Es war das Teeservice – und nicht Frau Göring

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Während der Rowohlt-Verlag an der deutschen Übersetzung für die Herausgabe der Claude Lanzmann Autobiographie „Der patagonische Hase“ arbeitet, hat „Die Zeit“ einen Streit um die Deutungshoheit sowohl über Claude Lanzmann als auch sein Werk begonnen (IDF, Shoah, Pourquoi Israel, u.a.) und stellt in einem am 11. Januar online erschienen Artikel infrage, inwieweit Lanzmann es mit der Wahrheit genau genug nimmt…

Von Gerrit Liskow

lanzmannUnter der Überschrift „Eine kleine Warnung an den Rowohlt Verlag“ meint Christian Welzbacher, Lanzmann der Klitterung und Selbstfiktionalisierung überführen zu können. Der Stein des Anstoßes, mit dem nach Monsieur Lanzmann geworfen wird, ist ein Artikel, den jener einst, im Jahre 1950, über „Die Kinderkrankheiten der Freien Universität Berlin“ schrieb, und den Lanzmann in der im Ostsektor erscheinenden „Berliner Zeitung“ veröffentlichte.

Manifest wird der Sachverhalt in einem Gedicht Redslobs mit dem Titel: Emmy Göring. Emmy Göring, zu deren Vermählung mit dem später besser als „Meier“ bekannten Generalfeldmarschall und Kriegsverbrecher die Luftwaffe den Himmel über Berlin erzittern ließ. Emmy Göring, die erst nach Emigration, Vertreibung oder freiwilligem Fernbleiben vom Set so namhafter Stars wie Marlene Dietrich („Deutschland? Nie wieder!“) bei der UFA groß rauskommen konnte. Emmy Göring, deren schauspielerischem Pseudo-Talent Klaus Mann in „Mephisto“ ein unsterbliches Denkmal gesetzt hat, mit literarischer Verve, die im krassesten Missverhältnis zur Mediokrität ihres Gegenstandes steht. Eben jene Emmy Göring war zu Zeiten ihres Glanzes von „FU“ Gründungspräsident und Theodor Heuss Intimus Edwin Redslob in einem „Gedicht“ sprachlich entrückt und verherrlicht worden, von dem der Verfasser nach dem Krieg nicht mehr viel wissen wollte – oder ging es gar nicht „wirklich“ um die „Hohe Dame“ des deutschen Nationalsozialismus?

Claude Lanzmann berichtet in seiner Biografie von der „Redslob-Episode“, und prompt meldete sich nun der Biograf des betreffenden Ex-Präsidenten der „FU“ in der „Zeit“ zu Wort: Mitnichten habe das Objekt seiner biografischen Forschung die angesprochene Schauspielerinnendarstellerin verherrlicht, nein! Vielmehr habe seine Huldigung einem Porzellanservice der Königlich Dänischen Porzellanmanufaktur gegolten.

Kleinlaut klingt die vermeintlich komplizierte Wahrheit, die Christian Welzbacher in seiner Redslob-Hagiographie bei „zeit.de“ aufzudecken meint, und mit der belegt werden soll, dass Claude Lanzmann es mit der Wahrheit angeblich nicht genau genug nähme, dann so: „Das Gedicht neben Lanzmanns Text war nicht für sie direkt, sondern für ein Service der Kopenhagener Porzellanmanufaktur geschrieben, die Emmy Göring mit einer Geschirrgarnitur beschenkte.“

Das Göring-Poem wäre also lediglich ein ins Poetische gebrachtes Werbetextlein, das die Irdenwarenfirma einzusetzen pflegte, um ihr vermutlich auch ästhetisch zweifelhaftes Geschirr auf den Tisch des deutschen Volksgenossen oder vielmehr dessen treusorgender deutscher Frau zu bringen. Es hätte also darüber hinaus das Poem mit der historischen „Hohen Frau“ des deutschen Nationalsozialismus gar nichts zu tun.

