Jüdisches Leben und Antisemitismus in Nordrhein-Westfalen 1946-1970

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Nach den Angaben der Militärbehörden der britischen Besatzungszone lebten 1946 im Gebiet des heutigen Nordrhein-Westfalens 2.494 Juden, darunter 53 Kinder unter 16 Jahren.[1] Etwa 10.000 jüdische und nichtjüdische Displaced Persons (DP) wohnten in Notunterkünften. Die Gruppe der jüdischen Displaced Persons bildete eine Minderheit gegenüber den deutschen Juden, die das NS-Regime überlebt hatten und in ihre ursprünglichen Wohnorte zurückgekehrt waren…

Von Michael Lausberg

Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus gründete sich als erste der jüdischen Gemeinden in Deutschland die Synagogengemeinde Köln am 29.04.1945 neu. Der damalige Rabbiner Zvi Asaria beschrieb die Situation der jüdischen Gemeinde nach der unmittelbaren Befreiung vom Nationalsozialismus durch die Alliierten: „Alle, die nach dem Einmarsch der Amerikaner befreit wurden, trafen sich zunächst in der Roonstraße vor der früheren Synagoge. Hier war in den ersten Tagen der Treffpunkt dieser wenigen noch überlebenden Menschen. Wenigstens ein Raum sollte von Schutt gesäubert werden. Man schaufelte und räumte. Dann weiter zur Ottostraße 85, zum Jüdischen Asyl. Auch dort wurde geschaufelt, wurden Türen und Fenster eingesetzt, ein provisorischer Betsaal eingerichtet.“[2]

In den Trümmern der Synagoge in der Roonstraße hielt die aus 50 Mitgliedern bestehende jüdische Gemeinde am 29.04.1945 ihren ersten Gottesdienst ab. Die US-amerikanische Militärverwaltung bestimmte ein Mitglied der provisorischen Gemeinde zum Vorsitzenden. In den folgenden Monaten kehrten ca. 300 Juden aus den Konzentrationslagern nach Köln in die jüdische Gemeinde zurück. Im Laufe der Jahre stieg die Mitgliederzahl der Synagogengemeinde in Köln durch Rückkehrer aus dem Ausland im Zeitraum von 1949 bis 1960 deutlich an.

Andere sich neu konstituierende jüdische Gemeinden hatten mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen und konnten ihren Mitgliedern nur eine vorläufige Struktur des jüdischen Lebens bieten.[3] Es war in allen jüdischen Gemeinden Konsens, dass der Wiederaufbau der Gemeinden und ihres religiösen und kulturellen Lebens nur vorübergehenden Charakter besaß. Folgende Aufgaben standen im Mittelpunkt: Hilfe für die Überlebenden, Gewährleistung einer provisorischen sozialen und religiösen Betreuung sowie Planung der Vorbereitungen zur Ausreise aus Deutschland. Im Jahre 1948 existierten in Nordrhein-Westfalen folgende jüdische Gemeinden:[4] Aachen, Bielefeld, Bochum, Bonn, Detmold, Dortmund, Düsseldorf, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Hagen, Hamborn, Hamm, Herford, Herne, Köln, Krefeld, Lemgo, Lippstadt, Minden, Mülheim-Ruhr, Mönchengladbach, Münster, Oberhausen, Paderborn, Recklinghausen, Rheydt, Ruppichteroth (Siegkreis), Siegen, Warburg, Witten und Wuppertal.

Diese Neugründungen in Nordrhein-Westfalen und in der gesamten BRD stießen bei Juden außerhalb Deutschlands auf Unverständnis. 1948 hatten jüdische Organisationen in den USA und in Israel davon gesprochen, dass künftig „kein Jude mehr deutschen Boden betreten werde.“ Der Jüdische Weltkongress erarbeitete 1950 in Frankfurt am Main eine Resolution, worin die Vorsitzenden der jüdischen Gemeinden aus aller Welt den in Deutschland noch immer lebenden Juden empfahlen, das „Land der Täter“ zu verlassen und eine schnelle Ausreise vorzunehmen.[5]

Einige Politiker fühlten sich moralisch verpflichtet, den jüdischen Gemeinden eine Art „materielle Wiedergutmachung“ zukommen zu lassen.[6] Eine dieser Aktivitäten war die Wiederherstellung der während der NS-Zeit geschändeten jüdischen Friedhöfe. So verpflichtete der Oberpräsident der Nordrhein-Provinz in einem Schreiben vom August 1945 die ihm unterstellten Kommunen zum Neuaufbau und zur Rekonstruktion ihrer jüdischen Friedhöfe. Während die Kultusgemeinden nunmehr für die Pflege der noch benutzten jüdischen Friedhöfe selbst zuständig waren, blieb die Instandhaltung und Pflege der geschlossenen jüdischen Friedhöfe im Zuständigkeitsbereich der jeweiligen lokalen Verwaltung. Zur Finanzierung der Pflege erhielten die beiden Landesverbände der jüdischen Gemeinden in Nordrhein und Westfalen sowie die Synagogengemeinde Köln seit 1946 vom Kultusministerium in Nordrhein-Westfalen regelmäßige Zuschüsse.

Allerdings wurden die jüdischen Gemeinden schon bald wieder mit antisemitischen Handlungen konfrontiert. Ein städtischer Angestellter übergab der jüdischen Gemeinde in Düsseldorf am 07.06.1946 einen Pfändungsbefehl, um „rückständige Grundbesitzabgaben von 1938 bis 1945 in Höhe von 3.348,46 Reichsmark einschließlich Säumnis und Mahngebühren“ einzufordern.[7] Der Landesverband der jüdischen Gemeinden in Nordrhein wusste nicht, ob er sich „über die Unkenntnis oder über die Unverschämtheit mehr wundern sollte, die in diesem Dokument vollständiger historischer Blindheit gegenüber den NS-Verbrechen an den Juden zum Vorschein kommt und die nicht nur einem subalternen Bediensteten der Düsseldorfer Stadtverwaltung zur Last gelegt werden kann.“[8]

Im neu gegründeten Landtag von Nordrhein-Westfalen wurde in der unmittelbaren Nachkriegszeit die Shoa nur in randständiger Weise angesprochen. Im Vergleich zu den Klagen über das „Leid“ der deutschen Bevölkerung, das „Schicksal“ der „Heimatvertriebenen“ und Flüchtlingen sowie der deutschen Kriegsgefangenen spielte die Shoa eine untergeordnete Rolle. Am 12.11.1946 sprach Ministerpräsident Amelunxen bei der Einweihung einer Gedenktafel am Ort der zerstörten Düsseldorfer Synagoge zum „Jahrestag des Judenprogroms von 1938“ von einem „ewig mahnendem Symbol (…) für die Scham aller anständiger Deutschen über die unseren jüdischen Mitbürgern angetane Schmach.“[9]

Seit der Jahreswende 1945/46 breitete sich in Deutschland wieder eine wachsende antisemitische Stimmung aus, die sich in antisemitischen Übergriffen oder Friedhofsschändungen manifestierte.[10] In Düsseldorf kam es im Sommer 1946 zu den ersten beiden bekannten Schändungen jüdischer Friedhöfe nach dem Ende des 2. Weltkrieges in Nordrhein-Westfalen. Im Juni 1947 warfen unbekannte Täter auf dem jüdischen Friedhof in Köln-Deckstein 15 Grabsteine um und versuchten, weitere fünf Grabsteine zu beschädigen. Im Sommer 1947 kam es in Düsseldorf innerhalb von einem Vierteljahr dreimal zu Beschädigungen jüdischer Friedhöfe. Dabei fand in der Öffentlichkeit besonders die Schändung des Friedhofs „Alt-Israel“ in Düsseldorf-Gerresheim Aufmerksamkeit, wo unbekannte Täter 40 erst kurz zuvor wieder erneuerte Grabsteine zerstörten.[11] Im Zeitraum von Januar 1948 bis April 1957 ereigneten sich in Nordrhein-Westfalen insgesamt 79 Friedhofsschändungen. In Köln kam es zu insgesamt sechs Vorfällen, lediglich zwei Taten konnten aufgeklärt werden.[12] In Köln-Deutz zerstörten am 07.07.1948 unbekannte Täter zahlreiche Grabplatten auf dem jüdischen Friedhof. Am 03.07.1950 stahl ein Steinmetzmeister aus Köln zwei Marmorplatten vom jüdischen Friedhof in Ehrenfeld. Im Mai 1956 wurde eine Bronzekugel mit einem aufgesetzten Davidstern von unbekannten Tätern gewaltsam von einem Grabstein auf dem jüdischen Friedhof in Deutz entfernt. In Dortmund ereigneten sich zwischen März 1948 und Juni 1950 drei Schändungen von jüdischen Friedhöfen. Dabei wurden von unbekannten Tätern insgesamt sechs Grabplatten umgeworfen und in einem Fall eine Bronzekuppel von einem Grabstein entfernt.

Im August 1949 wurden in Düsseldorf öffentlich antisemitische Flugblätter verteilt. Einen Monat später wurde der jüdische Friedhof in Düsseldorf-Gerresheim erneut geschändet. Einen Eklat gab es, als die Stadt Düsseldorf sich weigerte, die Kosten der Instandsetzungsarbeiten zu übernehmen, obwohl sie gesetzlich dazu verpflichtet war.[13] Dagegen protestierte der Vorsitzende des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden Nordrhein, Julius Dreifuß, Anfang November 1949 beim nordrhein-westfälischen Innenminister Walter Menzel: „Wir sind der Ansicht, dass die Spuren einer Schändung von der zuständigen politischen Gemeinde beseitigt werden müssen, und dass es nicht angeht, dass die jüdischen Gemeinden auch noch zu materiellem und moralischem Schaden die Kosten zu tragen haben.“[14]

In seiner ersten Regierungserklärung spielte der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer im September 1949 die politischen Folgen des anwachsenden Antisemitismus herunter: „Lassen sie mich ein Wort zu hier und da anscheinend hervorgetretenen antisemitischen Bestrebungen sagen. Wir verurteilen diese Bestrebungen auf das Schärfste, und wir halten es für unwürdig und an sich unglaubhaft, daß nach allem, was sich in nationalsozialistischer Zeit begeben hat, noch Leute in Deutschland sein sollten, die Juden deswegen verfolgen und verachten, weil sie Juden sind.“[15]

Als in Berlin Juden gegen die Aufführung des als antijüdisch empfundenen englischen Films „Oliver Twist“ im Februar 1949 protestierten, bekundeten die jüdischen Gemeinden in Nordrhein-Westfalen ihre Solidarität. Die Ereignisse in München, wo die Publikation eines aggressiv-antisemitischen Leserbriefs durch die Süddeutsche Zeitung im August 1949 zu einer Protestdemonstration von jüdischen Displaced Persons gegen die Zeitung und anschließender Straßenschlacht mit der Polizei führte, bestätigten ihre Befürchtung eines Anwachsen des Antisemitismus.[16]

Als der damalige Bundeskanzler Adenauer Ende 1949 auf die Idee kam, in Bonn ein „Referat für jüdische Angelegenheiten“ einzurichten, gab es einen Aufschrei der Empörung innerhalb der jüdischen Gemeinden in der gesamten BRD. Dass es ein „Judenreferat“ noch im „Dritten Reich“ gegeben hatte, das für die „Endlösung“ zuständig war, schien noch nicht zu Adenauer oder seinen Beratern durchgedrungen zu sein.[17]

In der Nachkriegszeit organisierten sich frühzeitig die „Verklagten für Rückerstattung des jüdischen Vermögens“ mit aggressiv-antisemitischem Charakter. In Nordrhein-Westfalen entstanden Gruppen wie der „Verein für loyale Restitution“ oder die „Vereinigung gegen Entrechtung“. Einer dieser Angeklagten äußerte vor dem Landgericht Köln: „Ein jeder weiß zu gut, daß wenn es sich um Geld handelt, gehen die Juden über Leichen, und wo sie keinen Christen betrügen können, in allen Ländern schrecken sie vor nichts zurück.“[18] Unverständnis und Besorgnis lösten in den jüdischen Gemeinden Verfahrensverlauf und Urteile in den Prozessen aus, die gegen Täter und Sympathisanten der NS-Zeit geführt wurden. Milde Urteile und Freisprüche waren an der Tagesordnung.[19] So wurden zum Beispiel die am Pogrom vom 09.11.1938 beteiligten Bürger von Bad Lippspringe freigesprochen, die die männlichen Juden des Ortes öffentlich misshandelt und beleidigt hatten. Die Richter begründeten ihren Freispruch mit dem ausweichenden Argument, nach fast elf Jahren sei der Sachverhalt nicht mehr aufzuklären. Die Übergriffe von normalen Bürgern in Bad Münstereifel in der „Reichspogromnacht“ auf jüdische Familien blieben fast folgenlos. Das Bonner Schwurgericht verurteilte drei Tatbeteiligte zu je sechs Monaten Gefängnis, ein vierter Angeklagter wurde mangels Beweisen freigesprochen.

