Die neuen Fernsehtipps

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Vom 16. bis 31. August 2022

Di., 16. Aug · 02:10-03:50 · arte
Der jüdische Kardinal

Aaron Jean-Marie Lustiger ist kein konventioneller Geistlicher. Am 17. September 1926 als Sohn jüdisch-polnischer Eltern in Paris geboren, tritt er im Jahr 1940, im Alter von 14 Jahren, gegen den Willen seiner Eltern zum katholischen Glauben über und ändert seinen Geburtsnamen Aaron in Jean-Marie. Seine Priesterweihe erhält Lustiger, ein Cousin des deutschen Historikers und Schriftstellers Arno Lustiger, 1954 in Paris. Er raucht viel und fährt Moped, seine Predigten sind energisch und modern. Als eine katholische Zeitung seine jüdische Herkunft betont, provoziert er einen Skandal, als er behauptet, er habe mit der Konvertierung zum Katholizismus dem Judentum keinesfalls abgeschworen. Gegenüber dem Journalisten sagt er, er sei eine lebende Provokation, die viele dazu zwinge, das Wesen Christi zu ergründen. Lustiger setzte sich zeitlebens für die Verständigung zwischen Christen und Juden ein und war ein strikter Verfechter der Menschenrechte. Sein Vater Charles, der von Polen nach Frankreich geflohen war und dessen Frau im Jahr 1943 im deutschen Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ermordet wurde, akzeptiert die Entscheidung seines Sohnes nicht, Bischof von Orléans zu werden, da das Angebot ausgerechnet von einem Papst kommt, der Pole ist. Als Lustiger den Papst trifft, ist er beeindruckt von dessen Persönlichkeit und Visionen. Die beiden Gottesmänner begegnen sich mit einer ähnlichen Weltsicht und einem ähnlichen Verständnis von Kirche. Bereits nach einem Jahr als Bischof von Orléans wird Lustiger zum Erzbischof von Paris und später auch zum Kardinal und Berater des Papstes ernannt. Aufgrund seiner jüdischen Wurzeln setzt sich Lustiger als Erzbischof besonders mit der Beziehung von katholischer Kirche und Judentum auseinander. Als 50 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs im sogenannten „Theater“ von Auschwitz – einem ehemaligen Lagergebäude für Zyklon B – ein Karmeliterinnenkloster eingerichtet wird, erregt dies gewaltigen Protest und Empörung. Lustiger muss Stellung beziehen …

Di., 16. Aug · 22:10-22:55 · MDR
Leni Riefenstahl – Die Diva und die Stasi

Leni Riefenstahl war die gefeierte Filmregisseurin im Dritten Reich. Ein Weltstar. Für Adolf Hitler erschafft sie die Bilder, die er haben will: Bilder einer Herrenrasse, Bilder eines Erlösers, der seinem gigantischen Reich Heil bringen würde. Ihrer Karriere opfert sie alles, auch ihre Moral. Der Pakt mit Hitler wird Riefenstahl nach dem Krieg zum Verhängnis. Dem beispiellosen Höhenflug folgt ein grenzenloser Fall. Andere unter den Nazis erfolgreiche Filmkünstler wie Heinz Rühmann oder Luis Trenker fassen nach 1945 rasch wieder Fuß. Der Konsens des Wegschauens, auf den Millionen Deutsche ihre Zukunft bauen, gilt jedoch scheinbar nicht für Leni Riefenstahl. In der Bundesrepublik wird sie von Justiz, Presse und Politik beobachtet. In der DDR heftet sich die Staatssicherheit an ihre Fersen und sammelt kompromittierendes Material über sie. Darunter sind auch Fotos, die Leni Riefenstahl bei einem Massaker an Polen 1939 zeigen. Mit diesen Fotos will der DDR-Geheimdienst nicht nur Riefenstahl, sondern den gesamten Westen in Verruf bringen. Ist Leni Riefenstahl der Sündenbock, der stellvertretend für die Deutschen Verantwortung übernehmen soll? Bis zur ihrem Tod kämpft sie vor Gerichten und in den Medien um Anerkennung, Ruhm, Geld und Ehre. Weshalb das so ist, ergründet die „Geschichte Mitteldeutschlands“-Dokumentation „Leni Riefenstahl – Die Diva und die Stasi“.

Mi., 17. Aug · 05:00-06:15 · arte
Smetana: „Mein Vaterland“ – Festival Prager Frühling 2022

