Der jüdische Widerstand in Krakau

0
292

Ihre Ideologie hat ihnen nicht abverlangt zu kämpfen oder zu töten. Sie waren Zionisten und ihr Ziel war es, in Eretz Israel ein neues Leben als freie Menschen zu beginnen. Dann wurden sie gezwungen, für die jüdische Ehre gegen einen übermächtigen Feind zu kämpfen und zu töten. Sich nicht wie die Lämmer zur Schlachtbank führen zu lassen, wurde zum Lebensinhalt der jungen Zionisten. Der Widerstand, den sie leisteten, übertraf ihre wildesten Vorstellungen…

Von Oliver Vrankovic
Erschienen auf: Kichererbsenblog, 8.11.2017
Bild oben: Yehuda Maimon, © Florian Krauss

Am Vorabend des Zweiten Weltkriegs lebten in Krakau ungefähr 65.000 Juden – etwa ein Viertel der Bevölkerung der Stadt. Die deutsche Armee besetzte Krakau in der ersten Septemberwoche 1939. Die Nazis machten die Stadt im Oktober zur Hauptstadt des Generalgouvernements. Im Dezember wurde den Juden der Schulbesuch untersagt.

Im Mai 1940 drängte der Bezirksgouverneur von Krakau, Otto Wächter, die Juden zur freiwilligen Umsiedlung bis Mitte August bei gleichzeitiger Androhung der Zwangsumsiedlung. Die Hauptstadt des Generalgouvernements sollte möglichst judenfrei sein. Nach einer Order von Wächter vom 25. November 1940 sollten nur noch Juden mit handwerklichen Fähigkeiten in der Stadt bleiben. 

Den Deutschen gelang es, die verbliebene jüdische Gemeinde durch Terror und gleichzeitige Propaganda zu paralysieren. Rivka Libeskind Kuper beschrieb beim Eichmann Prozess die Durchsuchungen, Verfolgungen und Kennzeichnungen der Wohnungen und jüdischen Unternehmen als erste Phase der zunehmenden Repression. Dieser folgte die Einführung des Davidsterns auf weißem Hintergrund, mit dem sich die Juden kenntlich machen mussten. „Danach kamen Anweisungen, dass nur einige der Juden Genehmigungen („Ausweis“) erhalten und in Krakau bleiben könnten; die anderen müssten gehen. Und dann begannen die ersten Deportationen der Krakauer Juden nach Osten und nach Lublin. Wir bekamen immer noch Nachrichten über die ersten Gruppen, natürlich tragische Nachrichten, da sie an einsame Orte geschickt worden waren, die überfüllt waren und wo es an allem fehlte: Sie wurden auf dem Weg ausgeplündert und hatten keinen Lebensunterhalt. Aber sie lebten noch. Die zweite Etappe begann mit der Entscheidung, in Krakau ein Ghetto zu errichten.“

Am 3. März 1941 befahl Wächter die Einrichtung eines jüdischen Wohnbezirks in Podgorze, am linken Weichselufer, in den alle Juden bis zum 21. März umzuziehen hatten. Daraufhin flohen weitere Tausende aus der Stadt. Die 16.000 Juden, die in Krakau blieben, wurden schließlich in einem Gebiet zusammengepfercht, das zuvor 3000 Menschen als Wohnraum gedient hatte. Im September kamen nach Übersiedlungen aus dem Umland weitere 4000 hinzu.

Betätigungsmöglichkeiten und die Bewegungsfreiheit der Bewohner des Ghettos wurden immer weiter eingeschränkt. Es war perfide ausgeklügelter Psychoterror, erinnert sich der Zeitzeuge Yehuda Maimon. Einerseits wurde die Not der Juden immer weiter verschärft, andererseits wurde ihnen aber immer ein kleiner Hoffnungsschimmer gelassen, erklärt Yehuda.

Die Krakauer Juden konnten sich nicht vorstellen, wie weit die Grausamkeit der Nazis gehen würde. Dann erreichten die ersten Nachrichten vom Massenmord an den Juden das Ghetto. Eine Botin des HaShomer HaTzair aus Wilna machte im Ghetto die Massenerschießungen in Ponar bekannt. Die älteren Bewohner des Ghettos haben die Berichte erst nicht geglaubt, erinnert sich Yehuda. Krakau war Teil des Österreichisch-Ungarischen Reiches und wie seine Eltern sprachen viele Juden der Stadt perfekt Deutsch und liebten die deutsche Kultur. Sie hätten schlicht nicht glauben können, dass die Deutschen, diese Kulturnation, die so viele Schriftsteller, Philosophen und Komponisten hervorgebracht hatte, fähig sei, einen Massenmord an den Juden zu begehen.

 

Tatsächlich lies Generalgouverneur Hans Frank im Dezember 1941 verlautbaren:

„Mit den Juden – das will ich Ihnen auch ganz offen sagen – muss so oder so Schluss gemacht werden. Mitleid wollen wir grundsätzlich nur mit dem deutschen Volke haben, sonst mit niemandem auf der Welt. Die anderen haben auch kein Mitleid mit uns gehabt. Ich muss auch als alter Nationalsozialist sagen: Wenn die Judensippschaft den Krieg in Europa überleben würde, wir aber unser bestes Blut für die Erhaltung Europas geopfert hätten, dann würde dieser Krieg doch nur einen Teilerfolg darstellen. Ich werde daher den Juden gegenüber grundsätzlich nur von der Erwartung ausgehen, dass sie verschwinden. Sie müssen weg……. Wir müssen die Juden vernichten, wo immer wir sie treffen und wo es irgendwie möglich ist, um das Gesamtgefüge des Reiches hier aufrecht zu erhalten……… Die Juden sind auch für uns außergewöhnliche schädliche Fresser. Die 3,5 Millionen Juden können wir nicht erschießen, wir können sie nicht vergiften, werden aber doch Eingriffe vornehmen können, die irgendwie zu einem Vernichtungserfolg führen, und zwar im Zusammenhang mit den vom Reich zu besprechenden großen Maßnahmen. Das Generalgouvernement muss genauso judenfrei werden, wie es das Reich ist.“

