Cypern liegt im östlichen Mittelmeer in jenem spitzen Winkel, wo sich die kleinasiatische und die syrische Küste überschneiden. Unter dem Kaiser Gajus wies Cypern eine starke jüdische Bevölkerung auf, die mit der griechischen friedlich nebeneinander lebte. Es war ein fruchtbares Land. Die zum Judentum bekehrte Partherkönigin Helene von Adiabene brachte cyprische Früchte für den Tempel nach Jerusalem. Der Talmud rühmt den cyprischen Wein. Aber unter Kaiser Trajan gab es jüdische Aufstände, blutige Verfolgungen, Vertreibungen, Ausrottungen. Die Juden verließen das Land…
Dr. Mark Wischnitzer, Die Juden in der Welt: Die Inseln des Mittelmeers
Es steht nicht fest, wann sie es wieder betraten, ob sie den Import von Früchten aus Zypern, den der Talmud erwähnt, an Ort und Stelle selber betrieben oder nicht. Jedenfalls hatte Benjamin von Tudela auf seiner Weltreise in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts jüdische Gemeinden auf Cypern vorgefunden. Eine Judensekte hatte er da kennengelernt, die eigentümlicherweise den Sabbat von Sabbat früh bis Sonntag früh feierte. Juda Leo Mosconi aus Bulgarien besuchte die Juden auf Zypern im 14. Jahrhundert. Es gab Indigo-, Baumwoll- und Zuckerpflanzungen. Die Juden kamen in dem reichen Lande zu Wohlstand. Jüdische Ärzte waren gesucht und standen hoch in Ansehen.
Die vielfach verschlungenen Schicksale der Insel, in deren Herrschaft während der Renaissance Venedig die Genuesen ablöste, sollten sich in denkwürdiger Weise mit dem Lebensweg zweier hervorragender Juden kreuzen. Der portugiesische Flüchtling Josef Nassi (J0a0 Miques), der in der judenfreundlichen Türkei eine zweite Heimat gefunden hatte, setzte es durch, daß die islamische Macht die Insel Cypern der christlichen Stadtrepublik entriß. Im 19. Jahrhundert war es Disraeli, der Sproß einer nach England seit zwei Generationen eingewanderten Marannenfamilie, der die strategisch wichtige Insel seinem Vaterland sicherte.
In den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts tauchten bereits Projekte einer jüdischen Besiedlung Cyperns auf. Das Interesse für Palästina wird auf das so verlockend nahe gelegene, klimatisch und geologisch verwandte Land zwangsläufig ausgedehnt. Jüdische Kolonisten kommen auf die Insel, scheitern aber 1897, und nachher, im Jahre 1900, werden mit Hilfe der Jewish Colonisation Association neue Siedlungen gegründet. 1906 wagen sich 100 Familien aus dem Gouvernement Poltawa nach Cypern. Sie ziehen wieder fort. Es kommen Juden aus dem Londoner Whitechapel, aus Rumänien, Rußland, sogar aus Palästina. 1921 zählt Cypern195 Juden. 1925 wandert ein Teil nach Palästina und Australien ab. 1926 gibt die ICA die Kolonien auf.
Abb.: Bilder von einer Reise nach Jerusalem
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Mit außerordentlicher Zähigkeit werden die Siedlungsversuche immer wieder erneuert. Im Jahre 1933 werden von palästinensischen Gruppen größere Bodenkomplexe angekauft. Es soll parzelliert, es soll kolonisiert werden. Seither verschwindet Cypern nicht mehr aus den Spalten der jüdischen Presse.
Das Land ist etwa halb so groß wie das heutige Palästina, vornehmlich Gebirgsland; ein kleinerer Gebirgszug erstreckt sich längs der nördlichen Küste, das Hauptgebirge im Südwesten der Insel erreicht 2000 m über dem Meeresspiegel und weist Fichten- und Kiefernwald auf. Zwischen den beiden Gebirgszügen liegt die Ebene, in der sich das Hauptmassiv mit kleinen Erhebungen fortsetzt. Das Flachland wird auf ein Drittel der gesamten Inselfläche geschätzt. Im Gebirge ist viel Wein angebaut, ferner gedeihen verschiedene Obstarten, Oliven und Karuben (der Johannisbeerbaum). In der Ebene wächst Weizen, Gerste, Hafer, Wein, Oliven, Orangen, Granatäpfel, Flachs, Baumwolle, Gemüse (besonders Kartoffeln und Zwiebeln); Viehzucht wird betrieben; Rinder, Schafe und Esel werden nach Palästina und Ägypten exportiert. Die Regenverhältnisse entsprechen etwa der Gegend von Beisan in Palästina, in gleicher Weise die Bodenbeschaffenheit.
Cypern hat eine Bevölkerung von 35o.000 Einwohnern, vier Fünftel Griechen und ein Fünftel Türken. Die Landessprache ist griechisch, die Amtssprache auch englisch. Die Gesundheitsverhältnisse sollen gut sein, wenn auch noch in manchen Orten Malariagefahr besteht. Die Haupthäfen sind Famagusta, Larnaca und Limassol. Die Hauptstadt Nicosia (26.000 Einwohner) liegt unweit von Larnaca. 200.000 Menschen ernähren sich von der Landwirtschaft. Im Südwestgebirge gibt es einige bedeutende Minengesellschaften. Das bewaldete Hochgebirge wird im Sommer von Erholungsbedürftigen aus Palästina, Syrien und Ägypten aufgesucht. Über ein Drittel der Bevölkerung lebt in den Städten, und zwar von Handel, Handwerk und Kleinindustrie. Versuche auf dem Gebiete der Gerberei und der Seidenindustrie wurden unternommen. Die Fremdenindustrie ist noch in den Anfängen, aber entwicklungsfähig, da das Land archäologisch, auch insbesondere vom jüdischen Standpunkt aus, interessant ist. Man wird sich jenes erstaunlichen Fundes erinnern, des Bronzewaschbeckens aus Larnaca, das in der biblischen Beschreibung der Geräte des Salomonischen Tempels sein getreues Gegenstück fand.
Groß ist die Aufnahmefähigkeit des Landes nicht, aber in unserem Zeitalter der verschlossenen Türen wird jede Niederlassungsmöglichkeit geprüft werden müssen, auf diesem Vorposten Palästinas ganz besonders, der von jeher zu dessen engerem Kulturkreis gehört hat.
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