Arbeiterbewegung: Bunda’im – Sozialismus auf Jiddisch

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Im Süden von Tel-Aviv gibt es immer noch einen Ort, an dem auf Jiddisch über den Sozialismus gesprochen wird: Filmemacher Eran Torbiner begleitete sechs Jahre lang die letzten Parteimitglieder des Allgemeinen Jüdischen Arbeiterbundes in Israel…

Film und Diskussion zur Geschichte des jüdischen Arbeiterbundes.
Mit dem Regisseur Eran Torbiner (Tel Aviv) und Dr. Holger Politt (Warschau/Berlin). Moderation: Dr. Regina Plaßwilm.

1897 in Vilnius gegründet, wurde der Bund in den 1930er Jahren zu einer der bedeutendsten jüdischen Parteien im Polen der Zwischenkriegszeit. Torbiner geht in seinem Film u.a. der Frage nach, was es heute, angesichts der aktuellen politischen Situation in Israel, bedeutet, für die Ideale des Bundes zu kämpfen. Welche Rolle spielt eine Institution wie der «Bund» für die Kultur des Jiddischen, wie z.B. die Musik? Der Film «Bunda’im» (Bundisten) ist ein faszinierendes Dokument über die letzten Mitglieder einer Bewegung, die in «Europa vernichtet, in Israel ignoriert wurde, aber deren Ideen dennoch fortleben», so Eran Torbiner.

Programm:
Filmvorführung (Isarel, 2012; 48 Min.: OF mit engl. UT) und anschließende Diskussion
mit Eran Torbiner, Regisseur, Tel Aviv, und Dr. Holger Politt, Rosa-Luxemburg-Stiftung, Warschau/Berlin (mit Übersetzung).
Moderation:
Dr. Regina Plaßwilm, Historikerin, Düsseldorf.

Filmmusik: Daniel Kahn.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=JDmFGXutgo8[/youtube]

Flyer oder Plakat als pdf.

11 Kommentare

  1. Nicht vergessen, liebe Rheinländer und liebe Westfalen:

    Mittwoch. 25. SeptemBer 2013, 19.30 Uhr

    Filmclub 813 e.v.
    im Kunstverrein „DiE brücKE“
    Hahnenstr. 6
    50667 Köln

    s. auch PDF-Files am Ende des Artikels, unter dem Film-Clip.

    Nix wie hin!

  2. Man könnte darüber spekulieren, was geschehen wäre in Bezug auf den Holocaust, hätte es den BUND nicht gegeben. Vermutlich hätten dann mehr den Weg Richtung Zionismus gewählt und es wären mehr noch rechtzeitig ausgewandert. Aber das ist den BUND’im nicht vorzuwerfen: sie sahen die Zukunft dort, wo in Europa die größte Masse des jüdischen Volkes und folglich der jüdischen Arbeiterschaft lebte, d.h. vorwiegend in Polen.

    Wer weiß, welch segensreichen Einfluss auf die Internationale disse große jüdische Organisation noch gehabt hätte, wären die verfluchten deutschen Nationalsozialisten und ihre Speerspitze, die Wehrmacht, nicht den unheilvollen Pakt mit Stalin bzw. der UDSSR, die damit ihre Revolution schmählich verriet, eingegangen.

    Der BUND hat beides überlebt, aber Zukunft und Hoffnung vieler jüdischer Menschen liegen nun in Israel. Unter anderen Vorzeichen.

    Trotzdem ist es schön und beeindruckend, dass es noch Reste der einst mächtigen Atbeiterbewegung gibt und sie unverbrüchlich festhält an dem, was zum Glück der gesamten Menschheit einen bedeutenden Beitrag hätte leisten können, wenn… Wenn große Teile der deutschen Arbeiterschaft sich nicht hätten blenden lassen und der NSDAP nicht ihre Stimme gegeben hätten – womit sie nicht nur die Internationale, sondern indirekt letzlich auch den BUND verrieten.