Zahlreiche nach dem 2. Weltkrieg geäußerte Vorurteile lassen sich als ein Antisemitismus „wegen Auschwitz“ beschreiben. Christhard Hoffmann bemerkte: „Es gibt Anzeichen dafür, daß antijüdisches Denken in der Bundesrepublik heute seine Dynamik am ehesten aus der Bearbeitung der nationalsozialistischen deutschen Vergangenheit erhält, daß sich ein Antisemitismus nicht trotz, sondern wegen Auschwitz ausbilden könnte. In einer nationalen deutschen Perspektive erscheinen ‚die Juden’ wiederum als Störenfriede, weil sie durch ihre Mahnung an die deutschen Verbrechen einer naiven und ungebrochenen Identifizierung mit der deutschen Vergangenheit und deutscher Kultur im Wege stehen. In einer solchen Sehweise ist es dann bis zur erneuten antithetischen Gegenüberstellung von ‚Juden’ und ‚Deutschen’ nur noch ein Schritt.“[20] In der Forschung wird von einem „sekundären Antisemitismus“ gesprochen: „Man fühlt sich durch die Erinnerung an den Holocaust von ‚den Juden’ gestört, belästigt, behindert, wähnt sich gar selbst dauerhaft verfolgt und reagiert darauf mit antijüdischem Affekt. Es ist ein Antisemitismus, den es nicht trotz, sondern wegen Auschwitz gibt, weil die Täter und deren Erben permanent an ihre Untaten und zugleich an ihr Versagen erinnert werden.“ [21]

Seit der Gründung der BRD galt die Gegnerschaft zum Antisemitismus als offizielles Diktum der herrschenden politischen Klasse. Neben sicherlich vorhandenen ethischen Gründen spielte auch politisches Kalkül eine Rolle. Die bundesdeutsche Regierung glaubte, eine schnelle Wiedereingliederung in die internationale Gemeinschaft erreichen zu können, wenn der Staat eine philosemitische Haltung vertrat und eine „Wiedergutmachung“ zugunsten der jüdischen Überlebenden der Shoa anstrebte. Auffallend war allerdings die Diskrepanz zwischen dem Anti-Antisemitismus der offiziellen Politik und dem Fortleben von Antisemitismus in weiten Kreisen der Bevölkerung, was Meinungsumfragen, auf die später eingegangen wird, deutlich belegen.

Weite Kreise der deutschen Nachkriegsgesellschaft konnten sich mit der Oder-Neiße-Grenze als Ostgrenze und der damit vorgenommenen Abtrennung großer Gebiete nicht abfinden. Die Totalitarismustheorie erhielt durch den „Kalten Krieg“ eine immer stärkere Prägung durch die DDR und die Sowjetunion.[22] In einer Umfrage Anfang der 1960er Jahre bewerteten die meisten Westdeutschen das SED-Regime negativer als den Nationalsozialismus.[23] Durch den schnell gesellschaftsfähig werdenden Antikommunismus wurde in der Nachkriegszeit ein neues Feindbild geschaffen, das schon im Nationalsozialismus vorhanden war. Die „bolschewistischen Untermenschen“ aus der NS-Zeit wurden zu den „bolschewistischen Untermenschen“ der Gegenwart.

Von einer intensiven Auseinandersetzung der westdeutschen Bevölkerung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit kann unter keinen Umständen gesprochen werden. In weiten Bevölkerungsteilen herrschten stattdessen eine Verdrängung der NS-Vergangenheit und eine Weigerung, sich dieser Vergangenheit zu stellen, vor. In den Nachkriegsjahren wandte sich die westdeutsche Bevölkerung der materiellen Seite des Wiederaufbaus zu und kehrte der Vergangenheit den Rücken zu. Vielen Westdeutschen ging es um die Abwehr einer Kollektivschuld, was die Ausbreitung von Entlastungsmechanismen auslöste.[24] Dies war in erster Linie das Schweigen über die Zeit vor 1945. Geschichtspolitisch breitete sich schnell die Legende von einem Trennungsstrich zwischen dem NS-Regime und der Bevölkerung heraus. Das nationalsozialistische Regime oder einzelne Repräsentanten des Systems wie Hitler oder Goebbels galten als Täter, die Bevölkerung nahm die Rolle des bedauernswerten Opfers ein. Diese Bewertung der Vergangenheit verhalf großen Teilen der Bevölkerung zur Abwehr der eigenen Schuld. Das Buch von Alexander und Margarete Mitscherlich „Die Unfähigkeit zu trauern“, das 1967 erschien, erfasste genau diese Grundstimmung und verarbeitete sie literarisch.[25] Die durchgängige These dieses Werkes besagte, dass große Teile der westdeutschen Bevölkerung ihre Vergangenheit nicht aufgearbeitet hätten, weil sie nicht bereit gewesen wären, ihren eigenen Schuldanteil zu ermitteln. Das Ehepaar Mitscherlich behauptete, dass eine große Zahl der westdeutschen Bevölkerung sich mit der demokratischen Regierungsform nur wegen des „Wirtschaftswunders“ identifizierte: „Die Restitution der Wirtschaft war unser Lieblingskind; die Errichtung eines demokratischen Staatsgebäudes hingegen begann mit dem Oktroi der Sieger, und wir wissen bis heute nicht, welche Staatsform wir selbst spontan nach dem Kollaps der Naziherrschaft gewählt hätten; wahrscheinlich eine ähnlich gemildert autoritäre von Anfang an, wie sie sich heute aus den demokratischen Grundlagen entwickelt haben. Es ist nicht so, dass man den demokratischen Staatsgedanken ablehnte wie weitgehend während der Weimarer Republik. Man kann aber auch wenig mit ihm anfangen, (…)“[26]

Die große Mehrheit der Deutschen habe die nationalsozialistische Herrschaft „retrospektiv wie die Dazwischenkunft einer Infektionskrankheit in Kinderjahren“ empfunden.“[27] Die eigene Schuldabwehr verlief laut den Mitscherlichs folgendermaßen: „In der Pyramide der Verantwortung stellt sich das dann so dar, daß der ‚Führer’ durch den politischen Druck von außen zu seinen Entscheidungen gezwungen war, Das löste eine Befehlskette aus, der sich niemand zu entziehen vermochte; allenthalben herrschte – so vernimmt man es in retrospektiver Selbstrechtfertigung – ein alles entschuldender Befehlsnotstand. (…) Die Gefühle reichen nur noch zur Besetzung der eigenen Person, kaum zu Mitgefühlen irgendwelcher Art aus. Wenn irgendwo überhaupt ein bedauernswertes Opfer auftaucht, dann ist es meist niemand anderer als man selbst.“[28] Genauer betrachtet gab es drei Formen der Schuldabwehr: „Zunächst ist es eine auffallende Gefühlsstarre, mit der auf die Leichenberge in den Konzentrationslagern, das Verschwinden der deutschen Heere in Gefangenschaft, die Nachrichten über den millionenfachen Mord an Juden, Polen, Russen, über den Mord an den politischen Gegnern aus den eigenen Reihen geantwortet wurde. Die Starre zeigt die emotionelle Abwendung an; die Vergangenheit wird im Sinne eines Rückzuges alles lust- und unlustvollen Beteiligtseins an ihr entwirklicht, sie versinkt traumartig. Diese quasi-stoische Haltung, dieser schlagartig einsetzende Mechanismus der Derealisierung des soeben noch wirklich gewesenen Dritten Reiches, ermöglicht dann auch im zweiten Schritt, sich ohne Anzeichen gekränkten Stolzes leicht mit den Siegern zu identifizieren. Solcher Identitätswechsel hilft mit, die Gefühle des Betroffenseins abzuwenden, und bereitet auch die dritte Phase, das manische Ungeschehenmachen, die gewaltigen kollektiven Anstrengungen des Wiederaufbaus, vor.“[29] Zur nationalsozialistischen Ideologie wurde keine „sichere innere Distanz“ gefunden, eine kritische Auseinandersetzung mit diesem Thema kam laut den Mitscherlichs nicht zustande. Dies hatte zur Folge, dass sich „sozusagen naiv, weil unreflektiert, Teilstücke dieses Weltbildes völlig unbehelligt erhalten konnten“.[30] Die vorherrschende Form der Beschäftigung mit der NS-Vergangenheit war „Verdrängung, Verleumdung, Ignoranz“: „Das Bewusstsein orientiert sich am Unwirklichen, an Phantasien, um Realitätseinsicht und die damit verbundenen Schmerzen zu vermeiden. Man sieht sich als das Opfer böser Mächte: zuerst der bösen Juden, dann der bösen Nazis, schließlich der bösen Russen. In jedem Fall ist das Böse externalisiert: es wird draußen gesucht und trifft einen von außen.“ [31]

Die Mitscherlichs kritisieren außerdem das Festhalten an der eigenen nationalen Opferperspektive: „So wird etwa am Jahrestag schwerer Bombardements auf deutsche Städte ‚zur Erinnerung an die Toten’ unsere Flagge auf öffentlichen Gebäuden halbmast gehisst. Dieses Gedenken kann dazu beitragen, ein neues Geschichtsbewusstsein zu festigen, und damit könnte sich jährlich die Frage wiederholen, unter welcher Devise diese Opfer gebracht werden mussten. Aber es bleibt doch eine sehr einseitige Erinnerung, denn bisher ist es nicht dazu gekommen, einen dem Bombardement auf Dresden oder Frankfurt vergleichbaren Gedenktag für die Opfer der Konzentrationslager, für die holländischen, polnischen oder russischen Opfer der Gestapo und Sonderkommandos festzulegen und zu begehen.“[32]

Die Betonung der eigenen nationalen Opferperspektive, die die Überlegungen weniger auf schuldhafte Verstrickungen, vielmehr auf eigenes Leid und die allgemeine materielle Not richtete, gewann in den ersten Nachkriegsjahren eine beherrschende Stellung in der Bundesrepublik.[33] Nicht an die von den Alliierten und anderen Staaten zugeschriebene Rolle als Täter wurde angeknüpft, sondern an die selbst zugeschriebene Rolle als Opfer von „Vertreibung“ und „alliierten Bombenopfern“ z.B. in Dresden. Edgar Wolfrum bemerkte: „Bei der mentalen Rekonstruktion der Nation bildeten die Flüchtlinge und Vertriebenen einen zentralen Baustein, denn sie boten die Möglichkeit, die Leidensgeschichte der Deutschen in den Vordergrund und eine Auseinandersetzung mit eigener Schuld in den Hintergrund zu rücken.“[34]

In scharfem Kontrast zur Sorge einer großen Zahl von Nachkriegspolitikern für die Täter, die Belasteten und Mitläufer, die die Folgen der (milden) Strafmaßnahmen der Alliierten zu spüren bekamen, stand Arroganz, rhetorische Hilflosigkeit und Desinteresse gegenüber den Millionen Opfern des Nationalsozialismus. Helmut Dubiel schrieb: „In der häufigen Stilisierung der Deutschen zu Hitlers eigentlichen Opfern, in der Deutung der nationalsozialistischen Machtübernahme als außergeschichtlichen, von niemand zu verantworteten Einbruch in deutsche Geschichte sowie dem Abschieben aller Schuld auf Hitler zeigten sich die Spuren jener autoritären Mentalität, die auch die Fügsamkeit gegenüber dem NS-Regime bestimmt hatte.“[35]

