Tilgt den „Joker“ aus eurem Gedächtnis

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Traktat eines Verstörten…

Von Jossi Reich

Erster Prolog:

Als der blutjunge mexikanische Indio-Passbeamte mich an diesem historischen Abend lieblos-argwöhnisch musterte – ich hatte mich im neuen Jahr Mitte Januar kurzfristig entschlossen, meinen kleinen mickrigen Arsch aus meiner Heimatsstadt Tel-Aviv nach Mexiko-City zu bewegen, um im Rahmen einer einwöchigen Expedition die dortigen Investitions- und Entwicklungsmöglichkeiten zu erkunden und war dort gerade nach einer äußerst geruhsam-klimafreundlichen Atlantik-Überquerung gelandet – nachdem besagter Passbeamte also wie gesagt etwas mißtrauisch meinen israelischen Pass beäugt hatte und mich fragte, ob ich schon mal davor in Mexiko gewesen sei, stotterte ich verlegen: ja, vor einem knappen Jahr, allerdings mit meinem deutschen Pass, den hätte ich allerdings gerade verloren. 5 Minuten später fand ich Dummkopf mich wieder in einer Art von Wartezimmer, wohin mich ein nicht ganz so freundlicher Polizeibeamter hingeführt hatte, um mir dann, meinem lautstarken Protest zum Trotz das Telefon gewaltsam zu entwinden. Zusammen mit den anderen, kurzzeitig Inhaftierten, die auf vier Stuhlreihen sitzend, mit ihrem Schicksal haderten, starrte ich mißmutig, bedrückt und schon etwas traumatisiert auf einen großen Flach-Bildschirm, auf dem zu meinem deprimierten Überdruß ausgerechnet der „Joker“ lief. Einige Wochen zuvor nämlich hatte ich ein viel zu langes Traktat über dieses verstörend-unangenehme Filmwerk verfasst, es viel zu spät beendet, und konnte es bereits von daher nirgendwo mehr veröffentlichen.

Erschrocken und quasi-hypnotisiert, in dem Bewußtsein wahrscheinlich noch etwa zwei Stunden festgehalten zu werden, bevor sie mich blass-übernächtigten Jetlack-Gringo nach weiterer Überprüfung gehen lassen würden, musste ich unter anderem nochmal diese allerwiderwärtigste, blutigste, brutalste und übelerregenste Blutorgien-Mordszene über mich ergehen lassen, als der Protagonisten-Wahnsinns-Clown im Affekt ausgerechnet jenen Clowns-Kollegen erbarmungslos niederstach, der ihm irgendwann aus purer Hilfsbereitschaft eine Schußwaffe zugesteckt hatte, damit er während seiner anstrengenden Arbeit als Reklame-Straßenclown nicht noch einmal von einer jugendlichen Straßengang einfach nur so zum Spaß verprügelt werden würde. Der trockene Zynismus, welcher hemmungslos beim Kinogänger- Netflix- und sonstigen Publikum dessen Gewaltgeilheit, sowie absolutes Mißtrauen ins Zwischenmenschliche ausnützte bzw. befriedigte; wo mit unmotiviert-wahlloser Mordgier Freundschaft, Kollegialität und Solidarität schlichtweg zur Farce erniedrigt wurden, durch die unappetittlich-qualvolle Ermordung mit der Stichwaffe in absurd-unmenschlicher Verkehrung kalt-lächelnd-mordlüstern grinsend, auf die Unnötigkeit des Schußwaffengebrauchs verwiesen wurde, bestände denn der Wunsch einen Mord zu begehen; all das fand ich zum Kotzen im Übermaß. Ich empfand vollstes Verständnis für mich selbst und mein löchriges Gedächtnis, darüber daß diese Szene in dem unten gleich folgenden, im Sommer 2019 verfassten Traktat keine Erwähnung fand, ich sie schlicht und einfach umgehend verdrängt hatte.