Bedrich Smetanas Zyklus „Má vlast“ („Mein Vaterland“) ist eines der Nationaldenkmäler der tschechischen Musik. Es entstand zwischen 1874 und 1879. Tschechien war damals noch Teil des österreichisch-ungarischen Kaiserreiches. Wie viele andere Künstler arbeitete auch Smetana mit am Aufbau einer eigenständigen Kultur seines Volkes im habsburgischen Vielvölkerstaat. Mit „Má vlast“ hat Smetana den Grundstein zu einer eigenständigen tschechischen Musik gesetzt. „Mein Vaterland“ ist ein musikalischer Streifzug durch die Sagenwelt der Amazonenkönigin Sarka, durch die Geschichte und die Landschaft des Böhmischen Beckens im Herzen Europas bis hin zur alten Prager Burg von Vysehrad. Der bekannteste Satz, „Vltava“ („Die Moldau“), beschreibt Tchechiens längsten Fluss: wie das Gewässer seinen zwei Quellen entspringt, sich zu einem Fluss entwickelt, an Jagd- und Festszenen vorbeizieht, sich in gefährliche Stromschnellen verwandelt, an der Burg von Vysehrad vorbeifließt und letztlich in der Elbe aufgeht. „Má vlast“ hat nicht nur zur Entstehungszeit, sondern bis heute einen nachhaltigen Einfluss auf die Ausbildung einer tschechischen Identität und mit genau diesem Werk wird alljährlich der musikalische „Prager Frühling“ eröffnet, und zwar immer am 12. Mai, dem Todestag des Komponisten. Es spielt das West-Eastern Divan Orchestra unter der Leitung von Thomas Guggeis. ARTE zeigt die Höhepunkte des Konzertes. Daniel Barenboim, der im November seinen 80. Geburtstag feiern wird, hat das West Eastern Divan Orchestra gemeinsam mit seinem Freund, dem israelisch-palästinensischen Literat Edward Said, gegründet. Benannt nach dem Gedicht von Goethe und gegründet 1999 in Weimar, soll das Orchester einen Beitrag liefern zum Dialog zwischen den Kulturen des Nahen Ostens und zur Aussöhnung der arabischen und jüdischen Bevölkerung in Israel. Aus gesundheitlichen Gründen kann Daniel Barenboim nicht nach Prag kommen. An seiner Stelle wird Thomas Guggeis das Konzert dirigieren. Thomas Guggeis, der ehemalige Assistent von Daniel Barenboim und zuküftige Generalmusikdirektor der Oper Frankfurt, ist noch keine 30 Jahre alt und gehört bereits zu den Stars am Dirigentenpult. Daniel Barenboim zu diesen Wechsel: „Der Rückzug von dieser Tournee ist schmerzlich für mich. Meine Arbeit mit dem WEDO ist für mich etwas ganz Besonderes, und ich habe mich sehr darauf gefreut gemeinsam Smetanas „Ma Vlast“ aufzuführen. Allerdings muss ich jetzt meiner Gesundheit den Vorrang geben. Ich bin dankbar dafür, dass Thomas Guggeis sich bereit erklärt hat, die Tournee zu übernehmen. „Ma Vlast“ bedeutet „Mein Heimatland“, und dass das WEDO – das immer noch kein Heimatland hat – dieses Werk in Prag zur Aufführung bringen wird, ist sehr bedeutsam und symbolisch. Ich bin sehr froh, dass die Tournee stattfindet und werde im Geiste bei allen Musikerinnen und Musikern sein. Ich freue mich auf ein Wiedersehen mit ihnen im Sommer.“

Mi., 17. Aug · 23:00-00:20 · WDR
Gaza Surf Club

Gaza ist ein schmaler Küstenstreifen zwischen Israel und Ägypten, hermetisch abgeriegelt durch eine Grenzsperranlage. Seit den letzten kriegerischen Auseinandersetzungen mit Israel hat sich die Lage für die Zivilbevölkerung des von der Hamas kontrollierten Gebiets drastisch verschlechtert. Ein dauerhaftes Embargo liegt über dem Land, kaum jemand kommt rein oder raus. Mit ihren Surfbrettern schaffen sich die Wellenreiter ein kleines Stück Freiheit, zwischen dem Strand und der von den Israelis kontrollierten Sechs-Meilen-Grenze. Eine Freiheit, die ihnen keiner nehmen kann. Der Film zeigt die Hoffnungen der Jugendlichen einer Gesellschaft, in der die ältere Generation jegliche Hoffnung längst aufgegeben hat. Gaza Surf Club liefert außergewöhnliche Einblicke in eine Region, die wir sonst nur aus den Nachrichten kennen. Fällt das Wort Gaza, entstehen vor unserem inneren Auge immer die gleichen Bilder: Verwackelte Videoaufnahmen, Steine werfende Jugendliche, Kassam-Raketen, Ruinen und fanatische Hamas-Beerdigungen. Dieser palästinensischen Wirklichkeit stellen die Filmemacher Philip Gnadt und Mickey Yamine eine hoffnungsvolle Gruppe Jugendlicher gegenüber, die trotz ihres krisenerschütterten Alltags im ständigen Ausnahmezustand ein bisschen Normalität erleben will. Wellenreiten – das bedeutet für die Jugendlichen Freiheit, wenn auch nur für die Dauer einer Welle. Gaza Surf Club ist ein Film voller Hoffnung. Er zeigt junge Menschen, die mit ihren universellen Träumen und Wünschen uns sofort vertraut erscheinen.
© Bild: WDR/Little Bridge Pictures/Niclas Reed Middleton Ibrahim und Ali am Strand von Gaza.

Fr., 19. Aug · 05:15-06:20 · arte
Nürnberg – Die Prozesse: Albert Speer – Karriere ohne Gewissen

Albert Speer diente Adolf Hitler als Reichsminister für Bewaffnung und Munition und war Hitlers Stararchitekt, plante er doch die neue Hauptstadt Germania in bis dahin ungekannten Dimensionen. Speer stammte aus einer großbürgerlichen Familie, war gebildet und wohlerzogen. Auftreten und Erscheinung widersprachen dem Bild vom Kriegsverbrecher. Speers Verteidigung unterschied sich maßgeblich von der der anderen Angeklagten. Er bekannte sich als Einziger zur Verantwortung für die Naziverbrechen. „Das ist purer Wahnsinn“, sagte sein Anwalt zu ihm, „das wird Sie vermutlich Ihr Leben kosten.“ Doch es ist nicht auszuschließen, dass Speers Bekenntnis zur Mitschuld nur eine geschickte Verteidigungsstrategie war. Der Film von Nigel Paterson beschreibt auf faszinierende Weise den zwiespältigen Charakter dieses Mannes, den viele Alliierte für einen „guten“ Nazi hielten und der sich nach seiner Freilassung einen Namen als Bestsellerautor machte und sich bei Podiumsdiskussionen gerne als „Reichsminister a.D. Professor Speer“ vorstellen ließ.