Bei der Analyse der bundesdeutschen Denkmalskultur fällt auf, dass es in erster Linie Denkmäler für die deutsche Einheit gab und daneben zahlreiche Denkmäler, die der Flucht der Deutschen und der gefallenen Soldaten gedachten.[36]

Große Teile der westdeutschen Bevölkerung stuften sich nach der Befreiung vom Nationalsozialismus als dessen Opfer ein. Für die Verbrechen der früheren Machthaber wollten sie nicht verantwortlich gemacht werden. Dieses früh entstandene Selbstbild als Opfer wurde durch das Leid des 2. Weltkrieges und die vielen eigenen deutschen Toten sowie der materiellen Not in den Nachkriegsjahren weiter gefestigt.[37]

Der Philosoph Hermann Lübbe stellte die These von einem „kommunikativen Beschweigen“ der nationalsozialistischen Vergangenheit in der Nachkriegszeit innerhalb der westdeutschen Bevölkerung auf.[38] Die These von der weitgehenden Verdrängung der Vergangenheit wurde von Lübbe zu einer vorübergehend notwendigen Funktion in der Entwicklung der Bundesrepublik zu einem demokratischen Staat erklärt. Lübbe behauptete, dass es nur durch die fehlende Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit gelungen sei, die Mehrheit der westdeutschen Nachkriegsbevölkerung in den neuen Staat zu integrieren. In sozialpsychologischer Hinsicht sei es gar nicht anders möglich gewesen, ein Staatswesen mit demokratischer Ausrichtung zu schaffen.[39] Dass dieses „kommunikative Beschweigen“ die Konsequenz hatte, die politisch-moralische und die rechtliche Aufarbeitung der nationalsozialistischen Verbrechen zu behindern oder gar zu verhindern, wurde von Lübbe nicht in Betracht gezogen.

Durch die Gründung der BRD fiel ein Teil der Auflagen der Alliierten wie der Lizensierungszwang für Parteien und Publikationen weg. Dies führte zu einer offiziellen Restitution extrem rechter Parteien, Organisationen und Publizistik.[40] Extrem rechte Publikationen wie „Nation Europa“ oder die „Deutsche Soldaten-Zeitung“ (DSZ) erschienen 1950/51 zum ersten Mal. Nicht nur in diesen Publikationen wurde Front gemacht gegen die Fortsetzung der Entnazifizierung. Die Forderung nach „Begnadigung“ der verurteilten NS-Täter reichte von extrem rechten Kreisen bis zu den bürgerlichen Parteien, was schließlich zu einer „Wiedereingliederung“ ehemaliger Nationalsozialisten in den öffentlichen Dienst führte. Die Wahlerfolge der neonazistischen SRP ließen Tendenzen einer Renazifizierung innerhalb der deutschen Bevölkerung erkennen.

Im Februar 1950 protestierte der Vorsitzende der Synagogengemeinde Köln, Moritz Goldschmidt, in einem Telegramm an den damaligen Bundespräsident Heuss „gegen den kurz zuvor erfolgten Freispruch des Bundestagsabgeordneten der nationalkonservativen DP Hedler, vom Vorwurf der Beleidigung von Widerstandskämpfern und Juden durch eine Strafkammer des Landgerichts Kiel.“[41] Dieses Gerichtsurteil habe laut Goldschmidt eine verheerende Tendenz: „Durch solche Urteile werden alle Bemühungen der verständigungs- und versöhnungsbereiten Juden in Deutschland zum Scheitern verurteilt, die im Ausland dafür eintreten, der Bundesrepublik eine Chance für den Beweis des guten Willens, mit allen demokratisch denkenden Völkern wieder in Kontakt zu kommen, zu geben. (…) Wir (die Juden in Deutschland, M.L) (…) müssen überlegen, ob wir nicht daraus unsere Konsequenzen ziehen. Wir können es nicht verantworten, unsere kleine, den Verfolgungen des Naziregimes entgangene Substanz, neuen Gefahren auszusetzen.“[42]

Die Vertreter der jüdischen Gemeinden sahen diese Entwicklung mit größter Besorgnis. Im September 1950 wollte sich der Dortmunder Gemeindevorsitze Siegfried Heimberg weder für noch gegen die Rückkehr eines in Kanada geflohenen deutschen Juden aussprechen: „Die augenblickliche Situation ist aber so, dass man keinen Rat erteilen kann. Es muss letzten Endes jeder selbst wissen, was er unternehmen bzw. beginnen will.“[43]

Die jüdischen Gemeinden bemängelten das zunehmende Desinteresse gegenüber den Opfern der Shoa. Der Zentralrat der Juden in Deutschland veröffentlichte zum Tag der Opfer des Nationalsozialismus am 10.09.1950 zu diesem Thema eine Erklärung. Darin hieß es: „Heute, nach fünf Jahren, sind wir weiter entfernt denn je, eine Anerkennung für dieses Opfer in dem Land zu erhalten, das als erstes verpflichtet gewesen wäre, in innerer Einkehr und Demut die Sühne für das Opfer unserer Gemeinschaft auf sich zu nehmen.“[44]

Ausgelöst durch diese Kritik wurde das Schicksal der Opfer der Shoa von einer Vielzahl von Initiativen in der Kirchen (EKD-Synode in Berlin-Weißensee 1950) oder durch andere Gruppen wie „Aktion Friede mit Israel“ im Jahre 1951 angestoßen, die aber erst durch die Reparationsansprüche Israels zentrale politische Bedeutung erhielten. In weiten Teilen der deutschen Bevölkerung wurden dieser Dialogs- und Aufarbeitungsversuch und vor allem aber die pekuniären Forderungen abgelehnt.[45] Diese Ablehnung äußerte sich in Form traditioneller antijüdischer Vorurteile (Vorwurf der Geldgier und der Rachsucht), die sich durch die jüdischen Ansprüche „bestätigt“ sahen (Schuldumkehr).[46]

Im Februar 1951 protestierte Goldschmidt gegen die geplante Aufführung des Films „Unsterbliche Geliebte“ des Regisseurs Veit Harlan, der bei dem antisemitischen Film „Jud Süss“ Regie führte.[47] Eine Aufführung des neuen Films des Regisseurs würde „alte Wunden“ wieder aufreißen. Der Protest Goldschmidts führte zu einer vorläufigen Absetzung des Films in Köln.

In einer Rede kritisierte der Gemeindevorsitzende die Entscheidung des Bundestages, mit dem „131er Gesetz“ vom 10.04.1951 zuerst die Rehabilitierung und finanzielle Versorgung der eigenen „Opfer“ im Auge zu haben, während jüdische Opfer weiterhin auf eine „Wiedergutmachung“ warten müssten.[48]

In der Nacht zum 17. oder 18.09.1951 wurde in Castrop-Rauxel von unbekannten Tätern der jüdische Friedhof geschändet. Es wurden 23 Grabsteine umgeworfen und zum Teil zerstört. Außerdem wurde das Eingangstor zum Friedhof beschädigt. Zur Aufklärung der Straftat wurde eine Belohnung von DM 2.000 ausgesetzt.

Die „Wiedergutmachungsleistungen“ für die Verfolgten des NS-Regimes wurden Anfang der 1950er Jahre entscheidend vorangetrieben.[49] Neben den vereinbarten Zahlungen an Israel und die in der „Claims Conference against Germany“ zusammengefassten jüdischen Organisationen aus anderen Ländern erhielten nun auch die in Deutschland lebenden Juden und ihre Gemeinden finanzielle Entschädigungsleistungen. Dies wurde 1953 im Bundesentschädigungsgesetz festgelegt, das die bis dahin geltenden Regelungen der einzelnen Bundesländer vereinheitlichte. Trotz dieser Regelung mussten häufig die jüdischen Gemeinden um ihre gesetzlich garantierten Ansprüche kämpfen. Das Vorgehen der zuständigen Behörden war nicht immer von Kooperation geprägt. Dies lag daran, dass in den zuständigen Ämtern und besonders bei Ärzten, die die Antragsteller zu den Folgen der Verfolgungszeit oder der KZ-Haft begutachten mussten, noch zahlreiche Beamte des NS-Regimes vertreten waren.

Antisemitische Einstellungen bei kommunalen Behörden waren keine Seltenheit. Aufgrund der personellen Kontinuität zum NS-Regime war dies auch nicht weiter verwunderlich. Im Mai 1954 wandte sich Moritz Goldschmidt wegen antisemitischer Äußerungen eines Sachbearbeiters im Kölner Stadtflüchtlingsamt gegenüber einem jüdischen Gemeindemitglied an den damaligen Oberbürgermeister Schwering. Nach Aussage des Gemeindemitglieds habe der Sachbearbeiter ihm gegenüber gesagt, „daß ein Jude, nachdem alle Juden ausgebürgert wurden, nicht wieder Deutscher werden kann und dass es ihm unverständlich sei, dass der Herr Regierungspräsident im Jahre 1952 einem Juden wieder die deutsche Staatsangehörigkeit zuerkannt habe“.[50] Ein entsprechender Antrag würde laut der Aussage des Sachbearbeiters vom Flüchtlingsamt der Stadt abgelehnt werden.

In der Nacht zum 02.10.1955 und in der darauf folgenden Nacht wurde das Denkmal der jüdischen Gemeinde in Münster durch Aufmalen von Hakenkreuzen beschädigt. In Herford bemerkte im Frühjahr 1956 ein Textilkaufmann in einer Gaststätte, „die Juden in Israel müssten erschossen oder mit E 605 vergiftet werden.“[51] Auf einer öffentlichen Veranstaltung in Bochum im Juni 1956 leugnete der Arbeitslose Arnold Möller die Shoa und verlangte die Ausreise aller Juden aus Deutschland.

Als Reaktion auf die Shoa und den Antisemitismus in der Nachkriegszeit wurde im März 1958 die „Kölnische Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit“ gegründet. Mit zahlreichen Veranstaltungen, Tagungen, Symposien, Ausstellungen, Gedenkfeiern, Dokumentationen und Israelreisen wandte sie sich gegen antisemitische Ressentiments innerhalb der deutschen Gesellschaft. In der Satzung heißt es: „Ziel und Zweck der Gesellschaft ist die Beseitigung von Vorurteilen zwischen Menschen verschiedener ethnischer, nationaler und religiöser Herkunft. Sie erstrebt die Achtung und Würde eines jeden Menschen und erwartet von ihren Mitgliedern offenes und freies Eintreten überall da, wo gegen die Grundsätze der Menschenwürde und Freiheit verstoßen wird.“[52]

1959 wurde aufgrund der Initiative prominenter Kölner die „Germania Judaica. Kölner Bibliothek zur Geschichte des deutschen Judentums“ ins Leben gerufen. Zu den Gründungsmitgliedern gehörte unter anderem der Schriftsteller Heinrich Böll. Die Stadtverwaltung in Köln unterstützte in den Anfangsjahren die Germania Judaica. Ihre Ziele wurden folgendermaßen beschrieben: „Die Bibliothek Germania Judaica, die wir ihnen heute vorstellen, ist gegründet worden aus der Erkenntnis, dass die Öffentlichkeit nur in unzureichendem Maße über die Geschichte des Judentums in Deutschland informiert ist. (…) Es soll die Aufgabe der Gemania Judaica sein, Bücher und Dokumente aller Art zu sammeln, die geeignet sind, das Judentum in unserem Lande bekannter zu machen.“[53]

In der Nacht vom 16. auf den 17.01.1959 wurden die drei Eingangstüren der neuen Düsseldorfer Synagoge, die im September 1958 eingeweiht wurden, und die Gedenktafel der jüdischen Gemeinde mit Hakenkreuzen in weißer Lackfarbe beschmiert.[54] Die Mitglieder der Synagogengemeinde reagierten mit großer Bestürzung auf die beiden Schändungen. In einem Schreiben der jüdischen Gemeinde an den damaligen Ministerpräsident Franz Meyers zeigte sich die Angst vor einem Wiederaufleben des Nationalsozialismus und damit einhergehender antisemitischer Anschläge: „Die jüdische Gemeinschaft in Düsseldorf und anderwärts ist über diese Vorkommnisse auf das äußerste bestürzt. Uns ist es klar, dass es sich ganz offensichtlich um erneut aufkommende nazistische Strömungen handelt und die traurige Erinnerung an die Zeiten von 1932 und 1933 wird wieder sehr lebhaft wach.“[55]

Dagegen sahen Kommunalpolitiker die antisemitischen Vorkommnisse als Einzelfälle, die nicht die Meinung weiter Bevölkerungskreise repräsentierten. Der damalige Düsseldorfer Oberbürgermeister Georg Glock meinte: „Ich halte die Beschmutzung der Synagoge für verwerflich und in höchstem Grade für beschämend.“[56] Er war davon überzeugt, dass „diese Untaten von der gesamten Bevölkerung unserer Stadt auf das schärfste missbilligt werden.“[57]

Aus diesen Aussagen geht hervor, dass Glock neben seiner Empörung darum bemüht war, Düsseldorf nicht als einen Hort des Antisemitismus erscheinen zu lassen. Ihm zufolge könne es sich bei den Tätern nur um eine kleine Minderheit handeln.