Zweiter Prolog:

Am unausgeschlafenen Tage nach der, einen Monat später Mitte Februar stattgefundenen Oscar-Nacht postete ich auf der Facebook-Page unserer Journalismus- und Aktivismus-Website fairplanet.org einen Photo-Shoot von Joaquin Phoenix während seiner Dankesrede, worunter das folgende Zitat daraus zu lesen war:

„Wir fühlen uns berechtigt, künstlich eine Kuh zu befruchten und ihr Baby zu stehlen, wenn sie es gebärt. Dann nehmen wir ihre Milch, die für ihr Kalb bestimmt war und tun sie in unseren Kaffee und unsere Cornflakes.“

Dazu kommentierte ich wie folgt: „Eventuell die bewegenste, authentischste und wichigste Best-Actor-Oscar-Dankesrede ever. Joaquin Phoenix erwähnte bei dieser Gelegenheit nicht den wohlbekannten Tatbestand, daß Entwaldung mehr Kohlendioxid in unserer Atmosphäre freisetzt als alle PKWs und LKWs weltweit zusammen, wobei etwa 80 % dieser Rodungen der Gewinnung von Weideland oder Anbauflächen von Futterpflanzen dient. All diejenigen unter uns, die sich eher ungerührt zeigen im Angesicht der von ihm leidenschaftlich an den Pranger gestellten Brutalität und Unmenschlicheit unserer industriellen Schlachthäuser und Milchfabriken, sie sollten nichts desto trotz darüber nachdenken, wie massiv sich ihr eigener individueller Beitrag auswirkte, würden sie im Verein mit Hunderten von Millionen es ihnen gleich tuenden Nahrungskonsumenten 77 Prozent ihrer Ernährung auf vegan umstellen, sowie den fleischlich-milchigen Rest aus biologisch-zertifizierter und regionaler Produktion beziehen. Es bräuchte in der Tat nicht so viel mehr, um den Klimawandel ernsthaft anzugehen – von der damit einhergehenden Verbesserung bzw. Erhaltung der eigenen Gesundheit ganz zu schweigen. Und jetzt hört euch drei Minuten und 33 Sekunden Joaquins Worte auf YouTube an, weint am Ende zusammen mit mir, wenn er mit tränenerstickter und gebrochener Stimme die folgende Lyric zitiert, die sein umgekommender Bruder schrieb, als er gerade mal 17 Jahre alt war: „Run to the rescue with love and peace will follow“.

Der Autor ist Gründer der satirischen Punkrock-Band Jewish Monkeys und Herausgeber von fairplanet.org.

Traktat zum „Joker“ (Sommer 2019)