Fr., 19. Aug · 13:45-15:35 · arte
Two Lovers

Kurz vor der Hochzeit ist ihm die Braut davongelaufen, woraufhin der depressive Leonard Selbstmord versuchte und seither wieder bei seinen Eltern lebt. Das behütete Dasein in der jüdischen New Yorker Mittelschicht erweist sich für den Hobbyfotografen als trister Alltag. Die überbesorgte Mutter beobachtet ihn auf Schritt und Tritt, sein Vater sieht in ihm nur den kommenden Geschäftsführer seiner kleinen chemischen Reinigung. Ihm zuliebe lässt Leonard sich auf die attraktive, aber etwas biedere Sandra ein, die Tochter eines Geschäftsfreundes der Eltern. Ausgerechnet jetzt läuft ihm die neue Nachbarin Michelle über den Weg, und die ist ein ganz anderes Kaliber. Die attraktive Blondine verdreht ihm sofort den Kopf. Zum ersten Mal seit langem sieht Leonard die Welt wieder positiv. Das Problem ist nur: Michelle mag ihn zwar, aber mehr als geschwisterliche Gefühle sind es bei ihr nicht. Immer wieder weint sie sich an Leonards Schulter aus, denn sie steckt in einer unglücklichen Beziehung mit dem verheirateten Anwalt Ronald. Der unterhält sie zwar als Geliebte, lässt sie aber in schwierigen Situationen regelmäßig im Stich. Irgendwann hat Michelle davon genug und erwägt die Trennung. Leonard macht sich große Hoffnungen – zu Recht?

Fr., 19. Aug · 21:55-00:45 · arte
Kiss – Die heißeste Band der Welt

Vier geschminkte Musiker mit Plateauschuhen, jede Menge Feuer und Glam und melodiöser Rock ’n‘ Roll: KISS sind keine normale Band, sie sind ein Phänomen. Über 40 Jahre hält sich die Truppe um Bassist Gene Simmons und Sänger Paul Stanley an der Spitze der beliebtesten Livebands weltweit. Seit 2019 sind KISS auf ihrer mehrjährigen „End of the Road“-Abschiedstournee. Zeit für einen Rückblick auf die lange und turbulente Geschichte dieser außergewöhnlichen Band! In dem zweiteiligen Dokumentarfilm beleuchten die Bandgründer Paul Stanley und Gene Simmons nicht nur ihre Bandhistorie, sondern erzählen viele Anekdoten rund um KISS. Neben Stanley, Simmons sowie ihren aktuellen Bandkollegen Tommy Thayer und Eric Singer kommen auch ehemalige Mitstreiter und Musikerkollegen wie Dave Grohl (Nirvana, Foo Fighters) und Tom Morello (Rage Against the Machine) zu Wort. KISS haben über 100 Millionen Alben verkauft, sind Mitglieder der Rock and Roll Hall of Fame und haben mit ihren Tourneen Rekorde an Zuschauerzahlen gebrochen. Wann und wie begann diese Erfolgsstory? Woher kamen Simmons und Stanley? Zwei jüdische Einwandererkinder, die immer Außenseiter waren, wurden in den 60er Jahren vom Rock ’n‘ Roll infiziert und „blicken seitdem nie wieder zurück“, wie Gene Simmons es ausdrückt. Die New Yorker Rockszene der 70er bildete den Nährboden für den enormen Erfolg von KISS, in den 80ern spielten Alkohol und Drogen eine so große Rolle, dass die Band fast daran zerbrach. In den 90ern kam dann schließlich das große Comeback und KISS waren wieder auf der Erfolgsspur, die bis heute anhält.

Fr., 19. Aug · 22:00-23:55 · Tele 5
Mossad

Der israelische Geheimagent Guy Moran (Tsahi Halevi) hat seinen letzten Job gründlich vermasselt. Daher ist er vorerst vom Dienst suspendiert. Doch als in Jerusalem ein amerikanischer Geschäftsmann von Terroristen entführt wird, könnte das Guys Ticket zurück zum Mossad sein. Der einzige Haken an der Sache? Frauenschwarm Guy muss mit CIA-Agentin Linda Harris (Efrat Dor) und dem Cyborg-Agenten Aaron Rahamim (Tal Friedman) zusammenarbeiten. – Augenzwinkernde Agenten-Komödie „made in Jerusalem“.

Sa., 20. Aug · 19:20-20:00 · 3sat
Aufgewachsen unter Glatzen (1/2) Landschaften der Angst

„National befreite Zonen“, Springer-stiefel, Baseballschläger: Bis weit in die 2000er-Jahre beherrschten Angst und Gewalt viele Regionen der früheren DDR. Die Schrecken wirken nach – bis heute. 30 Jahre nach dem Pogrom von Rostock-Lichtenhagen im August 1992 widmet sich die zweiteilige Dokumentation der gewaltvollen Nachwendezeit und dem eklatanten Staatsversagen, das die „Baseballschlägerjahre“ möglich gemacht hat. Wie sehr sich diese Erfahrung auch in die Seelen der Menschen eingebrannt hat, zeigen mehrere literarische Neuerscheinungen – auch aus dem Blickwinkel von Tätern und Mitläufern. „Die eigene Hässlichkeit kann ein Rausch sein. Wenn man … das Grauen in den Gesichtern derer sieht, die einen beobachten und verachten, aber sich nicht an einen herantrauen, dann strömt Macht durch die Adern wie elektrischer Strom“: So beschreibt der Journalist und Schriftsteller Daniel Schulz, wie es sich anfühlt, wenn man mit einer Horde Glatzen in Bomberjacken eine Gaststätte betritt. „Die schauen alle plötzlich nach unten!“ Daniel Schulz‘ in 2022 erschienenes Buch „Wir waren wie Brüder“ ist das derzeit jüngste, eindringliche Buch in einer langen Reihe von Werken, in denen ostdeutsche Autorinnen und Autoren sich ihrem ganz persönlichen Trauma der „Baseballschlägerjahre“ stellen. Bei Schulz ist es nicht nur die Angst, Opfer zu werden – sondern auch die Scham, bei den Tätern mitgelaufen zu sein, um ungeschoren davon zu kommen. Woher kam die rohe Gewalt? Wie konnte der Staat so versagen, dass fast eine ganze Generation von ostdeutschen Jugendlichen in Angst aufgewachsen ist? Haben wir daraus gelernt? Oder sind die „Baseballschlägerjahre“ vielleicht noch gar nicht wirklich vorbei?

