Wie so viele Menschen, die über die Domplatte vor dem Kölner Dom gegangen sind, ob Kölner, Durchreisende oder Touristen, kenne ich natürlich seit Jahren die „Klagemauer“ des Walter Josef Hermann. An Latten angebrachte Schnüre, auf denen Pappkartons durchweg mit anti-israelischen Aussagen hängen…
Von Peter Finkelgruen
Eine diese Tafeln ist seit Jahren ein besonderer Stein des Anstoßes: eine Karikatur, auf der eine eindeutig als Jude zu identifizierende Figur mit Davidstern eine als palästinensisch kenntlich gemachtes Kind mit Messer und Gabel zerteilt. Hier wird eindeutig der aus der Geschichte des Antisemitismus klassische Ritualmordvorwurf als politisches Kampfmittel eingesetzt.
Dagegen habe ich, wie andere auch, mich des bürgerlichen Mittels eines Appells an die politisch Verantwortlichen bedient. Ich schrieb an den Justizminister im Lande Nordrhein Westfalen, Minister Thomas Kutschaty. Es erschien mir nicht nachvollziehbar, dass die Staatsanwaltschaft Köln eine vorherige Anzeige wegen Verdachts der Volksverhetzung abgewiesen hat. Auch die Generalstaatsanwältin in Köln, Frau Stammer, hatte eine Beschwerde in dieser Angelegenheit zurückgewiesen. Da ich beides, gelinde gesagt, fragwürdig fand, habe ich eine Dienstaufsichtsbeschwerde bei Justizminister Kutschaty eingereicht.
Was folgte, war ein trauriges Beispiel für die Dickfelligkeit der deutschen Exekutive. Die politische Führung die sie beaufsichtigen soll, deckt sie letztlich nur. Sie ist auch ein Beispiel dafür das hier ein Bäumchen – wechsel – Dich Spiel betrieben wird, zur Vermeidung von Eigenverantwortung. Der Minister lässt den befangenen Oberstaatsanwalt in einer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen denselben selbst entscheiden und lässt dann dessen Worte durch wiederum anderen Beamte wiederholen. Da bekommt der Begriff Selbstjustiz eine ganz neue Bedeutung.
Weshalb ich jetzt auf diese Korrespondenz zurückkomme?
Weil Mohammed Merah, der Mörder von Toulouse, als Erklärung für seine Tat angab, er habe Rache für die Verbrechen an den Kindern von Gaza nehmen wollen.
Wie lange wird es dauern, bis irgendjemand sich durch die Karikatur eines Kindes angeregt, wie Mohammed Merah auf den Weg machen wird? Das Kind wird ausdrücklich mit dem Wort Gaza assoziiert und von einem Juden mit Messer und Gabel geschlachtet. Ich fürchte, nicht lange. Wie unsicher man in diesem Land sein muss, zeigen nicht nur die Morde der NSU. Das zeigen auch die über 180 Opfer rassistischer Morde der letzten zwei Jahrzehnte.
Verantwortlich dafür sind die Politiker. Und wenn jemand Mohammed Merah nacheifern wird, werden die Staatsanwälte bei der Kölner Staatsanwaltschaft, Generalstaatsanwaltschaft und der Justizminister ihren Teil der Verantwortung zu tragen haben.
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Lieber Herr Finkelgruen,
vernünftigerweise haben Sie recht. Doch hier haben wir es mit deutscher Politik und Gesellschaft zu tun.
Sollte sich die Tat von Mohammed Merah in Köln oder Umgebung wiederholen, so nach Meinung der Politik nicht wegen der Hetze auf der Domplatte, sondern wegen der vermeinlichen Tatsache, dass Juden palästinensische Kinder schlachten! Denn mehr als die Hälfte der Deutschen ist nachweislich davon überzeugt.
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