    • „Wer weiß, welch segensreichen Einfluss auf die Internationale disse große jüdische Organisation noch gehabt hätte, wären die verfluchten deutschen Nationalsozialisten und ihre Speerspitze, die Wehrmacht, nicht den unheilvollen Pakt mit Stalin bzw. der UDSSR, die damit ihre Revolution schmählich verriet, eingegangen. “
      ____________________________________________________________

      Efem, Einfluss auf die Internationale? – Da gab eh nur
      die NKWD Schergen und das Hauptproblem der damaligen
      polnischen Arbeiterschaft war der Antisemitismus; dies
      bedingte ja erst die Existenz des Bundes.
      Trotz der linken Ideologie ist der Bund ein Teil der
      jüdischen Geschichte und auch der Emanzipation in der
      Gesellschaft+++

      zu…
      Trotzdem ist es schön und beeindruckend, dass es noch Reste der einst mächtigen Atbeiterbewegung gibt und sie unverbrüchlich festhält an dem, was zum Glück der gesamten Menschheit einen bedeutenden Beitrag hätte leisten können, wenn… Wenn große Teile der deutschen Arbeiterschaft sich nicht hätten blenden lassen und der NSDAP nicht ihre Stimme gegeben hätten – womit sie nicht nur die Internationale, sondern indirekt letzlich auch den BUND verrieten.

      Verrat großer Teile der dt. Arbeiterschaft! Efem die sind
      doch eher selber durch Stalin verarscht worden, die hatten
      die Wahl zwischen KZ und GULAG. Nicht die Arbeiterschaft
      verriet die Internationale, die damalige stalinistische
      Internationale, genau die verriet die Arbeiterschaft. Es
      ist eine Mähr, das erst der Faschismus die Arbeiterbewegung
      in der Vorkriegszeit eliminierte, nö da waren Herr Jeschow,
      Herr Jagoda und Herr Beria tatkräftig involviert, aber die
      wirklich perfideste Lüge der Linken war es dann zum behaupten
      … das waren doch keine Kommunisten.

      Aber das es auch anders geht, das beweist die Existenz des
      BUNDES und genau deshalb wurde der BUND als abweichende Sek-
      tierer, selber von den Funktionären der herrschenden Linken
      bekämpft.

      Zwei Dinge sprachen in der damaligen Zeit gegen dem Bund.

      1. Der Bund war eine wirklich demokratische Arbeiterbewegung
      2. Der herrschende Antisemitismus in der Arbeiterklasse.
      3. Die Zusammenarbeit der Linken und der Rechten.

      • Schönen Dank für die Einwände. Aber sie treffen m.W. so nicht zu. „m.W.“ ? Das habe ich z.T. aus dem ausgezeichneten Jüdischen Lexikon von 1927, und es bschäftigt sich immerhin auf sechs Seiten mit dem Thema „Sozialismus, Jüdischer“. Die ganzen dort vertretenen Argumente hier zu wiederholen hat wegen der Menge nicht viel Sinn.

        Da steht z.B.:

        „Jüd. S. ist diejenige sozialist. Bewegung im j. Volk, die, ausgehend von der spezifischen Lage des j. Proletariats, neben dem Kampf um die Verwirklichung der allgemeinen sozialist. Ideen, auch die Erreichung besonderer Ziele der j. Arbeiterschaft anstrebt.

        Der Begriff j.S. ist daher keineswegs mit dem Begriff einer sozialist. Bewegung unter den J. zu identifizieren, der viel breiter ist und auch den Anteil der J. an an dr sozialist. Bewegung der verschiedenen Völker mit umfasst.“

        Und so geht es weiter: detailliert, kenntnisreich und kaum ideologisch verklärt, wobei der Autor, ein Arieh Tartakower, Dozent an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Warschau, jedoch der ‚Zionistischen Weltorganisation‘ angehört. Er veröffentlichte vor 90 Jahren eine Arbeit „Zur Geschichte des jüdischen Sozialismus“. Die Anfänge sieht er vor 1860 und gliedert dann alles in 5 Perioden.