Tatsächlich erwähnt Claude Lanzmann in seinem Artikel „Die Kinderkrankheit der Freien Universität Berlin“ vom 6. Januar 1950 Edwin Redslob an nur einer einzigen Stelle, und das ohne, dass es dabei um Porzellan, Gedichte oder Emmy Göring geht. Erst in der „Berliner Zeitung“ vom 13. Januar 1950, also eine Woche später, ist folgendes zu finden:
„Der Rektor der “Freien” Universität, Edwin Redslob, ist keineswegs nur bekannt als Huldiger prominenter Damen, wie etwa Emmy Göring, zu deren Porzellanservice er im Jahre 1943 … zarte Vierzeiler schrieb. Viel kompakter noch im Dienste der Nazis arbeitete er in seinem historischen Buch “Des Reiches Straße”, worin er eine ganze deutsche Kulturgeschichte mit Entzücken so enden ließ, daß sie ihre Krönung im “Werk und Wesen” Adolf Hitlers fand.“
Zitiert nach: Prof. Dr. Hein Retter, TU Braunschweig, Institut für Allgemeine Pädagogik: Der Psychologe und Pädagoge Oswald Kroh an der Freien Universität Berlin – biographische Rückblenden in dekonstruktiver Absicht. Erweiterte Fassung eines Vortrags am 6. Januar 1998 im Psychologischen Institut der Freien Universität Berlin.

Dieser Hintergrund macht deutlich, was Christian Welzbacher zu seiner Redslob-Apologetik getrieben haben mag: Dass nämlich Redslobs Zuneigung zum Nationalsozialismus sich keineswegs auf Porzellangeschirr beschränkte. Wenn Christian Welzbacher „Des Reiches Straße“ – Redslobs Buch über die Reichsstraße 1 von Köln nach Königsberg, heute Kaliningrad – als „eine Kulturgeschichte der Reichsstraße 1“ auszugeben versucht, wie er es jedenfalls in seinem Artikel bei „zeit.de“ tut, beweist sich seine Tendenz, Redslobs Idolatrie des Nationalsozialismus zu verniedlichen, nur zu genau. Mit der Unterscheidung zwischen Emmy Göring in ihrer Funktion als „Hohe Frau“ des deutschen Nationalsozialismus und Emmy Göring in ihrer Funktion als Porzellanservice der Königlich Dänischen Porzellanmanufaktur wäre nach Meinung des Redslob-Biografen Welzbach also bewiesen, dass Claude Lanzmann es mit der Wahrheit nicht genau genug nähme. Andeutungsvoll auslassend raunt Welzbach dann auch dunkel: „Dabei lässt schon der flüchtige Blick in das französische Manuskript erahnen, dass die Redslob-Episode nicht die einzige sein dürfte, in der Lanzmanns »Interpretation« die Wahrheit überlagert.“ Welzbach besitzt wenigstens sprachlich ausreichend Anstand, um hier den Konjunktiv zu verwenden, der dem Modus seiner als Vermutung getarnten Behauptung angemessen ist, und fährt sogleich fort: „Das ist bei Memoiren auch kaum ungewöhnlich und wäre halb so wild, wenn nicht die Gefahr bestünde, dass Lanzmann geglaubt würde.“

Die von Christian Welzbacher herbei halluzinierte „Gefahr“ bestünde also darin, dass man Claude Lanzmann „glaubt“. Glaube, das sei an dieser Stelle betont, ist Sache der Religion. Monsieur Lanzmanns Sache ist die der historischen Forschung. Und als solche überzeugt sie nicht durch Glauben, sondern durch Vernunft. Pauschalierend fährt Christian Welzbacher fort, indem er meint, ein Verdikt fällen zu dürfen, wie es absurder nicht sein kann: „Der große Anwalt der Erinnerung hantiert nicht immer genau mit Fakten.“ Und nach dem Versuch, Claude Lanzmann in seiner Integrität anzuschlagen, setzt Welzbacher seinen vermeintlichen Coup de grâce an: Es sei nämlich alles nur deshalb so wild, was dieser Lanzmann treibt, weil „dessen Chef d’OEeuvre Shoah sich in das kollektive Gedächtnis der ganzen Welt einbrannte“. Davon scheint man sich auch in der „Zeit“ derartig bedrängt fühlt, dass man meint, sich als Opfer einer herbei halluzinierten „Rache“ gerieren zu müssen.

