Dieter Kunzelmann ist tot

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Der Protagonist des „Judenknaxes“ und des linken Antisemitismus ist tot…

Von Roland Kaufhold

Dieter Kunzelmann starb am 14.5. in Berlin. Dies war zugleich, Ironie des Schicksals, der 70. Jahrestag der Staatsgründung Israels. In Nachrufen wird er als linke Ikone gefeiert. Als eine linksradikale 68er-Berühmtheit. An seinem Grab werden sich Teile seiner Szene versammeln, ganz vorne Hans-Christian Ströbele. Ströbele, der Anfang 1991 während des „Golfkrieges“ als Leiter einer Grünen Israel-Delegation in einem Interview mit Henryk M. Broder geäußert hatte, Saddam Husseins Raketenangriffe gegen Israel seien für ihn „die logische, fast zwingende Konsequenz der Politik Israels“ – eine Äußerung, der sich sein Freund Kunzelmann zweifelsohne angeschlossen hätte.[i]

Immer ganz vorne

Kunzelmann, mit wirren Haaren und fragwürdigem Geschmack ausgestattet, wollte immer ganz vorne dabei sein. Heute würde man sagen: Er war gewissermaßen ein linker Marketingexperte, der dennoch sorgfältig darauf achtete, Andere, Unbedarfte die „schmutzige Arbeit“ erledigen zu lassen. 1939 in Bamberg geboren begann der Sohn eines Sparkassendirektors in Coburg eine Banklehre, brach diese jedoch ab und flüchtete nach Paris, um dort als „Clochard“ zu leben.

Anfang 1960 war Kunzelmann in München Mitglied einer Künstlergruppe, 1963 gründete er  die „subversive Aktion“, vier Jahre später ging er dann nach West-Berlin. Dort wollte er nun wirklich „im Zentrum“ stehen und schloss sich der Kommune 1 an. Wenig später flog er dort raus, seine Mitbewohner empfanden den Egomanen als zu unangenehm. Seine weiteren spektakulären „Heldentaten“ (Pudding-Bomben, Eier auf OB-Diepgen), seien nicht weiter aufgeführt. So dolle war dies alles nicht. Entscheidend, was die mentale Orientierung betrifft: Kunzelmann befand sich zeitlebens im Wettstreit insbesondere mit dem „späteren“ Neonazi und Shoahleugner Horst Mahler. Sie passten gut zueinander, zeitlebens.

Der „Judenknax“ oder: Die Begeisterung für den palästinensischen Terror gegen Juden

Kunzelmann gehörte – wie Wolfgang Kraushaar (2013) in Wann endlich beginnt bei Euch der Kampf gegen die heilige Kuh Israel? sehr detailliert dargestellt hat – zu denjenigen innerhalb der 68er-Generation, die schon sehr früh von der Vernichtung von Juden träumten. Sie nannten sich links, man hätte sie auch als unverbesserliche Neonazis bezeichnen können. Kunzelmann wollte es jedoch nicht beim verbalen Träumen und beim linksradikalen ideologischen Kampf gegen „die Zionisten“ belassen: Es drängte ihn nach dem Kampf gegen die wenigen noch in Deutschland lebenden Juden, die „dennoch“ in Deutschland geblieben waren – 20 Jahre nach dem durch die Alliierten militärisch durchgesetzten Ende der Shoah.

Nach seinem Weggang von München nach Berlin gehörte Dieter Kunzelmann zu den Gründern der „Tupamaros West-Berlin“. Diese klandestin arbeitende linke Gruppierung bereitete sich auf Terrorattentate vor, Kunzelmann war ihr Hauptprotagonist. Berühmt wurde Kunzelmanns vulgär antisemitisches Credo vom „Judenknax, den man überwinden müsse“ sowie sein in linken Untergrundzeitschriften ab den späten 1960er Jahren verbreiteter antisemitischer Kampfaufruf: „Wann endlich beginnt bei Euch der Kampf gegen die heilige Kuh Israel?“, titelgebend für Kraushaars materialreiche Studie (876 S.) über die – wie es im Untertitel heißt – „antisemitischen Wurzeln des deutschen Terrorismus“.

Militärische Ausbildung bei der Fatah in Amman

Am 5.10.1969 reiste Kunzelmann mit vier weiteren Linken (aus dem Umfeld der Bewegung 2. Juni, RAF, Revolutionäre Zellen) von Syrien aus zuerst in die jordanische Hauptstadt  Amman, sie wohnten dort in einem Hotel. Danach gingen sie in ein unweit gelegenes Trainingscamp der palästinensischen Terrorgruppe Fatah – also der Todfeinde der Israelis. Empfangen wurden sie von zwei der wichtigsten Mitglieder der PLO, was verwundern könnte. Es spricht dafür, dass sich Kunzelmann in palästinensischen Kreisen bereits einen gewissen Ruf als entschiedener Feind von Juden erworben hatte. In seinen 1998 veröffentlichten Erinnerungen schrieb Kunzelmann, sprachlich eher unbeholfen aber gespeist durch Selbstidealisierungen wie auch durch das Bemühen um strafrechtliche Selbstentlastung: „Auf unseren Wunsch verbrachten wir eine Woche bei einer Elite-Einheit, die in der Jordan-Senke (…) gründlichst politische Schulungen durchführte, verbunden mit einer soliden Ausbildung an Waffen. An ersterer beteiligten wir uns begeistert und waren erstaunt über die dort vorhandene Kenntnis in europäischer Geschichte. Bei der Ausbildung an der Kalaschnikow gab ich sehr schnell auf: ich konnte kein einziges Mal nach dem Auseinandernehmen der Waffe sie auch nur annähernd wieder zusammensetzen. Bei meinen Schießübungen bestand nicht nur für mich, sondern auch für alle Umstehenden allerhöchste Gefahr.“ (Kraushaar 2013, S. 252)

