neustadt schreibt seine Träume und Ängste heimlich auf, immer in Sorge, dass seine Wohnung durchsucht und er verhaftet wird. Wie kann aus einem zivilisierten Land, einem demokratischen Staat in nur wenigen Wochen eine brutale Diktatur werden? Der Film führt vom Tag der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler (30. Januar), der Errichtung der ersten Konzentrationslager und dem „Tag von Potsdam“ (21. März) über den Boykott gegen jüdische Geschäfte (1. April), dem neugeschaffenen „Tag der Arbeit“ (1. Mai) bis hin zu den Bücherverbrennungen. Die Chronik einer beispiellosen Machteroberung.
Di., 31. Jan · 01:15-02:45 · arte
Kontinent der Vertreibung – Europa nach 1945
Kinder spielen mit den Skeletten toter Soldaten, ehrbare Bürger werden zu Schiebern, befreite Insassen von Konzentrationslagern zu Rächern. Krieg ist wie ein Supertanker. Er lässt sich nicht von einem Tag auf den anderen stoppen. Er bewegt sich lange weiter. Millionen Menschen sind staatenlos und haben alles verloren. Sie sind „Displaced Persons“, Menschen am falschen Ort. Für sie beginnt eine Irrfahrt, die in der Geschichte Europas ihresgleichen sucht. Der Weg zurück in die Heimat bringt keine Befreiung, denn diese Heimat gibt es nicht mehr. Ablehnung Anderer, Antisemitismus und die nationalsozialistische Propaganda sitzen noch fest in den Köpfen. Eine Ära der Anarchie beginnt, in der es nur mehr darum geht, zu überleben. In raren Filmdokumenten, Zeitzeugeninterviews und subtilen Inszenierungen folgt Regisseur und Autor Kurt Mayer in 90 Minuten den Schicksalen ausgewählter Protagonisten auf ihrer Irrfahrt durch das zerstörte Europa. Dabei wirft er einen ungeschönten Blick hinter die Fassaden von Hilfsbereitschaft und Überforderung. Der englische Historiker Keith Lowe, Autor des Buches „Der wilde Kontinent“, kommentiert die historischen Zusammenhänge. Der Film versucht den Blick der Kinder, die die Brutalität der letzten Kriegstage mit am härtesten trifft, ins Bild zu setzen. Ihre persönlichen Erzählungen lassen verdrängte Traumata der Monate und Jahre nach dem Kriegsende wieder aufleben. Kinder ohne Eltern durchstreifen bettelnd litauische Dörfer und Städte. Bei Nacht suchen sie Zuflucht in den Wäldern, in ständiger Angst aufgegriffen, versklavt oder nach Sibirien verschickt zu werden. Sie leben wie Wölfe – später hat man sie Wolfskinder genannt. In allen Teilen Europas kommt es zudem zu Verbrechen an Menschen, die auf der falschen Seite gelebt oder gekämpft haben.
Di., 31. Jan · 06:15-07:10 · arte
Im Einsatz für das Tote Meer
Das Tote Meer ist vor allem durch seine außergewöhnliche geografische Lage, sein einzigartiges Ökosystem und seine besondere Geschichte bekannt. Für den Salzwassersee sieht es jedoch düster aus: Aufgrund des übermäßigen Wasserverbrauchs und schlechten Wassermanagements ist der Wasserspiegel in den letzten Jahrzehnten erheblich gesunken. Die fortschreitende Austrocknung des Gewässers zieht erhebliche Schäden nach sich. Wo einst Strände für Touristen waren, befindet sich heute eine Wüstenlandschaft. Den Entscheidungsträgern liegen verschiedenste Lösungsvorschläge vor, doch aufgrund der politischen Realität in der Region scheint es unmöglich, der Zerstörung mit vereinten Kräften entgegenzuwirken. Der israelische Aktivist und Freiwasserschwimmer Oded Rahav, der jordanische Umweltschützer Munqetz Mehyar und der palästinensische Rettungsschwimmer Yusuf Matari haben es sich darum gemeinsam zur Aufgabe gemacht, die Bevölkerung vor der Naturkatastrophe zu warnen. Sie organisieren eine Sportveranstaltung, die es in der Art noch nie zuvor gab: Eine Gruppe internationaler Schwimmerinnen und Schwimmer durchquert gemeinsam das Tote Meer – von Jordanien bis nach Israel. Allerdings ist der hohe Salzgehalt des Wassers für die Sportlerinnen und Sportler eine große Herausforderung: Dieser erschwert das Schwimmen und kann im schlimmsten Fall tödlich enden. Der Film begleitet die drei Organisatoren von der Idee bis zur Ausrichtung der Veranstaltung.
