Nicht nur Deutschland wird 2017 500 Jahre Reformation feiern. Dabei wird man nicht den wilden Judenhass von Martin Luther verschweigen können, weil dieser ehemalige Augustinermönch die deutsche Sprache erneuerte und die Aufklärung möglich machte. Auch wird man nicht das Argument akzeptieren können, dass Luther lediglich den Zeitgeist verkörperte. Denn sein Hass war doch das genaue Gegenteil von dem, was Christen schon damals postulierten, man solle sogar seine Feinde lieben…
Rezension von Karl Pfeifer
Die Juden waren damals in deutschen Landen (und auch später) keinesfalls Feinde, sondern eine kleine, oft verfolgte und vertriebene Minderheit, die im Gegensatz zu den Christen nicht missionierte.
Der Alibri Verlag, hat den christlichen Kirchen die Aufgabe, auch diese Schrift Luthers dem heutigen Leser nahezubringen, abgenommen und Luthers Buch „Von den Juden und ihren Lügen“ ins heutige Deutsch übersetzt und dem Originaltext gegenübergestellt.
Die vier Herausgeber weisen zwar darauf hin, dass die Herausgabe dieses Buches der Aufklärung diene. Jedoch werden es Neonazi und Antisemiten benützen, um ihren Hass auf Juden legitimieren zu können. Trotzdem bin ich zuversichtlich, dass auch viele Christen zum Buch greifen und sich Gedanken machen werden, darüber was Thomas Kaufmann, ein der evangelischen Kirche nahestehender Historiker in seinem Buch „Luthers Juden“ feststellt: „dass auch Luther zu den ‚mentalen‘ Ressourcen der rassistisch modernisierten Judenfeindschaft insbesondere in Deutschland gehöre, ist nicht zu bestreiten.“
Die Herausgeber zitieren Julius Streicher und Adolf Hitler und schreiben „Luthers treuer Rat, wie mit den Juden umzugehen sei, zeigt die Qualität eines Vernichtungsprogramms und liest sich wie eine Vorbereitung zum Holocaust:
„Verbrennen ihrer Synagogen
Zerstörung ihrer Häuser und Zwangsunterbringung wie Zigeuner
Wegnahme ihrer religiösen Bücher
Lehrverbot für Rabbiner bei Androhung der Todesstrafe
Aufhebung der Wegefreiheit
Zwangsenteignung
Zwangsarbeit“
Der Lutherische Landesbischof von Thüringen und NSDAP-Mitglied Martin Sasse veröffentlichte am 23. November 1938, zwei Wochen nach der Reichspogromnacht, ein Heft mit antisemitischen Auszügen aus diesem Buch. Im Vorwort bezeichnete er Martin Luther anerkennend als „den größten Antisemiten seiner Zeit.“
Die Herausgeber hoffen, dass dieses Buch dazu einlädt, das „2017 zu Ehren Luthers im Land des Holocaust stattfindende Reformationsjubiläum im Lichte der Gesamterscheinung des Reformators kritisch zu überdenken“.
Luthers judenfeindliches Buch war kein einmaliger Ausrutscher. Die Herausgeber wollen weitere judenfeindliche Schriften Luthers, die über einen Zeitraum von 20 Jahren entstanden sind, in einem Folgeband verlegen.
Karl-Heinz Büchner/Bernd P. Kammermeier/Reinhold Schlotz/Robert Zwilling (Hrsg.), Martin Luther: Von den Juden und ihren Lügen, Alibri 2016, Euro 20,00, Bestellen?