Aviv (hebr. Frühling) Geffen kommt als Friedensbotschafter nach Berlin und beginnt gleichzeitig mit seinem Konzert am 17.1.09 seine Europa-Tournee. Geffen, der in Israel ein umstrittener Superstar ist, geliebt wie gehasst, kämpft mit seiner Gitarre für den Friedensprozess im Nahen Osten…
Von Anke Dreyer
Nach der Taschen- und Personenkontrolle (Geffen hat schon mehrere Morddrohungen bekommen) werden die Fans am Eingang des Postbahnhofs im Ostbahnhof in Berlin nach ihrer Meinung befragt, was Aviv Geffen für den Friedensprozess im Nahen Osten tun kann. „Musik überschreitet Grenzen“, findet ein junger Mann, „Aviv Geffen spricht als Israeli für die Palästinenser, für die Beendigung der Besatzung, für Frieden und Gespräche.“ Leider ist Aviv Geffen bis jetzt noch nicht von der palästinensischen oder syrischen Seite wahrgenommen worden. „Weil sie Feiglinge sind und sie Angst haben“, sagt Geffen in einem Interview.
Wer aber von Geffen auf der Bühne eindeutige gesprochene politische Statements erwartet, wird enttäuscht. Geffen gibt keine politischen Phrasen von sich. Im schwarzen Kleid, mit Kajal um den Augen, steht er auf der Bühne, androgyn und unnahbar. „Mein Vater trank und meine Mutter kaufte lieber Haschisch als Spielzeug für mich, darüber ist der nächste Song“, sagt Aviv Geffen. Geffen singt nicht, sondern schreit alles heraus, was an Wut, Schmerz und Trauer in ihm ist, ein einsames, verletztes Kind. Man glaubt ihm jedes Wort und leidet mit. Totenstille. Eine Achterbahn der Gefühle. Geffen schont sein Publikum nicht, sondern nimmt es mit in die Abgründe seiner Seele.
„Love“ steht auf seinem weißen T-Shirt beim Song Berlin. Eine Widmung an Berlin? Nein. Geffen grinst und erzählt die Story einer ehemaligen Liebe zu einem Mädchen aus Hamburg, die so kalt ist wie Berlin, so verrückt wie Berlin. Eine Liebe, die kein Happy End hat. Traurigkeit. „Ich denke, das Gefühl, das alle Menschen teilen, ist die Traurigkeit. Jeder weiß, was es heißt, traurig zu sein“, sagt Geffen. Das Publikum versteht ihn. „It´s cloudy now“ ist ein Vorwurf an die verlogene Gesellschaft, was in Israel dazuführte, dass die Textzeile „We are the fucked generation“ überblendet wird.
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„Wir sind die verarschte Generation“, schreit Geffen wütend und reißt das Love-T-Shirt ein. Der Tod hat begonnen. Das Sterben geht weiter. „Heros“ ist eine einzige Anklage an den Krieg, an das Töten, an die Heldenverehrung, an ein sinnloses Sterben von Menschen. „Ich bin Israeli und es gibt Kämpfe in meinem Land,“ sagt er. Ein Zurückbleibender, der Menschen verliert und aus Trauer und Wut sein T-Shirt zerreißt. Geffen singt keine Songs, er lebt sie und lässt sein Publikum daran teilhaben.
Wer gute Laune und Zufriedenheit nach dem Konzert erwartet, wird enttäuscht. Geffen hinterlässt Nachdenklichkeit, Zweifel und die Verantwortung, Dinge in Frage zu stellen. Sein Anliegen ist es, hier mehr Bewusstsein für gesellschaftliches Engagement zu schaffen. Es könnte ihm sogar gelingen.
Aviv Geffen für Gilad Schalit: Du bist unser aller Kind:
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Ein Schleier der Tristesse legte sich über unsere Seelen, unser Land! Es regiert die Macht. Ihr ist es egal ob wir immer ärmer werden, ob Menschen ihr Leben verlieren, oder in Terrorgefangenschaft geraten. Aviv singt für und über Gilad; wie mag es wohl erst in dessen Seele aussehen?
„Rozim lalechet mikan!“
Das ist furchtbar traurig. Wir haben den Wahn der Siedler zugelassen, fanatische Parteien werden immer staerker, die Alimut wurde seit der Ermordung Rabins mehr, nicht weniger, und unsere Kinder wollen nichts wie raus.
Nur mal so ein Gedanke.
Vielleicht koennen wir noch etwas aendern, wenn wir es endlich erkennen und uns eingestehen.
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