Tatsächlich ist es wohl so, dass Redslob nicht allein wegen Claude Lanzmanns Artikel in der „Berliner Zeitung“ gehen musste. Allerdings ist bisher nur aus Welzbachers Darstellung bekannt, wie Monsieur Lanzmann die Episode präsentiert – dass Claude Lanzmann sich die Demission Redslobs persönlich zu Gute hält. Selbst, wenn Claude Lanzmann seine eigene Rolle hierbei überschätzt, ändert sich dadurch nichts an den Fakten, sofern sie die Person Edwin Redslob betreffen. Mit einer Erklärung, warum jener nur sechs Monate nach Gründung der „FU“ sein Mandat niederlegte, kann übrigens auch Christian Welzbacher in seinem Artikel auf „zeit.de“ nicht aufwarten, und selbst wenn Edwin Redslob freiwillig, aus Altergründen, gegangen sein sollte, widerlegte dies seine Vergangenheit nicht.

„Die Zeit“, keine ganz unwesentliche Angelegenheit der in Deutschland veröffentlichten Meinung, lässt also den ebenso kleinlichen wie peinlichen Einwand erheben, es wäre gar nicht um Emmy Göring, sondern nur um ein zu ihren Ehren geschaffenes Porzellanservice gegangen, und präsentiert das dann als Enthüllungsjournalismus. Sie meint sogar, dem Rowohlt Verlag eine „kleine Warnung“ auf den Weg geben zu müssen, was Monsieur Lanzmann und seine angeblich fragwürdige Haltung zur Wahrheit anbelangt. Das gipfelt in dem Vorschlag, den „Patagonischen Hasen“ nur kritisch annotiert, oder gleich als „Roman“ herauszubringen. Diese Art von Enthüllungsjournalismus à la „Zeit“ enthüllt vor allem eins: den Wunsch, Claude Lanzmann und sein Werk der Revision zu unterziehen, den „Glauben“ an ihn unmöglich zu machen.

16 Kommentare

  1. Stimmt doch gar nicht, Hans. Es ging mir eigentlich um Redslob. Worum es aber jetzt eigentlich geht, ist mehr die Art, wie Lanzmann von der ZEIT/Christian Welzbacher kritisiert wird. Und diese finde ich inzwishcen in der Tat bedenklich.

    Gerrit schreibt:
    „Insgesamt erinnert mich der Tenor dieser apologetischen Rede im zweiten Artikel der Zeit an jemandem, der durch eine ungeschickte Bewegung öffentlich gezeigt hat, was keiner sehen sollte, und der nun seinem Publikum einzureden versucht, es habe Halluzinationen. Aber das ist nur ein ganz subjektiver Eindruck von mir“

    „…was keiner sehen sollte…“

    Den Eindruck kann ich zum Teil nachvollziehen und doch ist es verwirrend, weil es sich hier nicht um “jemanden”, sondern um die ZEIT handelt.

  2. Es gibt noch einen anderen Aspekt. Wer meint, die Zeit wäre Israelfreundlich scheint sie wenig zu lesen.

    Wie die ZEIT den Vorwurf des „Rufmordes“ gegen Claude Lanzmann „klarstellt“

    Wie an dieser Stelle berichtet wurde, wurde Claude Lanzmann in der ZEIT von Christian Welzbacher beschuldigt, bewusst Geschichtsfälschung zu betreiben. In der F.A.Z. schrieb Jürg Altwegg in einem lesenswerten Kommentar folgerichtig von einer „Kampagne gegen den ‘Shoah’-Autor“ und einem versuchten „Rufmord an Claude Lanzmann“. Diesen Vorwurf will man bei der ZEIT offensichtlich nicht auf sich sitzen lassen, weshalb Florian Illies in der neusten Ausgabe eine „Klarstellung“ bezüglich der „Debatte um Memoiren“ verfasst hat, die bemerkenswerterweise etwa zur Hälfte aus einer Erneuerung und Bekräftigung der Vorwürfe gegen Lanzmann besteht. Auch der Rest der „Klarstellung“ gleicht einem klassischen Eigentor.

