Was meinen Sie mit „Tod, Israel“?

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Heute Morgen ging meine Tochter zur Schule, besorgt wegen ihrer Gemeinschaftskundearbeit. Als sie nach Hause kam, machte sie sich Sorgen über Raketensprengköpfe. Denn wie sich diese Woche herausstellte, befindet sie sich in deren Reichweite: Ihre Schule liegt nun innerhalb des Radius der Raketen, die weiter fliegen und tödlichere Sprengladungen haben als die Waffen, die wir bis vor kurzem kannten. Ihre Explosionskraft ist stark genug, um Fenster im siebten Stock eines Hochhauses zu zerstören…

Kommentar von Bradley Burston, Ha’aretz, 04.11.2011
Übersetzung von Daniela Marcus

Meine Tochter ist eine unbewaffnete Nichtkombattantin. Das sollte eine Rolle spielen. Das sollte vor allem für die Progressiven eine Rolle spielen, die –zu Recht- glauben, dass die unveräußerlichen Menschenrechte vor allem für Kinder klaren Vorrang vor strategischen Planungen von Nationen-Staaten und dem Verlangen nach Nationalismus haben.

Es sollte auch eine Rolle spielen, wenn Progressive bei Kriegsverbrechen, die gegen Israel verübt werden, ein Auge zudrücken oder –wenn wir schon dabei sind- bei Kriegsverbrechen, die von Syrien gegen Syrer verübt werden. Es wird unterstellt, dass die Verbrechen Israels das Ausmaß der Verbrechen des „Dritten Reiches“ haben, weshalb man die Gewalt, die von Israels Feinden gegen israelische Zivilisten ausgeübt wird, entweder als unbedeutend oder gerechtfertigt betrachtet.

Ich gestehe zu, dass es in der Ferne einfacher ist, die Dinge so zu betrachten. Zum Beispiel im Gebiet von Akron, Ohio, wo letzte Woche der Geschichtsprofessor Julio Pino von der Kent-State-Universität aus einem Vortrag des israelischen Diplomaten Ishmael Khaldi –der erste arabische Beduine im Diplomatendienst für Israel-, stürmte und dabei „Tod, Israel“ rief.

Professor Pino erklärte nicht, was er mit seiner Aussage meinte. Auch Robert Breeze, ein Anwalt aus Utah, dem die Stadtverwaltung von Salt Lake City im Jahr 2006 eine 14-stündige „Tod, Israel“-Demonstration genehmigte, erklärte es nicht. Doch näher zu Hause, hier, wo die „Tod, Israel“-Rufe des Islamischen Dschihad in iranischen Stahl und 40 Pfund Sprengstoff verpackt sind, ist die Botschaft scharf wie ein Granatsplitter: ein Ruf nach Völkermord.

„Tod, Israel“ bedeutet Tod für Israelis. Es bedeutet Tod für die Mitglieder meiner Familie. Wie viele andere Familien in Israel, hat sich auch meine Familie lange und hart und kontinuierlich und intensiv für die Rechte von Palästinensern –Moslems und Christen gleichermaßen- eingesetzt, damit diese in Sicherheit und Souveränität in ihrem eigenen Staat leben können. Und was wir für uns selbst wollen, ist nicht weniger gerecht. Es ist in der Tat das gleiche: die Freiheit, in Sicherheit und Eigenstaatlichkeit zu leben.

Ich gestehe auch zu, dass es für manche Progressiven nur eine Frage der Zahlen ist. Ich frage mich, ob Pino sich auf den Tod von Moshe Ami am letzten Wochenende bezog – ein Vater und Großvater, der durch eine Rakete des Islamischen Dschihad auf den Straßen von Aschdod für das Verbrechen „Auto fahren als Israeli“ getötet wurde. Die Tatsache, dass nur ein Israeli bei diesem Raketenangriff ums Leben kam, während bei einem Luftangriff der israelischen Armee mindestens 10 Mitglieder des Islamischen Dschihad und der Demokratischen Front zur Befreiung Palästinas getötet wurden (mehrere von ihnen während des Abfeuerns von Raketen auf den Süden und das Zentrum Israels), mag Pino als Unverhältnismäßigkeit und Ungerechtigkeit betrachten.

Es sollte eine Rolle spielen, dass Israel bei diesen Angriffen bestrebt war, das Leben palästinensischer Zivilisten zu schützen. Es sollte eine Rolle spielen, genauso wie die undurchdachten, letztendlich selbstzerstörenden Überreaktionen und zivilen Opfer vergangener Operationen für diejenigen, die sie zu Recht verurteilt haben, eine Rolle spielten.

Es sollte eine Rolle spielen, dass der Islamische Dschihad, Irans sichere Stellung in Palästina, genau weiß, was „Tod, Israel“ bedeutet. Auch der Iran weiß es.

Was ist das für ein Land, von dem Julio Pino und Robert Breeze glauben, es verdiene zu sterben? Sie mögen glauben, dass sie Israel kennen. Sie mögen denken, es sei ein riesige, Araber verabscheuende, in Massen mordende, Landraubende Plage und ein unrechtmäßiges Gebilde. Für das politische Gewissen ist es mit Sicherheit einfacher, uns auf diese Art und Weise zu betrachten.