Di., 31. Jan · 20:15-21:00 · ZDF
Hitlers Macht – Der Zerstörer
„Der Zerstörer“ heißt die letzte Folge der dreiteiligen ZDF-Dokumentation „Hitlers Macht“ zum 90. Jahrestag der Regierungsübernahme am 30. Januar 1933. Wie hat Hitler „sein“ Volk in einen mörderischen Eroberungskrieg führen können? Warum funktionierte die Maschinerie des Vernichtungskrieges und des Judenmordes so reibungslos? Wie sicherte sich der NS-Führer die Gefolgschaft – bis zum bitteren Ende? Hitler betonte nach außen den Friedenswillen, doch hinter den Kulissen schwor er die führenden Militärs seit seiner Machtübernahme auf einen Vernichtungskrieg ein, der dem Deutschen Reich die Vorherrschaft in Europa und „Lebensraum“ im Osten sichern sollte. Das Sterben der Bevölkerung in den eroberten Gebieten war Teil des mörderischen Plans. Verträge wie der Nichtangriffspakt mit Stalin dienten neben den verschwiegenen kriegerischen Absichten vor allem der Täuschung. Der Überfall auf Polen wurde zur Abwehr eines Angriffs durch den Nachbarn erklärt. So, wie jeder künftige Feldzug von der Lüge begleitet war, man sei dem Feind nur zuvorgekommen, wodurch Hitler Zustimmung erlangte. Durch die sogenannten Blitzsiege 1939/40 brachte der angeblich „Größte Feldherr aller Zeiten“ (Generalfeldmarschall Keitel) Kritiker im eigenen Land zum Verstummen und frenetisch jubelnde Massen hinter sich. „Führer befiehl, wir folgen“, lautete die Parole, die auch in der Wehrmachtsführung galt. Auch in der Zeit der Niederlagen und Entbehrungen durch Kriegseinwirkung konnte er weiterhin auf Loyalität setzen. Systematisch ließ die nationalsozialistische Führung die besetzten Gebiete, vor allem im Osten, ausplündern, um die Versorgung an der Heimatfront zu sichern. Selbst unter den Bedingungen des Bombenkrieges funktionierte die Verwaltung und Kontrolle. Im größenwahnsinnigen Glauben an die eigene Unfehlbarkeit riss Hitler mehr und mehr die militärische Planung an sich und diktierte vom Kartentisch aus Weisungen bis auf Bataillonsebene. Dennoch blieb er auf den Sachverstand hoher Militärs angewiesen und lenkte ein, wenn sie geschlossen eine andere Meinung vertraten, sodass sie nicht, wie nach dem Krieg oft behauptet, von Hitler aus der Verantwortung genommen wurden. Fehlentscheidungen führte Hitler auf mangelnden Gehorsam der Befehlsempfänger zurück, versammelte zunehmend Jasager und devote Generäle um sich, bis er in der Endphase jeglichen Realitätssinn verlor. Das Überleben des Attentats am 20. Juli 1944 gab seinem Glauben an die „Vorsehung“ neue Nahrung, viele Volksgenossen ließen sich beeindrucken von der scheinbaren „Unverwundbarkeit“ ihres „Führers“. Hauptschuldige an allem, was Deutschland schadet, waren aus der Sicht Hitlers ohnedies die Juden. Er machte sie schon im Voraus verantwortlich für den kommenden Weltenbrand, den er selbst entfesselte. Die Dimension des millionenfachen Mordens überschritt jede Grenze des bislang Vorstellbaren, auch die aufwendige, nahezu reibungslose Logistik des Verbrechens. Die arbeitsteilige Durchführung und Berufung auf den „Führerwillen“ erleichterte es den Ausführenden, sich nicht für die Tat verantwortlich zu fühlen, zudem handelten viele aus Überzeugung. Die Ahnung, dass angesichts der von Deutschen verübten Verbrechen die Folgen einer Niederlage verheerend sein würden, bestärkte das militärische Durchhalten und die Gefolgschaft gegenüber dem NS-Regime bis in die letzten Kriegstage. Erst Hitlers Tod setzte dem Spuk ein Ende, wobei es noch Jahrzehnte dauern sollte, bis die Niederlage von der Mehrheit der Besiegten als Befreiung begriffen wurde.