Bereits im Sommer 1941 wurde in der Wolfsschanze die Aktion Reinhard beschlossen. Himmler erteilte dem SS- und Polizeiführer des Distrikts Lublin, SS-Brigadeführer Odilo Globocnik und dessen Stabsführer Herrmann Höfle den Auftrag, alle Juden im Generalgouvernement zu ermorden. Globocnik ließ im Auftrag von Himmler in Belzec das erste Vernichtungslager im Generalgouvernement errichten. Aus Dokumenten geht hervor, wie die Zivilverwaltung in Lublin im März 1942 über die bereits angelaufene Judenvernichtung erfährt. In einem Aktenvermerk über ein Gespräch mit SS Sturmbannführer Herrmann Höfle vermerkt der Referent der Unterabteilung BuF in Lublin, Fritz Reuter: „Anschließend erklärte er, er könne täglich 4-5 Transporte zu 1000 Juden mit der Zielstation Belzec aufnehmen. Diese Juden kämen über die Grenze und würden nie mehr ins Generalgouvernement zurückkehren“.

Im Juni 1942 begann die Aussiedlung von etwa 7000 Juden aus dem Ghetto Krakau. Etwa 1.000 wurden ins nahe gelegenen Arbeitslager Plaszow deportiert, 6.000 ins Vernichtungslager Belzec. Polizisten des jüdischen Ordnungsdienstes, die von SS Truppen geführt wurden, brachten Juden aus ihren Häusern zum Sammelpunkt in der Optima Fabrik und von dort zu den Zügen. Im Juni 1942 wurden v.a. Alte, Frauen und Kinder deportiert. Der alte und kranke Poet Mordechai Gebirtig wurde mit einem Schuss in die Brust ermordet. Seine jiddischen Lieder waren in ganz Osteuropa bekannt, besonders sein Lied „Undzer Shtetl Brent!“ über den Pogrom in Przytyk 1936.

Einem Zahnarzt namens Bachner gelang es aus den Viehwagen, die nach Belzec geleitet wurden, zu entkommen. Er kehrte mit der Information ins Ghetto zurück, dass das Lager in Belzec nicht, wie behauptet, ein Arbeitslager sei, sondern ein Vernichtungslager.

Bei einer weiteren Vernichtungssaussiedlung Ende Oktober wurden weitere 7000 Juden aus dem Ghetto Krakau deportiert. Im Dezember wurde das Ghetto in Ghetto I für arbeitende und Ghetto II für nicht arbeitende Juden geteilt. Die jüdischen Gemeinden im Umland wurden liquidiert. Am 13. April 1943 wurde der jüdische Wohnbezirk in Podgorze liquidiert. Die Bewohner des Ghetto II wurden nach Auschwitz deportiert oder an Ort und Stelle erschossen, die Bewohner des Ghetto I kamen in das Lager Plaszow, wo 1944 das unorganisierte Ermorden in ein geplantes Vernichten überführt wurde.

Yehuda Maimon, geb. Leopold Wassermann war bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges ein 15-jähriger Gymnasiast und Mitglied der zionistischen Bewegung Akiba.
Die Akiba-Jugendbewegung war die größte jüdische Jugendbewegung im Vorkriegs-Krakau und die erste, die sich unter deutscher Besatzung wieder formierte.

Im Ghetto nahm die Jugendbewegung ihre Bildungsaktivitäten unter neuen Vorzeichen wieder auf, sang Lieder, hatte ideologische Diskussionen und versuchte, irgendeine Art von Normalität herzustellen inmitten von Chaos und Angst. Solange das Ghetto Krakau existierte, wurde als Ausweis der Menschlichkeit Judentum und Thora unterrichtet. Orthodoxe Juden studierten und beteten im Untergrund und die zionistischen Jugendbewegungen unterrichteten in jedem freien Moment Hebräisch und Judentum.

Rivka Libeskind Kuper, die selbst Mitglied von Akiba war, sagte im Eichmann Prozess aus: „Von dem Moment, als die jüdische Jugend nicht zur Schule gehen und studieren durfte, war es unser Ziel, diese zusammen zu halten und sich um sie zu kümmern. […] Sehr schnell verschwanden die Lehrer, denn sie wurden deportiert, einer in diese Richtung und der andere in die andere Richtung. Danach unterrichteten die Älteren die Jüngeren. Wir setzten auch die Aktivitäten unserer Bewegung fort und alle Bewegungen setzten ihre Aktivitäten im Allgemeinen fort, d.h. sie trafen sich zu Sabbat-Abenden, zu Festen, gaben Bibelunterricht und Lektionen in jüdischer Geschichte. Wir versuchten, die Kinder dazu zu bringen, zu ignorieren, was auf der Straße passierte – denn es war einfach unmöglich, nach draußen zu gehen, ohne sich ernsthaft zu gefährden. Es gab Übergriffe, Entführungen für die Zwangsarbeit – natürlich in unbekannte Richtungen; sie würden einen Juden auf der Straße entführen, wo sie ihn fanden, und nachdem er einige Schläge erhalten hatte, würde er in ein Fahrzeug geworfen und einen ganzen Tag lang transportiert. Er würde entweder nach einer Nacht oder mehreren Nächten zurückkommen, oder überhaupt nicht.“

Ende 1941 erhielt die jüdische Selbsthilfeorganisation ZSS die Erlaubnis, einen Bauernhof in Kopaliny zu betreiben. Dort trafen sich junge Mitglieder von Akiba um sich auf die Ausreise nach Palästina vorzubereiten. Das spirituelle Oberhaupt der Gruppe war Dolek Liebeskind, ein Funktionär von Akiba im westlichen Galizien. Nachdem Gerüchte über zionistischen Umtriebe und die verbotene Weitergabe von Informationen über die Situation der Juden in Krakau bekannt wurden, musste die Farm Ende August 1942 geschlossen werden. Dolek Libeskind, Shimshon Draenger, Gusta Dawidson (später Draenger) und Hillel Wodziwslawski entschlossen sich zum gewaltsamen Widerstand. Der Charakter der Jugendgruppen begann sich angesichts des sich vollziehenden Massenmords an den Juden zu verändern.
Dolek Libeskind kam zu der Überzeugung, dass ihr Ziel nicht länger die Auswanderung, sondern ein ehrenvoller Tod sein müsse.