Wenige Tage nach der Tat wurde unter fadenscheinigen Gründen ein ehemaliges Mitglied der KPD festgenommen. Dies nahm der damalige nordrhein-westfälische Innenminister Dufhues zum Anlass zu behaupten, die Schändungen seien von Kommunisten verübt worden, um das „Ansehen der BRD“ in internationaler Hinsicht zu beschädigen.[58] Dem Beschuldigten konnte jedoch keine Tatbeteiligung nachgewiesen worden, so dass er im Mai 1959 gegen Zahlung einer Kaution aus dem Gefängnis entlassen werden musste. Kritik an den Untersuchungsmethoden der Polizei kam auf, als herauskam, dass sie sich allein auf den Verhafteten konzentrierte und andere Spuren nur halbherzig verfolgte.[59] Ein Mann, der mit seiner Tatbeteiligung an der Synagogenschändung prahlte, wurde sehr schnell als Täter ausgeschlossen. Die Verantwortlichen für die Schändungen konnten letztlich nicht ermittelt werden.

Die Synagogengemeinde Düsseldorf erhielt von zahlreichen Menschen Solidaritätsbekundungen, in denen auch der Abscheu über die Tat eine wesentliche Rolle spielte. In einem Dankschreiben der jüdischen Gemeinde an einen Düsseldorfer Zahnarzt hieß es: „Zuschriften dieser Art, auch telefonische Anrufe, die wir von den verschiedensten Seiten erhielten, sind eine große Beruhigung für uns. Daraus ist zu entnehmen, dass ein sehr großer Teil der Bevölkerung von derartigen Handlungen völlig abrückt. Es ist ja auch kaum zu verstehen, dass nach all den Jahren des schweren Leides, welche die Hitlerzeit nicht nur über die Juden, sondern über die gesamte Bevölkerung in Deutschland gebracht hat, immer noch Menschen wieder existieren, welche in diesem Fahrwasser weiter segeln möchten.“[60]

Neben diesen Solidaritätsbeteuerungen bekam die jüdische Gemeinde auch Briefe mit antisemitischen Inhalten, die sofort an die Polizei oder andere zuständige Stellen weitergeleitet wurden.

Die Entweihung der Düsseldorfer Synagoge stellte den Höhepunkt einer Häufung antisemitischer Vorfälle zwischen Oktober 1958 und Juli 1959 dar. Es kam in dieser Zeit in Nordrhein-Westfalen zu 67 antisemitischen und neonazistischen Delikten, von denen lediglich 17 aufgeklärt werden konnten.[61]

Am 20.09.1959 fand die feierliche Wiedereinweihung der Kölner Synagoge in der Roonstraße statt. Die neu eröffnete Kölner Synagoge sollte die Restitution der jüdischen Gemeinde symbolisieren. Neben zahlreichen prominenten Gästen war auch Bundeskanzler Adenauer erschienen, der damit seinen philosemitischen Kurs der politischen Öffentlichkeit zeigen wollte. Der damalige Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde in Köln, Sally Kessler, äußerte in seiner Rede: „Wenn unsere Kinder dereinst in den Annalen der jüdischen Gemeinde blättern und darin die Namen derer lesen werden, die sich heute in unser Buch eingetragen haben, dann wird jene kommende Generation die volle Bedeutung dieses Tages vielleicht besser würdigen als wir es heute können. Es ist nicht leicht für einen jüdischen Menschen, dies zu begreifen. Denn vor etwas mehr als einem Jahrzehnt waren wir noch Geächtete. Für uns ist alles noch zu nah. Und es ist ja nicht leicht, vom Schmerz zur Freude umzuschalten.“[62]

Die Schändung der gerade wieder eingeweihten Kölner Synagoge in der Weihnachtsnacht 1959 löste nicht nur in der BRD Empörung und Fassungslosigkeit aus. Der Zeitpunkt der Schändung besaß einen großen Symbolwert, da es in der „Heiligen Nacht“ der Christen passierte.

In der Weihnachtsnacht 1959 fuhren die neonazistischen Täter Arnold Strunk und Paul Josef Schönen aus Köln zum Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus am Hansaring. Strunk überpinselte mit schwarzer Lackfarbe die Inschrift „Dieses Mal erinnert an Deutschlands schandvollste Zeit 1933-1945“, während Schönen die Umgebung nach möglichen Passanten im Auge behielt. Etwa drei Stunden später fuhren die beiden Täter zur Synagoge auf der Roonstraße und brachten an einer zur Synagoge gehörenden Außenmauer in roter und weißer Lackfarbe die antisemitischen Parolen „Deutsche fordern: Juden raus“ und „Juden raus“ an und beschmierten einen Eingang der Synagoge mit Hakenkreuzen. Beide Täter waren zum Tatzeitpunkt Mitglieder der rechtsextremen Deutschen Reichspartei (DRP). Sie konnten bereits einen Tag nach der Synagogenschändung festgenommen werden. Strunk erklärte bei seiner Vernehmung, er habe mit den Taten dagegen „protestieren“ wollen, „dass Juden in führende Stellungen der Bundesrepublik eindringen, da er sich davon nichts Gutes für das deutsche Volk verspreche“.[63]

Bei der weiteren Vernehmung stellte sich heraus, dass Strunk schon vor der Synagogenschändung für antisemitisch motivierte Taten verantwortlich war.[64] Am 14.11.1959 beschriftete er die Innenseite einer Toilettentür in der Gaststätte „Moulin Rouge“ in Köln, die von einem jüdischen Betreiber gepachtet worden war, mit der antisemitischen Parole, die „Juden aus Deutschland auszuweisen, um einen besseren Weltfrieden zu erhalten“. Am 29.11.1959 schrieb er folgende Sätze auf die Toilettentür derselben Gaststätte: „Der Jude muß vernichtet werden. Alle Juden müssen Deutschland verlassen. Es droht Gefahr. Wir von der FDP sorgen dafür.“

Strunk bezeichnete „die Juden“ als „Ausländer“ und äußerte die Befürchtung, dass „die germanische Rasse immer mehr unterdrückt wird“. Er kann daher als rechtsextremer Überzeugungstäter bezeichnet werden.[65] Seit 1955 beschäftigte er sich mit dem „Dritten Reich“, was seine politische Haltung entscheidend prägte. Vor seiner Zimmertür und an den Wänden hingen zahlreiche Plakate der DRP. Außerdem hingen in seinem Zimmer Bilder von Adolf Hitler und Horst Wessel. Seinen Kleiderschrank bemalte er mit den Farben schwarz-weiß-rot.

Die beiden Schändungen wurden von den Tätern angekündigt. Bei einer Weihnachtsfeier der Kölner DRP prahlten die beiden in Gegenwart des Kreisvorsitzenden Ernst Custodis und anderen Mitgliedern, dass sie Hakenkreuze an die Kölner Synagoge malen wollten. Der Kreisvorsitzende Custodis wollte die Tatankündigung „nicht erst genommen haben“.[66]

Im Verlaufe der Ermittlungen wurden sechs weitere Personen aus dem Umfeld der Kölner DRP festgenommen, darunter auch Ernst Custodis. Da die weiteren Ermittlungen keinen hinreichenden Tatverdacht ergaben, wurde der Haftbefehl gegen diese Personen wieder aufgehoben. Die Kölner DRP war von Anfang an bemüht, nicht mit der Schändung in Verbindung gebracht zu werden. Am Abend des 26.12.1959 distanzierte sie sich formal von den Taten Strunks und Schönens und schloss diese aus der Partei aus. Einen Tag später wurde der Kölner Kreisverband vom Vorstand der DRP selbst aufgelöst.[67] Dies geschah aufgrund eines „Notstandsparagraphen“ in der Parteisatzung, der folgendermaßen lautete: „Liegen ernsthafte Anlässe für die Annahme vor, daß eine Aktion unter Mitwirkung von Parteimitgliedern versucht wird, durch die die Partei im Sinne einer ihren Grundsätzen widersprechenden Richtung beeinflusst werden soll, oder ihre Organisation unter die Vormundschaft parteifremder Elemente gebracht werden soll, dann kann die Parteileitung den Zustand des organisatorischen Notstandes ausdrücklich feststellen. In plötzlich auftretenden Fällen, in denen eine sofortige Maßnahme zur Anwendung einer öffentlichen Gefahr für den Bestand der Partei notwendig erscheint, kann der Partei-Vorsitzende diese Feststellung von sich aus treffen.“[68]

In einer Erklärung versuchten die DRP-Vorstandsmitglieder von Thadden und Meinberg, die Partei durch Ablenkungsmanöver vor der Verantwortung der Synagogenschändung zu schützen. Meinberg wies wiederholt auf angebliche DDR-Reisen der beiden Täter hin und stellte sie als „Provokateure“ und „mögliche SED-Agenten“ hin.[69] Auf einer Pressekonferenz am 30.12.1959 wiederholten DRP-Funktionäre die These von der kommunistischen Lenkung und bekannten sich formal zum Grundgesetz. Es wurde der Versuch unternommen, ein verfassungskonformes Bild der DRP zu zeichnen und neonazistische sowie antisemitische Äußerungen sich als „Zeichen der Uneinheitlichkeit einer jungen Partei“ nicht zurechnen zu lassen.[70]

Die Abgeordneten aller Fraktionen im Bundestag, Gewerkschaften und andere Institutionen aus dem In-und Ausland forderten nach der Tat ein Verbot der DRP.[71] Diesen Forderungen sind keine Taten gefolgt. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums erklärte, dass „die DRP immer scharf beobachtet worden sei, aber bisher das Material zum Verbot nicht ausreiche.“[72]

Die Reaktionen der philosemitischen bundesdeutschen Öffentlichkeit auf die Schändungen in Köln waren geprägt von Schamgefühl und Betroffenheit. Serup-Bilfeldt bemerkt zu Recht: „Diese Resonanz ist weiterhin wohl durch die Wahl der Kölner Synagoge erhöht worden, die Bundeskanzler Adenauer erst wenige Monate vorher miteingeweiht hatte, so dass die Schmiererei als Angriff auf die Neuetablierung der Jüdischen Gemeinde in Köln und auf die philosemitische Haltung des westdeutschen Staates gesehen werden konnte.“[73]

Am zweiten Weihnachtstag besuchte der Landtagspräsident Wilhelm Johnen den Kölner Rabbiner Zvi Asaria und erklärte der jüdischen Gemeinde seine Solidarität.

Die Synagogengemeinde Köln erhielt zahlreiche Briefe und Solidaritätsbekundungen von prominenten Persönlichkeiten aus dem öffentlichen Leben der BRD und antifaschistisch orientierten Menschen aus dem In- und Ausland.[74] Zahlreiche Staaten verurteilten öffentlich diese antisemitischen und neonazistischen Vorfälle und fragten nach den gesellschaftspolitischen Hintergründen der Tat. Die DDR protestierte in einem Memorandum, das auch von jüdischen Schriftstellern wie Arnold Zweig und Stefan Heym unterzeichnet wurde.[75] In London demonstrierten 15 000 Mitglieder des Verbandes jüdischer Veteranen. Auch vor dem deutschen Generalkonsulat in New York demonstrierten mehrere tausend Menschen gegen die Bundesrepublik. Allerdings gingen bei der jüdischen Gemeinde in Köln auch antisemitische Drohbriefe von anonymen Absendern ein.

