In den Fabriken des Todes

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Nach „Majdanek“ erscheint jetzt der zweite Band aus der Tetralogie „Verloschene Lichter“, mit der der Schriftsteller und Journalist Mordechai Strigler den Opfern der Schoah ein eindringliches literarisches Denkmal setzte…

(c) Leah Strigler

Strigler, 1918 bei Zamosc (Polen) geboren, wurde im April 1945 in Buchenwald befreit. Er hatte zwölf verschiedene Arbeits- und Konzentrationslager überlebt. Kurz nach seiner Befreiung emigrierte er nach Paris und begann seine Erfahrungen in der Tetralogie „Verloschene Lichter“ niederzuschreiben. 1952 ging er nach New York und arbeitete bis zu seinem Tod im Jahr 1998 für jiddische Zeitungen. 1978 erhielt er den Itzik Manger-Preis für Jiddische Literatur.

Schon kurz nach seiner Befreiung aus dem Konzentrationslager Buchenwald im April 1945 begann Strigler, seine Erfahrungen in den Lagern des besetzten Polens literarisch zu verarbeiten und zu veröffentlichen. Er war damit einer der ersten Schoah-Überlebenden, die darüber schrieben. In seinen Büchern experimentiert Strigler mit einer Schreibform, die eine Mischung aus Chronik, Geschichte, Belletristik und Lyrik ist. Er selbst „hofft lediglich, auf diese Art eine tiefere Dokumentation abgeben zu können von dem, was jeder Teil seines Körpers und seiner Seele in sich aufgesogen hat“.

Der vorliegende Band berichtet von Striglers Erfahrungen im Zwangsarbeiterlager für Juden in einer Munitionsfabrik der HASAG (Hugo Schneider Aktiengesellschaft) in Skarzysko-Kamienna, wo er 15 Monate lebte. In einem ausführlichen Vorwort stellt Strigler zunächst die Fakten zum Lager dar. Seine Einführung endet er mit der Erklärung, dass er glaube, „eine gewisse Schuld begleichen zu müssen, weil das Schicksal sein Leben geschont hat. Er hat eine Verpflichtung den hunderttausenden Freunden und Glaubensbrüdern gegenüber, die mit ihm zusammen deportiert wurden und vor seinen Augen umkamen, sie auf die eine oder andere Art zu verewigen.“

Es ist ein einfühlsames, schonungsloses, sprachgewaltiges Monument, das Strigler ihnen gesetzt hat und nun dank dem Herausgeber Frank Beer in deutscher Sprache verfügbar ist. Ein Monument, das wir schuldig sind zu lesen, um die Erinnerung wachzuhalten. 

So dass die Gedanken von Mechele, dem Protagonisten, die er in einem stummen Zwiegespräch mit sich selbst äußert, nicht vergebens sind: „Lohnt sich das Ganze überhaupt? Er weiß nicht, wer ihn das fragt, denn seine Gedanken sind ärgerlich leer geworden und es berührt sie gar nichts. (…) Er geht ganz alleine und doch sagt ihm jemand mit klarer, scharfer Stimme: Es lohnt sich! Du bleibst am Leben und deshalb…. Aus einem anderen Winkel seines Gehirns fügt jemand hinzu: Die Hauptsache: alles zu sehen und zu hören. (…) Und das Wichtigste: Erinnern! Bis ins Details erinnern!“

Mordechai Strigler, Frank Beer (Hrsg.), In den Fabriken des Todes. Verloschene Lichter II. Ein früher Zeitzeugenbericht vom Arbeitslager Skarzysko-Kamienna, zu Klampen Verlag 2017, 400 S., Euro 29,80, Bestellen?