„Fundstücke“ – Broschüren des International Tracing Service

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Vor einem Jahr startete der Internationale Tracing Service (ITS) eine neue Publikationsreihe. Mit den „Fundstücken“ wollen die ITS-Mitarbeiter den NS-Verfolgten eine Stimme geben und wenig bekannte, aber historisch bedeutsame Zeugnisse des Nationalsozialismus und seiner Folgen vorstellen…

Quelle dieser Veröffentlichungen ist das riesige Archiv des ITS, in dem die Schicksale von Millionen NS-Opfern dokumentiert sind. Der erste Band (wir berichteten) schilderte am Beispiel des nahezu unbekannten „Zigeunerlagers“ Lackenbach die Verfolgung und Ermordung der Sinti und Roma auf einem Gutshof im Burgenland (Österreich). Auch Band zwei befasste sich mit dem Schicksal dieser marginalisierten Opfergruppe; er beleuchtete das Ringen um die Anerkennung und Entschädigung in Deutschland nach 1945. Nun liegt Band drei vor, der die Wahrnehmung (bzw. die Verdrängung) der NS-Verbrechen und ihrer Opfer in den vergangenen 70 Jahren thematisiert.

Eigentlich alles interessante Texte über partiell wenig bekannte Aspekte der deutschen Geschichte. Doch sei die Frage erlaubt, warum dazu Hochglanz-Publikationen mit öffentlicher Förderung aus Mitteln der „Bundesbeauftragten für Kultur und Medien“ gedruckt werden müssen. Die Broschüren haben einen Umfang von 48 bis 64 Seiten – davon bis zu einem Drittel abgedruckte Dokumente aus dem Bestand des ITS, auf die jedoch zum Teil bereits in den Aufsätzen Bezug genommen oder daraus zitiert wird. Zudem sind bis zu fünf (selbstgefällige?) Herausgeber für diese mehr als schmalen Bändchen angegeben.

Viele der im ITS verwahrten Dokumente sind nicht nur nach Ansicht der Herausgeber „markant, bewegend und einzigartig und verdienen es, publiziert zu werden“, so ist im Klappentext der Reihe zu lesen. Dem ist beizupflichten!

Doch warum dieser Aufwand? Muss, wie im Heft drei, ein zum 70. Jahrestag der Befreiung gehaltener Vortrag in Bad Arolsen noch zwischen zwei Buchdeckel gepresst werden? Wahrscheinlich, denn allein für einen wissenschaftlichen Aufsatz mit rund 20 Druckseiten sowie einen zahlenmäßig vergleichbaren Dokumententeil lohnt es sich wahrlich nicht, die Druckmaschinen zu starten.

Wohlgemerkt es geht hier nicht um eine inhaltliche Kritik, denn die Autoren sind fachkundig und ihre Texte für die Forschung interessant. Doch dafür würde sich eine Veröffentlichung auf den Internet-Seiten des ITS empfehlen (Teilbestände aus dem Archiv sind bereits online zugänglich)! Das ist nicht nur preiswerter – man kann sogar ein größeres Publikum erreichen. Und mit dem für die Drucklegung eingesparten Geld könnten weitere wichtige Forschungen finanziert werden. (jgt)

Titel und Inhaltsangaben der „Fundstücke“ sind auf den Seiten des ITS abrufbar.

Alle Bände sind im Wallstein Verlag erschienen und kosten 9,90 €.