Tanzt und seid schlank wie der Joker, tragt meinetwegen blutrote Anzüge, den Film an sich jedoch tilgt aus eurem heiligen Gedächtnis. Zweifelsohne sind sie so genial wie unschuldig, die Schauspiel-Größen und Filmemacher, die dieses gräßliche, Oskar-verdächtige Produkt kreiert haben. Sie haben geliefert, wofür sie prädestiniert sind, inszenierten zur richtigen Zeit großartiges Kino. Am allerunschuldigsten ist der schlaksig-verstörte, über die Kinoleinwand geisternde, tanzende und mordende Joaquin Phoenix. All die Macht seines gottgebenen schicksalswidrigen Familien-Talents investierte er in eine erbärmliche Männer-Figur, die einst als Kind vom psychopathischen Liebhaber einer fahrlässigen Mutter schwer mißhandelt wurde, als Resultat dessen nunmehr im Erwachsenenalter an schweren seelischen Gebrechen leidet und der Verderbnis entgegenstrebt. Insbesondere erinnern wir uns mit Gänsehaut seiner in Stresssituationen zwanghaft ausbrechenden, scheußlich weinerlich-wehleidigen, mit weibisch-fistelartiger Stimme vorgetragenen Lachanfälle, die uns in Mark und Bein gingen, die dieser, sich ungeheuer gekonnt abstoßend gerierende Hauptdarsteller immer wieder, wahrlich weltmeisterlich aus sich herausbrechen ließ. Die entsetzlich deprimierende Handlung vom Werdegang des bei der Mutter lebenden Looser zum Mörder-Clown schreibt vor, daß die eigentlich verdrängten Kindheitstorturen als peinigende Erinnerungen wieder bei ihm katalysiert werden, er sich demzufolge entschließt, den nach Rache sinnenden Muttermörder-Instinkt in weiten Teilen des Pubikums bestens zu bedienen, indem er die, durch einen Schlaganfall ans Krankenhaus-Bett gefesselte Mutter kurzerhand mit ihrem eigenen Kopfkissen erstickt, zur Strafe für die, durch ihre unterlassene Hilfeleistung bei ihm verursachten Seelenqualen. Eine markant-brutale Schlüsselszene, eventuell in memoriam an jenes, zu einem weitaus zurückliegenderen Zeitpunkt der Film- und Zeitgeschichte stattfindende, traurige Ende des Psychiatrie-kritischen Meisterwerks „Einer flog über das Kuckusnest“; als der aufreizend-frische, aufmüpfige Geist des von Jack Nicholson gespielten Randle McMurphy per Lobotomie für immer zum Erliegen gebracht wurde, demzufolge einer seiner Mit-Patienten, ein stummer, riesengroßer Indianer, im vollsten Einverständnis mit allen Kinozuschauer-Beteiligten sich dazu entschloß, ebenso per Kissen-Erstickungstod die debil-offenmundige körperliche Hülle, die von dem Helden der Handlung noch übrig blieb, von dessen irdischen Leiden zu erlösen, hinterher aus der Anstalt ausbüchste, um mit großen Schritten seiner ellenlangen Beine ins Morgengrauen der Landschaft zu entschwinden. Daß in den rebellischen 70ern des 20. Jahrhunderts einem zu Fall gebrachten, extravertiert-sanguinischen Aufrührer und Verursacher einer Irrenanstalt-Meuterei auf diese Art und Weise vom eigenen Kumpel aus Mitleid der Gnadentod geschenkt wird, dies in der von Climate-Change und Menschheits-Akopalypse bedrohten End-Zehnern des 21sten allerdings zur Hinrichtung einer schwachgeistigen Mutter mutiert, die ihr Kind dereinst nicht vor den Übergriffen ihres Lebenspartners in Schutz nahm, wodurch der im Erwachsenenalter zu einem lebensunfähigen, dito muttermordenden Rächer der eigenen Lebensschmach degenerierte; eventuell sagt dies eine Menge aus über die, in den letzten Jahrzehnten stattgefundende moralische Verkrüppelung unserer Kulturgenese, in was für einen psychopathischen Aktualzustand unserer Gegenwart hinein gemündet ist. 

Verdrießlich bis scheußlich erscheinen im Endeffekt auch die hoffnungsfrohen Momente, welche ein Quentchen Romantik in das quälend-erbärmliche Clownsdasein hineinschimmern ließen, als der doch eigentlich gar nicht so übel aussehende Joker in seinem heruntergekommenen social-housing-Gebäude in den altersschwachen Aufzug und eben da in eine alleinerziehende, süße Latino-Lady hineinstolpert. Die sich nach dieser Szene entfaltende Romanze spitzt sich zum Ende des Kino-Grauens furchtbar desillusionierend zu, entpuppt sich als Schimäre, die vorangegangenen, über das Elend etwas hinweg tröstenden, schon auch liebevollen Paarszenen als Halluzinationen der Phantasie des Wahnsinigen; nämlich in jenem Moment, da er sich durch die, noch halboffene Eingangstüre in ihre Wohnung hineinstiehlt, sie ihn starr vor Schreck fragt, was er hier will, es auf einen Schlag klar wird, daß er ihr ein fremder Nachbar ist, sie nie was mit ihm davor gehabt hatte, eine verstörende Wendung des Storyboards zum schlechten, welche die sowieso schon allzusehr in die Mangel genommene Zuschauer-Seele nur noch mehr betrübt. Als der üble, seelenkranke Wicht hinterher den Tatort verläßt und die Kamera ihn von hinten den Hausflur entlang watscheln sieht, will man nicht wissen, was er mit ihr angestellt hat. 