In “Justynas Erzählung“, Gusta Davidson Draengers Bericht über die Aktivitäten des jüdischen Widerstandes in Krakau, insbesondere von Akiba, ist der Übergang zum bewaffneten Widerstand nachzulesen:

„Die Geschichte wird uns niemals verzeihen, dass wir nicht darüber nachgedacht haben, […] Die zukünftigen Generationen werden wissen wollen, welches überwältigende Motiv uns davon abhalten konnte, heldenhaft zu handeln. Wenn wir jetzt nicht handeln, die Geschichte wird uns für immer verurteilen. Was auch immer wir tun, wir sind zum Scheitern verurteilt, aber wir können immer noch unsere Seelen retten und wir können jetzt ein Vermächtnis der menschlichen Würde hinterlassen, das von jemandem eines Tages geehrt wird.“

Im August 1942 schloss sich Akiba mit der zionistischen Jugendbewegung Dror („Freiheit“) unter der Führung des charismatischen Abraham „Laban“ Leibowicz und anderen zionistischen Jugendbewegungen zur Widerstandsbewegung HeHalutz HaLochem („Der kämpfenden Pionier“) zusammen. Die Widerstandsgruppe bestand aus isolierten, fast obdachlosen jungen Menschen, die aller menschlichen und bürgerlichen Rechte beraubt waren, umgeben von einer feindseligen Bevölkerung, ohne irgendeine äußere Hilfe, abgeschnitten vom Rest der Welt, unbewaffnet und ohne militärische Erfahrung. „Undzer Shtetl Brent!“ wurde ihre Hymne, “S’Brent!” ihre Losung.

Das Gefühl der Isolation und Einsamkeit wurde von Shimshon Dranger in der Untergrundzeitung HaHalutz HaLochem ausgedrückt: „Niemand hatte eine helfende Hand für die verurteilten Juden ausgestreckt oder hatte versucht, sie bei der Flucht vor der gewissen Vernichtung zu unterstützen. Sogar der Hass auf die Deutschen seitens der polnischen Bevölkerung verschwand, als es darum ging, Juden Hilfe zu leisten. Nur sehr wenige behielten den Funken der Menschheit bei und selbst diejenigen hatten Angst, sie öffentlich zu demonstrieren.“

Der Widerstand erforderte Bewegungsfreiheit der Kämpfer im Ghetto sowie außerhalb des Ghettos. Damit waren sowohl technische als auch psychologische Herausforderungen verbunden. Gusta Draenger schreibt in ihren „Tagebüchern“: „Es ist nicht leicht, alle Hindernisse zu beschreiben, die überwunden werden mussten, um einen jüdischen Widerstand unter Nazi-Besetzung zu organisieren. Unsere Arbeit war hundertmal schwieriger als die Arbeit einer anderen Widerstandsgruppe, denn wir mussten nicht nur unsere Tätigkeit im Untergrund verbergen, sondern auch und noch dringender, unsere jüdischen Identitäten.“ Und weiter: “Wie können sie, die seit Jahren stolz auf ihr Erbe sind […] und die in der Wiedergeburt des jüdischen Volkes ihre ganze Raison d’ètre gesehen haben; wie können sie, wenn auch für einen flüchtigen Moment ihre Identität verleugnen und feige ihre Ursprünge verbergen? Aber das war eine Notwendigkeit, ohne die niemand überleben konnte.“ Die jüdischen Widerstandskämpfer veränderten ihr Aussehen und führten arische Dokumente mit sich, die unter falschen Namen ausgestellt wurden. Da sie befürchteten, dass sie auf der Grundlage dieser Dokumente, wenn sie tot waren, als Arier begraben würden, hatten in ihre Kleidung kleine Notizen mit ihren wirklichen Namen genäht.

Shimshon (Marek) Draenger war verantwortlich für die Bereitstellung der notwendigen Papiere. Er verwaltete das technische Büro für gefälschte Dokumente. Sein Hauptassistent war Idek Tenenbaum, der unter dem Pseudonym Czesick bekannt war. Dokumente wurden so fachmännisch gefälscht, dass selbst die Deutschen keine Unregelmäßigkeiten erkennen konnten. Gusta schreibt über Shimshon, dass er zu Anfang seine ganze Operation in den Taschen trug. „Wenn etwas getan werden musste, musste man nach einem leeren Raum suchen. Sobald ein Raum gefunden wurde, würde Szymek sein ganzes Büro auf einem Tisch ausbreiten.“ Dies funktionierte bis zu diesem Zeitpunkt, „als Schritte auf der Treppe zu hören waren“. Dieses Wanderbüro symbolisierte die Aktivitäten des Kämpfenden Pioniers. Schließlich fand Gusta Draenger für sich und Shimshon im Herbst 1942 eine Wohnung, wo sie unter arischen Namen wohnten. Dort wurden Dokument auch für andere Untergrundorganisationen gefertigt und für viel Geld an reiche Juden verkauft. „Es war oft leicht, den deutschen Verfolgern auszuweichen“, schreibt Gusta Draenger, “aber es war unvermeidlich, unangenehme Gespräche über Juden zu hören […] Bösartige Verleumdung, grundsätzliche Lügen und dazu der Ausdruck des tierischen Vergnügens auf den Gesichtern der Verleumder angesichts der Tatsache, dass Tausende von Frauen, Kindern und alten Menschen täglich geschlachtet wurden. Wie Geier, die über Leichen schwebten, in Erwartung der Plünderung des jüdischen Eigentums.