Auch das Innenministerium von Nordrhein-Westfalen bekam antisemitische Zuschriften. In einem Brief von einem Wilhelm W. Pape aus Duisburg-Meiderich vom 20.01.1960 hieß es: „Als die Juden Christus getötet hatten, waren sie von Gott verworfen und ihr Schicksal sollte es nun sein, als Verfolgte und ewige Flüchtlinge auf Erden herumzupilgern. Wenn man die Judenverfolgungen der letzten 2000 Jahre verfolgt, kann man eigentlich nur sagen, dass alle Judenverfolgungen, sowohl von Seiten der Kirche, die die Juden aus Glaubensgründen verfolgte, als auch von Seiten Hitlers, der die Juden aus Rassegründen verfolgte, die Erfüllung der göttlichen Prophezeiung darstellen. (…) Wohl erlebten die Juden unter Hitler ihre schrecklichste Zeit, aber wer weiß denn, ob Gott die Judenverfolgung nicht absichtlich zulässt:

a ) um seine Prophezeiung betreffs des jüdischen Volkes wahrzumachen,
b ) um die Halsstarrigkeit der Juden zu brechen, damit sie Gottes Sohn anerkennen.“[76]

Auf einer Postkarte vom 28.12.1959, die mit dem Absender Tünnes&Schäl unterschrieben war, war folgender antisemitischer Inhalt zu lesen: „Glauben Sie nicht, dass sich eine antisemitische Bewegung bei der Frechheit der Juden durch drakonische Maßnahmen unterdrücken lässt. Im Gegenteil! (…) Heute lässt es (das deutsche Volk M.L) sich von den Juden in direkt würdeloser Weise auspressen, erfüllt alle ihre Forderungen widerspruchslos! Nie werden sie genug bekommen! (…) Kein Mensch wird ihren Staat angreifen, auf jeden Fall die Deutschen nicht! Aber es gehört eben zur Mentalität der Juden, Unruhe in der Welt zu stiften. Das ist der Fluch ihrer Rasse, dass sie niemand haben will. In Deutschland treiben sie es in ihren Stellungen wieder so, dass jeder zum Antisemit wird im Laufe der Zeit.“[77]

In vielen Presseorganen wurde vor einer Renaissance des Antisemitismus gewarnt. Im Kölner Stadt-Anzeiger hieß es: „Nicht getilgt ist die Schmach, die zwei junge Fanatiker über unsere Stadt brachten und die uns Christen nicht weniger beleidigt als die, die sie treffen wollten (…) Wir alle sollten noch wacher werden, dass sich nie wiederhole, was einmal geschah. Niemand soll die Taten vom Rathenauplatz (damit war die Synagogenschändung gemeint) und vom Hansaring als einen Dummenjungenstreich bezeichnen dürfen. Und jeder in Köln soll wissen, dass niemand mit dem Menschen dieser Stadt Gemeinschaft haben kann, der den Geist der Brüderlichkeit stört.“[78]

Die Anteilnahme und das Engagement keineswegs nur der veröffentlichen Meinung, sondern auch vieler Bürger, die sich an die jüdische Gemeinde wandten, verweist darauf, dass es schon zu dieser Zeit eine vielleicht kleine, aber nichts desto trotz sehr aktive anti-antisemitische Öffentlichkeit gegeben hat.

Der Vorsitzende des Direktoriums des Zentralrates der Juden in der BRD, Heinz Galinski, forderte, dass alle extrem rechten Organisationen und Parteien sowie frühere Nationalsozialisten, die führende Stellungen in der Verwaltung, der Justiz oder im Bildungswesen inne hatten, von der Bundesregierung auf ihre demokratische Gesinnung überprüft werden sollten.[79] Galinski führte aus, dass die Schändungen von Köln niemanden überraschen dürften, „wenn durch ihre Vergangenheit belastete Persönlichkeiten die politische Bühne betreten und ganz offen nazistische Parolen verbreiten können und Organe wie die ‚Soldatenzeitung’, der ‚Reichsruf’ u.a. mit ausgesprochen antisemitischen und neonazistischen Tendenzen von jungen Menschen gelesen werden.“[80]

Am 27.12.1959 gab die Synagogengemeinschaft Köln folgende Erklärung ab: „Die Stimmen der Empörung über die Schändung unseres Gotteshauses in der Christnacht 1959 haben uns bewegt. In dieser schweren Stunde waren sie uns ein Trost. So viele haben uns ihre Anteilnahme bezeugt, dass wir nicht jedem antworten können. Wir danken auf diesem Weg für allen Beistand.“[81] Der Kölner Rabbiner sah in den Vorfällen von Köln einen Indikator für eine Renazifizierung in der BRD. In einem Interview mit der britischen Zeitung „Evening Standard“ im Januar 1960 sagte er: „Solange die Deutschen damit beschäftigt waren, reich zu werden, hatten sie keine Zeit Unheil zu stiften. Aber wenn wieder einmal schwere Zeiten kämen, würde der Antisemitismus wieder hervorbrechen.“[82]

Der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Dufhues, forderte in Fernsehauftritten die zuständigen Richter auf, bei der Verurteilung der Täter Strunk und Schönen als „strafverschärfend den Schaden des deutschen Ansehens im Ausland im Auge zu behalten“.[83] Die „Basler Zeitung“ bemerkte dazu: „Befremdend wirkt auch der Hinweis, schon mit Rücksicht auf den deutschen Ruf im Auslande müsse bei diesen antisemitischen Tendenzen scharf durchgegriffen werden. Eigentlich sollte die Selbstachtung des deutschen Volkes im Jahre 1959 so weit restauriert sein, daß solchen Elementen auch ohne Schielen auf die ausländische Reaktion das Handwerk gelegt wird.“[84]

In West-Berlin protestierten im Januar 1960 etwa 40.000 Menschen gegen den Anschlag auf die Kölner Synagoge und den zunehmenden Antisemitismus. In anderen Städten der BRD wie Frankfurt am Main oder Hamburg gab es ebenfalls Demonstrationen, allerdings mit weniger Teilnehmern.[85]

Vor allem in konservativen Kreisen wurde die notwendige Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus in Geschichte und Gegenwart verdrängt. Stattdessen wurde in verschwörungstheoretischer Absicht die These vertreten, dass die beiden Kölner Täter von östlichen Geheimdiensten beauftragt worden seien, um die Bundesrepublik als Hort des Antisemitismus darzustellen. Der bayrische Ministerpräsident Strauß behauptete: „Das System, nach dem hier vorgegangen wird, ist ebenso einfach wie brutal: Der KGB oder andere kommunistische Geheimdienste veranlassen – wie inzwischen unwiderlegbar bewiesen ist – Hakenkreuz-Schmierereien auf jüdischen Friedhöfen bei uns. DKP und SED schulen Subversanten, die rechtsradikale Miniorganisationen gründen und mit stupiden neonazistischen Sprüchen für weithin sichtbares öffentliches Ärgernis sorgen. Auch das ist bis in die letzten Einzelheiten bewiesen.“[86]

Wer diese angeblichen Beweise aufgedeckt hat oder wo sie veröffentlicht wurden, bleibt jedoch Strauss’ Geheimnis. Dass seine Legendenbildung auf fruchtbaren Boden innerhalb der bundesrepublikanischen Bevölkerung traf, ist unbestritten. Eine Umfrage des Instituts für Demoskopie im Januar 1960 ergab, dass 32 Prozent der Befragten an eine „Lenkung aus dem Osten“ glaubten, 40 Prozent die Schändungen für spontane Aktionen von „Halbstarken“ hielten und lediglich 16 Prozent in ihnen einen Hinweis für ein Wiedererwachen des Nationalsozialismus sahen.[87] Diese Legendenbildung wurde im Ausland kritisch gesehen. Die „Basler Zeitung“ schrieb dazu: „(…) die wiederholt aus Regierungskreisen geäußerte Meinung, es handle sich hier vielfach um kommunistische Handstreiche zur Schädigung des westdeutschen Ansehens, ist nicht eben originell. Sie erinnert etwas zu sehr an die Technik der dreißiger Jahre, mit Hilfe des Kommunistenschrecks rechtsradikale Entgleisungen zu retouchieren.“[88]

Bei dieser These geht die Meinung in der bundesrepublikanischen Forschung weit auseinander. Der Historiker Michael Wolffsohn stellte fest: „Heute wissen wir: Der Pinsel der Schmierfinken wurde von Stasi, KGB und anderen kommunistischen Geheimdiensten gelenkt.“[89] Dagegen vertritt Werner Bergmann die These, dass der DDR-Geheimdienst nur in vereinzelten Fällen Anstifter der antisemitischen Vorfälle war.[90] Christoph Classen meinte, dass die Beweise nicht ausreichen, um eindeutig sagen zu können, dass die Stasi die antisemitischen Aktionen maßgeblich beeinflusst habe.[91]

Dagegen war die Erklärung des Rates der Stadt Köln am 28.01.1960 zu den Schändungen in der Weihnachtsnacht frei von Schuldzuweisungen an die kommunistischen Staaten. Im Namen aller Fraktionen erklärte Oberbürgermeister Burauen: „Der Rat der Stadt Köln verurteilt mit tiefer Empörung und schmerzlichem Mitempfinden die verwerflichen Vorgänge in der Weihnachtsnacht, in der die Synagoge und das jüdische Kulturzentrum in der Roonstrasse mit Hakenkreuzen und Inschriften nationalsozialistischen Inhalts beschmiert und das Ehrenmal für die Opfer des Terrors der Nazidiktatur (…) besudelt wurden. (…) Namens des Rates spreche ich der Synagogengemeinde und allen, die durch das frevlerische Tun geschmäht wurden, unser tiefes Bedauern aus. Damit verbinden wir den klaren Willen, die Schmach wieder gutzumachen, soweit das irgend in unseren Kräften steht.“[92]

Im Februar 1960 wurden die beiden Täter vom Landgericht Köln wegen Beschädigung öffentlicher Güter mit „teilweise staatsgefährdender Absicht und Beleidigung“ zu vierzehn (Strunk) bzw. zehn Monaten Gefängnis (Schönen) verurteilt. Außerdem wurden ihnen die „bürgerlichen Ehrenrechte“ für zwei Jahre entzogen. Im Gerichtssaal zeigte sich der Hauptangeklagte Arnold Strunk als unverbesserlicher Judenhasser: „Ich bin Antisemit! (…) Damit die germanische Rasse nicht vernichtet wird. (…) Die vermischen sich mit uns, und dann gehen wir Deutschen unter. Deshalb müssten die Juden endlich dahin gehen, wo sie hergekommen sind: nach Israel!“[93]

Aufgrund der Tatsache, dass die meisten antisemitischen Taten von Jugendlichen und jungen Erwachsenen begangen worden waren, wurden von staatlicher Seite aus die Aufklärungsmaßnahmen im Bereich der politischen Bildung über die Verfolgung der Juden im „Dritten Reich“ und die Shoa intensiviert.[94] Die allgemeine Forschung und die offizielle Bildungspolitik hatten sich zuvor sich bis Ende der 1950er Jahre bevorzugt auf andere Bereiche konzentriert. Die Shoa wurde lediglich in einzelnen Quelleneditionen und kurzen Publikationen untersucht. Kwiet konstatierte mit Recht: „Der Holocaust war zunächst kaum Gegenstand wissenschaftlicher Bemühungen, was nicht allein mit dem Mangel der Zugänglichkeit der Akten, die von den Alliierten beschlagnahmt worden waren, erklärt werden kann. Die Historiker in der BRD sind der Aufarbeitung dieses singulären Massenmordes über Jahre und Jahrzehnte ausgewichen.“ [95]