Ein weiteres, sehr unangenehm aufstoßendes Opferbild ist unsere, wie guter alter Wein reifende Italo-Amerikaner-Ikone Robert de Niro, dem wieder mal die Ehre erwiesen wurde, einen professionellen, doch sinnlosen Showmaster zu spielen. Fast genauso sinnlos, wie die Faust, die der garstige Robert-de-Niro-Macker irgendwann am Anfang der Trump-Präsidentschaft in einem YouTube-Video ballte und bar jeglicher politischen Argumentation seinen Wunsch kundtat, sie in Donalds Visage hineinzuhauen. Im „Joker“ hat er den Rebellen-Clown zu sich  eingeladen, um ihn als belustigendes Subjekt zu erniedrigen und empfängt zur Strafe dafür mitten in seiner Talk-Show die gottgewollte Kugel. Blut und Lebensgeist spritzen aus seinem Hinterkopf heraus, die armseeligen, in das TV-Studio eingeladenen Zuschauer-Komparsen ergreifen, vor Panik kreischend die Flucht. Wieder mal widerlich-saftig-gnadenlose Exekutions-Gewalt, wie das vom unsanften, stiefmütterlichen Leben und einer knallharten, unbarmherzigen Geld-Ökonomie gebeutelte und frustrierte Millionen-Publikum der Verlierer es möchte. Die unter dem Finanzjoch und Leistungsstress Ächzenden mögen das Töten. Töten kompensiert seit jeher den Frust der nicht wirklich ihr Leben leben könnenden, hat sich seit Erfindung des Kinos und des Fernsehkastens bis in unser heutiges digitales Fake-Zeitalter zu einem gewinnbringenden, integralen Bestandteil der Show-Industrie gemausert, der man die Gewaltgeilheit immer nur nachsah.  Wie wäre es, einfach mal Tötungsszenen sowie Kleinwaffen, beziehungsweise Killer-Instrumente zu verbannen, zu verbieten? Den Filme-Guckenden und Sensations-Süchtigen eine, wenn auch unfreiweillige Atempause zu gönnen, sie zu einem gewaltfreien Innehalten anzuhalten? Auf solche naiv-unkommerzielle Gedanken kommt kaum einer, außer vielleicht ein paar bemitleidenswerte Geistliche oder ein attraktiv-unattraktiver Erleuchteter wie ich, aber bestimmt nicht die Macher des „Joker“. Mit dem todsicheren Instinkt für das Angesagte haben sie dem Amerika der Looser und Gescheiterten, welches einen psychisch gestörten Lügen-Clown zu ihrem Präsidenten gewählt hat, den historischen Zerrspiegel des abgefuckten New-York vor die Nase gehalten, wie es vor etwa 40 Jahren aussah. Batmans häßliche, vergammelte, heruntergekommene, am Boden liegende Planeten-Metropole Gotham City ist insofern keine Comic-Zeichnung mehr für Onanier-freudige, pupertierende Jungmänner, sondern ein glasklares Abbild der wirtschaftsdepressiven 80er, jene Ära, welche den Virus des sich androhenden Weltuntergangszenario unserer heutigen Gegenwart bereits mit aller Vehemenz in sich trug, kurz bevor die Digitalisierung und das Internet Einzug erhielten in unser Dasein, die Immobilien-Preise sich wieder aufrappelten und zusammen mit neuen jungfräulichen Büro- und Wohntürmen und einem unersättlichen Aktienmarkt noch rapider in die Höhe schnellten denn je. Trotz oder gerade wegen des Housing-Bubble-Schocks von 2008 stiegen die Kriegsgewinnler – Verzeihung – Finanzjongleure unserer Erdklima-zerstörenden Volkswirtschaft und Konsumgeilheit mit unsozial-unverhältnismäßig, außer Rand und Band geratener, astronomischer Kapital-Akkumulation zu Multimillionen- gar Milliardenschweren, quasi-feudalen Kleinherrschern auf. Im Verein mit den besonders versierten Schwerverbrechern des Planeten, sprich Diktatoren, Drogenbaronen und War-Lords aus der ärmeren und ausgebeuteteren Welt agieren sie mit ihren gigantischen Vermögensmassen bekanntermaßen oftmals aus annonymen Steueroasen heraus, die, – gäbe es eine internationale gesellschaftlich verantwortlichen Finanz-Politik –  spätestens nach der Veröffentlichung der Panama Papers abzuschaffen wären.