    Update I: Sebastian Voigt schreibt in der taz ebenfalls von einem „Rufmord an Claude Lanzmann“; es sieht folglich so aus, als wäre das Ziel der „Klarstellung“ der ZEIT, die Debatte schnellstmöglichst zu den Akten zu legen, verfehlt worden.

    Update II: Auch in der SZ ist mittlerweile zu lesen, dass die in der ZEIT gegen Lanzmann erhobenen Vorwürfe unhaltbar sind und es sich folglich um Rufmord handle.

    http://zeitungfuerdeutschland.wordpress.com/2010/01/14/wie-die-zeit-den-vorwurf-des-rufmordes-gegen-claude-lanzmann-klarstellt/

  3. @ Mishehu
    Es steht im zweiten Artikel der Zeit folgendermaßen geschrieben:
    „Es geht uns also genau nicht darum, das Lebenswerk Lanzmanns zu schmälern oder die Bedeutung seiner großen Autobiografie. Es geht um Ruferhaltung, nicht um Rufmord.“
    Was ist denn an diesen seifigen Worten nicht zu verstehen? Was daran bezieht sich auf Redslob? Und was sollte die „Ruferhaltung“ der Zeit sein – Schutzhaft mit Mitteln des „Qualitätsjournalismus“? Ist das Holtzbrincks neue Ausrichtung der Zeit als „K(r)ampfblatt des deutschen Liberalismus“, sollen wir „Die Wacht am Rhein“ dazu sagen?
    Wenn es tatsächlich um die Erhaltung von Redslobs Ruf ginge, dann wäre das an dieser Stelle zumindest missverständlich formuliert. Warum aber ist es der Zeit überhaupt ein so bedeutsames, zentrales Anliegen, Redslob vor einer angeblichen Tatsachenunterstellung zu beschützen und andere vor Claude Lanzmann zu „warnen“, sobald es um Redslobs nicht restlos erfolgreiche Balz mit dem NS-Staat geht (s.u.)?
    Insgesamt erinnert mich der Tenor dieser apologetischen Rede im zweiten Artikel der Zeit an jemandem, der durch eine ungeschickte Bewegung öffentlich gezeigt hat, was keiner sehen sollte, und der nun seinem Publikum einzureden versucht, es habe Halluzinationen. Aber das ist nur ein ganz subjektiver Eindruck von mir – halten Sie es bitte meiner Menschlichkeit zu Gute.
    @ Robert Schlickewitz: Selbstverständlich muss man auch die guten Seiten Redslobs sehen, und in der Tat ist der Mann eine sehr schillernde Figur. Nun gibt es aber auch Quellen, die sagen, er wäre vom NS-Staat nicht „entlassen“, sondern lediglich beurlaubt worden (http://www.sehepunkte.de/2009/10/15652.html). Es hat damals mehr als bloß ein Mensch eine schlimmere „Strafe“ als 12 Jahre Urlaub auf Staatskosten erfahren, aber daran muss ich Sie nicht erinnern, lieber Herr Schlickewitz.
    @ All
    Vor dem Hintergrund der beiden Veröffentlichungen Redslobs (Reichstraße 1 von 1939/Goethes Begegnung mit Napoléon, von 1944; letzteres ließ Himmler in einer Sonderausgabe von 1000 Stück für die SS nachdrucken) braucht es wahrlich keine Vierzeiler, um Redslobs Anliegen, an entscheidender Stelle des NS-Staates ganz tief reinzukriechen, konstatieren zu können.

    Aus meiner Zeit an der FU weiß ich, dass die Poem-Episode dort eher als Treppenwitz gehandelt wurde. Damals (1988) hieß es, man könne es nicht mit letzter Gewissheit sagen, aber sich nur zu genau vorstellen, dass Redslob sich auch in der Lyrik dem NS gegenüber gefällig zeigen wollte.

