Abgereiste Gastgeber Steinmeiers

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Der bundesdeutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat für seine 14. Nahostreise einen denkbar schlechten Zeitpunkt ausgewählt. Zwar traf er den Staatspräsidenten Schimon Peres, Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und die Oppositionschefin Zipi Livni. Doch die wichtigeren Gesprächpartner waren kurzfristig verreist…

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 6. Juli 2009

Bei Verteidigungsminister Ehud Barak hätte Steinmeier unter vier Augen vielleicht doch mehr erfahren über mögliche israelische Angriffspläne auf den Iran. Barak hatte am Sonntag Journalisten beschieden, dass er nicht alles lesen könne, was in den Zeitungen stehe, als er nach Presseberichten über angebliche israelische Vorbereitungen zu einem Militärschlag befragt worden war. Es gab dementierte Gerüchte, wonach Saudi Arabien seinen Luftraum für israelische Kampfflugzeug freigebe, falls die nach Iran fliegen wollten. Dann gab es die zunächst verleugneten und schließlich doch bestätigten Behauptungen über einen Ausflug der im deutschen Kiel gebauten israelischen U-Boote der Dolphinklasse. Erstmals fuhren sie aufgetaucht durch den ägyptischen Suezkanal vom Mittelmeer ins Rote Meer. Gemäß ausländischen Berichten können diese U-Boote aus ihren überdimensionalen Torpedo-Rohren atomar bestückte Marschflugkörper abschießen. Das Rote Meer mündet bekanntlich in den indischen Ozean und von dort ist es nicht mehr weit zur Küste des Iran. Die Fahrt des U-Boots war also auch eine Drohgebärde an die Adresse Teherans.

Zu einem offiziellen Besuch in Israel gehört zum Ausgleich fast immer ein Abstecher nach Ramallah zur palästinensischen Autonomiebehörde dazu, nach „Palästina“, wie Steinmeier sagt, als gäbe es schon einen Staat mit diesem Namen. Nur selten, wie zuletzt Kanzlerin Angela Merkel, kommen ausländische Besucher, um allein dem Staat Israel die Ehre zu erweisen.

Doch wie das Pressebüro der Botschaft am Montag überraschend mitteilte, falle für Steinmeier diesmal der Besuch in den „Palästinensergebieten“ ins Wasser, weil Präsident Mahmoud Abbas ins Ausland verreist sei. Niemand weiß, wohin es ihn verschlagen habe. „Vermutlich ist er vielleicht in Amman in Jordanien,“ erklärte der Medienberater des Präsidenten und fügte sicherheitshalber hinzu: „Aber ich weiss es nicht genau.“ Ersatzweise habe sich Steinmeier mit dem Chefverhandler der Palästinenser, Saeb Erekat, in Jerusalem getroffen. Der verpasste ihm laut Delegationsberichten so einige „Adrinalinspritzen“. Während Erekat angeblich die Deutschen aufforderte, endlich für Ordnung in Somalia zu sorgen, referierte ein hochrangiger israelischer Gesprächpartner ausführlich über die Gefahren Nordkoreas. „Beide Seiten haben eine Fähigkeit, von ihren eigenen Problemen abzulenken“ resümierte ein hohes Delegationsmitglied lachend dieses Ausschwärmen in ferne Gefilde.

Neben dem Pflichtbesuch in der Holocaust Gedenkstätte Jad Vaschem am Morgen, stand für Steinmeier am Abend noch ein öffentlicher Auftritt an: eine gemeinsame Pressekonferenz mit dem tatsächlichen israelischen Außenminister Avigdor Liberman. Seit Tagen wird darüber gemunkelt, ob Liberman auf das Abstellgleis abgeschoben worden sei und die Außenpolitik kaum mitgestalte. Denn der „de facto“ Außenminister sei Verteidigungsminister Ehud Barak. Der pendelt zwischen London und Washington pendelt, um mit den Amerikanern über die umstrittene Siedlungspolitik zu verhandeln. Staatspräsident Schimon Peres ist inzwischen „Außenminister für arabische Angelegenheiten“ geworden und reiste am Dienstag nach Kairo zu Gesprächen mit Präsident Hosni Mubarak. Auch Ministerpräsident Ben Netanjahu kümmert sich intensiv um die Außenbeziehungen. In der vergangenen Woche besuchte er den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy. Der habe Netanjahu ans Herz gelegt, Liberman durch Livni auszuwechseln. Das war eine derart ungeheuerliche und empörende Einmischung in die innere Personalpolitik der israelischen Regierung, dass Netanjahu seinen Botschafter in Paris, Dany Scheck, anwies, Sarkozys Anmerkung nicht seinem Chef Liberman zu übermitteln. Der Botschafter schwieg weisungsgemäß. Stattdessen besorgte die israelische Presse die Übermittlung der peinlichen Nachricht per Schlagzeilen in den Zeitungen.

Kurz vor der Pressekonferenz mit Steinmeier am Montag Abend in Jerusalem erklärte der „rechtsextremistische Hardliner“ Liberman, dass er immer noch voll im Amt sei. Die Verhandlungen über die Siedlungen könne er jedoch nicht führen, weil er „befangen“ sei. Liberman ist Siedler bei Tekoa, südlich von Bethlehem. Er wolle nicht beschuldigt werden, aus „eigenem Interesse als Siedler“ zu verhandeln.

Ohne sich auch nur einmal in die Augen zu schauen, beschwört Liberman neben Steinmeier die wichtige Rolle Deutschlands im Nahen Osten, während Steinmeier sich verbal für die Sicherheit Israels einsetzt. Liberman beschuldigt allein die Palästinenser, weshalb es keine Friedensverhandlungen gebe, während Steinmeier den fortgesetzten israelischen Siedlungsbau zum Hindernis auf dem Weg zum Frieden macht.

© Ulrich W. Sahm / haGalil.com