Nach der Kölner Synagogenschändung war diese Periode zu Ende, das Schicksal der Juden im „Dritten Reich“ wurde zu einem Teil des offiziellen Anti-Antisemitismus.[96]

Im Februar 1960 beschloss die Konferenz der Kultusminister der Länder, dass es mehr zeitgeschichtlichen Unterricht an den Schulen mit dem Schwerpunkt auf der nationalsozialistischen Herrschaft geben müsse. Der Abgeordnete Karl Siemsen (SPD) schlug vor, dass Richter oder Staatsanwälte, die bei der Aufarbeitung nationalsozialistischer Verbrechen beteiligt waren, in Schulen Einblicke in ihre Arbeit zu geben, um das Wissen der Schüler über den Nationalsozialismus zu erweitern.[97]

Als politische Reaktion auf die antisemitischen Vorkommnisse verabschiedete der Deutsche Bundestag im April 1960 ein „Gesetz gegen Volksverhetzung“, was auch dem internationalen Druck auf die Bundesregierung geschuldet war. Zu den Maßnahmen der Bundesregierung gegen den Antisemitismus bemerkte die britische Wochenzeitschrift „New Statesman“ mit Recht: „Die Bundesregierung mag energische Maßnahmen gegen die Antisemiten anordnen, aber von wem sollen sie in die Tat umgesetzt werden? Die Polizeichefs in Aachen, Bonn, Dortmund, Düsseldorf, Essen, Gelsenkirchen, Köln – um nur eine wenige zu nennen – hatten alle hohe Dienstränge in der SS. Und von den Richtern hatten mehr als 1000 ein ähnliches Amt unter Hitler inne. Mit der Rückkehr dieser Nazi-Satrapen ist der militante Nationalismus wiederum zum Zentrum der deutschen ‚Rechtsgläubigkeit’ geworden. Aber hieran trägt der Westen einen Teil der Schuld. (…) Wir haben das deutsche Raubtier in der Hoffnung wieder großgezogen, es als Wachhund ausbilden zu können. Dürfen wir uns dann beklagen, wenn die Naturgesetze sich als zu stark erweisen?“[98]

Nach dem Prozess gegen die Kölner Täter und dem nachlassenden Druck des Auslandes ließ der Handlungsdruck der Bundesregierung nach. Die Aufklärung über die Shoa und das jüdische Leben in Deutschland verlagerte sich mehr und mehr auf die Erziehung.

Die Schändungen in Köln in der Weihnachtsnacht 1959 wurden zum Auslöser für eine Serie von Nachfolgetaten. Vom 25.12.1959 bis zum 18.02.1960 wurden im gesamten Bundesgebiet 618 antisemitische und neonazistische Vorfälle registriert, die meisten in Nordrhein-Westfalen.[99] Hier nur ein kleiner Ausschnitt: Am 25.12.1959 beschmierten in Rheydt unbekannte Täter mit weißer Schlemmkreide die Schaufensterscheibe eines jüdischen Strickwarengeschäftes mit einem Hakenkreuz und dem Wort „Sau“. Zwei Tage später besudelten Antisemiten in Recklinghausen mit Ölfarbe einen Pfeiler der katholischen Marienkirche mit dem Wort „Juden“. Am 30.12.1959 schändeten in Warburg unbekannte Täter den jüdischen Friedhof, warfen 6 Grabsteine um und beschädigten 3 weitere. Ein wegen eines Gewaltdeliktes festgenommener Täter machte in der Silvesternacht in Dortmund gegenüber einem Polizeibeamten antisemitische Äußerungen wie „die Juden sind alle Schweinehunde, man müßte sie vergasen.“ Am Neujahrstag 1960 beschmierten Unbekannte in Bonn einen Telefonschaltkasten und eine Giebelwand mit den Worten „Raus mit den Juden“ und einem Hakenkreuz. Am 02.01.1960 ging in Kamen/Westfalen dem Stadtdirektor per Post eine schriftliche Mitteilung zu, dass im Januar 1960 alle Juden in Kamen „abgeschlachtet“ würden. Am 03.01.1960 wurde die Seitenwand einer evangelischen Kirche in Bielefeld mit Hakenkreuzen und der Aufschrift „Juden raus“ beschmiert. In Rheine wurden am 04.01.1960 auf dem Marktplatz und in zwei Nebenstraßen etwa 50 kleine Zettel mit dem Aufdruck „Juden raus“ verstreut aufgefunden. Am selben Tag gingen bei der AOK in Düsseldorf verschiedene Postkarten ein, die zum Teil auf dem Treppengeländer abgelegt waren und folgenden Text enthielten: „Achtung! Der größte Satan aller Zeiten sitzt in Rom. Runter mit dieser Judenbestie. Kampf dem Fleischfresser Johannes“. Die Anschrift lautete: „An alle Völker und Kreaturen.“ In Dortmund beschmutzten Anfang 1960 unbekannte Täter die Friedenskirche mit Hakenkreuzen und schrieben antisemitische Parolen auf ein Wohn- und Geschäftshaus. Am 11.01.1960 verabschiedete der Dortmunder Stadtrat eine Erklärung gegen die neonazistischen und antisemitischen Vorfälle in der Ruhrgebietsstadt. Darin hieß es: „Mit diesem Protest gegen das schmähliche Geschehen bringt der Rat der Stadt Dortmund seine unbedingte Solidarität mit den jüdischen Mitbürgern zum Ausdruck.“[100]

Bundeskanzler Adenauer war nach den antisemitischen Vorkommnissen mehr um das Ansehen der BRD im Ausland besorgt und versuchte, die Taten zu entpolitisieren. In einer Stellungnahme vom Mitte Januar 1960 sah er in den Nachahmungstaten „Flegeleien ohne politische Grundlage“ und empfahl der Bevölkerung, solch einem „Lümmel“, falls jemand bei der Tat ertappt werde, eine „Tracht Prügel“ zu verabreichen.[101]

Die bedeutenden NS-Prozesse wie der Eichmann-Prozess in Jerusalem 1961/62, der Auschwitz-Prozess in Frankfurt am Main 1963 und die nachfolgenden Prozesse sowie die Verjährungsdebatten im Deutschen Bundestag trieben die Diskussion über den Nationalsozialismus und seine Verbrechen voran.[102] Dies führte zu Lernprozessen und längerfristig auch zu einem Einstellungswandel in Teilen der Bevölkerung. Bisher hatte jede öffentliche Thematisierung der NS-Vergangenheit das Ziel verfolgt, die „Ehre“ des deutschen Volkes zu wahren und die Deutschen als Opfer und nicht als Täter zu betrachten.

Die politische Bildung übernahm immer mehr die Aufgabe, sich gegen antisemitische und neonazistische Erscheinungsformen und Einstellungspotentiale zu positionieren. Ein Beispiel dafür war die Ausstellung „Monumenta Judaica. 2000 Jahre Geschichte und Kultur der Juden am Rhein“, die vom 15.10.1963 bis zum 15.03.1964 im Kölner Stadtmuseum zu sehen war.

Trotz dieser Anstrengungen blieb der Antisemitismus besonders in Nordrhein-Westfalen in den 1960er Jahren weiterhin virulent.

Am 11.01.1960 kam es zum Prozess gegen zwei junge Männer aus Urfeld wegen antisemitischer Schmierereien. Der 22jährige Chemiearbeiter Willi Röder erhielt wegen Beschädigung eines Gotteshauses, Beleidigung, verbotswidrige Verwendung eines nationalsozialistischen Symbols und groben Unfugs vier Monate und der 19jährige Autolackierer Peter Berger drei Monate Gefängnis ohne Bewährung. Röder und Berger hatten am Sonntag nach dem Neujahrstag in ihrem Heimatort Urfeld beschlossen, an der katholischen Kirche Hakenkreuze und die Aufschrift „Juden heraus“ anzubringen.[103]

Der 59jährige Bauhilfsarbeiter Walter Staub aus Wuppertal wurde am 22.01.1960 wegen öffentlicher Beleidigung der in Deutschland lebenden Juden zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. An der Theke einer Wuppertaler Gastwirtschaft hatte er Juden als „Verbrecher“, „Schweine“, „Lumpen“ und „Dreckssäcke“ beschimpft.[104]

Am 13.02.1960 wurde Anklage gegen den Versicherungsdirektor Bernhard Sander aus Köln wegen Verteilung von antisemitischen Druckschriften erhoben. Der Herausgeber dieser Schriften war der schwedische Antisemit Einar Aberg, der über ausgezeichnete Kontakte in die BRD verfügte.[105]

Der 26jährige Polizeihauptmeister Wilfried Schindler bedrohte am 22.10.1966 den jüdischen Ahlener Pferdehändler Siegmund Spiegel durch einen anonymen Telefonanruf mit den Worten: „In zehn Minuten bist du reif, du Jude!“ Schindler hat die Tat gestanden und als Motiv für die Morddrohung Verärgerung über seine Kollegen angegeben. Er habe seinen beiden Kollegen, die mit einem Streifenwagen unterwegs waren, nur einen Streich spielen wollen. Aus den Akten habe er gewusst, dass Siegmund Spiegel Anzeige wegen telefonischer Belästigungen erstattet habe. Das Schöffengericht in Ahlen verurteilte Schindler am 26.01.1967 wegen Bedrohung und Beleidigung zu 4 Monaten ohne Bewährung.[106]

Der jüdische Kaufmann Friedrich Eberle aus dem Nachbardorf Bruchhausen wurde im Juli 1966 auf dem jüdischen Friedhof in Neheim-Hüsten im Sauerland zu Grabe getragen. Als sich die Fahne des Turn- und Sportvereins Bruchhausen zum letzten Gruß an den Kameraden senkte, zierte den Schaft eine Hakenkreuz-Erinnerung an ein Nazi-Sportfest im Jahre 1934. Dieses Ereignis wurde von den Verantwortlichen als Missgeschick ohne politischen Hintergrund abgetan und jeder antisemitische Zusammenhang vehement abgestritten.[107]

Der Geschäftsführer des Ladenlokales „Wintergarten“ in Mönchengladbach, Edmund Goebbels (sic), beschimpfte zwei Gäste als „Judenlümmel“ und behauptete, dass er „stolz sein, Nazi gewesen zu sein und die Judenschweine solle man totschlagen.“[108] Kurt Hecht, Vorsteher der jüdischen Kultusgemeinde in Mönchengladbach, stellte Strafantrag gegen Goebbels. Goebbels, der selbst Mitglied der NSDAP war, stritt natürlich die antisemitischen Aussagen ab. Das Verfahren vor dem Landgericht Mönchengladbach wegen des Verdachts der Volksverhetzung wurde jedoch aus „Mangel an Beweisen“ eingestellt.

In der Synagogengemeinde Köln ging ein am 06.01.1969 in Köln-Lindenthal abgestempelter Brief eines anonymen Absenders mit antisemitischem Inhalt ein: „Natürlich können die Juden in Deutschland keine Zukunft haben, schon aus dem einfachen Grund, weil wir Deutsche selbst in unserem Rumpfstaat keine Zukunft haben können, sondern in einem schweren Konkurrenzkampf zu leben gezwungen sind. (…) Die jüdischen jungen Leute sollten in den jüdischen Staat auswandern, für den doch so viel Propaganda gemacht wird.“[109]

Anfang 1970 gab es viel Wirbel im Landtag Nordrhein-Westfalens um einen angeblichen antisemitischen Ausspruch eines CDU-Mitglieds. Der Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion, Günter Gerken, soll bei einem Festabend in nicht mehr ganz nüchternem Zustand sinngemäß gesagt haben: „Wir Christen müssen gegen die Juden zusammenhalten“ Gerken bestritt diese antisemitische Äußerungen; zu einem Strafverfahren kam es nicht.[110]

Die Einstellungen der deutschen Bevölkerung blieben noch lange nach der unmittelbaren Nachkriegszeit von völkischen und neonazistischen Traditionen geprägt, die den Antisemitismus als zentrales Element einschlossen.[111]

Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus führte im Dezember 1946 die amerikanische Militärregierung für ihre Zone eine Meinungsumfrage über die Einstellung zur NS-Ideologie durch. Die Umfrage belegte, dass ein großer Teil der Deutschen immer noch rassistische und antisemitische Stereotypen verinnerlicht hatte. 40% der Befragten wurden als Antisemiten, 22% als Rassisten, 19% als Nationalsozialisten charakterisiert.[112]

Eine Umfrage, die in allen Teilen der BRD im Jahre 1949 durchgeführt wurde, ergab, dass knapp ein Viertel der deutschen Bevölkerung als Antisemiten einzustufen war.[113] Bei einer ähnlichen Umfrage drei Jahre später wurden bei einem Drittel der Bevölkerung antisemitische Vorurteile deutlich.[114] Dies zeigt, dass von einer geradlinigen Rückentwicklung antisemitischer Einstellungen in der BRD nicht gesprochen werden kann.