Di., 23. Aug · 22:10-22:55 · MDR
Im Land der Täter (1/2)

Es waren keine professionellen Wochenschaukameramänner, die die Bilder vom Alltag im Dritten Reich festhielten, es waren Hobbyfilmer, die das normale Leben, jenseits der offiziellen NS-Propaganda, mit ihren kleinen Kameras abbildeten: auf 8- oder 16mm-Film und oft sogar in Farbe! Mehr als 70 Jahre lagen die Aufnahmen unentdeckt auf Dachböden oder ungenutzt in den Archiven. Jetzt hat der Filmemacher Jan N. Lorenzen aus mehr als 100 Stunden ausschließlich farbigen Amateuraufnahmen einen Film destilliert, der einen beispiellosen Einblick in das Alltagsleben der Menschen während der NS-Zeit gibt: Familienfeiern, Ausflüge mit Freunden: alles wirkt in Farbe greifbarer, authentischer, näher, als wäre es gestern erst passiert. Harmlos wirken die Bilder nur auf den ersten Blick. Immer wieder offenbaren die Aufnahmen vielmehr, wie tief der Nationalsozialismus in die deutsche Gesellschaft eindrang, wie sichtbar für alle das Regime jüdische Mitbürger aussonderte und politische Gegner ausschaltete, wie freudig, wie bereitwillig viele Deutsche jubelten, mitmachten und selber zu Tätern wurden. Teil 1: Leben in der Wohlfühldiktatur Es sind verstörende Bilder, die sich in den Aufnahmen der Hobbyfilmer finden: Eine Braut lacht glücklich in die Kamera. Ihr Ehemann trägt statt eines Hochzeitsanzuges die schwarze Uniform der SS. Ein junger Mann kommt nach erfolgreich absolvierter Grundausbildung nach Hause. Stolz und zärtlich streicht seine Mutter über die neue Uniform mit der Hakenkreuzbinde. Eine Familie versammelt sich am Morgen zum Appell unter der Hakenkreuzfahne. Auch ein offensichtlich behinderter, junger Mann steht dabei. Wird er dem Euthanasieprogramm der Nazis zum Opfer fallen? Die Menschen wirken fröhlich, sie lachen. Noch ahnen sie nicht die selbstverschuldete Katastrophe: Noch hat der Krieg nicht begonnen, doch die Remilitarisierung schafft Arbeitsplätze. Der „Anschluss“ Österreichs löst Euphorie aus. Mit Urlaubsreisen auch für Arbeiter und kleine Angestellte gewinnt das nationalsozialistische Regime die Sympathie der Massen. Deutschland scheint in diesen Jahren eine Diktatur zum Wohlfühlen, zumindest dann, wenn man nicht selbst Opfer des NS-Regimes wird, sondern beispielsweise als arischer Deutscher von der Verfolgung der jüdischen Mitmenschen profitiert.

Mi., 24. Aug · 14:15-16:00 · arte
Kiss Me Kosher

Die zwei jungen Frauen Shira und Maria gehen offen mit ihrer Sexualität um und sind seit drei Monaten überglücklich verliebt. Sie wollen zusammenziehen. Doch die beiden stammen aus ganz verschiedenen Welten. Während Shira als Jüdin in Israel aufgewachsen ist, kommt Maria aus Deutschland. Shiras Familie sieht den Krieg als Kampf für den Frieden, wohingegen Marias Eltern Gewalt strikt ablehnen. Marias Heiratsantrag macht erst deutlich, wie stereotypbehaftet die Familien der beiden über die bevorstehende Hochzeit denken. Während Shira versucht, Maria in ihre Familie zu integrieren, bekommt Maria immer mehr das Gefühl, von allen auf ihre Herkunft reduziert zu werden. Gerade für Shiras Großmutter Berta, die den Holocaust überlebt hat, ist die Verbindung der beiden inakzeptabel. Dies ist für Shira besonders belastend, da ihre Großmutter bisher eine der wichtigsten Personen in ihrem Leben war. Als dann auch noch Marias Eltern entscheiden, nach Jerusalem zu reisen, um Shiras Familie kennenzulernen, wird schnell klar, wie schwierig es ist, trotz allem guten Willen, die schmerzhafte Geschichte ihrer Vorfahren hinter sich zu lassen. Ist die Beziehung der jungen Frauen stark genug, gegen die Vorurteile ihrer Familien zu bestehen? Ist es notwendig, sich zwischen Familie und Liebe zu entscheiden, oder lassen sich die Verwandten nach all den Jahren des Schmerzes und der Wut noch zum Umdenken bringen? Aber vor allem: Kann Shiras Großmutter Berta nicht nur für ihre Enkelin, sondern auch für sich akzeptieren, dass Liebe manchmal alles überflügelt?

Mi., 24. Aug · 21:00-21:45 · NDR
Unsere Geschichte: Verharmlost und vergessen – Rechte Gewalt vor Rostock-Lichtenhagen

Das Pogrom von Rostock-Lichtenhagen war ein beispielloser Gewaltexzess. Es hatte jedoch eine Vorgeschichte, die bis heute kaum zur Kenntnis genommen worden ist. Mit dem Tag der Deutschen Einheit werden besonders im Osten – auch in Mecklenburg-Vorpommern – nationalistische Stimmen laut. Und es gibt zahlreiche – kaum wahrgenommene – Angriffe auf Migranten und Flüchtlingsunterkünfte. Vor Lichtenhagen und auch danach. Die Anschläge in Rostock-Lichtenhagen im Sommer 1992 stehen auch 30 Jahre später bundesweit für einen Höhepunkt an rassistischer Gewalt. Doch es gibt eine Vorgeschichte, die bis heute kaum zur Kenntnis genommen worden ist. Angriffe auf Migranten und Unterkünfte für Geflüchtete gab es schon zuvor, und zwar flächendeckend. Mit der Wiedervereinigung wurden auch nationalistische Stimmen lauter, mit der Ankunft der ersten Asylbewerber organisierte sich wütender Protest. Zudem verübten Gruppen von Jugendlichen Brandanschläge auf Asylunterkünfte in Ueckermünde, Schwerin, Ribnitz-Damgarten und Greifswald, sogar zeitgleich an einem Tag. Auch Vertragsarbeiter aus Vietnam und ausländische Studierende wurden frühe Opfer. Mehr als 100 solcher Angriffe gab es vor dem Pogrom in Rostock-Lichtenhagen allein in Mecklenburg-Vorpommern. Die meisten davon sind heute kaum beachtet und nicht aufgearbeitet. Filmaufnahmen geben Aufschluss über Täter und Opfer von damals. Die NDR Autorinnen Carolin Kock und Jette Studier recherchieren die Zeit vor dem Fanal. Sie rekonstruieren das Erstarken der rechten Jugendkultur, treffen auf damals hilflose Polizisten in neuen Strukturen, eine erkennbar überforderte Justiz, wütende Anwohnerinnen und Anwohner und die Opfer dieser gewalttätigen Zeit. Der Film trifft sie mehr als 30 Jahre später und zeigt das, was damals kaum jemand sehen wollte.