        Die Entstehung des BUND, dem aber noch im Lexikon ein eigenes Kapitel gewidmet ist, legt er in die zweite („von 1893 – 1907“) und schreibt da u.a.: „Die eigentliche j. soz. Bewegung entstand in Rußland Anfang der 90er Jahre. Sie bildete sich aus den sog. ’soz. Kreisen‘ heraus, die von den j. Studenten unter der j. Arbeiterschaft gegründet wurden, um sie für den Sozialismus zu gewinnen. Seit 1893 nahm die Bewegung einen Massencharakter an und führte 1897 zur Gründung des ‚BUND‘, der ersten j. soz. Partei überhaupt, die eine sehr intensive Tätigkeit, u. zw. sowohl auf gewerkschaftlichem, wie auch politischem Gebiet entwickelte.‘ … … ‚Ganz im Gegenteil zum BUND gelangte, vom nationalen Standpunkt ausgehend, ein anderer Teil der j. Arbeiterschaft zum S., nämlich derjenige Teil, der unter den Einfluss des zionistischen Gedankens geraten und in die zionistische Bewegung hereingezogen worden war.‘

        Unter dem Stichwort ‚BUND‘ schreibt derselbe Autor noch: „Er ist die stärkste j.-sozialistische Partei der Gegenwart. Ein scharfer Gegner des Zionismus wie überhaupt ds Gedankens einer territorialen Lösung der J.-frage …“

        Aus dem allen zog ich meine Folgerungen, aber natürlich hab ich beide Beiträge gelesen. Wenn du drankommst: lies sie mal durch.
        .
        Zur Internationale: was das ist, brauche ich nicht aufzudröseln, da gibt Wikipedia einen ganz guten Ãœberblick. Unter uns: ein guter Freund von mir ist Anhänger der Vierten Internationale…

        Wikipedia-AutorInnen schreiben zu „Teddy“ bzw. Ernst Thälmann:

        „Wahlspruch der KPD war: „Wer Hindenburg wählt, wählt Hitler, wer Hitler wählt, wählt den Krieg.“ Kurze Zeit später schlug er der SPD die „Antifaschistische Aktion“ als „Einheitsfront von unten“ (also ohne die SPD-Führung) gegen die Nationalsozialisten vor. Mit diesem Vorgehen brach er mit der von Stalin propagierten Sozialfaschismusthese.

        Als der NSDAP am 30. Januar 1933 die Macht übertragen wurde, schlug Thälmann der SPD einen Generalstreik vor, um Hitler zu stürzen, doch dazu kam es nicht mehr.“

        Zu viele haben sich nicht darum gekümmert, und weil die einen auf keinen Fall der KPD mehr Sitze im Reichstag gönnten und die die anderen nicht der SPD, für die NSDAP entschieden, obwohl sie es sich hatten ausrechnen können, was sie damit lostraten.

        Aber die von Thälmann propagierte Antifa gibt es noch heute…

      • „Zwei Dinge sprachen in der damaligen Zeit gegen dem Bund.“

        Udo, shana tova erst mal, ein gesundes und suesses jahr.

        ohne die leistungen vom bund in frage zu stellen. (insbesondere
        beim warschauer gettoaufstand!)

        der bund hatte keine zukunftsperspektive. soweit ich weis gibt
        es in der diasporah noch in australien eine bund gruppe. er ist
        aber bedeutungslos geworden.

        ganz einfach aus dem grund, dass eine juedische disapora
        organisation, egal welche, die weder secular-zionistisch ist
        noch religoes ist sich in der assimilation aufloest weil der
        zusammenhalt fehlt.

        hashomer, dror, beitar, bnei akiva sind in sehr vielen laendern
        noch mehr oder weniger stark vertreten und werden es auch
        bleiben.

        J

      • Auch Dir ein „Gutes Jahr“ Jakobo. Ich muß etwas revidieren.
        Der Bund ist ebenso ein Stück der untergegangenen jddischen
        Welt und nur hier konnte Er existieren.
        Er war die dritte Möglichkeit, zwischen Assimilation und
        Zionismus!

      • Zitat efem…
        „Unter uns: ein guter Freund von mir ist Anhänger der Vierten Internationale… “
        ______________________________________________________________

        ! Trotzkist, Spaltter, hoffe Du gibst dessen Namen sofort
        Herrn Suganow weiter !