Hela Shipper-Rufeisen, ein Mitglied von Akiba, schreibt in ihren Memoiren: „Wir akzeptierten ohne Murmeln und ohne jegliches Gefühl der Demütigung das deutsche Dekret, dass jeder Jude gezwungen war, ein weißes Band mit einem blauen Davidstern auf seinem Arm zu tragen. Wir trugen stolz das Symbol unserer jüdischen Identität und schämten uns nicht für unser Erbe. Leider mussten wir das Band sehr oft entfernen, um zu überleben.”

Die Anführer der Jugendbewegungen waren Idealisten und konnten ihre Ideale vermitteln, aber sie waren keine Militärs. Nichts in ihrer Vergangenheit hatte sie vorbereitet, einen bewaffneten Kampf zu führen. Sie näherten sich der der PPR (polnische Kommunistische Partei) an, in der Hoffnung, diese würde ihnen ihre Erfahrung mit dem Untergrund weitergeben und ihre Waffen anbieten. Der Kontakt wurde durch Gola Mire hergestellt. Gola Mire war vor dem Krieg Mitglied des Parteirates von Lwow und wurde von polnischen Gerichten für kommunistische Untergrund Aktivitäten zu 15 Jahren verurteilt. Sie hatte sehr gute Beziehungen zur Führung von Akiba und versuchte, die jüdischen Widerstandskämpfer in den Rahmen der PPR zu integrieren. Die PPR aber lehnte die Eingliederung einer zionistischen Gruppe ab. Tatsächlich aber gelang es den Zionisten von der PPR in Warschau die ersten fünf Revolver zu kaufen.

Neben dem Kämpfenden Pionier gab es eine weitere militante jüdische Widerstandsgruppe in Krakau. Im Mai 1942 regruppierte sich der Shomer HaZair um den Kriegsveteranen Heshek Bauminger. Bauminger kämpfte in der polnischen Armee, floh dann in den sowjetisch besetzten Teil Polens, rekrutierte sich für die Rote Armee und kämpfte bei Kharkov gegen die Deutschen, in deren Gefangenschaft er schließlich geriet. Bauminger gelang es vor der Ermordung der jüdischen Kriegsgefangenen zu fliehen und ins besetzte Krakau zu gelangen. Er kam mit Hilfe von Shlomo Schein als Arbeiter in einer KdF Werkstatt unter und sammelte mit Shlomo Schein bis Mitte 1942 rund 20 Mitstreiter um sich. Gola Mire diente der Widerstandsgruppe des HaShomer HaZair als Kontakt zur PPR. Die Widerstandsgruppe um Baumlinger war die einzige mit der PPR assoziierte jüdische Widerstandsgruppe im besetzten Polen. Ihr erster Aufsehen erregender Anschlag galt einer deutschen Autowerkstatt, die sie in Brand steckten. Darauf wurden sie vom polnischen Untergrund, dem die Deutschen den Anschlag zuschrieben, zur Zurückhaltung gedrängt und verlagerten ihre Aktivitäten auf die Verfolgung von Informanten der Deutschen im Ghetto.

Ende September/Anfang Oktober begann Herschinger den Kontakt zu Dolek Liebeskind zu suchen. Trotz der Bedenken von Akiba gegen die Zusammenarbeit mit einer mit der PPR kooperierenden Widerstandsgruppe schlossen sie sich zum ZOB (poln. Żydowska Organizacja Bojowa) nach Warschauer Vorbild zusammen. Ziel war die Planung einer großen koordinierten Aktion. Dazu bildeten sie einen gemeinsamen Kommandostab, dem Heshek Bauminger und Benek Halbreich vom HaShomer HaTzair angehörten, Dolek Liebeskind und Shimshon Draenger von Akiba, Gola Mire von der PPR, Laban-Leibowicz von Dror und Elimelach Eisenstein von Akiba Beth. Die Gruppen agierten weiter separat fällten aber wichtige Entscheidungen zusammen. Auch die religiös-zionistische Jugendbewegung HaShomer HaDati schloss sich dem bewaffneten Widerstand an. Jeden Freitag erschien die Untergrundzeitung HaHalutz HaLochem in einer Auflage von 250.

Die Akiba-Jugendbewegung begann zur Vorbereitung des Partisanenkampfs Mitglieder in den Wald zu schicken. Doch diese Ausflüge führten zu Verrat durch die PPR und zum Tod von zwei Pionieren. Die ersten fünf Widerstandskämpfer von Akiba, die mit zwei Revolvern in den Wald gingen, wurden von ihren PPR Verbindungsleuten im Stich gelassen und mussten zurückkehren. Die nächsten vier gingen, ebenfalls mit zwei Revolvern bewaffnet in den Wald nahe Dembitz um dort eine Basis anzulegen. Zwei der vier Akiba Partisanen, Benek und Ignatz, wurden bei der Suche nach Nahrung in einer Hütte von einem Förster und zwei Polizisten ertappt. Mit einem Revolver bewaffnet gelang es ihnen einen Polizisten zu erschießen und einen zu verwunden, bevor sie vom Förster erschossen wurden.
Das Fiasko der Partisanen-Aktivität überzeugte den Kämpfenden Pionier, die Taktik zu verändern und den bewaffneten Kampf nach Krakau selbst zu tragen. In der Stadt konnten sie gleichzeitig an mehreren Orten und mit kleinen Gruppen von Kämpfern operieren. Die Führung hatte sich für einen sofortigen Beginn der bewaffneten Aktivitäten entschieden, statt bis zur Wiederaufnahme der Partisanenaktivitäten im Frühling zu warten. Sie standen täglich dem Tod gegenüber. Niemand wusste, ob es ihnen gelingen würde, zu entkommen. Wo war die Gewissheit, dass sie bis zum Frühling überleben würden? Sie mussten jetzt handeln.

Leopold “Poldek” Wassermann, dem es gelungen war, als Christ getarnt ein Zimmer in Krakau zu mieten, wurde im Oktober 1942 mit seiner schwierigsten Mission betraut. Als eine Selektion stattfand, sollte er zurück ins Ghetto, um die dort verbliebenen Kameraden vor der Vernichtungsaussiedlung zu retten. „Poldek hielt seine Leute zusammen und führte sie von einem Keller zum nächsten. Aus der selbst auferlegten Quarantäne flüchtend.“, schrieb Gusta in ihr „Tagebuch“. 7000 Juden aus dem Ghetto wurden bei der Oktoberaktion deportiert. Unter ihnen der Vater von Yehuda, Meir Wassermann.