    Natürlich stehen auch Verdienste, aber es ging eben nicht um das Thema Redslob, sondern – wie gesagt – darum, dass die Zeit einen ebenso absurden wie psychisch entlastenden „Einwand“ gegen Claude Lanzmann erheben zu können meint.

  4. @ Onkel Hans, ach stimmt ja. Das Timing. Wie konnte ich das übersehen? Natürlich war das geplant. Vielleicht hat sich sogar die ZEIT mit den Antisemiten abgesprochen. Sag mal, geht’s noch Onkelchen? Lese doch mal für einige Wochen die ZEIT, dann wirst Du ihre Einstellung gegenüber Israel schon herausfinden.

    @Gerrit
    Du schreibst:
    „und ich glaube auch, dass Claude Lanzmann auf Erhaltungsangebote seitens der Zeit gut verzichten könnte“

    Es ist unfair jemanden in die Nähe des Nationalsozialismus zu rücken, der sich selbst gegen die Vorwürfe nicht mehr wehren kann. Deshalb denke ich, dass die ZEIT ihre „Ruferhaltung“ auf Redslob selbst bezieht und nicht auf Lanzmann.

    Unglaublich ist, dass die Propaganda von damals, bis in die gegenwärtigen Artikel hineinzureichen scheint.

  5. @Gerrit, die „Theorie“, wie Du schreibst, ist doch leicht nachvollziehbar. Für die BZ war es doch gefundenes Fressen, den Artikel von Lanzmann zu veröffentlichen. Einem jungen Dozenten aus dem Herzen der FU, dem es verboten wurde Vorträge über Antisemitismus zu halten. Das Gedicht hat Redslob ja schon geschrieben, nur war es nicht an Frau Göring gerichtet. Das hat sich die BZ dazugedichtet.

    Es ist schlimm genug, dass Lanzmann die Vorlesungen nicht halten durfte und dass keine Zeitung im Westen Berlins seinen Artikel darüber nicht veröffentlichen wollte. Die Hinzuerfindung des „Gedichts an Frau Göring“ war doch so gar nicht nötig.

    @ Schlickewitz
    “1920 Reichskunstwart im Reichsinnenministerium. 1933 Entlassung wegen Förderung ‘entarteter Kunst’. 1948 (bis 1954) Professor der Freien Universität Berlin, 1949/50 Rektor…”

    Was soll denn daran verwirrend sein. Spricht doch eher eigentlich für ihn.

  6. @Mishehu@ da ist ja jetzt der „böse Jude“ Lanzmann entlarvt, wie konnte er auch einen Film wie „warum Israel“ machen, wo doch die „guten Juden“ jetzt dafür eintreten, diesen Staat abzuschaffen?
    All das nur ganz zufällig ein paar Wochen nachdem eine Horde von linken Antisemiten die Vorführung des Lanzmann-Filmes gewaltsam verhindert hat?

  7. Der gewöhnlich über die NS-Vergangenheit seiner ‚Schäfchen‘ wohlinformierte Ernst Klee, Geschwister-Scholl-Preisträger und Autor einiger gehaltvoller personenbezogener Nachschlagewerke, hält in seinem „Kulturlexikon zum Dritten Reich“ über Redslob Angaben bereit, die ein noch verwirrenderes Licht auf diesen Mann werfen:
    „1920 Reichskunstwart im Reichsinnenministerium. 1933 Entlassung wegen Förderung ‚entarteter Kunst‘. 1948 (bis 1954) Professor der Freien Universität Berlin, 1949/50 Rektor…“

  8. @ Misheho
    Ich wäre mal gespannt, anhand welcher Belege Herr Staadt seine Abwesenheits-Theorie begründet. Aber ich nehme an, Sie kennen seine Forschung gut genug, um sich hier so uneingeschränkt zu ihr zu bekennen.

    Der Redslob-Biograf indes bestreitet an keiner Stelle seines Zeit-Artikels, dass fragliches Poem aus Redslobs Feder kam. Hätte er sich diesen Coup aufgespart, wenn es ihn gegegben hätte? Kannte er Herrn Staadts Forschung nicht? Oder verzichtete er darauf, weil er sie kannte?