Mi., 24. Aug · 23:10-23:30 · WDR
Die Story: Liebe, Sex, Tabu – weltweit

„Mir reichte beim ersten Treffen eine Viertelsekunde, um zu wissen, dass wir uns verloben,“ sagt Itzakh Ravitz. Er und seine Frau Rivka sind ultraorthodoxe Juden. Leben und Lieben folgen bei ihnen strengen Regeln. Sie wurden von einer Heiratsvermittlerin einander vorgestellt, nach dem vierten Treffen hat auch Rivka der Verlobung zugestimmt. Mittlerweile sind sie seit 25 Jahren verheiratet und haben zwölf Kinder – im Alter zwischen 25 und zwei. Und die Familienplanung ist nicht abgeschlossen. „Gott plant mein Leben, ich nehme jedes Geschenk mit Freude an, das er mir geben will“, erklärt Rivka.

Do., 25. Aug · 00:45-01:30 · ZDF
München `72 – Anschlag auf Olympia

Fröhlich, bunt und friedlich sollten sie werden – die Olympischen Sommerspiele 1972 in München. Doch dann ermordet ein palästinensisches Terrorkommando elf israelische Sportler. Die ersten Wettkampftage – ein einziger Freudentaumel. Dann der Schock: In den frühen Morgenstunden des 5. September betritt der Terror die Weltbühne und verändert den Blick auf die Spiele von München für immer. Rund 7000 Athleten aus über 120 Ländern und weltweit eine Milliarde Zuschauer an den TV-Geräten erleben am 26. August im neuen Münchner Olympiastadion eine Eröffnungsfeier voller Heiterkeit und Leichtigkeit. Das Konzept des Organisationskomitees um Willi Daume scheint aufzugehen – Deutschland will der Welt nach der dunklen Zeit des Nationalsozialismus ein anderes, neues Gesicht zeigen. Der dunkle Schatten der Nazivergangenheit sollte vertrieben werden. Zunächst laufen die Spiele wie geplant – bis zum 9. Wettkampftag, der in einer Katastrophe endet. Das palästinensische Terrorkommando „Schwarzer September“ verschafft sich Zugang zum Quartier der israelischen Olympiamannschaft in der Connollystraße 31. Die Attentäter töten zwei Sportler und bringen neun weitere Athleten in ihre Gewalt. Ihre Forderung: die Freilassung von über 200 überwiegend arabischen Gefangenen in Israel. Sie drohen mit der Erschießung der Geiseln, falls dem nicht nachgekommen wird. Beim Versuch, die Sportler zu befreien, werden alle neun Israelis getötet. Was sagen, 50 Jahre später, die Angehörigen der Opfer? Was sagt der Deutsche, der den palästinensischen Terroristen geholfen hat? Was sagen die Sportlerinnen und Sportler? In seiner Dokumentation arbeitet Autor Kajo Fritz die Ereignisse von München mithilfe von Zeitzeugen auf, die jeweils ihren ganz persönlichen Blick auf das Geschehen mitbringen.

Do., 25. Aug · 22:55-23:40 · 3sat
Flucht vor Hitler – Die Wiener in China

Rund 5000 österreichische Jüdinnen und Juden flohen zu Beginn des Zweiten Weltkriegs vor dem NS-Terror nach China, in die Stadt Schanghai. Die Menschen brachten Hoffnung und Optimismus mit in die fremdartige Metropole und ließen eine blühende Exil-Kultur entstehen. Die Dokumentation erzählt anhand von Details aus dem Leben der Geflüchteten, wie es den Menschen in Schanghai erging. In „Little Vienna“ traf man sich in Wiener Kaffeehäusern, man lauschte Konzerten, besuchte Theater- und Kabarettvorstellungen. Ein durchaus angenehmes Leben – bis der Krieg auch Schanghai erreichte und die Emigranten in einer Art Getto zusammendrängte. Armut, Hunger und Not prägten diese Jahre. Nach Kriegsende kamen nur wenige „Schanghaier“ nach Österreich zurück. Die Dokumentation zeichnet ihre Fluchtwege nach. Und sie erzählt anhand von berührenden persönlichen Momenten aus den Lebensgeschichten der Familie Landau, des Impresarios Hans Jabloner, des Regiepaares Louise und Jakob Fleck sowie des Schanghaier Puppentheaterdirektors Arthur Gottlein, wie es den Menschen in der chinesischen Metropole erging. Zwei Zeitzeuginnen, die sich nach 70 Jahren wieder treffen, lassen gemeinsame Erinnerungen aufleben.