Lange bevor der Aufstand im Warschauer Ghetto stattfand, hatten die jüdischen Widerstandskämpfer in Krakau Sabotage, Angriffe und bewaffneten Widerstand gegen die Deutschen in großem Maßstab organisiert. Jeder Kämpfer hatte einen klar definierten Tätigkeitsbereich, der ihm zugewiesen wurde. Dazu gehörten Verbindungsarbeit, technische Arbeit, Angriffe auf deutsche Soldaten und die Zerstörung der deutschen Infrastruktur. So sabotierten sie beispielsweise die Bahnstrecke Krakau-Bochnia (Salzberg).

Die bis dato spektakulärste Aktion war der Überfall auf die Optima-Fabrik, wo Uniformen für die Deutschen Truppen hergestellt wurden. Bei dem Überfall gelang es den Widerstandskämpfern warme Kleidung, Stiefel und Leder zu erbeuten. Yehuda verübte einen Überfall auf einen deutschen Versorgungszug, der Lebensmittel und Kleidung an die Ostfront bringen sollte.

Das Hauptziel des Widerstands war der individuelle Terror gegen deutsche Soldaten und die Erbeutung ihrer Waffen. Die Kämpfer waren in vielen Abschnitten der Stadt im Hinterhalt aktiv und lauerten in dunklen Ecken hinter Haustoren. Nach der Attacke verschwanden sie in der Hektik der Stadt und lagen dann vor Aufregung die ganze Nacht wach. Ein hoher Nazi Funktionär wurde in seinem Auto gestoppt und erschossen. Bei einem Überfall auf einen Checkpoint auf der Weichsel, wo die Deutschen flüchtende Juden stellten und erschossen, wurden zwei deutsche Gendarme umgebracht. In einem Vorort von Krakau wurde ein deutscher Pilot getötet. Laban und zwei Mitstreitern gelang es, zwei Gestapo Schergen in einem Café umzubringen. Dolek und zwei Kameraden erschossen einen Deutschen auf einer Hauptstraße Krakaus und nahmen seine Waffe.

Die deutschen Behörden, denen zunehmend klar wurde, dass Juden hinter den Aktionen steckten, vertuschten dies nach Möglichkeit. Nach jedem Attentat zirkulierten sie Gerüchte, dass der jeweilige Nazi von unbekannten Angreifern getötet wurde oder Selbstmord beging oder bei einem Unfall umkam.
Auf der anderen Seite wurden die Sicherheitsmaßnahmen verschärft. Die Ausgangssperre wurde um zwei Stunden verlängert, in der Stadt wurde häufiger patrouilliert und täglich wurden Wohnungen durchsucht. Im Ghetto wurden Geiseln genommen, um den Kämpfer die Hände zu binden. Nach jeder Operation wurde die Stadt von den Deutschen durchkämmt. Das Hauptquartier von Akiba in der Jozefinska-Straße wurde nach der Oktober-Aktion aufgegeben.

Das Ghetto war nach den Deportationen stark verkleinert und die Akiba Führung verstand, dass bewaffnete Angriffe auf die Deutschen aus dem Ghetto heraus die Bestrafung des Rests des Ghettos zur Folge hätten. „Die Gerüchte über die Aktivitäten des Widerstands“, schreibt Gusta, „zirkulierten von einem Haus zum nächsten. Die Bevölkerung des Ghettos fühlte nichts als Ehrfurcht und Respekt für das, was die Kämpfer zu erreichen versuchten, aber es bestand auch die Gefahr, dass die Namen der Kämpfer an die Ohren der jüdischen Polizei und andere unerwünschte Elemente gelangen könnten. Die Notwendigkeit, die Operationen des Widerstandes vom Ghetto zum arischen Sektor der Stadt zu bewegen, wurde erkannt. Es war höchste Zeit, es zu tun.” Am Abend der Auflösung der Wohnung in der Jozefinska-Strasse wurde Dolek von jüdischen Polizisten verhaftet, konnte aber auf dem Weg zum Gefängnis seinen Revolver ziehen und aus dem Ghetto entkommen. Laban fand eine Wohnung im Kellergeschoss eines Wohnhauses für deutsche Eisenbahner. Der polnische Concierge war eingeweiht.

Weder er noch seine Freunde hatten die Illusion, dass die Deutschen besiegt werden könnten, erzählt Yehuda. Die deutsche Armee hatte ganz Europa erobert. Er sei sich sicher gewesen, die Nazis nicht zu überleben. Sein Antrieb zum Kampf sei gewesen, mit der Waffe in der Hand zu sterben. Er und seine Kameraden seien überzeugte Zionisten gewesen, die eigentlich nach Palästina auswandern wollten. Sie wollten sich der Vernichtung durch die Nazis nicht wehrlos ergeben. Er hat für die jüdische Ehre zur Waffe gegriffen, sagt er.

Bei der Shabbat Zusammenkunft am 20. November gab der Anführer von Akiba, Aharon Dolek Liebeskind, den Leitspruch aus, für “drei Zeilen in den Geschichtsbüchern“ zu kämpfen.

Am 22. Dezember rüsteten sie sich für ihre größte Aktion: Ein koordinierter Angriff auf Treffpunkte der deutschen Besatzer. Zwei Tage vor Weihnachten konnten die Widerstandskämpfer sicher sein, dass viele Generäle, Gestapo Offiziere und SS Angehörige ausgehen würden. Ihre Waffen waren v.a. Molotowcocktails, bei deren Herstellung sie von ihrem Physiklehrer, Yeshaya Dreiblatt, angeleitet wurden.