    Nebenbei: Es kommt eine frühere Untersuchung, die mit den „Umständen“ zur Gründung der FU recht konziliant umgeht, zu dem Schluss: „Daß die Hinweise über frühere Bekenntnisse zum NS bei Kroh und anderen FU-Professoren mit Gründungsväterstatus in einem allgemeinen Sinne den Fakten entsprachen, davon ist auszugehen.“ (Retter, Hein, op. cit.)

    Und daran möchten sich einige Leute heute wohl nicht mehr so richtig gerne erinnern, scheint mir, denn warum sonst sollten sie sich „angegriffen“ fühlen?

  9. Im wesentlichen geht es darum, dass die Zeit in ihrem ersten Artikel („kleine Warnung“) einen Menschen und sein Werk unter einen Pauschalverdacht gestellt hat, der nur knapp vor der Geschichte selbst halt machte, für deren lebendige Erinnerung Claude Lanzmann und sein Werk stehen.
    Wenn die Zeit jetzt in der Tat zurückrudert und beteuert, es ginge ihr gar nicht um „Rufmord“, sondern um „Ruferhaltung“, dann kommt diese Einsicht etwas spät und ich glaube auch, dass Claude Lanzmann auf Erhaltungsangebote seitens der Zeit gut verzichten könnte.

  10. Zu dem vermeindlichen Gedicht schreibt

    „Jochen Staadt, Zeithistoriker an der Freien Universität, veröffentlichte in Erwiderung auf Lanzmann bereits in der Zeitschrift des Forschungsverbundes SED-Staat (Nr. 25/09) den Hinweis: »Redslobs Gedichte für Emmy Göring, von denen Lanzmann in der ›ZEIT‹ sprach, gab es nicht.« Es handele sich vielmehr um eine kommunistische Denunziation Redslobs aus dem Jahre 1950. Damals veröffentlichte im Ostteil der Stadt die Berliner Zeitung Gedichte von Redslob für die Porzellanmanufaktur Kopenhagen aus den vierziger Jahren, die diese zu Werbezwecken einsetzte, unter der fingierten Ãœberschrift »An Emmy Göring«.“

    in der aktuellen Zeit.

    http://www.zeit.de/2010/03/Lanzmann

    Welzbacher hätte sich auf das Wesentliche konzentrieren sollen, anstatt auf so eine herablassende Art über Lanzmanns Buch zu schreiben. Vielleicht gäbe es die ganze Aufregung dann so nicht.

  11. Was soll da nicht in Ordnung sein? Welzbacher spricht von Fälschung und behauptet, dass schon ein flüchtiger Blick zeigt, dass die Redslob Sache nicht das einzige ist.. Die Zeit hat ja nun auch schon zurückgerudert..
    Alle ganz entspannt.. Ob Lanzmann das auch ist, wenn er in Deutschland der Fälschung bezichtigt wird?
    Ãœbrigens war die Zeit nicht die erste Zeitung, die zu Hamburg berichtet hat, das war die Jungle World, schon drei Wochen vorher..

    Entspannte Grüße
    Carla

  12. „Tatsächlich ist es wohl so, dass Redslob nicht allein wegen Claude Lanzmanns Artikel in der „Berliner Zeitung“ gehen musste.“

    Aber darum geht es doch. Lanzmann behauptet in seiner Autobiographie Edwin Redslob (und andere zusammen mit ihm) musste einzig und allein wegen seines Artikels in der BZ gehen. Die ZEIT hat dem widersprochen. Was soll da nicht in Ordnung sein? Außerdem hat der Verleger des Rowohlt Verlages mitgeteilt, dass sich Lanzmann die neu aufgetauchten Fakten von Welzbacher anschauen wird. Alle bleiben völlig entspannt. Nur einige Leute bei der FAZ und der Herr weiter oben scheinen etwas angriffslustig zu sein.

    Ach und nebenbei: die ZEIT war die erste überregionale Zeitung, die über den Vorfall in Hamburg berichtet hat, bei dem linke Demonstrantn die Ausstrahlung des Lanzmann-Films „Warum Israel“ verhinderten.

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