Eine 1950 durchgeführte Umfrage ergab, dass fast ein Fünftel der Westdeutschen die Ansicht vertraten, dass Juden an ihrer Verfolgung in der Zeit der Nationalsozialismus eine Mitschuld tragen würden.[115] Dabei zeigte sich, dass gerade die Generation, die im Nationalsozialismus sozialisiert wurde, sehr starke antijüdische Einstellungen zeigte.

In der westdeutschen Bevölkerung wurden die „Wiedergutmachungszahlungen“ an Israel massiv abgelehnt. Im August 1952 hielten 54% der Bundesbürger die Zahlungen für überflüssig, weitere 24% für grundsätzlich richtig, aber zu hoch, und nur 11% stimmten ihr zu. 21% der Befragten hatte keine Meinung.[116] Diese Ablehnung wurde an antisemitische Vorurteile wie de Vorwurf der Geldgier und der Rachsucht geknüpft. Durch die materielle „Wiedergutmachung“ sahen sich die Antisemiten in ihrer Einstellung bestätigt.

Eine den Zeitraum 1952-1965 umfassende Umfrage zur antisemitischen Einstellung zeigte, dass sich die negativen Einstellungen zu Juden in der BRD langsam zurückbildeten, aber immer noch in Teilen der Gesellschaft virulent waren. Die Frage: „Würden Sie sagen, es wäre besser (ist für Deutschland besser), keine Juden im Land zu haben?“ bejahten 1952 37% der Befragten, 1956 26%, 1958 22%, 1963 18% und 1965 19%.[117]

G.R.Boynton und Gerhard Loewenberg stellten im Zeitraum 1955-1967 folgende Frage: „Alles, was zwischen 1933 und 1939 aufgebaut worden war, und noch viel mehr wurde durch den Krieg vernichtet. Würden Sie sagen, daß Hitler ohne den Krieg einer der größten deutschen Staatsmänner gewesen wäre?“. 1955 bejahten 55% der Befragten die Frage, 1956 42,6%, 1959 41,2%, 1960 34,1%, 1961 29,7%, 1962 37,2%, 1963 35,3% und 1967 32,3%. Diese erschreckenden Zahlen belegen die neonationalsozialistischen Einstellungen in breiten Bevölkerungsteilen.[118]

Ende der 1950er Jahre existierte eine Dreiteilung des Meinungsspektrums: ein philosemitischer demokratischer Teil innerhalb der Bevölkerung, der sich gegen jede Spielart von Antisemitismus aussprach; ein anderer Teil von latenten oder überzeugten Antisemiten und dazwischen ein großer Teil, der eine indifferente Meinung vertrat.[119]

Die antisemitischen Einstellungsmuster verringerten sich im postfaschistischen Deutschland im Laufe der Jahrzehnte, sind jedoch auch in der Gegenwart noch immer vorhanden.

Bei einer Untersuchung des Meinungsforschungsinstitut Emnid im Auftrag des Amerikanischen Jüdischen Komitees im Jahre 1994 vertraten 54% der West- und 25% der Ostdeutschen die Ansicht, die Juden nutzten „den nationalsozialistischen Holocaust für ihre eigenen Absichten aus.“[120] Ähnlich äußerten sich die Befragten in der ALLBUS-Erhebung von 1996, wo 50% der West- und 35% der Ostdeutschen der Meinung waren, viele Juden versuchten, „aus der Vergangenheit des Dritten Reiches heute ihren Vorteil zu ziehen und die Deutschen dafür zahlen zu lassen.“[121]

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die sich nach der Befreiung vom Nationalsozialismus neu konstituierenden jüdischen Gemeinden in Nordrhein-Westfalen vor allem in der Anfangszeit mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten. Der Wiederaufbau der jüdischen Gemeinden und ihres religiösen und kulturellen Lebens hatte zunächst nur vorübergehenden Charakter. Die führenden internationalen jüdischen Organisationen äußerten sich zunächst skeptisch bis ablehnend gegenüber dem wiedereinsetzenden Gemeindeleben. Im Landtag von Nordrhein-Westfalen wurde in der unmittelbaren Nachkriegszeit die Shoa nur in vereinzelten Reden angesprochen. Seit der Jahreswende 1945/46 breitete sich in Deutschland eine wachsende antisemitische Stimmung aus, die sich in antijüdischen Übergriffen oder Friedhofsschändungen manifestierte. Die milden Strafen oder gar Freisprüche in Prozessen gegen NS-Täter lösten in den jüdischen Gemeinden Unverständnis und Besorgnis aus. Es herrschte eine Diskrepanz zwischen dem Anti-Antisemitismus der offiziellen Politik und dem Fortleben von Antisemitismus in weiten Kreisen der Bevölkerung, was Meinungsumfragen deutlich belegen. Die „Wiedergutmachungsleistungen“ an Israel, internationale jüdische Organisationen und die jüdischen Gemeinden in der BRD wurden von einem großen Teil der deutschen Bevölkerung abgelehnt. Diese Ablehnung wurde an antisemitische Vorurteile wie der Vorwurf der Geldgier und der Rachsucht geknüpft.

Die Schändung der gerade wieder eingeweihten Kölner Synagoge in der Weihnachtsnacht 1959 löste in weiten Teilen der bundesrepublikanischen Bevölkerung wie auch international Empörung und Fassungslosigkeit aus. Die Schändung in Köln wurde zum Auslöser für eine Serie von Nachfolgetaten sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch in anderen westeuropäischen Ländern. Als Reaktion darauf wurden verstärkte Aufklärungsmaßnahmen im Bereich der politischen Bildung über die Verfolgung der Juden im „Dritten Reich“ und die Shoa eingeleitet.

Zum Autor: Michael Lausberg, Dr. phil (Politikwissenschaften), studierte Pädagogik, Philosophie, Politikwissenschaften und Neuere Geschichte sowie den Aufbaustudiengang Interkulturelle Pädagogik an den Universitäten Aachen, Köln und Amsterdam.“. Seit 2007 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung (DISS) und zudem als freier Publizist tätig. Seine Forschungsschwerpunkte sind politische Theorie, extreme Rechte, Rassismus, Antiziganismus sowie Migration. Regelmäßige Veröffentlichungen im Migazin, in hagalil, Netz gegen Nazis, im DISS-Journal, bei Kritisch Lesen und in der Tabula Rasa.

[1] Zimmermann, H. (Hrsg.): Geschichte der Juden im Rheinland und Westfalen, Köln/Stuttgart/Berlin 1998, S. 263f

[2] Zitiert aus Serup-Bilfeldt, K.: Zwischen Dom und Davidstern. Jüdisches Leben in Köln von den Anfängen bis heute, Köln 2001, S. 209

[3] Ebd., S. 265f

[4] Ebd., S. 266

[5] Ebd., S. 268

[6] Zieher, J.: Im Schatten von Antisemitismus und Wiedergutmachung. Jüdisches Leben in Köln in den fünfziger Jahren; in: Dülffer, J. (Hrsg.): Köln in den 50er Jahren. Zwischen Tradition und Modernisierung, Köln 2001, S. 277–304, hier S. 279

[7] Paul, Debatten über Nationalsozialismus und Rechtsextremismus im Landtag Nordrhein-Westfalen von 1946 bis 2000, a.a.O., S. 48

[8] Zitiert aus Brenner, M.: Nach dem Holocaust. Juden in Deutschland 1945-1990, München 1995, S. 82f

[9] Paul, Debatten über Nationalsozialismus und Rechtsextremismus im Landtag Nordrhein-Westfalen von 1946 bis 2000, a.a.O., S. 47

[10] Zieher, Im Schatten von Antisemitismus und Wiedergutmachung. Jüdisches Leben in Köln in den fünfziger Jahren; in: Dülffer, Köln in den 50er Jahren. Zwischen Tradition und Modernisierung, a.a.O., S. 291

[11] Zieher, J.: Von der „Liqiudationsgemeinde“ zur Aufbaugemeinde? Jüdisches Leben in Dortmund und Düsseldorf in den 1950er Jahren, in: Grübel, M./Mölich, G. (Hrsg.): Jüdisches Leben im Rheinland. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Köln/Weimar/Wien 2005, S. 263-285, hier S. 277

[12] Zieher, Im Schatten von Antisemitismus und Wiedergutmachung. Jüdisches Leben in Köln in den fünfziger Jahren; in: Dülffer, Köln in den 50er Jahren. Zwischen Tradition und Modernisierung; a.a.O., S. 291

[13] Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, NW 125, Blatt 366

[14] Zitiert aus Zieher, Von der „Liqiudationsgemeinde“ zur Aufbaugemeinde? Jüdisches Leben in Dortmund und Düsseldorf in den 1950er Jahren, in: Grübel/Mölich, Jüdisches Leben im Rheinland. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart, a.a.O., S. 276

[15] Zitiert aus Zimmermann, Geschichte der Juden im Rheinland und Westfalen, a.a.O., S. 270

[16] Vgl. dazu Bergmann, W.: Medienöffentlichkeit und extremistisches Meinungsspektrum. Die Süddeutsche Zeitung und der Fall „Adolf Bleibtreu“, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung 3 (1994), S. 51-57

[17] Zimmermann, Geschichte der Juden im Rheinland und Westfalen, a.a.O., S. 272f

[18] Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Rü 224/51, Blatt 2

[19] Zimmermann, Geschichte der Juden im Rheinland und Westfalen, a.a.O., S. 271

[20] Hoffmann, C.: Das Judentum als Antithese. Zur Tradition eines kulturellen Wertungsmusters, in: Bergmann, W./Erb, R. (Hrsg.): Antisemitismus in der politischen Kultur nach 1945, Opladen 1990, S. 20-38, hier S. 35

[21] Broder, H. M.: Der ewige Antisemit. Über Sinn und Funktion eines beständigen Gefühls, Frankfurt/Main 1986, S. 11

[22] Wolfrum, E.: Die Suche nach dem „Ende der Nachkriegszeit“. Krieg und NS-Diktatur in öffentlichen Geschichtsbildern der „alten“ Bundesrepublik Deutschland, in: Cornelißen, C./Klinkhammer, L./Schwentker, W. (Hrsg.): Erinnerungskulturen. Deutschland, Italien und Japan, 2. Auflage, Frankfurt/Main, S. 183-197, hier S. 187

[23] Ebd., S. 188

[24] Ebd., S. 190

[25] Mitscherlich, A./Mitscherlich, M.: Die Unfähigkeit zu trauern, München 1967

[26] Ebd., S. 19

[27] Ebd., S. 25

[28] Ebd., S. 36

[29] Ebd., S. 40

[30] Ebd., S. 42

[31] Ebd., S. 71

[32] Ebd., S. 42

[33] Münz, R./Ohlinger, R.: Vergessene Deutsche – erinnerte Deutsche. Flüchtlinge, Vertriebene, Aussiedler, in: Transit 15 (1998), S. 141-157, hier S. 143

[34] Wolfrum, E.: Zwischen Geschichtsschreibung und Geschichtspolitik. Forschungen zu Flucht und Vertreibung nach dem 2.Weltkrieg, in: Archiv für Sozialgeschichte 36 (1996), S. 500-522, hier S. 501

[35] Dubiel, H.: Niemand ist frei von der Geschichte. Die nationalsozialistische Herrschaft in den Debatten des Deutschen Bundestages, München/Wien 1999, S. 69