Der Plan waren Angriffe auf die Cafés Cyganeria, wo sich SS Angehörige trafen, Esplanada und den Offiziersclub Zakopianka, wo sich Generäle und Gestapo Offiziere vergnügten, das Skala Kino im Stadtzentrum und das Offizierscasino im Stadtmuseum. Dazu sollten Fahrzeuge der Besatzer angezündet und Attentate auf die Boote der SS auf der Weichsel verübt werden. Außerdem sollten deutsche Offiziere von Wehrmacht und Gestapo auf offener Straße umgebracht werden. Darüber hinaus sollten überall in der Stadt Plakate mit Aufrufen, sich zu erheben angeklebt und polnische Fahnen an Brücken und zentralen Gebäuden gehisst werden. Junge Frauen sollten Flugblätter verteilen.

Yehuda Maimon: „Unser Ziel war nicht, die Deutschen zu besiegen. Es ging darum zu zeigen, dass wir unsere Ehre bewahren. Sie mögen uns umbringen. Aber mit der Waffe in der Hand […]. Ich war 18, da hat man Mut. Ich war in einer guten Gruppe. Wir hatten großartige Befehlshaber, die uns Kampfgeist eingeimpft haben. Ich war Pionier, der davon geträumt hat, nach Eretz Israel auszuwandern. Ein Idealist […] in einer Gruppe von Idealisten. Diejenigen, die uns anleiteten und führten, waren sehr charismatisch. Da möchtest du etwas tun. Da bist du vom richtigen Weg überzeugt […]. Ich wusste, dass dies das Ende ist. Aber in einer kämpfenden Gruppe zu sein, hat mir ein gutes Gefühl gegeben. Wenigstens wusste ich, dass ich nicht einfach so sterbe.“

Shlomo Schein beschreibt in seinen Memoiren, dass die Operation einer genauen Vorbereitung bedurfte. Die Aufgabenteilung zwischen Akiba und dem HaShomer HaTzair, die Vorbereitung der Fahnen, die Herstellung der Sprengsätze, die Bereitstellung von Handgranaten, das Auskundschaften der Ziele, die Organisation von Rückzugsorten und Wohnmöglichkeiten für die Zeit nach der Operation.

Am Abend des 22. Dezember versammelten sich die Widerstandskämpfer des Kämpfenden Pioniers in einem Bunker auf dem Gelände des ehemaligen jüdischen Krankenhauses in der Skawinska 24. Gegen 5 Uhr abends kam der Befehlshaber der Aktion, Abraham „Dolek” Leibowitz. Begleitet wurde er von Yitzhak Zuckermann, der mit Havka Folmann zufällig an diesem Tag aus Warschau gekommen war um die Zionisten in Krakau zum Widerstand im Ghetto aufzurufen. Yehuda erinnert sich noch genau daran, wie Dolek bei Kerzenlicht die Anweisungen erteilte. Laban brachte die Flugblätter.  Es sei der Moment gewesen, auf den sie sehnlichst gewartet hätten, erzählt Yehuda.

Die Widerstandskämpfer wurden in Gruppen zu je drei aufgeteilt, wobei jede Gruppe, die einen Treffpunkt der Deutschen angreifen sollte, eine Handgranate bekam. Zur Verwirrung der Deutschen wurde in verschiedenen Stadtteilen Feuer gemeldet. Die Aktion verlief erfolgreich und hinterließ einen gewaltigen Eindruck. Es war das erste Mal seit Einmarsch der Deutschen in Polen, dass sich Widerstandskämpfer wagten, die deutschen Besatzer auf offener Straße zu töten. Und das in Krakau, der Hauptstadt des Generalgouvernements. An diesem Tag haben die jungen Zionisten ihren Traum von der Auswanderung nach Eretz Israel begraben. Statt dem Aufbau der jüdischen Heimstätte, opferten sie ihr Leben dem Kampf gegen die übermächtigen Deutschen.

Yehuda war am 22. Dezember verantwortlich für die Koordination der Ausbringung von Plakaten und Fahnen. Nach der Aktion traf er in seinem Versteck auf seinen Kameraden Itzik, der Molotowcocktails auf das Café Cyganeria geworfen hatte. Blutüberströmt und mit hohem Fieber erzählte Itzik vom Erfolg der Aktion. Dem Angriff auf das Café fielen bis zu einem Dutzend Deutsche zum Opfer. Es war eine unvergessliche Nacht, erzählte Yehuda. Sie alle seien glücklich gewesen. Zum ersten Mal seit Ausbruch des Krieges hätten sie sich wie Menschen gefühlt. In der polnischen Bevölkerung machten Gerüchte die Runde, wonach russische Fallschirmjäger die Deutschen angegriffen hätten. Niemand hat glauben können, dass Juden zu solch einer koordinierten und wirksamen Aktion fähig seien.

In ihrer Biografie (engl.: They are still with me) beschreibt Havka Folmann den 22. Dezember 1942: Havka, die der Kurier von Yitzhak Zuckermann war und selbst Mitglied von Dror findet besonders lobende Worte für Laban Leibowitz, den sie von seinem Charakter als perfekten Anführer beschreibt. Laban war nach Havkas Erzählung in der polnischen Armee und hat sich mit dieser bis Lvov zurückgezogen und landete schließlich im sowjetisch besetzten Teil Polens, von wo er sich im Februar 1940 wieder zurück in den von Deutschen besetzten Teil Polens geschlichen hat und zurück nach Krakau gegangen ist. Des weiteren lobt Havka die Fälschungen, die in Krakau angefertigt wurden als perfekt und erwähnt, dass sie öfters nach Krakau kam um gefälschte Dokumente für Mitstreiter aus Warschau zu holen.