Kraushaar (S. 333) schreibt, dass Kunzelmann und seine vier Berliner Genossen „an Waffen wie z.B. einer Kalaschnikow ausgebildet und in verschiedenen Praktiken zur Herstellung von Sprengsätzen und der Konstruktion von Zeitzünderbomben unterwiesen wurden.“ 17 Tage später, am 22.10.1969, reisen vier der fünf Linksradikalen, darunter auch Kunzelmann, nun ausgestattet mit militärischem Wissen und Fertigkeiten, wieder nach Berlin zurück. 18 Tage später erfolgte der heimtückische Bombenanschlag auf die wenigen noch in Berlin lebenden Juden: 250 Mitglieder der Jüdischen Gemeinde hatten sich bei der Gedenkfeier im Berliner Jüdischen Gemeindehaus versammelt. Es war eine gemeinsame Erinnerung an die exakt 31 Jahre zurückliegenden Novemberpogrome in Deutschland – der Auftakt der systematischen Ermordung von sechs Millionen Juden durch Deutsche. Nun versuchen deutsche Linke, mit dem obligatorischen guten Gewissen, innerer Emphase und einer selbstentlastenden ideologischen Überformung, das Vernichtungswerk ihrer Elterngeneration zum Abschluss zu bringen.

Um dies nachzutragen: Eine aus der Fünfergruppe, die 1944 geborene Ingrid „Ina“ Siepmann, hingegen blieb bei der Fatah in Amman. Sie wurde nach Kraushaar zur „wichtigsten Verbindungsperson zwischen den sich in West-Berlin formierenden Tupamaros und der Fatah werden.“ (S. 333) Siepmann hatte seit dem Juni 1969 – nach Kunzelmanns wenig rühmlichem Rauswurf aus dem Kommune 1 – bei den „Haschrebellen“ mitgemacht. Später beteiligte sie sich an Banküberfällen, wurde 1974 zu 13 Jahren Haft verurteilt und 1975 von der Bundesregierung gegen den entführten Peter Lorenz ausgetauscht. Seitdem lebte sie in einem Ausbildungslager der PFLP. 1982 ist sie wohl als Mitglied einer palästinensischen Frauenbrigade im Libanonkrieg ums Leben gekommen (Kraushaar, S. 364).

Später kam es wohl noch zu weiteren Ausbildungsfahrten deutscher Linksradikaler in militärische Lager von Fatah und PFLP. Die Faszination der Kinder der nationalsozialistischen Mördergeneration am gezielten Töten von Juden muss ausgeprägt gewesen sein. Der „sozialistische“ Anstrich, den sich die Fatah (und später die PLO) gaben, war eher Folklore. Faktisch war die Fatah eine strikt nationalistische Gruppierung, die bei niemandem so unbeliebt war wie bei den arabischen „Bruderländern“.[ii]  

Antiisraelische SDS-Resolutionen und eine antisemitische Attentatsserie

Beim SDS hatte es scheinbar binnen weniger Wochen einen Umschlag vom „Philosemitismus“ – dem sich seinerzeit übrigens auch Günter Grass zurechnete; diese „Jugendsünden“ sollte der „linke“ deutsche Schriftsteller und Blechtrommler aber später „mit letzter Tinte“ wieder in Ordnung bringen – zum radikalen Antisemitismus gegeben.[iii] Bereits im September 1967 wurde von der SDS-Delegiertenkonferenz eine antiisraelische Resolution als Arbeitsgrundlage erhoben. 1968 kam es zu ersten Brandanschlägen. Kurz danach folgte die erste offen antisemitische Tat, zahlreiche weitere sollten in den Jahren danach folgen (vgl. Kraushaar 2013, S. 804-823). Ausgerechnet am traumatisch aufgeladenen 9. November 1969, um 11:30 Uhr, kam es zu einem nur durch glückliche Umstände gescheiterten Attentatsversuch auf das Haus der Jüdischen Gemeinde Berlins in der Fasanenstraße, für welches wohl Dieter Kunzelmann die Hauptverantwortung trägt; zumindest war er der „Spiritus Rector“ dieses barbarischen Mordplanes. Das Attentat war – wie Stefan Reinecke 2005 zutreffend in der taz schrieb – eine Nachinszenierung der „Reichskristallnacht“. Im Gedächtnis der Linken existiert bis heute kein Ort für diesen barbarischen Mordversuch.[iv]

Dieter Kunzelmann galt den Ermittlungsbehörden schon wenige Wochen später als potentieller Täter.