Fr., 26. Aug · 20:15-21:00 · WDR
Ein neues Leben

Am 23. August 1946 wurde aus Rheinland und Westfalen das Land Nordrhein/Westfalen – damals noch mit Schrägstrich. Ein halbes Jahr später kam Lippe dazu. Doch wie lebte es sich in diesem neuen Land? Der WDR blickt in der ersten Folge seiner neuen vierteiligen Reihe „Unser Land in den 50ern“ auf die Jahre, in dem die Menschen an Rhein und Ruhr vor allem mit einem beschäftigt waren: ein neues Leben aufzubauen. Doch was war das für ein Land? Millionen Menschen an Rhein und Ruhr lebten noch in zerbombten Häusern und hundertausende Flüchtlinge brauchten ein Dach über dem Kopf. Der Schwarzmarkt blühte, doch hier kostete das Lebensnotwendige ein Vermögen. Und währenddessen wurde im Ruhrgebiet der Motor der Wirtschaft wieder angeworfen. Die Filmemacherin Kathrin Schwiering hat mit ihrem Kamerateam Menschen getroffen, die vom Leben Ende der 40er/Anfang der 50er erzählen. So berichtet Judith Neuwald-Tasbach von ihrem Vater, der direkt nach dem Krieg in seine Heimatstadt Gelsenkirchen zurückkehrte um dort mit wenigen anderen die jüdische Gemeinde wiederaufzubauen. Er wollte verhindern, so seine Tochter Judith „dass Hitler doch noch Recht bekommt“.

Sa., 27. Aug · 19:20-20:00 · 3sat
Aufgewachsen unter Glatzen (2/2) Das Erbe der Baseballschlägerjahre

„National befreite Zonen“, Springerstiefel, Baseballschläger: Bis weit in die 2000er-Jahre beherrschten Angst und Gewalt viele Regionen der früheren DDR. Die Schrecken wirken nach – bis heute.

So., 28. Aug · 08:55-09:25 · arte
Daniel Libeskind – Magier der Emotionen

Stararchitekt Daniel Libeskind sorgte schon mit seinem ersten Bauauftrag, dem Jüdischen Museum Berlin, 1999 weltweit für großes Aufsehen. Sein Masterplan für das neue World Trade Center am Ground Zero von 2013 ist ein Bekenntnis zu Demokratie, Freiheit und Frieden und tief in seiner eigenen Biografie verwurzelt: Mit seinen Eltern, die den Holocaust überlebten, emigrierte Libeskind aus Polen über Israel nach Amerika. Seine Bauwerke mit ihren kristallinen, verwinkelten und vielfältig gebrochenen Fassadenstrukturen vergleicht er mit Menschen: Sie atmen, haben einen Körper und eine Seele. Am 12. Mai 2021 wurde Daniel Libeskind 75 Jahre alt. Der Film würdigt sein Schaffen und zeigt auf, wie stark seine Architektur von der Musik beeinflusst ist, der er ebenfalls eng verbunden ist. Aus diesem Anlass interpretiert der Pianist Benyamin Nuss im Film zum weltweit ersten Mal Auszüge aus Libeskinds Grafiken „Chamberworks“ am Klavier – im Dialog mit dem aus New York zugeschalteten Urheber. Für Libeskind ist entscheidend, dass seine Werke Emotionen hervorrufen – da sind ihm auch negative Reaktionen lieber als ein gleichgültiges Achselzucken.

So., 28. Aug · 22:20-23:05 · MDR
Osteuropa nach dem Holocaust – Vom Verschwinden der Schtetl

Ein Kriegsziel der Nazis waren die reichen Kornkammern der Ukraine. Ausgerechnet dort stießen die Nazis auf Millionen osteuropäische Juden, die in kleinen Städtchen, den Schtetln, oft ein sehr traditionelles, religiöses Leben führten. Noch bevor das systematische Morden in den großen Vernichtungslagern wie Auschwitz begann, ermordeten Sonderkommandos der Nazis in diesem „Holocaust durch Kugeln“ rund zwei Millionen Menschen, schätzt man heute. Die Radio-Bremen-Dokumentation „Osteuropa nach dem Holocaust – vom Verschwinden der Schtetl“ reist zu den letzten noch existierenden Schauplätzen einer ehemals reichen jüdischen Kultur, aber auch eines monströsen Verbrechens. Rivka Yoselevska gehört zu denen, die erschossen wurden, aber sie konnte sich aus der Grube befreien und als eine der wenigen Überlebenden vom Massenmord berichten, der vieltausendfach in Osteuropa stattgefunden hat. „Dann wurde ich erschossen“, erzählt sie in einem Interview von 1981. „Ich fiel in die Grube, immer mehr Körper fielen auf mich. Ich hatte das Gefühl, ich ertrinke. Ertrinke im Blut der eigenen Leute.“ 95 % der Juden Galiziens, heute gelegen in Südpolen und der Westukraine, wurden so in Gruben „geschossen“. Zurück blieben blutdurchtränkte Erde, tausende Massengräber und verwaiste Schtetl. Hunderte Synagogen und Friedhöfe fielen der Vernichtungswut der Deutschen zum Opfer, doch vieles blieb auch einfach stehen. „Die Menschen (…) leben buchstäblich auf diesem Blut, das dort vergossen ist und leben auch oft mit dem Wissen, dass ihre Eltern oder Großeltern da mitgemacht haben. Dass sie womöglich in einem jüdischen Haus wohnen, dass sie womöglich jüdische Möbel haben, einen jüdischen Tisch oder eine jüdische Decke“, sagt Magdalena Waligórska, Expertin für osteuropäische Geschichte.Christian Herrmann, Autor aus Köln, bereist schon seit Jahren die jüdischen Schtetl in Osteuropa und fotografiert, was von ihnen übrigblieb. In den Synagogen befinden sich heute Turnhallen, Kinos oder eine Schnapsfabrik. Fanden die Häuser keine Nachnutzung, fielen sie in sich zusammen und wurden oft abgerissen. Heute ist vom ehemals blühenden jüdischen Leben in Osteuropa fast nichts mehr übrig. Gibt es noch Rabbiner, kommen sie oft aus Israel oder den USA, sie haben Mühe, mehr als die zehn Männer, die dafür nötig sind, zu einem Gottesdienst zusammen zu bekommen. Dennoch gibt es viele Menschen in Osteuropa, die sich um den Erhalt des jüdischen Erbes bemühen. So versucht zum Beispiel Sasha Nazar, die Jakob Glanzer Schul zu retten, eine der letzten Synagogen im ehemaligen Lemberg, heute dem ukrainischen Lwiw.Viele Massengräber sind bis heute unbekannt und das Erbe der Schtetl ist massiv bedroht. In ein paar Jahren werden weitere Synagogen und historische Häuser der jüdischen Bevölkerung verschwunden sein.