Sie beschreibt die Zusammenkunft im alten jüdischen Krankenhaus am 22. Dezember. Laban trug einen Armeemantel der Deutschen. Der Raum, in dem sich die Widerstandskämpfer versammelten, war dunkel und unweit einer SS Kaserne, die vom Fenster aus zu sehen war. Die anwesenden Juden waren 19-20 Jahre alt. Einer nach dem anderen verließ leise den Unterschlupf, jeder auf dem Weg zu seinem Ziel. Der erste war Menachem, der die Granate ins Cyganeria werfen sollte. Ab acht kamen die ersten Widerstandskämpfer zurück. Alle berichteten vom Erfolg der Operation. Dann klopfte es gegen die Tür. Gestapo. “Hände hoch!” Dutzende Deutsche umstellten das Versteck. Waffen und Banner wurden gefunden. Auf dem Weg zum Gestapo Hauptquartier wurden weitere Gefangenen gemacht, u.a. ein polnischer Concierge aus einem Haus, in dem einer der Kämpfer wohnte mit seiner ganzen Familie. Im Gestapo Hauptquartier, so schreibt Havka in ihre Memoiren, wurde anhand der Hektik, in der immer wieder die Worte “Cyganeria” “getötet” “Banditen” “dreckige Juden” fielen klar, wie erfolgreich die Operation war.

Als Yitzhak „Antek“ Zuckermann und Laban Leibowitz am nächsten Tag den Treffpunkt aufsuchen wollten wurden sie von Deutschen gestellt. Yitzhak Zuckermann konnte von einer Kugel ins Bein getroffen entkommen, Laban wurde verhaftet und ins Gestapo Gefängnis Montelupich gesteckt und gefoltert. Die Deutschen fanden die Adresse von Labans Unterkunft. Als die Gestapo am Weihnachtsabend ankam, hielten sich dort Dolek und Idek Tennenbaum auf. Dolek Libeskind gelang es ein paar deutsche Schergen zu töten, bevor er selbst im Kugelhagel starb.

Damit war der Anführer des Kämpfenden Pioniers tot. In Liebeskind hatte sich die Liebe zu seinem Volk und seine Humanität mit seinem brennenden Hass auf die Deutschen verbunden. Laut der Zeugenaussage von Rivka Liebeskind Kuper fielen den Deutschen in der Unterkunft von Laban auch Waffen, Uniformen und Dokumente der Widerstandskämpfer in die Hände. Nach der Verhaftung von Laban und der Tötung von Dolek Liebenskind wurde ein geheimes Kommuniqué von SS Obergruppenfüher Wolff an das Führer-Hauptquartier übermittelt:

Yehuda selbst kam ebenfalls am nächsten morgen zum Krankenhaus in der Skawinska 24. Er weiß nicht, ob er dort vor Laban und Antek traf oder danach, aber da er mit einer gestohlenen Uniform der von den Nazis gegründeten „Polnischen Polizei im Generalgouvernement“ auftauchte, konnte er vor den Gestapo Truppen salutieren und unbeschadet kehrt machen.

1946 berichtete Zivia Lubetkin, eine der Befehlshaberinnen des Aufstands im Warschauer Ghetto, bei einer dafür einberufenen Versammlung im Kibbutz Yagur zehn Stunden lang über den jüdischen Widerstand in Polen und beklagte dass die Besten der jüdischen Jugend in Krakau den Deutschen in die Hände gefallen seien, darunter viele von Akiva, einer exzellenten Bewegung, deren Verhalten in den Tagen der Zerstörung und des Widerstands vorbildhaft gewesen sei.

Über den Anführer von Dror, berichtet Zivia Lubetkin, dass er bei einer Überstellung von Gefangenen zum Verhör einen Ausbruch angezettelt hat, der nicht gelang. Die meisten Gefangenen wurden umgebracht und Laban zur Exekution ins Lager Plaszow deportiert. Im HaHalutz HaLochem Nr. 29 vom 13. August 1943 bezeugt der Bruder von Gusta Draenger, David Davidson, dass Laban auf dem Weg zu seiner Exekution in Plaszow mit letzter Kraft einen deutschen Bewacher angegriffen hat, um ihn mit bloßen Händen in Stücke zu reißen. Er starb im darauf einsetzenden Kugelhagel. In seinen Kleidern wurde ein eingenähter Zettel entdeckt, auf dem stand: Ich bin ein Jude.

Die Anschläge und Sabotageakte vom 22. Dezember 1942 waren der Höhepunkt des Widerstandes und zeigten die Möglichkeit des bewaffneten Kampfes auf. Gleichzeitig war der Anfang vom Ende des Widerstands besiegelt. Der größere Teil der Widerstandskämpfer wurde verhaftet oder getötet und die Bewegung sah sich ohne ihre Anführer gelähmt. Allerdings waren sie nicht völlig zum Schweigen gebracht worden. Yehuda und die wenigen Akiba Mitglieder, die überlebten, wurden von Hilck Wodzislawski reorganisiert, und das Terrain der Aktivität wurde nach Wisnicz in der Nähe von Bochnia verlegt. Aber ihre Aktivitäten dort dauerten nicht lange.

Bauminger und Halbreich nahmen derweil schon Anfang Januar den Kampf mit einem Angriff auf das Arbeitsamt wieder auf. Bei einer Sabotage der Bahnlinie Krakau-Kattowitz kamen viele Deutsche in einem nur für Deutsche reservierten D-Zug um. Bei einem Überfall auf die Wohnung des Flughafendirektors konnten sie mehrere Waffen erbeuten. Shlomo Schein wurde Mitte Februar verraten und im Montelupich Gefängnis sechs Wochen lang gefoltert und dann nach Auschwitz deportiert. Halbreich wurde im Februar 1943 von Deutschen gestellt und tötete sich mit einer Granate. Heshek Bauminger schaffte es, ein Propaganda Büro einzurichten. Dort wurde er im März von Deutschen aufgesucht. Es gelang ihm noch, die Deutschen unter Feuer zu nehmen, bevor er sich mit der letzten Kugel selbst tötete. Gola Mire wurde im März verhaftet und ins Montelupich Gefängnis gesteckt. Shimshon Draenger und seine Frau Gusta (Justyna) hatten einander versichert, dass sie sich im Falle der Gefangennahme des Partners freiwillig stellen würden. Im Januar 1943 wurde Shimshon verhaftet. Gusta stellte sich daraufhin.