Aber wir wissen, sehen es und wollen es nicht wahrhaben: Während das sich unaufhörlich globalsierende Lumpenproletariat, welches die physisch-manuelle, unterbezahlt-undankbare Drecksarbeit verrichtet, sich zunehmender Entmenschlichung ausgesetzt sieht, ein Großteil der Einkommensschwächeren in gefährlicher seelischer und ökonomischer Vernachlässigung verharrt, gar von kriminellen White-Collar-Pharma-Managern in Amerika und anderstwo bewußt in die Opioid-Sucht hineingetrieben wurde; während künstliche Intelligenz und Robotika bereits darauf lauern viele dieser Menschen von ihren undankbaren Jobs zu befreien, eine schwermütig-heulend fassungs- und tatenlose Intellektuellen-Klasse all diese ausbeuterische Hemmunglosigkeit beklagt und machtlos und umsonst versucht Konzerne, Billig-Fleisch, Billig-Mode, SUVs, Verbrennungsmotore und allzu erschwinglichen Massentourismus anzuklagen; während all dies die Todesspirale der Klimaerwärmung akzeleriert, verstand sich ein engstirniger, per Lippenbekenntnis der Demokratie verpflichteter Neoliberalismus perfekt darin – obwohl er so tat, als wolle er das gar nicht – Oligarchen, Autokraten und Verbrechertypen vom Schlage Putins oder des saudi-arabischen Killer-Prinz MBS deren heimtückischen Weg nach oben zu ebnen. MBS steht voll ausgesprochen übrigens für Muhammad Bin Salman, und bitte denkt bei ihm nicht zuerst an den ermordeten und zersägten, regierungskritischen Journalisten Khashoggi, sondern an das zur Zeit wohl schwerste und am meisten unterbelichtete Menschheitsverbrechen, an die abertausenden von Jemeniten, die sein teuflisch-reaktionäres, Allah-ergebenes Saudi-Arabien mit der großzügig-geldgierigen Waffenlieferungs-Hilfe des Westens seit Jahren einer Bürgerkriegs-Hungerblockade unterzieht.

Und dann ist dann noch die primär gar nicht soziale, sondern eher unsoziale, weil merkantile, zur Gelddruckerei ausgeartete Facebook-Maschinerie, die mittels Cambridge-Analytica, russischen Internet-Trollen, und im Verein mit einem seit amerikanischen Sklavenhalter-Zeiten niemals mehr reformierten Wahlsystem einem debil- umweltzerstörerischen Demokratie-feindlichen Monster wie Donald Trump zum Einzug ins Weiße Haus verhalf. Die Verzweifelten, sich entrechtet Fühlenden, und vom Fortschritt außer Acht gelassenen, umnachtet von Fett- und Tablettensucht, social-Media-Schwachsinn, dummseligen Entertainment-Klamauk und all dem sonstigen Blödsinn-Konsum können sich in ihrer seelischen Verlorenheit mit nichts besser trösten und identifizieren als mit der primitiven Looser-Rhetorik des ehemaligen Geldkasino-Bankrotteurs und jetzigen Amtsinhaber im Weißen Haus; des zusammen mit den Baby-Boomern alt und böse gewordenen Immobilien-Developer-Erben, der wie so manche Lustknaben aus stinkreichem, aber emotional vernachlässigten Zuhause, jetzt wo er groß geworden ist, ähnlich wie unser weitaus ärmlicherer Joker nur Unfug und Chaos anrichtet, vor allem an seiner lächerlich narzißtischen Wunde zu laborieren weiß, haßerfüllt und lieblos sich einen Scheiß um das Allgemeinwohl schert, bzw. um die unseren fragilen Planeten ausbeutende, beziehungsweise ausgebeutete Menschheit.