So., 28. Aug · 23:05-00:35 · MDR
Aus Schweden kein Wort

Ein Nachtzug, mitten im 2. Weltkrieg. Eine Zufallsbegegnung. Ein deutscher SS-Offizier trifft auf einen schwedischen Diplomaten und erzählt ihm von den Verbrechen des Holocaust. Der Schwede Göran von Otter ist einer der Ersten überhaupt, der Details erfährt. Aber nach der Begegnung der Männer geschieht nichts. Warum? Die Töchter der beiden Männer verfolgt dieses Ereignis bis heute. Der Film begleitet die beiden auf ihrer Suche nach der Wahrheit und erzählt dabei nicht nur vom Horror des Dritten Reiches, sondern auch eine bis heute aktuelle Geschichte über persönliche und kollektive Schuld. Erst aus einer alten Fernsehsendung erfährt Birgitta von Otter, dass ihr Vater Göran als einer der Ersten überhaupt von den grausamen Verbrechen an den Juden erfahren hat – aus erster Hand vom SS-Offizier Kurt Gerstein in einem Nachtzug mitten im 2. Weltkrieg. Den Vater hat diese Begegnung sein ganzes Leben lang beschäftigt, darüber gesprochen hat er aber kaum. Was genau ist damals geschehen? Hat ihr Vater trotz seines Wissens nichts unternommen oder konnte er nichts erreichen? Birgitta geht auf Spurensuche und trifft die Tochter des SS-Mannes Gerstein. Die beiden Frauen verbindet die schicksalhafte Begegnung ihrer Väter, einer Begegnung, die auch noch 70 Jahre später ihr Leben beeinflusst. Gemeinsam versuchen sie, die Vergangenheit zu verstehen. Der Film erzählt eine emotionale Geschichte über Scham und persönliche Schuld, aber auch von der Rolle Schwedens und seiner Verantwortung im Zweiten Weltkrieg.

Mo., 29. Aug · 05:00-06:40 · arte
Das widerspenstige Leben von Marceline Loridan-Ivens

Die jüdische Filmemacherin Marceline Loridan-Ivens, geborene Rosenberg, war erst 15, als sie am 29. Februar 1944 zusammen mit ihrem Vater verhaftet, von Avignon nach Drancy gebracht und anschließend nach Auschwitz deportiert wurde. Mit der Deportation endete ihre Schulzeit abrupt. Doch das Leben hielt genügend Lehren bereit, die die Regisseurin in ihrem gewagten und poetischen filmischen Werk verarbeitete. Nach den unsäglichen, traumatisierenden Erfahrungen im Konzentrationslager verkehrte Loridan-Ivens in der Künstlerszene von Paris, wo sie den politischen Dokumentarfilmer Joris Ivens kennenlernte. Sie heirateten und reisten zusammen nach China und in das kriegsgeschüttelte Vietnam. Ihre Schauspielkarriere begann mit einer Hauptrolle in „Chronik eines Sommers“ (1961) von Jean Rouch und Edgar Morin; ein Jahr später arbeitete sie mit Jean-Pierre Sergent an ihrem ersten Dokumentarfilm „Algérie, année zéro“. Von 1967 bis 1989 drehte sie gemeinsam mit Joris Ivens 18 Filme, darunter „Le 17e parallèle“ und „Eine Geschichte über den Wind“. 2002 thematisierte sie in ihrer ersten eigenen Regiearbeit „Birkenau und Rosenfeld“ mit Anouk Aimée in der Hauptrolle ihr Schicksal als Auschwitz-Überlebende. Der Dokumentarfilm zeigt Marceline Loridan-Ivens in einem Gespräch mit dem französischen Regisseur Yves Jeuland, das am 30. Oktober 2014 auf der Bühne des Forum des Images in Paris aufgezeichnet wurde. Gemeinsam mit Jeuland blickt sie auf ihr bewegtes Leben zurück. Mit eingeblendeten Fotos, Archivbildern und Filmausschnitten wird das Bühnengespräch zu einer wahren Live-Dokumentation über das Leben der Filmemacherin, musikalisch untermalt von Eric Slabiak und seiner Band.

Mo., 29. Aug · 07:50-08:05 · WDR
Planet Schule: Städte am Meer – Tel Aviv

In der zweitgrößten Stadt Israels wird das Leben gefeiert, obwohl die Angst vor Anschlägen immer präsent ist. Selber Opfer eines Anschlags, verbreitet Sharon Freude und religiöse Gedanken durch Tanzeinlagen in der Öffentlichkeit. Die Designerin Doraya liebt das Meer und arbeitet in Jaffa, der alten arabischen Stadt, die heute ein Ortsteil von Tel Aviv ist. Die Restaurant-Besitzerin Nanuchka genießt es, russische, georgische und jüdische Traditionen zu pflegen und viel zu feiern.