[36] Wolfrum, Die Suche nach dem „Ende der Nachkriegszeit“. Krieg und NS-Diktatur in öffentlichen Geschichtsbildern der „alten“ Bundesrepublik Deutschland, in: Cornelißen, Klinkhammer, Schwentker, Erinnerungskulturen. Deutschland, Italien und Japan, a.a.O., hier S. 191

[37] Geyer, M.: The Place of the Second World War in German Modern Memory and History, in: New German Critique 71 (1997), S. 5-40, hier S. 19f

[38] Lübbe, H.: Der Nationalsozialismus im deutschen Nachkriegsbewusstsein, in: Historische Zeitschrift, Band 236 (1983), S. 579-599, hier S. 585

[39] Ebd., S. 587

[40] Bergmann, W./Erb, R.: Wie antisemitisch sind die Deutschen? Meinungsumfragen 1945-1994, in: Benz, W. (Hrsg.): Antisemitismus in Deutschland. Zur Aktualität eines Vorurteils, München 1995, S. 47-63, hier S. 49

[41] Zitiert aus  Zieher, Im Schatten von Antisemitismus und Wiedergutmachung. Jüdisches Leben in Köln in den fünfziger Jahren; in: Dülffer, Köln in den 50er Jahren. Zwischen Tradition und Modernisierung; a.a.O., S. 290

[42] Ebd., S. 290f

[43] Zitiert aus Zieher, Von der „Liqiudationsgemeinde“ zur Aufbaugemeinde? Jüdisches Leben in Dortmund und Düsseldorf in den 1950er Jahren, in: Grübel/Mölich, Jüdisches Leben im Rheinland. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart, a.a.O., S. 266

[44] Zitiert aus Paul, Debatten über Nationalsozialismus und Rechtsextremismus im Landtag Nordrhein-Westfalen von 1946 bis 2000, a.a.O., S. 49

[45] Brochhagen, U.: Nach Nürnberg. Vergangenheitsbewältigung und Westintegration in der Ära Adenauer, Hamburg 1994, S. 42

[46] Bergmann/Erb, Wie antisemitisch sind die Deutschen? Meinungsumfragen 1945-1994, in: Benz,: Antisemitismus in Deutschland. Zur Aktualität eines Vorurteils, a.a.O., hier S. 51

[47] Zieher, Im Schatten von Antisemitismus und Wiedergutmachung. Jüdisches Leben in Köln in den fünfziger Jahren; in: Dülffer, Köln in den 50er Jahren. Zwischen Tradition und Modernisierung; a.a.O., S. 293

[48] Ebd.

[49] Zimmermann, Geschichte der Juden im Rheinland und Westfalen, a.a.O., S. 279

[50] Zieher, Im Schatten von Antisemitismus und Wiedergutmachung. Jüdisches Leben in Köln in den fünfziger Jahren; in: Dülffer, Köln in den 50er Jahren. Zwischen Tradition und Modernisierung; a.a.O., S. 282

[51] Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen

[52] Zitiert aus Serup-Bilfeldt, Zwischen Dom und Davidstern. Jüdisches Leben in Köln von den Anfängen bis heute, a.a.O., S. 218

[53] Ebd., S. 214

[54] Rheinische Post vom 19.01.1959

[55] Hauptstaatsarchiv Düsseldorf NW 215, Blatt 78

[56] Zitiert aus Neue Rhein-Zeitung vom 20.01.1959

[57] Ebd.

[58] Hauptstaatsarchiv Düsseldorf NW 215, Blatt 78

[59] Die Tat vom 23.05.1959

[60] Zitiert aus Zieher, Von der „Liqiudationsgemeinde“ zur Aufbaugemeinde? Jüdisches Leben in Dortmund und Düsseldorf in den 1950er Jahren, in: Grübel/Mölich, Jüdisches Leben im Rheinland. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart, a.a.O., S. 279

[61] Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, NW 296, Blatt 120

[62] Zitiert aus Serup-Bilfeldt, Zwischen Dom und Davidstern. Jüdisches Leben in Köln-von den Anfängen bis heute, a.a.O., S. 210

[63] FAZ vom 28.12.1959

[64] Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen

[65] Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen

[66] Der Spiegel vom 06.01.1960, S. 20

[67] FAZ vom 28.12.1959

[68] Zitiert aus Der Spiegel vom 06.01.1960, S. 22

[69] Die Zeit vom 08.01.1960

[70] Ebd.

[71] Schönbach, P.: Reaktionen auf die antisemitische Welle im Winter 1959/1960, Frankfurt/Main 1961, S. 14f

[72] FAZ vom 29.12.1959

[73] Serup-Bilfeldt, Zwischen Dom und Davidstern. Jüdisches Leben in Köln von den Anfängen bis heute, a.a.O., S. 257

[74] Zieher, Im Schatten von Antisemitismus und Wiedergutmachung. Jüdisches Leben in Köln in den fünfziger Jahren; in: Dülffer, Köln in den 50er Jahren. Zwischen Tradition und Modernisierung; a.a.O., S. 300

[75] Am 05.02.1960 erschien in Ost-Berlin ein Werk über die Synagogenschändung: Görschler, H./Reinhardt, H.: Die Schande von Köln und Bonn, Ost-Berlin 1960

[76] Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen

[77] Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen

[78] Kölner Stadt-Anzeiger vom 29.12.1959

[79] FAZ vom 02.01.1960

[80] Zitiert aus Bergmann, W.: Antisemitismus als politisches Ereignis. Die antisemitische Welle im Winter 1959/1960, in Ders./Erb, R. (Hrsg.): Antisemitismus in der politischen Kultur nach 1945, Berlin 1998, S. 253-273, hier S. 257

[81] Ebd., S. 261

[82] Zitiert aus Zimmermann, Geschichte der Juden im Rheinland und in Westfalen, a.a.O., S. 281

[83] Der Spiegel vom 13.01.1960, S. 16

[84] Zitiert aus Zimmermann, Geschichte der Juden im Rheinland und in Westfalen, a.a.O., S. 281

[85] Stern, F.: Im Anfang war Auschwitz. Antisemitismus und Philosemitismus im deutschen Nachkrieg, Gerlingen 1991, S. 79

[86] Zitiert aus Der Spiegel vom 13.01.1960, S. 17

[87] Paul, Debatten über Nationalsozialismus und Rechtsextremismus im Landtag Nordrhein-Westfalen von 1946 bis 2000, a.a.O., S. 106

[88] Zitiert aus Zimmermann, Geschichte der Juden im Rheinland und in Westfalen, a.a.O., S. 281

[89] Wolffsohn, M.: Die Deutschland-Akte. Juden und Deutsche in Ost und West. Tatsachen und Legenden, München 1995, S. 19

[90] Bergmann, W.: Antisemitismus in öffentlichen Konflikten. Kollektives Lernen in der politischen Kultur der Bundesrepublik 1949-1989, Frankfurt am Main/New York 1997, S. 247

[91] Classen, C.: Zum öffentlichen Umgang mit der NS-Vergangenheit in der DDR. Das Beispiel des Radios, in: Schildt, A. u.a. (Hrsg.): Dynamische Zeiten. Die 60er Jahre in den beiden deutschen Gesellschaften, Hamburg 2000, S. 166-196, hier S. 178

[92] Zieher, Im Schatten von Antisemitismus und Wiedergutmachung. Jüdisches Leben in Köln in den fünfziger Jahren; in: Dülffer, Köln in den 50er Jahren. Zwischen Tradition und Modernisierung; a.a.O., S. 302

[93] www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2009/1224/194919892009/0005/index.html.

[94] Faulenbach, B.: Historische Tradition und politische Neuorientierung. Zur Geschichtswissenschaft nach der „deutschen Katastrophe“, in: Pehle, W.H./Sillem, P. (Hrsg.): Wissenschaft im geteilten Deutschland. Restauration oder Neubeginn nach 1945, S. 191-204, hier S. 203

[95] Kwiet, K.: Die NS-Zeit in der westdeutschen Forschung 1945-1961, in: Schulin, E. (Hrsg.): Deutsche Geschichtswissenschaft nach dem Zweiten Weltkrieg (1945-1965), München 1989, S. 181-198, hier S. 196

[96] Große Kracht, K.: Die zankende Zunft. Historische Kontroversen in Deutschland nach 1945, Göttingen 2005, S. 44f

[97] Zieher, Von der „Liqiudationsgemeinde“ zur Aufbaugemeinde? Jüdisches Leben in Dortmund und Düsseldorf in den 1950er Jahren, in: Grübel/Mölich, Jüdisches Leben im Rheinland. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart, a.a.O., S. 281

[98] New Statesman vom 27.01.1960, S. 5

[99] Zitiert aus Zieher, Von der „Liqiudationsgemeinde“ zur Aufbaugemeinde? Jüdisches Leben in Dortmund und Düsseldorf in den 1950er Jahren, in: Grübel/Mölich, Jüdisches Leben im Rheinland. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart, a.a.O., S. 279

[100] Ebd.

[101] Paul, Debatten über Nationalsozialismus und Rechtsextremismus im Landtag Nordrhein-Westfalen von 1946 bis 2000, a.a.O., S. 107

[102] Bergmann, W./Erb, R.: Wie antisemitisch sind die Deutschen? Meinungsumfragen 1945-1994, in: Benz, W. (Hrsg.): Antisemitismus in Deutschland. Zur Aktualität eines Vorurteils, München 1995, S. 47-63, hier S. 53

[103] Stuttgarter Zeitung vom 12.01.1960

[104] Kölner Stadt-Anzeiger vom 23.01.1960

[105] Kölner Stadt-Anzeiger vom 14.02.1960

[106] Westfälische Nachrichten vom 16.09.1964

[107] Der Spiegel vom 11.07.1966

[108] Hauptstaatsarchiv Düsseldorf 13/66 Rep. 72

[109] Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen

[110] Düsseldorfer Nachrichten vom 02.02.1970

[111] Die Entwicklung des Antisemitismus in der BRD wird in knapper Form dargestellt in Bergmann, W./Erb, R. (Hrsg.): Antisemitismus in Deutschland 1945-1996, in: Benz, W./Bergmann, W. (Hrsg.): Vorurteil und Völkermord. Entwicklungslinien des Antisemitismus, Bonn 1997, S. 397-434 oder Rosen, K.-H.: Vorurteile im Verborgenen. Zum Antisemitismus in der Bundesrepublik Deutschland, in: Strauss, H.A./Kampe, N. (Hrsg.): Antisemitismus, 2. Auflage, Frankfurt/Main/New York 1988, S. 256-279

[112] Merritt, A./Merritt, R.L. (Hrsg.): Public Opinion in Occupied germany. The OMGUS-Surveys 1945-1948, Urbana 1970, S. 146ff

[113] Institut für Demoskopie Allensbach (Hrsg.): Ist Deutschland antisemitisch? Ein diagnostischer Beitrag zur Innenpolitik, Herbst 1949, Allensbach 1949, S. 39

[114] Institut für Demoskopie Allensbach (Hrsg.): Jahrbuch der öffentlichen Meinung 1947-1955, Allensbach 1956, S. 128

[115] Paul, Debatten über Nationalsozialismus und Rechtsextremismus im Landtag Nordrhein-Westfalen von 1946 bis 2000, a.a.O., S. 101

[116] Institut für Demoskopie Allensbach, Jahrbuch der öffentlichen Meinung 1947-1955, a.a.O., S. 130

[117] Rosen, Vorurteile im Verborgenen. Zum Antisemitismus in der Bundesrepublik Deutschland, in: Strauss/Kampe, Antisemitismus, a.a.O., S. 262

[118] Boynton, G.R./Loewenberg, G.: The Decay of Support for Monarchy and the Hitler Regime in the Federal Republic of Germany, in: British Journal of Political Science 4/1974, S. 472-485, hier S. 480

[119] Neue Rhein-Zeitung vom 24.01.1959

[120] Ahlheim, K./Heger, B.: Die unbequeme Vergangenheit. NS-Vergangenheit, Holocaust und die Schwierigkeit des Erinnerns, 2. Auflage, Schwalbach/Taunus 2003, S. 49

[121] Ebd.