Drei Monate später, am Abend des 13.2.1970 um 20:58 Uhr, folgte das sorgfältig, grausam geplante Attentat auf das jüdische Altersheim in der Münchner Reichenbachstraße. Ein Unbekannter hatte im Treppenhaus an mehreren Stellen Benzin verteilt und entzündet, im Haus befanden sich 50 Menschen. Sieben betagte Menschen, darunter mehrere Shoahüberlebende, verbrennen in den Flammen: Israel Offenbacher, Meir Blum, Arie Leib Gimpel, Rivka Becher, David Jakubovicz, Eliakim Georg Pfau und Rosa Drucker. Sie waren „dennoch“ in Deutschland geblieben, trotz des durchlebten, lebenslang erinnerten Terrors. „Hilfe, wir werden vergast, wir werden verbrannt“, rief ein Überlebender der Shoah noch. Der feige Mord wurde an einem Freitag, an Shabbat, durchgeführt, die Zimmer des jüdischen Altersheimes befanden sich in der oberen Etage. Weitere 15 Menschen werden verletzt, große Teile der Bibliothek der Israelitischen Kultusgemeinde werden durch die Flammen vernichtet.

Der betagte David Jakubovicz, Überlebender der Shoah, saß wenige Stunden zuvor im Treppenhaus vor seinem Zimmer auf gepackten Koffern. Er wollte Deutschland am nächsten Tag für immer verlassen. David Jakubovicz wollte seinen Lebensabend bei seiner Schwester in Israel verbringen, das Flugticket besaß er bereits. Auch er verbrannte in München. „Nur die Koffer erreichten die Heimat“ titelt eine Tageszeitung. Eingang in das bundesdeutsche Erinnerungsbewusstsein hat dieser vorsätzliche Mord gegen Juden nicht gefunden, strafrechtlich aufgeklärt wurde dieser Mord nie.[v] Eingebettet war diese feige Mordanschlag in vier weitere Terroraktionen gegen Flugzeuge, die sich innerhalb von elf Tagen in München ereigneten (Kraushaar 2013, S. 16).

Zwei Jahre später folgte das Attentat gegen die israelischen Sportler bei den Olympischen Spielen in München sowie zahlreichen Entführungsversuche und Attentate auf israelische Flugzeuge durch palästinensische Terrorgruppen, teil in Kooperation mit – durch Kunzelmann inspirierte – linke Terrorgruppen. Erinnert sei insbesondere an die Entführung eines Flugzeuges im ugandischen Entebbe am 27.6.1976, eine Gemeinschaftsaktion von zwei deutschen (Wilfried Böse und Brigitte Kuhlmann) und  zwei palästinensischen Terroristen. Bemerkenswert: Die überlebenden terroristischen Attentäter wurden seinerzeit nicht vor ein deutsches Gericht gestellt, sondern so rasch wie möglich in ihre Heimatländer abgeschoben. Die Angst vor den palästinensischen Terroristen war stärker als das Insistieren auf die Prinzipien eines Rechtsstaates und stärker als der Respekt gegenüber den ermordeten Juden.

Erwähnt sei auch der Paketbombenanschlag auf Heinz Galinski, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Berlins im August 1975. Das Paket war an Galinski persönlich gerichtet.

Antizionistische Legitimierungsversuche: „Die Vorherrschaft des Judenkomplexes“

Dieter Kunzelmann und sein Berliner Mitstreiter Fritz Teufel ließen nichts unversucht, um linke Mitstreiter für ihren antisemitischen Vernichtungseifer zu finden: Am 27.11.1969, nach seiner Rückkehr als dem Fatah-Ausbildungslager, veröffentlicht der untergetauchte Genosse Kunzelmann in der anarchosyndikalischen Szene-Zeitung Agit 883 unter dem Titel „Brief aus Amman“ eine romantische, von Emphase geprägte Stilisierung des palästinensischen Terrorcamps. Die Verhältnisse bei den Palästinensern erscheinen ihm – wenn man seinen Selbststilisierungen folgen möchte – als ein idealtypischer Gegenentwurf zum Leben in Berlin:
„Hier ist alles sehr einfach. Der Feind ist deutlich. Seine Waffen sind sichtbar. Solidarität braucht nicht gefordert zu werden. Sie entsteht von selbst. Ich habe hier zum ersten Mal begriffen, was es heißt, dass Menschen sich im „langandauernden Volksbefreiungskampf“ revolutionär verändern. (…) In dem Moment, in dem sich ein Palästinenser der Al Fatah anschließt, beginnt eine ganz persönliche Entwicklung. Er lernt nicht nur schießen, sprengen und rennen. (…) Was alles hier so einfach macht, ist der Kampf. Wenn wir den Kampf nicht aufnehmen, sind wir verloren. Diese Erkenntnis ist hier sehr konkret. Unsere Erkenntnis ist dieselbe. Ich meine nicht, uns mit dem Kampf der Palästinenser schlicht zu identifizieren. (…) Aber eines steht fest: Palestina ist für die BRD und Europa das, was für die Amis Vietnam ist. Die Linken haben das noch nicht begriffen. `Warum? Der Judenknax. (…) Wenn wir endlich gelernt haben, die faschistische Ideologie „Zionismus“ zu begreifen, werden wir nicht mehr zögern, unseren simplen Philosemitismus zu ersetzen durch eindeutige Solidarität mit AL FATAH, die im Nahen Osten den Kampf gegen das Dritte Reich von Gestern und Heute und seine Folgen aufgenommen hat. Was heißt Solidarität? UNSEREN KAMPF AUFNEHMEN. (…) Unsere Aufgabe ist, den Feind wieder sichtbar zu machen.“ (S. 309)

