Ein nordrhein-westfälischer Rechtsextremist will ein Netzwerk aus Hooligans wiederbeleben. Auf einer Demonstration hetzen Neonazis gegen Migranten und den Staat…
Von Jennifer Marken
Zuerst erschienen bei: Störungsmelder, 09.09.2019
Was wie eine von vielen Neonazi-Demonstrationen wirkte, war der Versuch einer rechtsextremen Wiederbelebung. Am Sonntag kamen in der Innenstadt von Mönchengladbach in Nordrhein-Westfalen 700 Hooligans zu einer Kundgebung zusammen. Sie brüllten Parolen wie „Europa, Jugend, Revolution“, „Macht die Grenzen dicht“, „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“.
Besonders auffällig waren nicht nur die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, sondern auch der Anmelder der Demonstration: der Neonazi Dominik Roeseler. Mit einer deutlich größeren Aktion hatte er im Oktober 2014 Schlagzeilen gemacht: In Köln versammelten sich über 5.000 Hooligans zur Kundgebung Hooligans gegen Salafisten. Der Aufmarsch artete in Kämpfe gegen Polizisten aus. Bis heute in Erinnerung ist ein Foto, das zeigt, wie Demonstranten ein Polizeiauto auf die Seite kippen.
Die Demonstration sollte die zerstrittene Szene einen
Aus dem Gewaltakt gerann jedoch kein dauerhaftes Netz von Hooligans. Die Szene gilt als zerstritten. Und auch Roeseler kämpfte mit Schwierigkeiten: 2014 war er für die rechtsradikale Partei Pro NRW in den Mönchengladbacher Stadtrat eingezogen. Nach internen Streitigkeiten musste er seine Partei verlassen. Doch als „Führungsaktivist“ mobilisierte er weiter zu Kundgebungen, wie der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz beobachtete. Er pflegt enge Kontakte zu den Hooligans der Düsseldorfer Bruderschaft Deutschland und zu den seit zwei Jahren wöchentlich marschierenden Steeler Jungs in Essen.
Am Wochenende versuchte Roeseler nun in Mönchengladbach, die zersplitterte Szene zu einen: 23 rechtsradikale und migrantenfeindliche Gruppen riefen gemeinsam zur Kundgebung auf. Ursprünglich sollte das Motto „Fremde Täter. Einheimische Opfer“ lauten. Daraus wurde jedoch „Stoppt die Gewalt“. Kundgebung und Reden symbolisierten jedoch das Gegenteil: Einschüchterung von Gegnern, Gewaltdrohungen, Fremdenhass.
„Aggressive und menschenverachtende Stimmung“
Ein Sprecher des Bündnisses Mönchengladbach stellt sich quer hatte Roeselers Machtdemonstration bereits im Vorfeld gegenüber dem Störungsmelder „mit großer Sorge“ betrachtet. Der Neonazi „karrt seine rechtsextremen Freunde aus der halben Republik“ zusammen, um in Mönchengladbach erneut für eine „aggressive und menschenverachtende Stimmung zu sorgen“.
Als Einpeitscher betätigte sich Marco Kurz von der Gruppe Frauenbündel Kandel in der Pfalz. Er griff die Regierung an und warf ihr vor, sie habe „den Eid gebrochen“. Es vergehe kein Tag, „wo keine Frau vergewaltigt wird“ und an dem Kinder nicht manipuliert würden. Kurz sagte, „dieser Staat“ werde „immer weiter nach faschistischen Maßstäben ausgeweitet“. Dann stachelte er sein Publikum zu kollektivem Gebrüll wie „Volksverräter“ und „Abschieben“ auf. Kurz drohte angesichts der Wahlerfolge der AfD an, dass man „die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen“ werde und brüllte zum Abschluss: „Es geht nur noch um Wir oder Ihr“.
Eine andere Aktivistin griff in ihrer Rede auf ähnliches Vokabular zurück: „Massenvergewaltigungen“ und „Messerattacken“ seien unser „tägliches Geschäft“. Deshalb sei auf dieser Kundgebung der „deutsche Widerstand“ versammelt. „Wir müssen uns selbst schützen“, brüllte sie.
Strippenzieher der Rechten
Anführer Roeseler sprach ebenfalls von zahlreichen Messerangriffen und von einer Gewaltspirale. Dann rief er enthusiastisch ins Mikrofon: „Wir brauchen endlich wieder Volksvertreter.“ Als Ratsmitglied in Mönchengladbach ging er mit diesem Anspruch eher entspannt um: An den Sitzungen des Stadtrats hatte er seit 2014 gerade zweimal teilgenommen, wie ein Sprecher der Stadt dem Störungsmelder auf Anfrage mitteilte.
Stattdessen kommt Roeseler eine Rolle als Strippenzieher der Extremen Rechten in Nordrhein-Westfalen zu, wie Lenard Suermann von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus im Regierungsbezirk Düsseldorf sagt. Die Gruppierungen auf der Demonstration entstammten „rechten beziehungsweise rechtsextremen Milieus“. Bewegungen wie die Bruderschaft Deutschland seien „durch Straf- und Gewalttaten einschlägig bekannt.
Hinzu kämen Gruppen, „die sich einen bürgerlichen Anstrich geben und in Reden dann Solidarität mit Holocaust-Leugnern fordern“, sagt Suermann. „Wenn die Teilnehmenden das Motto der Demonstration ’stoppt die Gewalt‘ ernst nehmen würden, müssten sie selbst daheimbleiben.“
Fotos: J. Marken