Doch wenn die Progressiven die Israelis nicht als Volk betrachten können, wenn sie für unbewaffnete Nicht-Kombattanten auf beiden Seiten der Front nicht die gleiche Leidenschaft und Sorge aufbringen können, dann ist es Zeit für sie, ihre Ideologie auf Fehler hin zu überprüfen.

Das Land, das Pino und Breeze ausgelöscht sehen möchten, ist weitaus komplexer und wertvoller als sie es betrachten. Es ist ein Land, in dem eine klare Mehrheit der Bevölkerung, die von Kriegen und Terror und Kummer und Frustration geschlagen ist, immer noch Verhandlungen befürwortet, die zu einem palästinensischen Staat an der Seite Israels und zu einem Ende der Besatzung führen.

Die Gemeinschaftskundelehrerin meiner Tochter, die ihre Klasse das natürliche Recht aller Völker auf Freiheit und Sicherheit lehrt, gibt extra Punkte für Schüler und Schülerinnen, die auf Demonstrationen und Kundgebungen gehen. Sie können sicher sein, dass jeder Schüler und jede Schülerin –ob politisch links, rechts oder in der Mitte- genau weiß, was „Tod, Israel“ bedeutet. Nicht eine/r von ihnen –ob links, rechts oder in der Mitte- wird dies dulden. Nicht eine/r von ihnen sollte es dulden.

9 Kommentare

  1. Ein hervorragender Artikel von Bradley Burston.
    Aber „Perlen vor die Säue“, die auch gleich den Weg auf diese Kommentarseite gefunden haben.
    Das Gute: Mahmoud Abbas ist da schon weiter als der „Stuttgarter“ und Co.. Er sagte jüngst in einem Fernsehinterview, dass es ein großer Fehler der Araber (inklusive arabischer Palästinenser) war, den Teilungsplan der UNO nicht angenommen zu haben.

    Wer wirklich den palästinensischen Arabern dazu verhelfen will, Selbstbestimmung und würdevolles Leben in einem  eigenen Staat zu finden, kann mit Mordaufrufen und gegen Israel gerichteten Vernichtungsphantasien nichts anfangen und weiß, auf welchen Lokus die gehören.

  2. Also ich bin keine Jüdin aber ich weiß das es nicht lange dauern wird, bis der Ewige jedeM das auf den Kopf zurückgibt, wie er mit Israel umgeht. es steht in Buch Joel in der Bibel Kapitel 3-5 Darum warne ich euch ,alle nicht so  einen Schrott zu schreiben. 
    Das bringt euch keinen Segen im Gegenteil. 

     

  3. Das ist doch b’seder gamur, Ihr killt ihre Kinder – sie machen Euch die Fensterscheiben kaputt. Erzählt denn diese Gemeinschaftskundelehrerin auch einmal von den 200 Atombomben in Eurem Land? Von den neuen „Jericho 3“ Interkontinentalraketen, die (auch mit Atombomben) alles innerhalb von 5 0 0 0 (!!!) km treffen können? 

  4. Zu: „Dann wäre endlich Ruhe“

    Das ist…

                   … kaum zu glauben.

    Was wäre denn dann?
    Dann kommt der Rest auf die Rechnung der Palästinenser. Wie gehabt.

    Was tun nun: Die Starke Hand zeigen.

  5. Abgesehen davon, dass ich gerne wissen möchte, welches Sie jetzt als das „an sich gerissenes Land“ verstehen (das vom Völkerbund zugeteilte Land, das vom Teilungsbeschluss zugeteilte Land, das Land, auf das Israel historischen Anspruch erhebt, oder bloß das gekaufte Land), zeigte sich im Fall Gaza, dass offenbar kein Friede gegen Land zu haben ist. Was ist also ihr weiterer konstruktiver Vorschlag?
    Mit „großem Bruder“ meinen Sie wohl Frankreich? Oder etwa die USA, die erst nach 1973 anfing, Israel zu unterstützen?
    Ja, die Palästinenser haben Mist gebaut (München, Entebbe, Wien etc. – eine ziemlich blutige Spur für ein „friedliebendes Volk“). Vielleicht hilft es Ihnen, zu wissen, dass der Begriff „Palästinenser“ erst mitte des letzten Jahrhunderts von einem Herrn Arafat geprägt wurde, um den in der Westbank  (damals Jordanisches Besatzungsgebiet) und Gaza ansässigen Bevölkerung eine Identität zu verleihen. Die vielfach kolportierte Story vom „alten arabischen Volk“ (so z.B. Marc-O-Polo Reiseführer Israel) ist Fiktion und historisch nicht haltbar. 
     

  6. „Wieso rücken die Israelis nicht einfach das an sich gerissene Land wieder raus?“
     
    Nun, zunächst einmal, weil sie kein „Land an sich gerissen haben“ …
     
    „Wer hat eigentlich den Mist gebaut damals“
     
    Nun, diejenigen, die den zu diesem Zeitpunkt geltenden Waffenstillstand gebrochen haben – die arabischen „Freunde & Helfer“ der heutigen Palästinenser.

  7. Ich verstehe das ganze Spektakel nicht. Wieso rücken die Israelis nicht einfach das an sich gerissene Land wieder raus?

    Dann wäre endlich Ruhe. Wer hat eigentlich den Mist gebaut damals – die Palästinenser?

    Feige ist es, zu stehlen und sich einen „großen Bruder“ als Aufpasser an die Seite zu stellen, der einen beschützt.

     

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