Die Frauen wurden in der Außenstelle Helclow 30 zusammengeschlossen. Gusta Draenger und Gola Mire war bewusst, was ihr Schicksal sein würde. Gusta Draenger verdanken wir eine der wichtigsten zeitgenössischen Quellen zum jüdischen Widerstand im besetzten Polen. Von Februar bis März 1943 hat sie im Gefängnis auf Toilettenpapier ihre Erinnerungen niedergeschrieben, in denen sie die Entwicklung und die zentralen Persönlichkeiten des jüdischen Untergrunds in Krakau beschreibt.

Die beiden Überlebenden – Pesia Warszawska und Elsa Lapa-Lustgarten, bezeugten ihre Erfahrungen im Gefängnisleben in ihren jeweiligen Memoiren.
Elsa Lapa schreibt, dass ihr Aufenthalt im Gefängnis mit Gusta ihre tiefste Erfahrung während der deutschen Besatzung war. Pesia, ein Mitglied der Gruppe von Heshek Bauminger, schildert ihre Eindrücke in diesen Worten: „Wir hatten nicht das Gefühl, dass wir tatsächlich im Gefängnis waren. Wir teilen das Schicksal großer Persönlichkeiten (bezogen auf Gusta und Gola). Wir waren vor dem Tod, aber wir lebten in völliger Harmonie. Jede von uns verhielt sich wie eine Heldin, aber Gusta und Gola dienten als glänzende Beispiele für herrlichen Mut. Während des ganzen Krieges habe ich keine so spöttische Aufregung und solch spirituelle Erhebung gehabt, wie ich sie im Gefängnis erlebt habe. “

Am 29. April 1943 wurden die Frauen aus der Heclow Strasse zum Lager in Plaszow zur Hinrichtung geführt. Sie beschlossen zu fliehen. Gusta gelang die Flucht, während die meisten Frauen erschossen wurden. Unter ihnen Gola Mire. Shimshon Draenger, der am gleichen Tag in Plaszow hingerichtet werden sollte, gelang unabhängig davon die Flucht. In den folgenden Monaten lebten Shimshon und Gusta in der Nähe Krakaus und widmeten sich der Reorganisation des Widerstands und gaben erneut die Untergrundzeitung HaHalutz HaLochem heraus. Am 8. November 1943 wurde Shimshon Draenger erneut verhaftet. Seine Frau Gusta stellte sich wiederum freiwillig. Beide wurden vermutlich im selben Monat ermordet.

Nur fünf Ausgaben der Zeitung HaHalutz HaLochem sind erhalten und werden im Ghettokämpfer Museum im Kibbutz Lochamej Haghettaoth aufbewahrt. Die Ausgabe Nr. 35 von Rosh Hashana, 5704, (1. Oktober 1943) ist durchdrungen von dem Geist des Widerstandes, der Gewissheit des endgültigen Sieges über den Unterdrücker und die Wiedergeburt des jüdischen Volkes in Palästina. Die letzte Ausgabe von HaHalutz HaLochem erschien am 22. Oktober 1943.
In der Ausgabe vom 13. August listet Shimshon Draenger die gefallenen Kämpfer auf. Irrtümlicher Weise findet sich auch Leopold Wassermann auf der Liste.

Poldek wurde bei einem geplanten Raub im März 1943 verraten, verhaftet und in das Montelupich Gefängnis gesteckt. Nach einer Woche Verhör kam er in den Todestrakt. Von dort aber kam er als politischer Häftling per Gerichtsbeschluss mit einer Gruppe von 7 Männern und 3 Frauen nach Auschwitz. Warum er nicht, wie andere Insassen, ermordet wurde, weiß er bis heute nicht.

Im Gefängnis traf Yehuda auf Shimshon Draenger und andere gefangene Widerstandskämpfer. Er erinnert sich an den Geist, den sie in ihrem Schicksal hochgehalten haben. Sie sassen und erzählten und schworen sich, nicht die Fassung zu verlieren, wenn einer abgeholt wird. Es sei darum gegangen, den Nazis zu zeigen, dass sie sich bis zum Tod nicht brechen lassen würden.

Yehuda kam nach einem Monat Gefängnis geschwächt in Auschwitz an. Nach wenigen Wochen Zwangsarbeit wurde er krank. Im Krankenhaus, das es in Auschwitz gab, durfte ein Patient nicht länger als 14 Tage sein. Wer nach zwei Wochen nicht gesund war, wurde ins Krematorium geschickt. Yehuda erkrankte schwer und hatte am 13. Tag 40 Grad Fieber. Er sollte am nächsten Tag in den Tod geschickt werden. Vor seinem Tod wollte er unbedingt noch die Geschichte vom jüdischen Widerstand in Krakau weitergeben. Er erzählte sie einem Pfleger, von dem er nicht wusste, aus welchem Grund er in Auschwitz war, da die Pfleger und Schwestern nicht gekennzeichnet waren.

Es stellte sich heraus, dass es ein Jude war, 10 Jahre älter als Yehuda und Apotheker, weswegen er als Pfleger angestellt war. Es stellte sich weiter heraus, dass er ebenfalls Mitglied von Akiba war und dass er zum Untergrund in Auschwitz gehörte. Nachdem sich der Pfleger an seinen Vorgesetzten aus dem Untergrund gewendet hatte, wurde Yehuda verlegt und als Neuzugang ausgewiesen. Er wurde für den Untergrund rekrutiert. Es war eine kommunistische Widerstandsbewegung, erzählt er. Er habe darauf bestanden, als Zionist aufgenommen zu werden. Yehuda überlebte 22 Monate in Auschwitz. Am 18. Januar begann die Räumung des Lagers. Sie sollte als Todesmarsch in die Geschichtsbücher eingehen. Yehuda gelang es, im Lager Gleiwitz zu entkommen.

Am Gedenktag für die Opfer und Helden des Holocaust 2010 hat Poldek bei der Zeremonie im Kibbuz Yad Mordechai die Fackel entzündet.

Mehr zum Thema: Das Tagebuch der Partisanin Justyna: Jüdischer Widerstand in Krakau