Dann wendet Kunzelmann sich noch gegen „die Politmasken vom Palestina-Komitee“, die selbstredend nicht die Radikalität vertreten, für die ausschließlich er selbst steht: Diese hätten „die Bombenchance nicht genutzt (…) um eine Kampagne zu starten.“ Dies zeige „die Vorherrschaft des Judenkomplexes bei allen Fragestellungen.“ Aber, so bedauert er abschließend, und dies ist die eigentliche politische Botschaft seines Textes: Leider gäbe es in Deutschland noch „keine Gruppe“, die ihre Arbeit übernommen hätte: Wir müssen diese Arbeit sofort in die Hand nehmen.“ (Hervorheb. d. Verf.)

Kunzelmanns von Kraushaar (2013, S. 309f.) publizierter „Brief“ ist also zuvörderst ein politisch-moralischer Appell, sich bedingungslos mit „den Palästinensern“ zu solidarisieren und nun selbst zum Fatah-Kämpfer zu werden.

Wann endlich beginnt bei Euch der Kampf gegen die heilige Kuh Israel?“

Am 20.2.1970, elf Tage nach dem Attentatsversuch auf das Jüdische Gemeindehaus Berlins, erscheint in Agit 883  das Tupamaro-Bekennerflugblatt „Shalom und Napalm“, in dem es u.a. hieß: „diesen neuen reichstagsbrand im altersheim können nur leute gelegt haben, die daran interessiert sind, die hexenjagd auf die feinde des us-zionistischen imperialismus zu eröffnen.“[vi] (Schreibweise im Original) Eine Woche zuvor hatten die Münchner Tupamaros bereits einen Brief an Kunzelmanns Tupamaro West-Berlin verschickt: „wenn alles gutgeht eröffnen wir nächste woche die große frühjahrsoffensive.“ Der führende Kopf der Münchner Tupamaros war seinerzeit Fritz Teufel.

Eine Woche später, am 27.2.1970, erscheint im gleichen Blatt ein weiterer Kunzelmann-„Brief aus Amman“: Wegen ihres „Judenknaxes“ habe die Linke noch nicht begriffen, dass Palästina an die Stelle Vietnams treten müsse. Kunzelmanns antisemitischer Eifer lässt nicht nach: Am 3.4.1970 veröffentlicht der inzwischen Untergetauchte in Agit 883 einen weiteren „Brief aus Amman“, überschrieben mit dem euphemistischen Titel „Das palästin(ens)ische Volk wird in seinem bewaffneten Kampf siegen“, mit dem agitativen Kampfaufruf an die Linke: „Wann endlich beginnt bei Euch der Kampf gegen die heilige Kuh Israel?“ In seinem „Brief“ geht er auch auf den Brandanschlag auf das Jüdische Altersheim in München ein. Erneut lässt Kunzelmann keinen Zweifel daran aufkommen, dass er sich als Kämpfer versteht. Und er schiebt, rhetorisch durchaus nicht ungeschickt, sogar den jüdischen Opfern die Schuld für die Mordaktion zu: „Zionisten“ stünden hinter dieser Mordtat. Das Motiv hierfür sei, dass sie „unter den in Deutschland lebenden Juden Angst und Schrecken verbreiten wollten, um sie so zur Emigration nach Israel zu drängen“, bemerkt Kraushaar (S. 311). Kunzelmanns vulgärer Beitrag scheint also geradezu aus dem Lehrbuch zum Antisemitismus entsprungen zu sein. Der 1939 Geborene formuliert das antisemitische Stereotyp, dass die Juden selbst für ihre Verfolgung verantwortlich seien. Sie selbst seien die Täter – so wie die Juden bzw. die Israelis von der heutigen BDS-Bewegung, von Rechtsradikalen und von antisemitischen Linken ja bis heute immer wieder als „jüdisches Tätervolk“ bezeichnet und attackiert werden. Und als hätten wir das Jahr 2018 weist Kunzelmann auch die naheliegende Erklärung, dass dieser exzessive „Antizionismus“ ein nur notdürftig kaschierter Antisemitismus sei, voller empörter Verve zurück: „Jeder, der diesen Satz akzeptiert, vertritt den imperialistischen Standpunkt und wird damit für jeden Linken zum Klassenfeind.“ Nun verwendet Kunzelmann also einen linksradikalen Jargon, den sich auch Ulrike Meinhof bereits ab 1965, und in den Jahren danach, in ihren durchaus nicht wenigen offen antisemitischen Äußerungen zu eigen machte.[vii]

Nun erst, nach diesen ideologischen Klarstellungen und Täter-Opfer-Umkehrungen, spricht Dieter Kunzelmann Klartext. Es lohnt sich, diese Äußerungen im Originalton wiederzugeben. Der APO-Aktivist, „Kommunarde“ und spätere Berliner Abgeordnete der Alternativen Liste (1983-1985) Kunzelmann schreibt am 3.4.1970:

„Von Amman aus frage ich mich: wann endlich beginnt bei Euch der organisierte Kampf gegen die heilige Kuh Israel? Wann entlasten wir das kämpfende palästinensische Volk durch praktischen Internationalismus? Die Granaten auf dem Flughafen Riem lassen doch nur eine Kritik zu: die verzweifelten Todeskommandos durch besser organisierte zielgerichtetere Kommandos zu ersetzen, die von uns selbst durchgeführt werden und damit besser vermittelt werden können. Befreiung der verhafteten Palästinenser, Agitation unter den deutschen Juden, Kampf gegen die Reintegration nach Israel, Verhinderung jeglicher Unterstützung (Waffen, Waren, Kapital) – noch nie hatten wir eine solche Chance durch direkte Unterstützung eines Volksbefreiungskrieges die Revolution im eigenen Land voranzutreiben.“ (ebd., S. 312)

„Amis raus aus Deutschland.“

Und Kunzelmann fügt – April 1970 – noch einen sehr aufschlussreichen Nachsatz hinzu: „Die Parole „Amis raus aus Vietnam“ ist nie transformiert worden in die Parole „Raus aus Deutschland.“ Sein Konzept war erkennbar auch ein deutsch-nationales. Die scheinbar überraschende Entwicklung durchaus nicht weniger Linksradikaler im Umfeld der APO hin zu offen rechtsradikalen, nationalistischen, antisemitischen und geschichtsleugnenden Parolen und Positionen, wie sie die Dutschke-Weggefährten Horst Mahler, Günther Maschke, Reinhold Oberlercher und Bernd Rabehl heute vertreten, teils im direkten Umfeld der NPD, ist keineswegs überraschend. Aber auch die Entwicklung des früheren (parteilosen) Grünen-Bundestagsabgeordneten (1987-1990) und „Verteidigungsexperten“ Alfred Mechtersheimer, als ehemaliger Militär Ikone der 1981er „Friedensbewegung“ („Krefelder Appell“), passt hierzu. Mechtersheimer hatte bereits vor seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter in rechtsnationalen Verlagen publiziert – und 1997 outete ihn sogar der NRW-Verfassungsschutz als „einen der wichtigsten Protagonisten rechtsextremistischer Bestrebungen.“[viii]

Die „heilige Kuh Israel“ – diese bizarre Methaphorik lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass der demokratische Rechtsstaat Israel durch Deutsche Linke „geschlachtet“ werden sollte. Das im Text erwähnte Attentat in München-Riem, ausgeführt von einem palästinensischen Kommando, sollte durch deutsche Kommandos ersetzt werden. Die seinerzeitige Parole „Amis raus aus Vietnam“ sollte ergänzt werden durch „Juden raus aus Deutschland!“ – und, selbstredend: Juden raus aus Palästina. Judenverfolgung ist für Kunzelmann sehr eindeutig „nichts anderes als praktizierter Antiimperialismus.“ (Kraushaar) Faktisch ist dies ein Aufruf an seine linken Berliner Genossen zum antisemitischen Terror. Mit der Eindeutigkeit seiner Grundhaltung und seiner Aufforderung „zur Praxis“ dürfte er sogar noch militante Rechtsradikale übertroffen haben. 

Ergänzend sei daran erinnert: In diesen Jahren wurden auch an bundesdeutschen Hochschulen vielfach Vorträge israelischer Referenten, so des Botschafters Asher Ben-Natan, gestört, etwa am 5.12.1969 in Köln. Der Historiker Wolfgang Kraushaar hat die Hintergründe dieser linken Attentate – und insbesondere Dieter Kunzelmanns Rolle hierbei – nicht nur in seinem in diesem Text vielfach zitierten Buch Wann endlich beginnt bei Euch der Kampf gegen die heilige Kuh Israel? (2013) analysiert sondern auch in folgenden Büchern: Die Bombe im Jüdischen Gemeindehaus (2005) und Die RAF und der linke Terrorismus (2006).

„Wir haben das nicht ernst genommen“

Ein sehr gelungenes Portrait von Kunzelmann, welches auch aufschlussreiche Hintergründe des Attentatsversuches auf die Jüdische Gemeinde Berlins darbietet, ermöglicht ein taz-Interview von Philipp Gessler und Stefan Reinecke mit dem Schriftsteller Tilman Fichter vom 25.10.2005; Tilman Fichter ist der Bruder Albert Fichters, der das – nur durch glückliche Umstände gescheiterte – Attentat im Berliner Jüdischen Gemeindehaus durchgeführt hat; dies wurde jedoch erst 2005 bekannt. Das Interview ist mit „Wir haben das nicht ernst genommen“ überschrieben http://www.taz.de/!527391/

Albert Fichter lebte seinerzeit mit Kunzelmann in einer Kommune. Er hatte auch zu der mythenumrungenen fünfköpfigen Gruppe um Kunzelmann gehört, die wenige Monate zuvor in ein palästinensisches militärisches Ausbildungslager gefahren waren (s.o.): Neben Kunzelmann und Fichter waren dies Roswitha Conradt, Georg von Rauch und Ina Siepmann (Kraushaar 2013, S. 332f.).