Soweit die komplexen Wahrheiten und Fakten, die unsere brandgefährliche Global-Warming-Gegenwart bestimmen, die das ewige Eis schmelzen läßt, die Korallenriffe zum Erbleichen bringt, von der sechsten Mass-Extinction gezeichnet ist, sowie künftig von mehr und mehr Überflutungen, Tzunamis und Orkanen, welche über die meeresnahen, bevölkerungsreichsten humanoiden Siedlungsregionen des Planeten hinwegspülen, in diesem Ausmaß niemals zuvor gesehene Flüchltlingsströme hervorbringen wird und Gott behüte gar Kriege um rar werdende Nahrungs- und Wasserressourcen.

Die psychologische Analyse, mit welcher der „Joker“ die jüngste Kinogeschichte beschwert, ist demgegenüber natürlich ungeheurlich simpel und übelst brutal, obgleich sie greift. Das Horrorgemälde hypnotisiert und zieht die Zuschauermassen an, der Film mauserte sich schnell zu einem weiteren Kassenschlager der Batman-Dynastie, auch oder gerade ohne den muskulös-maskulinen Rächer im gesichts-kaschierten Fledermaus-Faschingsdress. Und das, obwohl und gerade die Herkunft seines diabolischen Gegenspielers aus den vorangegangenen Episoden portraitiert wurde. Mehr denn je zählt das Mitgefühl für den Bösewicht, für diese recht unverdauliche Galleonsfigur der Unterwelt, eine Mischung aus konzentrierter Armseeligkeit und versauter Herkunft. Der verlorene Kapputnik aus der Clowns-Gilde, der gerade gut genug ist, Billigwerbung auf der Straße unter das achtlos an ihm vorbeirauschende Straßenvolk zu bringen, von einer gelangweilt-gewalttätigen Teenager-Gang verprügelt wird, daraufhin von einem wohlmeinenden Clowns-Kollegen zum Zwecke der allgerechten Selbstverteidigung eine Knarre zugesteckt bekommt, die ihm, als er vor Kinderpatienten im Krankenhaus Faxen macht, um lachende Abwechslung in deren tristen Alltag zu bringen, just aus seiner Tasche fälllt,  weswegen er aus seinem Job gefeuert wird. Was will man mehr? Einen Killer, bzw. eine Killer-Applikation. Als Phönix aus der Asche steigt des Joaquin Phoenix ungelenke, lebensunfähige Jammerlappen-Figur erst dann auf, als er zwei von drei juvenil-betrunken-notgeilen, männlich-rüden Wall-Street-Rabauken in der Subway erschießt. Die ließen sich im leeren spätabendlichen U-Bahn-Wagon dazu hinreißen dort eine junge Frau zu belästigten, sahen sich von seiner unbeherrscht-kränklich, aus ihm hervorbrechenden Lachattacke bei ihrem MeToo-Vergehen unterbrochen, rissen ihn zur Strafe auf den Boden, maltraitierten ihn mit Fußtritten, woraufhin er quasi in Notwehr die Waffe zog.  Davon und von der Errettung der Frau aus ihrer Notlage erfährt die Öffentlichkeit in der Filmhandlung laut Drehbuch cleverer-weise nichts. Ausschließlich die Hinrichtung von Angehörigen der Banker-Kaste gelangt ans Tageslicht, katalysiert die um sich greifende Massenhysterie und nicht enden wollende, rachesüchtige Begeisterung sich selbst als Zerstörer-Clowns zu maskieren und alles kaputt zu hauen. Weshalb sich einer komplexen Realität stellen und friedlich und ohne zu töten Veränderungen bewirken? Wie langwierig und langweilig. Dieses, wenn auch spaßeshalber, rein cineastisch aufgetischte, umstürzlerische Brutalo-Konzept im „Joker“ ist – gelinde gesagt – moralisch kontraindiziert; schlicht und einfach noch ein übelriechender, nichts- und leider Gottes auch vielsagender Männerwitz mehr, welcher aus dem Sud des Hollywood-Kommerz  generiert, unser schwachsinniges Kinobewußtsein infiziert und monetarisiert. Solchermaßen verwegen mit den Bedürfnissen unserer archetypischen Totschlag-Traumatologie Kohle zu machen; einem weiblich und sensibel veranlagten Anti-Alpha-Männlein wie mir lag all dies auch noch am Morgen nach dem abendlichen Filmkonsum schwer im Magen. 