        Na ja, das Problem des Bundes nach der Etablierung der
        Bolschewisten, war sein sozialistisches Gedankengut und
        das Beibehalten demokratischer Spielregeln.
        Mach Dir doch nichts vor, was die dt. KPD auch verlaut-
        barte, die Musik spielte bei der KPDSU !

        Und efem. das sollte man jetzt auch ehrlicherweise ansprechen,
        da gab es ja auch den Antisemitismus. Nach der russischen
        Oktober Revolution und der „Macht“ Ãœbernahme der Bolsche-
        wisten gab es den Bund doch nur noch in Polen und im
        Baltikum und gerade dort gab es erheblichen Antisemitismus.

        Viele Funktionäre des Bundes, die in den 30ziger Jahren vor
        dem polnischen BECK Regime in die UDSSR flohen, wurden dort
        entweder LIQUIDIERT oder nach POLEN ZURÃœCK DEPORTIERT.
        Wohlgemerkt, das Alles vor den Hitler/Stalin Pakt ! Dér
        Bund war für das herrschende marxistische Regime ein rotes
        Tuch.

    • Zitat efem
      „Man könnte darüber spekulieren, was geschehen wäre in Bezug auf den Holocaust, hätte es den BUND nicht gegeben. Vermutlich hätten dann mehr den Weg Richtung Zionismus gewählt und es wären mehr noch rechtzeitig ausgewandert“.
      ______________________________________________________________

      Vielleicht aber efem, ohne die Shoa, hätte sich evtl. sogar
      ein jiddischer Staat etabliert! Ok, das hätte dann denn Zio-
      nisten das Wasser abgegraben.

      • Udo, du kannst es, wie du ja in etwa meintest, schon einer Art Ausweichens vor dem Antisemitismus – der aber zur Zeit der Gründung des BUND noch eher Antijudaismus war – mit hinzurechnen, dass man sich im BUND zusammenfand.

        Der Autor, auf den ich mich oben bezog, schreibt nämlich in etwa, was ja naheliegend ist, dass die jüdische Arbeiterschaft ihre Arbeitsplätze vorwiegend bei jüdischen Arbeitgebern, häufig kleineren Unternehmen, fand und eben wegen der allgemeinen Ressentiments gegenüber Juden schlechthin wenig Chancen hatte, aus diesem Kreis auszubrechen und sich ihre Arbeit da zu suchen, wo sie sich u.U., wwnigstens teilweise, mehr hätte entfalten können.

        Interessante These. Also schloss man sich zusammen unter dem Banner des sich im Proletariat etablierenden Sozialismus, blieb aber dabei bewusst jüdisch, was zugleich yiddish hieß. Womit, vermute ich mal, man eine Barriere aufbaute gegenüber den des Yiddish (oder Jiddisch) Unkundigen, mit denen man jedoch im gleichen Boot saß.

        Andererseits solltest du aber bedenken, was der Dr. Tartakower meinte – ich zitiere es nochmal: „Er ist die stärkste j.-sozialistische Partei der Gegenwart. Ein scharfer Gegner des Zionismus wie überhaupt des Gedankens einer territorialen Lösung der J.-frage …“ Territorial – das entspräche ja einem Staat. Der BUND sah sich aber eingebunden in die Internationale.

        Dass die im Film genannte Frau Gertrud Pickhahn über zehn Jahre zum BUND forscht, kann man bei diesem überaus spannenden Subjekt gut verstehen. Deine Frage solltest du ihr stellen. Vielleicht wäre es tatsächlich zu so etwas gekommen, wie du meinst: einfach quasi zwangsläufig. Als autonomes Gebiet?

        Die Nazis vernichteten nicht nur unvorstellbare sechs Millionen Menschenleben, sie brachten damit zugleich eine ganze Kultur in den fast völligen Untergang. Paradoxerweise eine Kultur, die den reichen Schatz der deutschen und der jüdischen in sich vereinte und sie längst dorhin getragen hatte, wo die verfluchten Braunen soo gerne ninwollten.

        Man könnte auch statuieren: das „jüdische Element“ ist und war schon immer völkerverbindend.

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