1970 war Fichter untergetaucht, floh ins Ausland, wo er heute immer noch lebt. Wolfgang Kraushaar hat Albert Fichter in seinem Buch erstmals als Täter benannt. Kraushaar verweist, dies sei ergänzend angemerkt, auch auf Aussagen von Kunzelmanns seinerzeitiger Gefährtin Annekatrin Bruhn. Bruhn war 1969, 19-jährig, unpolitisch und drogenabhängig, mehr durch Zufall in das unmittelbare Lebensumfeld von Kunzelmann geraten; 1971 trat sie als Zeugin im Kunzelmann-Prozess auf.[ix]

Albert Fichter, der seinerzeit gleichfalls drogenabhängig war und sozialen „Anschluss“ suchte, habe ihm gegenüber im Jahr 2004 die Tat eingestanden, so Kraushaar. Wenig später hat Albert Fichter die Jüdische Gemeinde Berlins um Verzeihung gebeten.[x]

Albert Fichter beteuert in dem sehr bemerkenswerten taz-Interview von Gessler & Reinecke, er habe gewusst, dass die Bombe nicht hätte explodieren könne. Er erinnert sich in dem Interview jedoch der Enttäuschung der Kunzelmann-Gruppe, dass die Bombe nicht explodiert war. Kunzelmann, psychologisch betrachtet mit beachtlichen Fähigkeiten zur manipulativen Fernsteuerung anderer Menschen ausgestattet, habe „schon damals mit peinlicher Genauigkeit darauf geachtet, bei brenzligen Vorhaben keine Mittwisser zu haben.“ (Kraushaar, S. 756)

Erwähnenswert: Am Abend des Anschlags auf das Jüdische Gemeindehaus in der Fasanenstraße, am 9. November 1969, wurde bei einer Veranstaltung des Republikanischen Clubs ein Flugblatt verteilt, in dem unter dem Titel „Shalom+Napalm“ gegen den israelischen Staat gehetzt wurde. Die Autoren „Schwarze Ratten TW“ – TW steht für Tupamaros West-Berlin – bekannten sich darin zu Schmierereien an jüdischen Mahnmalen und schrieben: „Im Jüdischen Gemeindehaus wurde eine Brandbombe deponiert“[xi] (s. Tagesspiegel 29.6.2005).

Albert Fichter floh im Sommer 1970 über Ost-Berlin und Rügen nach Schweden und lebte danach in Lateinamerika und in Europa. Im Interview mit der taz bestätigte der 1937 geborene Politikwissenschaftler Tilman Fichter – der als einer der „Vordenker“ der SPD gilt – , dass er seinem seelisch von Kriminalität und Drogensucht gekennzeichneten Bruder 1970 zur Flucht verhalf, weil dieser nicht begriffen hatte, dass er verfolgt wurde. Von der Täterschaft seines Bruders beim Anschlag auf das Jüdische Gemeindehaus habe er zu diesem Zeitpunkt nichts gewusst; ansonsten hätte er ihm nicht bei der Flucht geholfen.

„Nicht linker Antisemitismus, sondern Antisemitismus“

Tilman Fichter hatte, offenkundig im Gegensatz zu der Mehrzahl der Linken im Umfeld Kunzelmanns, ein Gespür für dessen Motive. Im taz-Interview von Gessler & Reinecke mit Tilmann Fichter wird dies sehr deutlich: Er habe Kunzelmann als einen „schwierigen und unerfreulichen Zeitgenossen“ wahrgenommen, „der keinen positiven Einfluss auf meinen Bruder hatte.“ Und er habe Kunzelmann – den die Alternative Liste 30 Jahre später dennoch als Abgeordneten ins Berliner Abgeordnetenhaus schicken sollte – bereits seinerzeit als einen Antisemiten erlebt. Fichter verweist auf dessen vorhergehend erwähnten „Brief aus Amman“: „Damals habe ich diesen Brief noch schöngeredet und gesagt, das sei linker Antisemitismus. Wenn ich mir das heute anschaue, dann muss ich sagen: Er ist ein Antisemit. Der zentrale Begriff war bei Kunzelmann: „Kampf“ – nicht etwa „Emanzipation““.

Kunzelmann habe sich nicht für kritische, historische Analysen interessiert. Er wollte vielmehr „Teile der westdeutschen Linken in einen Partisanenkampf gegen die Juden in Deutschland führen.“

Der unter dem Einfluss Kunzelmanns stehende Albert Fichter führte das Attentat auf die Jüdische Gemeinde aus, fühlte sich aber dennoch manipuliert, fremdgesteuert. Kunzelmann habe immer wieder von „Scheißjuden“ geredet, und Daniel Cohn-Bendit soll er mit den Worten angegriffen haben: „Du bist nichts anderes als ein kleines Judenschwein.“ Kunzelmanns Texte seien für ihn, wenn man sie heute analysiert, „nicht linker Antisemitismus, sondern Antisemitismus.“

Die Leute waren teilweise sprachlos!“

Tilman Fichter gehörte somit zu den Ersten, die Kunzelmann als Antisemiten bezeichneten. Er  vermag das damaligen Schweigen des allergrößten Teils der Linken nur mit deren Gefühl einer Irrealität zu erklären: „Die Leute waren teilweise sprachlos! Die waren überhaupt nicht darauf vorbereitet. (…) Wir haben das am Anfang gar nicht geglaubt, was der da erzählt hat. Dass ich als einer der Ersten gesagt habe, das ist linker Antisemitismus, damit habe ich mir keine Freunde gemacht.“ Mit seinen mehr als grobschlächtigen Schuldzuschreibungs- und Spaltungsversuchen sei Kunzelmann seinerzeit jedoch politisch gescheitert.