Statt die wahrhaftigen Botschaften unserer Tage zu streuen, nämlich sich dem vegan-vegetarischen Ernährungstrend hinzugeben, nur noch ganz wenig Fleisch- und Milch-Produkte zu sich zu nehmen, allerdings lediglich dann – oh Gott, wie doof  das immer noch klingt – wenn die wirklich bio sind; ferner unsere fossile Welt in eine solare umzuändern, indem wir all die Energie-Konzerne, Großbanken, Versicherungsgiganten und Landwirtschafts-Konglomerate zu unseren Boykott-, Divestment- und Sanktions-Geiseln machen, bis sie damit aufgehört haben die Natur, das Klima und das Menschliche zu ihrer Geisel zu machen? Damit nicht mehr gewissenslose Hedge-Fond-Brains mit der Steuerung des Schicksals unserer Devisen betraut werden? Damit nicht mehr superschlaue Algorythmen ersonnen werde, einzig um mit gigantisch hohen Zahlenwerten Unternehmens-Bilanzen ökonomisch zu beschönigen? Damit die immense Energie solcher Geldreserven nicht abstrahiert wird und primär sinnlos-zerstörerisch-ausbeuterischem Luxus und dem Börsenwohl dient, stattdessen in Weltverbesserung und substantielle menschliche Arbeit hineinfließt? Damit die Träger der bisherigen fossilen Falsch-Entscheidungen abgewählt und abgesetzt und soweit juristisch-ethisch notwendig vor Gericht gestellt werden? Damit nicht mehr ins 19. Jahrhundert regredierende, anti-humanitäre Nationalisten und Machiavellisten das Sagen haben? Oh heiliger Anti-Trump und Messias des post-new-age, wo bleibst Du?

All meinen geilen Brüdern und Schwestern im Geiste kann ich als alternder weiser friedvoller Schöngeist und Rebell wider das Zerstörerische nur eines allerwärmstens empfehlen: lasst uns dieses filmische Machwerk, nachdem es eventuell ein paar von diesen widerlich-güldenen, geschlechtshybriden Oskar-Götzen aus dem, wie gesagt immer noch relativ ungeläuterten Hollywood eingeheimst hat, der gute dürre Joaquin Phoenix nicht nur in der Hollywood-Nacht der Nächte zum besten Hauptdarsteller gekürt wird, und einige Wochen zuvor vielleicht gleich auch mit dem Golden Globe entlohnt wird; lasst uns diesen ganzen gottverdammten „Joker“ ganz schnell wieder aus unserer Gedächtnisplatte löschen. Die Welterrettung betreffend ist er ein kontraproduktiver Alptraum. Pfui, wie man auf Deutsch sagt, oder auf Jiddisch: Fäh!!