Mo., 29. Aug · 20:15-23:10 · arte
Werk ohne Autor

Es ist nicht das erste Mal, dass der fünfjährige Kurt Barnert mit seiner 19-jährigen Tante Elisabeth eine Kunstausstellung besucht. Und sie finden Gefallen an den Bildern in der „Entartete Kunst“ genannten Ausstellung, Bildern, die das Nazi-Regime verpönt und deren Schöpfer es verfolgt. Kurze Zeit später wird der Junge Zeuge, wie seine Tante von einem Krankenwagen abgeholt wird. Zwangseingewiesen von Professor Seeband wegen vermeintlicher Schizophrenie, wird Elisabeth wie Hunderttausende andere unschuldige Menschen Opfer der Euthanasie im Dritten Reich. „Niemals wegsehen“ ist die letzte Weisung, die sie Kurt noch mitgegeben hat. Obwohl sie sehr früh aus seinem Leben verschwindet, bleibt ihre Erinnerung lebendig. Jahre später wird Kurts künstlerisches Talent entdeckt und er beginnt, Malerei an der Dresdner Kunstakademie zu studieren. Als er eines Tages Elisabeth, genannt Ellie, trifft, die an der Akademie Mode- und Textilgestaltung studiert, fühlt er sich gleich zu ihr hingezogen. Die beiden beginnen eine heimliche Beziehung miteinander; Kurt mietet ein Zimmer im Haus der Familie Seeband. Dabei lernt er ihren Vater kennen, der Kurt vom ersten Moment an für einen Nichtsnutz hält. Professor Seeband fühlt sich bestätigt, als Ellie ihm ihre Beziehung mit Kurt beichtet; auch weil sie schwanger ist. Seeband versucht daraufhin, einen Keil zwischen die jungen Leute zu treiben. Dazu ist ihm jedes Mittel recht. Das mittlerweile verheiratete Paar beschließt, die DDR zu verlassen. Kurt hofft, seine Identität als Künstler in der BRD zu finden. Doch auch damit sind sie den autoritären Vater, den seine Vergangenheit allmählich einholt, nicht los. Was Seeband nicht ahnt: Kurt kann dessen vergessen geglaubten dunklen Taten durch seine Bilder an die Öffentlichkeit bringen. Selbst wenn er nicht genau weiß, was sein Schwiegervater mit Tante Elisabeths Tod zu tun hat …

Di., 30. Aug · 22:10-22:55 · MDR
Im Land der Täter 2/2

Teil 2: Front und Heimatfront: Ein Wehrmachtsoffizier filmt privat, scheinbar ungerührt, die abgemagerten Gestalten in einem Gefangenenlager für sowjetische Soldaten bei Dresden und notiert in seinem Tagebuch: „Der Gestank war bestialisch.“ Im südlichen Polen wird ein anderer Wehrmachtsoffizier mit seiner Kamera Zeuge, wie jüdische Männer zum Arbeitseinsatz abkommandiert werden. Eine Gruppe von Filmamateuren durchstreift 1943 Dachau. Geführt wird die Gruppe von einem SS-Offizier des nahegelegenen Konzentrationslagers. Passt er auf, dass die Filmamateure dem Lager nicht zu nahe kommen, nur Unverfängliches filmen? Es sind Bilder von erstaunlicher Offenheit, Bilder, die in keiner nationalsozialistischen Wochenschau gezeigt worden wären. Das Material überzeugt nicht zuletzt auch durch die enorme Bandbreite der Alltagsbilder, durch die Parallelität der Ereignisse, die in den Bildern zum Ausdruck kommt: Während deutsche Truppen an der sowjetischen Grenze auf den Befehl zum Angriff warten, unternimmt in Potsdam ein Ehepaar einen sorglosen Ausflug. Während sich in Berlin ein Familienvater in einem spaßigen Film über die Bombenangriffe lustig macht, liegen Köln und kurz darauf Hamburg bereits in Schutt und Asche. Deutschland ist in den Kriegsjahren, das zeigen die privaten Aufnahmen, ein Land, in dem der Krieg auch dort, wo nicht gekämpft wird, immer präsent ist.

Di., 30. Aug · 23:15-00:45 · SWR
Der Stadtneurotiker

Alvy Singer, ein bekümmerter Komiker, tut sich schwer mit sich und der Welt. Als er in New York die hübsche Annie Hall kennenlernt, hat er zwei gescheiterte Ehen und 15 Jahre psychoanalytische Behandlung hinter sich. Beide sind schnell entflammt füreinander, aber auch Annie hält es nicht lange mit Alvy aus. „Der Stadtneurotiker“, einer der populärsten Filme Woody Allens, wurde 1978 mit vier „Oscars“ ausgezeichnet. Alvy Singer hat als intellektueller jüdischer Komiker großen Erfolg, sein Privatleben hingegen ist das reinste Chaos. Da seine letzte Beziehung zu Annie Hall gerade gescheitert ist, erinnert er sich zurück, um zu begreifen, warum er es sich mit den Frauen regelmäßig verscherzt. Am Anfang waren sie glücklich verliebt, doch Annie Hall machte sein Leben nicht leichter, denn sie ist zwar liebevoll, aber auch sehr naiv. Sie versuchte sich in New York als Sängerin zu etablieren, ohne wirklich von ihrem eigenen Talent überzeugt zu sein. Mit Alvys Hilfe erlangte sie größeres Selbstbewusstsein; er zeigte ihr unbekannte Seiten der Großstadt und ihrer Bewohner. Infolgedessen nahm Annies Karriere eine erfolgreiche Wendung; sie lernte neue Verehrer kennen und reiste nach ersten Erfolgen nach Los Angeles. Für die Beziehung der beiden blieb das Happy End jedoch aus. Alvy folgte ihr zwar an die Westküste, fühlte sich dort aber wie ein Fisch auf dem Trockenen. „Eine Beziehung ist wie ein Hai“, resümiert Alvy, „sie muss beweglich bleiben, um zu überleben. Ich glaube, wir haben hier einen toten Hai vor uns.“ „Der Stadtneurotiker“ kam 1977 bei Publikum und Kritik gleichermaßen glänzend an, war das Kinoereignis des Jahres und Woody Allens bis dato erfolgreichster Film. In die Figur des selbstironischen Außenseiters aus dem jüdischen Getto („Ich möchte keinem Klub angehören, der Leute wie mich als Mitglied aufnimmt“) hat Woody Allen viele autobiografische Elemente eingebracht; der Film gewann 1978 vier „Oscars“ (Bester Film, Bester Regisseur, Bestes Originaldrehbuch, Beste Schauspielerin). Mit subtilem Witz zeichnete Woody Allen hier das Porträt eines New Yorker Intellektuellen und seiner Umwelt.