Dennoch kam Kunzelmann – wie ja auch seine spätere Wahl in das Berliner Abgeordnetenhaus zeigt – auch in den Jahrzehnten danach bei großen Teilen der Linken politisch durchaus gut an. Sein Antisemitismus entsprach ihrem antidemokratischen Ressentiment gegen den demokratischen Rechtsstaat Israel, wie auch gegen die USA: Sie erkannten bzw. benannten dessen „kristallklaren Antisemitismus“ (Gessler & Reinecke) nicht. Zumindest sprachen sie nicht öffentlich hierüber. Kunzelmann blieb politisch ein mehr oder weniger geschätzter, teils bewunderter Teil der Szene. Eine Rolle spielte dabei auch das autoritäre DDR/DKP-Sympathisantenlager, für das Israel schon immer ein „zionistischer Feind“ war. Alles was ihnen unangenehm war deklarierte das doktrinäre DKP-Lager in seinen Medien als Produkt „der Rechten“. So war es wenig überraschend, dass einer ihrer Hauptprotagonisten, der spätere Berliner taz-Mitarbeiter, AL-Politiker, Grünen-MdB und Linken-Politiker Dirk Schneider – dieser war seinerzeit federführend an Agit 833 beteiligt – 1991 als führender Informant der Stasi enttarnt wurde.[xii]

„Kunzelmann, der Drecksack, soll endlich reden…“

Ergänzend sei angemerkt: Später stellte sich heraus, dass Albert Fichters Bombe aus dem Bestand des Verfassungsschutzagenten Peter Urbach stammte. Diese Bombe war „nicht scharf“. Kunzelmann soll sehr enttäuscht hierüber gewesen sein. In seinem Kühlschrank soll später eine solche Bombe aufgefunden worden sein. Danach stattete Urbach, so Fichter im taz-Interview, auch die die erste Generation der RAF mit scharfen Waffen aus.

Eine Diskussion über den Antisemitismus in der Linken blieb intern tabu, noch für viele Jahre. In einer gewissen Weise gilt dies bis heute. Wenig überraschend aus heutiger Sicht jedoch, dass sich mehrere prominente Vertreter aus dem Umfeld des SDS sowie Dutschkes – Günther Maschke, Reinhold Oberlercher, Horst Mahler und Bernd Rabehl (s.o.) – Jahre später ganz offen zu Rechtsradikalen bis hin zu offenen Rechtsextremisten entwickelten. Gessler & Reinecke bezeichnen diese im taz-Interview als „mehr oder weniger manifeste Antisemiten.“

Sein Bruder Albert habe ihm erst Weihnachten 2001 gestanden, dass er der Bombenleger gewesen sei, so Tilman Fichter. Heute habe sein Bruder begriffen, dass seine Tat antisemitisch war, das habe bei ihm jedoch „eine Weile“ gedauert. Abschließend bezeichnet Fichter Dieter Kunzelmann als „Drecksack“, der endlich reden solle.

München 1970 – Als der Terror zu uns kam

Ein Epilog bzw. ein Hinweis: Eine auch filmisch großartige Aufarbeitung des mörderischen linken Antisemitismus hat Georg M. Hafner 2012 mit seinem eindrücklichen Dokumentarfilm „München 1970 – Als der Terror zu uns kam“ vorgelegt.[xiii]

Der 1947 geborene Hafner gehörte selbst zum weiteren Umfeld der APO. In dieser großartigen, persönlich Dokumentation begegnet man Dieter Kunzelmann immer wieder, aber auch Ulrike Meinhofs durchaus nicht wenigen antisemitischen Äußerungen. Er lässt auch Albert Fichter selbst zu Wort kommen – bzw. er, der 1969 das gescheiterte Attentat in Berlin ausgeführt hatte, ist bereit öffentlich zu reden. Albert Fichter erzählt, dass er Kunzelmann einen Tag nach dem Anschlag nicht als Antizionist sondern als Antisemiten bezeichnet habe. Dieser habe ihm daraufhin eine Pistole an den Kopf gehalten. Kunzelmanns Verehrung des PLO-Führers Arafat ging so weit, dass er sich seine Hände nicht mehr waschen wollte, nachdem ihm Arafat im Trainingscamp die Hand geschüttelt hatte. Danach schwärmte er, dass er erstmals in seinem Leben „die Revolution gerochen“ habe. Auch „Bommi“ Baumann, Mitbegründer der terroristischen Gruppierung Bewegung 2. Juni, versichert im Film, dass es „einzig und allein Dieter Kunzelmann“ gewesen sei, der die Idee zum Bombenanschlag gehabt habe.

