„Gutgemeinte Warnung“: Ursula Haverbeck-Wetzel wegen Beleidigung verurteilt

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Ursula Haverbeck-Wetzel, die ehemalige Vorsitzende des inzwischen verbotenen rechtsextremen “Collegium Humanum” aus Vlotho (Kreis Herford), ist am Dienstag, 30. Juni, wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Das Amtsgericht in Bad Oeynhausen (Kreis Minden-Lübbecke) sah es als erwiesen an, dass die 80-Jährige in einem Brief an die Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, diese beleidigt hatte…

indi-rex, 30.06.2009

Das Schreiben der Geschichtsrevisionistin ging beim Zentralrat ein, nachdem Knobloch ein Verbot des “Collegium Humanums” gefordert hatte. In dem Brief, den Haverbeck-Wetzel im Januar 2008 an den Zentralrat geschickt hatte, hieß es unter anderem, Knobloch solle in ihr “Ursprungsland” zurückkehren, falls es ihr in der Bundesrepublik nicht gefalle. Außerdem “warnte” die Revisionistin: “Machen Sie so weiter wie bisher, dann könnte sich ein neues Pogrom ereignen, das entsetzlich würde.” Knobloch hätte sich außerdem nicht in “innerdeutsche Angelegenheiten” einzumischen. “Bereiten Sie sich auf den Tag der Wahrheit vor. Er ist nahe und nicht mehr aufzuhalten.”, so Haverbeck-Wetzel zu Knobloch an einer anderen Stelle.

Die Amtsrichterin verurteilte Haverbeck-Wetzel wegen der Beleidigung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu jeweils 30 Euro. Unter Einbeziehung einer noch abzuzahlenden Strafe wegen Volksverhetzung muss die 80-Jährige nun 90 Tagessätze zahlen, insgesamt also 2700 Euro.

Nicht abgenommen hatte die Richterin der Verurteilten, dass die Aussagen in dem Brief lediglich ein “warnender Hinweis” an den Zentralrat der Juden gewesen seien. Knobloch sei persönlich im Brief angesprochen und durch die Diffamierungen beleidigt worden, so das Urteil.

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Ursula Haverbeck-Wetzel nach der Verhandlung, Foto: © indi-rex

Bereits dreimal wurde Haverbeck-Wetzel, deren verstorbener Mann einst Mitglied der Reichsleitung der NSDAP gewesen war, innerhalb der zurückliegenden fünf Jahre wegen Volksverhetzung verurteilt.

Haverbeck-Wetzel äußerte sich über ihren Rechtsanwalt Wolfram Nahrath, der eine Stellungnahme verlies, zu der Anklage. Sie kritisierte die angeblich “fehlende Unabhängigkeit” von Staatsanwälten und Richtern. Die “Sonderrechte” der Juden, so die Angeklagte, seien nicht länger hinnehmbar. “Es könnte ein böses Aufwachen geben”, hieß es in dem Statement. Letztendlich sei das Schreiben jedoch lediglich eine “gutgemeinte Warnung” gewesen.

Anwalt Nahrath war ehemaliger Bundesführer der neonazistischen “Wiking-Jugend” und Aktivist in der im März dieses Jahres verbotenen “Heimattreuen Deutschen Jugend”. Das NPD-Mitglied aus Brandenburg betreibt seine Kanzlei in Berlin.

Ob die Verurteilte Berufung gegen das Urteil einlegt, ist nicht bekannt. Anwalt Nahrath hatte während des Prozesses die Einstellung des Verfahrens beantragt, was jedoch abgewiesen wurde. “Das Verfahren hätte nicht stattfinden dürfen”, so Nahrath in seinem Plädoyer. Zuvor hatte er “Mängel” in dem Strafbefehl gesehen, gegen den Haverbeck-Wetzel Einspruch eingelegt hatte.

Sympathisanten der 80-Jährigen hielten vor Prozessbeginn ein Transparent mit der Aufschrift “Meinungsfreiheit auch für Deutsche” vor dem Amtsgericht. Im Zuschauerraum verfolgten rund 30 Rechtsradikale den Prozess. Darunter auch Mitglieder der NPD wie der Verdener Ratsherr Rigolf Hennig.

Ein Zwischenruf aus dem Zuschauerraum unterbrach das Plädoyer der Staatsanwältin und sorgte für Wirbel. Als die Juristin darauf hinwies, dass die Äußerungen Haverbeck-Wetzels die Ehre der Präsidentin des Zentralrats der Juden verletzen würden, rief ein Anwesender aus dem Publikum: “Wenn man eine Ehre hat!” Nach dem mehrminütigen Schlusswort von Haverbeck-Wetzel applaudierten viele der anwesenden Rechten. Mit aggressiv-antisemitischen Äußerungen hielt sich die 80-Jährige zurück.

Im Mai 2008 hatte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble das “Collegium Humanum”, das bis dahin als Anlaufstelle für Ultra-Rechte und Holocaustleugner.

© indi-rex — Informationsdienst Rechtsextremismus

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