Wiener Mosaik

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Kurznachrichten aus Österreich…

Von Peter Stiegnitz

Israel und der moderne Antisemitismus

Zeitgleich mit der Flüchtlingswelle, die auf der Balkanroute Österreich und Deutschland erreicht, stellte das Wiener Wiesenthal-Institut seine geschichtlich untermauerte „Simon Wiesenthal Conference 2015“ unter den Generaltitel „Moderne Antisemitismen an den Peripherien“. Den Eröffnungsvortrag hielt Prof. Natan Sznaider, Professor für Soziologie an der Akademischen Hochschule in Tel Aviv. Die großen Flüchtlingswellen, die hauptsächlich junge muslimische Männer nach Österreich und Deutschland bringen, sorgen – im Schatten der Pariser Attentate – für ein „Neubeleben“ der Judenfeindlichkeit. Darauf haben auch Vertreter des „Europäischen jüdischen Kongresses (EJC) und der internationalen „Vereinigung jüdischer Anwälte und Juristen“ aufmerksam gemacht. So warnten auch der „Zentralrat der Juden in Deutschland“ und der Vorstand der Israelitischen Gemeinde in Wien, dass ein Teil der Flüchtlinge „von klein auf Antisemitismus mitbekommen haben“. Nur so ist es verständlich, dass der emeritierte Professor für Kommunikationswissenschaft an der Wiener Universität, Maximilian Gottschlich, sein Buch „Unerlöste Schatten“ (Ferdinand Schöningh-Verlag, Paderborn) mit der Darstellung einer Vermengung des (alten) christlichen und des (neuen) islamistischen Antisemitismus beginnt: „Der antisemitische Hass fokussiert heute auf den jüdischen Staat: Israel ist der ,kollektive Jude`, der für alles Übel in der Welt (…) verantwortlich gemacht wird.“

Warum wird Israel dämonisiert?

Es sind viele Jahre her. Nach einer Israelreise traf ich in der Wiener City meinen alten bekannten Anton („Toni“) Pelinka, der mich mit der Mitteilung begrüßte: „Ich folge deinem Beispiel. Auch ich nahm eine Professur in Budapest an“ da ich damals an der Budapester Universität bemüht war, meine Studenten mit den „Geheimnissen“ der angewandten Sozialpsychologie vertraut zu machen. Im Gegensatz zu mir unterrichtet Pelinka heute noch an der Central European University in Budapest. Daran dachte ich, als ich jüngst sein Buch „Israel – Ausnahme- oder Normalstaat“ (braumüller) in die Hand nahm. Bereits auf der Rückseite seines Buches stellt der Politologe unmissverständlich die „Doppelmoral“ im Nahen Osten fest: Während „vom Staat der Juden ein ethischer Perfektionismus erwartet wird, tritt der Vergleich mit den anderen Staaten der Region in den Hintergrund.“ Peilinkas Einstellung zu Israel ist eindeutig: „Aufgebaut von den Opfern antisemitischer Gewalt (…) demonstriert Israel die heroische Überlebensfähigkeit des jüdischen Volkes.“

Juden an der Wiener Universität

Das Jüdische Museum in Wien zeigt die Ausstellung „Die Universität. Eine Kampfzone“ (Bild oben). Dabei geht es um die Geschichte der Juden an der Wiener Universität seit dem Jahre 1782, als der Reformkaiser Joseph II. auch für jüdische Studenten die Toren öffnete; immerhin 400 Jahre nach ihrer Gründung. 1897 durften auch Frauen die Universität besuchen; in kürzester Zeit bildeten junge Jüdinnen ein Viertel aller Studentinnen. Die Konkurrenz für nichtjüdische Studenten wuchs seit Mitte des 19. Jahrhunderts rapid an. Die Folge war der Ausbruch eines wüsten und auch brutalen Antisemitismus. Die weltberühmte „Alma Mater Rudolfina“ wurde bald zu einer regelrechten „Kampfzone“. Nach dem Ersten Weltkrieg übten NS-Studenten und deutschnationale Professoren einen zunehmenden Druck auf jüdische Studenten und Lehrenden aus. Von diesen Prozeduren und dem „Anschluss“ 1938, als alle Juden und Jüdinnen die Universität verlassen mussten, hat sich die Wiener Universität bis heute nicht erholt.

Jüdische Spuren

Die sehr emsige „Burgenländische Forschungsgesellschaft“, so ihr Sprecher, Gert Tschögl, dehnt ihre Arbeit auch auf das benachbarte Slowenien aus. Hier, in der Marburger Synagoge, veranstaltete die „Forschungsgesellschaft“ eine Führung unter der Leitung von Anton Kalkbrenner. Diese Synagoge, im südlichen Teil der Altstadt, gehört heute zu den wichtigsten jüdischen Kulturdenkmälern in Slowenien und ist gleichzeitig eine der ältesten Synagogen in Mitteleuropa. An dieser Veranstaltung beteiligte sich auch das „Christlich-jüdische Komitee Burgenland“.

Pogromgedenken

Das „Institut für jüdische Geschichte“ in St. Pölten (Niederösterreich) veranstaltete im Gedenken an das Novemberpogrom einen künstlerisch umrahmten Vortrag. Am 10. November 1938 wurde die Synagoge auch in St. Pölten von örtlichen Nazis verwüstet. Auch der Davidstern wurde von der Kuppel abgerissen. Nach der Befreiung wurden polizeiliche Ermittlungen gegen die Täter eingeleitet. 1952 wurde ein Strafprozess vor dem zuständigen Landesgericht eingeleitet. Obwohl Täter der Verwüstung alle St. Pöltner waren, gab es keine einzige Verurteilung. An diesen Schandprozess erinnerte Philipp Mettauer in seinem Vortrag.