Georg M. Hafner erzählt auch die Geschichte des Todes seines Onkels, des ZDF-Reporters Rudolf Crisolli, nach, der im Februar 1970 beim Flug von Zürich nach Tel Aviv durch ein palästinensisches Bombenattentat starb. Kunzelmann gehörte zu den „Helden meiner Jugend“, erzählt Hafner. Und Dieter Kunzelmann kannte „den Bruder des Mannes, der meinen Onkel auf dem Gewissen hat.“

Wir erleben im Film auch Hans-Christian Ströbele und Kunzelmann gemeinsam auf der Beisetzung ihres Mitstreiters Fritz Teufel, 2010. In dieser Situation jedoch macht Kunzelmann etwas, was nicht zu seinen Stärken gehört hat: Er schweigt. Er versteckt sich vor der Kamera, vor Georg M. Hafner, welcher 1985 einen Dokumentationsfilm über ihn gedreht hatte, den er also gut kannte. „Herzlich, Dieter“ hatte Kunzelmann Georg M. Hafner noch 1985 in einem Dankschreiben für den Film geschrieben.

Zu seinen Taten hat er nie gestanden, „Kunzelmann, der Drecksack“.

Bild oben: Screenshot aus dem Dokumentarfilm „München 1970 – Als der Terror zu uns kam“ von Georg M. Hafner

[i] Vgl. H. M. Broder (1998): Die Irren von Zion; N. Kostede: Unfriede unter den Pazifisten. Christian Ströbele steht mit seinen Ansichten in der deutschen Linken nicht allein, Die Zeit, 1.3.1991: https://www.zeit.de/1991/10/unfriede-unter-den-pazifisten; Gefundenes Fressen, Der Spiegel, 25.2.1991:  http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13489795.html

[ii]  A. Fanizadeh: Das antisemitische Erbe, taz 22.2.2013:   http://www.taz.de/!5072716/

[iii] In der Fachliteratur zum „linken Antisemitismus“ ist der scheinbar abrupte Wandel, der sich ab Mitte der 1960er Jahre, äußerlich betrachtet ausgelöst durch den Sechstagekrieg (5.6.1967), „vor aller Augen“ ereignete, vielfach beschrieben worden, u.a.: Martin Kloke (1990): Israel und die deutsche Linke. Zur Geschichte eines schwierigen Verhältnisses, Frankfurt/M.; bezogen auf Kunzelmann u.a.: Jan Alberding: Vom Philosemitismus zum Antizionismus. Das Israelbild der „Achtundsechziger“, Internet: http://lernen-aus-der-geschichte.de/sites/default/files/attach/13939/aufsatz-jan-alberding-vom-philosemitismus-zum-antizionismus.pdf; vgl. auch ergänzend, bezogen auf den Rechtsradikalismus: Roland Kaufhold (2016): Eine Rechte für Israel? Israelsolidarität von rechts aus historischer Sicht, haGalil: https://www.hagalil.com/2016/03/eine-rechte-fuer-israel/

[iv] Stefan Reinecke: Das abgespaltene Attentat, taz, 1.7.2005: http://www.taz.de/!583782/

[v] Olaf Kistenmacher: Mord ohne Mörder, Jungle World 51/2017: https://www.hagalil.com/2018/01/mord-ohne-moerder/

[vi] Vgl. A. Fanizadeh: Das antisemitische Erbe, taz 22.2.2013: http://www.taz.de/!5072716/

[vii] Veit Medick: Antisemitismus in der RAF: Radikal antijüdisch, taz, 5.10.2007: http://www.taz.de/!5193915/

[viii] Streit um Alfred Mechtersheimer, taz, 4.10.2005: http://www.taz.de/!537137/

[ix] Der Spiegel: Zeugin der Anklage, 13.12.1971: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-44914650.html

[x] Spätes Geständnis eines Bombenlegers, Tagesspiegel, 29.6.2005: https://www.tagesspiegel.de/berlin/spaetes-gestaendnis-eines-bombenlegers/620282.html

[xi] Ebd., Tagesspiegel, 29.6.2005.

[xii] Die Affäre Dirk Schneider, taz, 14.10.1991: http://www.taz.de/!1698769/;  H. K. Runge: Was mit linken Medien, jungle world 21.12.2017: https://jungle.world/index.php/artikel/2017/51/was-mit-linken-medien

[xiii] S. Knaul: Held der Anklage: „München 1970 – Als der Terror zu uns kam“ widmet sich der Rolle der radikalen Linken im Nahostkonflikt, taz, 17.7.2012: http://www.taz.de/!5088845/

Vom Autor dieses Beitrages ist noch eine weitere biografische Studie über den linken Antisemitismus erschienen, die als ergänzende thematische Dokumentation dienen könnte:
Roland Kaufhold (2013): Der Psychoanalytiker Sammy Speier (2.5.1944 – 19.6.2003), haGalil: https://www.hagalil.com/2016/05/sammy-speier/ 

1 Kommentar

  1. Danke für diesen tiefgründigen Bericht über den „Drecksack“ und Antisemiten Kunzelmann. Zum Glück geht es nicht nur um seine jämmerliche Person sondern vor allem um das Umfeld, das Gestalten wie ihn jahrzehntelang gedeckt und verharmlost hat. Darin besteht das eigentliche Versagen einer Bewegung, die sich weiterhin ungebrochen als links und kritisch bezeichnet.

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