Di., 31. Jan · 20:15-21:45 · arte
Ein Tag in Auschwitz
Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee das deutsche Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Bis heute gilt der Ort als Synonym für den Holocaust. Der Film erzählt aus Sicht der Opfer und Täter, wie der Massenmord im Jahr 1944 seinen Lauf nahm. Ausgangspunkt ist ein einzigartiges Dokument, das sich in der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem befindet: ein Fotoalbum von Auschwitz, angelegt von SS-Tätern. Fast alle Fotos entstanden Ende Mai 1944. Sie zeigen den Alltag im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau auf dem Höhepunkt seiner mörderischen Existenz, während des sogenannten Ungarn-Programms im Jahr 1944. Dabei wurden innerhalb von acht Wochen rund 350.000 ungarische Juden ermordet. Die Fotos sind authentische Momentaufnahmen des Verbrechens. Die meisten Menschen auf den Bildern sind wenige Stunden nach der Aufnahme tot, ermordet. Doch von denen, die Ende Mai 1944 in Auschwitz eintrafen, leben einige noch heute. Eine von ihnen ist Irene Weiss, die sich erinnert, wie sie als 13-Jährige auf der Rampe von Auschwitz stand und ihrer kleinen Schwester hinterherblickte, die in den Tod geschickt wurde. Auf einem der Fotos glaubt sie sich wiederzuerkennen, in genau diesem Moment.
Di., 31. Jan · 21:45-23:20 · arte
Frauen der NS-Zeit
In der Geschichte des Zweiten Weltkriegs wurde die Rolle von Frauen häufig nur am Rande wahrgenommen. Dabei waren rund 500.000 von ihnen ab 1939 in den von der Wehrmacht besetzen Gebieten aktiv – dort, wo der Holocaust in die Tat umgesetzt wurde. Sie waren nicht etwa passive Zeuginnen eines von Männern verübten Völkermords, sondern unentbehrliche Mittäterinnen. Das Engagement und die Brutalität der Sekretärinnen, Krankenschwestern, KZ-Wächterinnen und Ehefrauen von SS-Männern wirft Frauen auf: Wie sind sie zu Komplizinnen, mitunter zu Mörderinnen geworden? Warum hat die deutsche Nachkriegsjustiz in Teilen die Augen vor ihren Verbrechen mindestens genauso verschlossen wie vor denen ihrer männlichen Mitstreiter? Welche Tabus führen auch heute noch dazu, ihre Taten nicht zu benennen? Die Dokumentation geht beispielhaft den Geschichten einiger dieser Frauen nach: von ihrer Indoktrination – vor allem innerhalb des Bunds Deutscher Mädel (BDM) – bis in die Nachkriegszeit, in der nur wenige von ihnen von ihrer Vergangenheit eingeholt wurden. Persönliche Dokumente der Frauen und Berichte von Angehörigen verbinden sich mit Archivaufnahmen aus der damaligen Zeit. Interviews mit Historikerinnen und Historikern sowie KZ-Überlebenden veranschaulichen, wie hoch die Gewaltbereitschaft in der gesamten Gesellschaft war. Aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet der Dokumentarfilm die Einbindung von Frauen in der Todesmaschinerie der Nazis und ihre aktive Mittäterinnenschaft, von der Einzeltat bis zur Beteiligung am Massenmord. Die Beweggründe der Frauen waren unterschiedlich: sei es die Hoffnung auf sozialen Aufstieg oder auf die Emanzipationsmöglichkeit in einem zutiefst frauenfeindlichen System, das die Ungleichheit zwischen Mann und Frau beförderte. Die Geschichte dieser Frauen und ihrer verschiedenen Lebenswege zeigt den Holocaust als Verbrechen, für das auch gewöhnliche Bürger mitverantwortlich waren.